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Full text of "Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung auf dem Gebiete des Deutschen, griechischen und ..."

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. ^v^/L--nr*-M. /T 



ZEITSCHRIFT 

PUB 

VERGLEICHENDE 

SPRACHFORSCHUNG 

AUF DEM GEBIETE DES 
DEUTSCHEN, GRIECHISCHEN UND LATEINISCHEN 

HERAUSGEOEBEN 

VON 

Br. ABAX.Bi:ilT KUHN, 

PROFESSOR Utm DIRBCTOR DBS CÖI^NISOHBIt OTMNASIUMa ZU BBRUK. 



BAND XX. 

THE 

HILDEBRAFD 
LIBRAEY. 



BERLIN, 

FERD. DÜMMLER'S VERLAGSBUCHHANDLUNG 

(HARSWITZ OND G088MANN} 
1872. 






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Verzeichnis der bisherigen mitarbeiter. 



Director dr. Ahrens in Han- 
nover. 

Prof. dr. Andresen in Bonn. 

C. Arendt in Peking. 

Prof. Ascoli in Mailand. 

Prof. dr. Th. Aufrecht in Edin- 
barg. 

Prof. dr. Ag. Benary in Ber- 
lin f. 

Prof. dr. Tk. Benfey in Göttin- 
gen. 

Prof. dr. Bickell in Münster. 

Dr. A. Birlinger in Bonn. 

Staatsrath dr. 0. t>. Boehtlingk 
z. z. in Jena. 

Prof. dr. Bollensen in Witzen- 
hausen a. d. Werra. 

Prof. dr. F. Bopp in Berlin f- 

Prof. Michel Brial in Paris. 

Prof. dr. Ernst Brücke in Wien. 

Dr. Jos. Budenn in Pesth. 

Prof. dr. G. Bühler in Bombay. 

Prof. dr. Sophus Bugge in Chri- 
stian ia. 

Prof. dr. W. Clemm in Giefsen. 

Prof. Z>. Comparetti in Pisa. 

Prof. dr. W. Corssen in Berlin. 

Prof. dr. G. Curtius in Leipzig. 

Prof. dr. Berthold Delbrück in 
Jena. 

Dr. Lorenz Diefenbach in Frank- 
furt a. M. 

Director dr. A. Dietrich in Er- 
furt. 



Prof. dr. H. Düntter in Cöln. 

Prof. dr. H. Ehel in Schneide- 
mShl. 

Dr. Gust. Eschmann in Burg- 
steinfort. 

Aug. Fick in Göttingen. 

Oberbibliothekar prof. dr. E. 
Förstetnann in Dresden. 

Dr. Froehde in Liegnitz. 

Dr. G. Gerland in Halle. 

Schalrath dr. A. Goebel in Kö- 
nigsberg i. Pr. 

Heinr. Gradl in Eger. 

Prof. dr. Grafsmann in Stettin. 

Hoirath /. Grimm in Berlin f. 

Prof. dr. V. Grohmann in Prag. 

Prof dr. M. Haug in Manchen. 

Dr. Ludwig Hirsel in Fraaen- 
feld (Gant. Thargau). 

Prof. dr. A. Hoefer in Greifs- 
wald. 

Hofrath dr. Hollzmann in Hei- 
delberg f. 

Prof. dr. Hupfeld in Halle f. 

J. B. Janku in Florenz. 

Prof. dr. Jülg in Innsbruck. 

G. Jurmann in Wien. 

Prof. dr. H. Kern in Leyden. 

Prof. F. Kielhorn in Püna. 

Justizr. dr. Th. Kind in Leipzigf . 

Prof. dr. Kirchhoff in Berlin. 

Dr. Gustat Kifsling in Bremen 

Dr.üT. V. Knoblauch. 

Dr. Reinhold Köhler in Weimar. 



verzeichnlB der biBherigen raitarbeiter. 



Director dr. A. Kuhn in Berlin, 

Dr. Emsl W. A, Kulm in Halle. 

Prof. dr, S. Lefmann ia Heidel 
berg. 

Gympasiallehrer dr. Gustav Le- 
gerlolz in Soest. 

Prof. dr. F. A. Leo in BerJin. 

Prof. dr. H. Leo in Halle. 

Prof. dr. R. Lepsius in Berlin. 

Prof. dr. St. Lexer in Würz- 
burg. 

Prof. F. Liebrecht in LStticli. 

Prof. dr. C, Lollner in Dublin. 

Prof. dr. A. Ltidinig in Prag. 

Dr, W. ilannhardl in Danzig. 

Dr. H. /Härtens in Bremen. 

Prof. dr. Mafsmann in Berlin. 

Dr, Matirüphrtjdes aus Kappa- 
dokien in Athen f. 

Prof. dr. Leo Meyer in Dorpat. 

Prof. dr. Michaelis in Berlin. 

Prof. Frans Misleli inSolotharn. 

Prof. dr. Th. Mülniis in Kiel. 

Prof. dr, K. MüUenhofJ' inBerlin. 

Prof. dr. Max Müller in Oxford. 

Prof. dr. Friedrich Müller io 
Wien. 

Prof. dr. Mussafia in Wien. 

Dr. Pauh in Münden. 

Prof. Ign. Petters in Leitmeritz. 

Dr. Friedr. Pfeiffer in Breslau. 

Prof. dr. A. Fielet in Genf. 

Dr. R. Pisckel in BerÜD. 

Prof. dr. A. F. Polt in Halle. 

Prof. dr. Karl Regel in Gotha. 



Dr. Rick. Rüdiijer in Berlin. 
Dr. Hosselel in Berlin f. 
Prof. dr. R. Roth in Tübingen. 
Prof. dr. J.Savelsberrfiu Aachen. 
Prof. dr. A. Schleicher in Jenaf. 
Dr. Johannes Schmidt in Bonn. 
Prof. dr. M. Schmidt in Jena. 
Prof. dr. Schmidt- Göbel iuLem- 

berg. 
Prof. är.Schnilzerla Ellwangen. 
Dr. 6. Schönberg in Tagaurog. 
Dr. Schröder in Merseburg f. 
Dr. Htigo Schuchardt in Leipzig. 
Director dr. W. Schwarte in 

Neu-Ruppio. 
Prof. dr. ff. Schweizer- Sidler 

in Zürich. 
Eector dr. W. Sonne in Wismar. 
Prof. dr. Spiegel in Erlangen. 
Prof, dr. //. Steiiithal ia Berlin. 
Director G. Stier in Zerbst. 
Dr. Streklke in Danzig. 
Dr. Techen iti Wismar. 
Prof. dr. L. Tobler in Bern. 
Prof. dr. W. Treit'i in Marburg f. 
K. Walter in Freien walde a. O f. 
Prof. dr. A. Weber in Berlin. 
Prof. dr.Hugo Weber in Weimar. 
Prof. dr. yVeinkold in Kiel. 
Prof. dr. Westphal. 
Dr, Wilbrandt in Rostock. 
Fr. Woeste in Iserlohn. 
Oberlehrer dr. Zeyfs in Marieu- 

werder, 
Prof. Zyro in Bern. 



Inhalt. 



Seif 

Znr etymologischen wortfonchnng. Von S. Bagge 1 

HessapischeB. Ton H. Schmidt 60 

Zimmerische Chronik, heraosgegehen von E. A. Barack. Angezeigt 

von A. Birlinger 65 

Zu Benfey: Ueber die entstehong und verwendnng der im sanskrit 

mit r anlantenden personalendungeo. Von B. Roth 69 

K. Regel: die Ruhlaer mnndart. — O. Donner: Pi94spitl7ajna. — 

A. Boltz: das firemdwort in seiner knlturhistorischen entstehung 

und bedeutnng. Angezeigt von E. Kuhn 72 

Kleine Schriften von Jacob Grimm. Vierter band. Angezeigt von 

A. Kuhn . . . . ' 76 

1) fastna „der trotz". 2) pectos. Von H. Br^al 79 

Soffis -vyii- Von £. Kuhn 80 

Eine nmbrische gefiirsinschrift von Fossato di Vico. — Zum oskisohen 

dialekt. I. Oskische grabschriften. II. Verschiedene oskische In- 
schriften. Von W. Corssen 81 

Erörterungen ans dem gebiete der italischen sprachen. Von Zeyfs . 118 
Bemerkungen ttber den Ursprung der lateinischen sufäxe clo, cnlo, cro; 

cla, cnla, cra; cino, cinio; cundo. Von S. Bngge . . . . 184 

Zur deutschen Wortforschung. Von A. Birlinger 148 

Die dritte person pluralis des perf. red. med. im altbaktrischen. Von 

F. Spiegel 166 

L. Steub: die oberdeutschen familiennamen. Angezeigt von E. Fdr- 

stemann 167 

Etymologische beitrage. Von A. Fick 161 

Erörterungen aus dem gebiete der italischen sprachen. Von Zeyfs . 181 
Znr knade deutscher mandarten. BeitrBge zum pronomen. Von H. Gradl 192 
Znr Prometheus-sage (mit bezug anf Knhn's buch „von der herabholung 

des feuers" n. s. w.). Von W. Schwartz 201 

A. Ludwig: der Infinitiv im Veda. Angezeigt von B. Delbrück . 212 

Suum cuique. Zur geschichte der Sprachforschung 240 

Albanisches und romanisches. Zu Miklosich's albanischen forschungen. 

Von U. Schnchardt 241 

Etymologische mittheilongen. 1) getst. gtthren. garstig, gas. 2) krank. 

klein. 8} gothisches naiv. 4) löschen. Von L. Meyer . . . 803 

Einige worte za s. 72 dieses bandes. Von Th. Benfey 814 

Zur deutschen Wortforschung, müch-, manch-. Von A. Birlinger . 816 



VI Inhalt. 

Seite 

Beiträge zur lateinischen lautlehre und elymologie. 2) Die ableitung 
der yerbalendungen aus Hilfsverben und die entstehung der lateini- 
schen e-declination. Angeschlossen an die gleichnamige Schrift 

von dr. II. Merguet. Von C. Pauli 321 

Allerlei. Von A. Fick 363 

Ueber den namen /JfAatr/o'f. Von B. Pischel 869 

Die heimat des indogennaniscben nrvolkes. Von A. Hoefer . . . y,79 
Zur deutschen Wortforschung. — Zur bergmannsprache. Froner. Frone. 

Frontheile. Fronberge. Von A. Birlinger . '. -385 

R. von Baumer: gescbicbte der germanischen Philologie. Angezeigt 

von 6. Gerland 894 

Lat. cicatrix narbe. Von A. Fick 400 

Assimilation im deutschen. — Altdeutsche namen ans Spanien. Von 

E. Föratemann 401 

Umbrische wortdeutungen. 1) vatnva. 2) fikla. Von J. Savels- 

berg 441 

Einige versteckte ansl&ufer der indogermanischen wurzel bhä „glänzen". 

Von G. 8ch8nberg 444 

Erörterungen aus dem gebiete der italischen sprachen. Von Zeyfs . 448 
Zur beseitigung von mifsverstündnissen. Von Rudolf von Raumer. 462 
Flechia, Giovanni, Di alcune forme de' nomi locali dell' Italia supe- 

riore. Dissertazione linguistica. Angezeigt von H. Schuchardt 464 
Sach- und Wortregister. Von B. Fritzsche 467 



Zur etymologischen Wortforschung. 

maisa widder, schafsfell, ledersack, sack, altn. meiss. 

Ökr. meää masc. von der grundform maisa beifst wid- 
der. Das wort ist wohl von miä gebildet, das die wur- 
zelverzeicbnisse mit der bedeutung besprengen auffahren; 
diese wurzel ist gewifs eine erweiterung von mih, wovon 
skr. medhra widder gebildet ist. meSa bezeichnet dem- 
nach das thier als das brünstige. Da das wort in der äl- 
teren Sprache auch vliefs des schafes und was daraus ge- 
macht ist, bezeichnet, haben Böthlingk-Roth unzweifelhaft 
richtig damit zusammengestellt kirchensl. m^chii masc. 
leder, ledersack, lett. maifs sack, ledersack, lit. mäiszas 
masc. nach Nesselmann „ein grofser sack, getreidesack, 
bopfensack" und in einer anderen gegend „der von grobem 
bindfaden netzartig gestrickte heusack, der auf reisen zum 
einpacken des beus für die pferde, und zugleich als 
rückenlehne im wagen benutzt wird*. Diesem entspricht, wie 
schon Holmboe in „det norske sprogs vsesentligste ordfor- 
raad** andeutet, völlig altn. meiss masc, nom.pl. meisar, 
das in Norwegen, wo es jetzt zum theil femininum ist, 
sehr häufig gebraucht wird; Aasen erklärt es: „ein netz 
wie ein korb gebildet. Besonders 1) weidenkorb an einem 
saumsattel, 2) ein geflecht von händern, in welchem man 
lasten auf dem rocken trägt, 3) ein grobes netz von tau 
oder weiden, worin man hen einpackt, um es von den ber- 
gen hinabzuwälzen". 

Das wort wird demnach in Norwegen beinahe ganz 
wie in Litauen gebraucht. Es ist in allen nordischen spra- 

Zeitschr. f. vgl. spraohf. XX. 1. I 



2 ßugge 

eben verbreitet und von iboen ins lappiscbe übergegangen. 
Es ist aucb im deutschen nicht unbekannt, schon ahd. 
meisa fem. sarcina, in qua portantur eibi et alia Graff 
II, 874, und noch in söddeutschen dialecten. Eietz svensjjt 
dialect-lex. s. 436a vergleicht ir. maois fem. a pack or 
bag: a kind of basket, cymr. mwys fem. brodkorb. 

Von den europäischen sprachen hat das slawische die 
bedentung am besten erhalten. 

Andere vermuthungen bei Pictet origines Indo-Eur. 
II, 144. 

ru (lu) ftir var in den indoeuropäischen sprachen. 

Skr. vrkäa bäum beifst im präkrit rukkha, in der 
inscbrift von Girnar lukSa. Die lautwandlung ist in der 
weise aufzufassen, dafs der vocal in der Stammsilbe durch 
die bei den liquiden gewöhnliche metathesis hinter r (1) 
trat, so dafs vr (vi) in den anlaut kam; diese consonan- 
tenverbindung fand dann die spräche zu hart, und v wurde 
vom anlaut des wertes weggedrängt, es zeigt aber noch 
seinen einflufs auf den nach r (1) folgenden vocal. Diese 
lautwandlung ist von derjenigen nicht erheblich verschie- 
den, die im altfriesischen eine grundform vorhts, got. 
vaurhts in ruocht ändert; sie hat in den indoeuropäi- 
schen sprachen ein weites gebiet. Benfey griech. wurzellex. 
II, 26 hat richtig gesehen, dafs das verhältnifs zwischen 
griech. X'bxog, lat. lupus und skr. vfka in derselben weise 
aufzufassen ist; der stamm vocal u in dem griechischen und 
lateiuischen worte rührt von dem einflusse des ursprüng- 
lichen V im anlaut her. 

Schon in der gemeinschaftlichen grundspracbe, die 
alle japbetiscben sprachen voraussetzen, mufs sich dieser 
lautwechsel bei mehreren Wörtern geltend gemacht haben. 
Die Wurzel rudh, die im skr. ruh röbati ersteigen, wach- 
sen, altbaktr. rud raodhehti wachsen, got. liudan laup 
wachsen, ags. leödan germinare, crescere hervortritt, ist, 
wie Arendt beitr. II, 444 (vergl. Bopp Gloss. s. v. vardh) 
gesehen bat, aus vardh entstanden, das in skr. vardh 
vairdhate aufwachsen, altbaktr. vared fördern, vareda 



zur etymologischen wortforsctflng. S- 

wachstbum, griech. ßXäaxri für ßkd&Tri nach Curtius, j:oß- 
vjyro'g vorkommt. Die wurzel ruk im skr. ruK rökate 
scheinen, leuchten (von sonne, feuer u. s. w.), altbaktr. ruK 
caus. raoKajeiti, lat. lu^cere o. s. w. ist aus vark im 
skr. värKas glänz, besonders vom glänz des feuers (siebe 
Grafsmann zeitschr.XVI, 164ff.), altbaktr. vareKanh, lat. 
Volcanus entstanden. Die wurzel rudh im skr. rudh 
runaddhi zurückhalten, wehren, einschliefsen , verscblie- 
fsen, verballen, altbaktr. rud caus. raodfaajeiti lautete 
ursprQnglich vardh und ist aus der wurzel var skr. 
vrnöti, vrnäti wehren, wahren, bedecken, altbaktr. var 
verenvaiti bedecken, beschützen, abhalten, kirchenslaw. 
vreti schliefsen, lit. verti öffnen, schliefsen erweitert; 
rudh ist aus var durch den nämlichen zusatz, wie alt- 
baktr. rud fliefsen aus sru, griech. nXt}&<a aus vrz. nltj 
u. 8. w. gebildet. Die wurzel rüg im griech. Ävyo^; bieg- 
samer zweig, Ivyi^o) biege, /f^,vytfffi6g wendung, Schwingung, 
lit. lugnas biegsam (Ness.) ist eine änderung von varg 
im skr. vrgina krumm, ags. wrenc, wrence krümmung, 
winkelzOge u. s. w. Die wurzel lubh im skr. lubhjati 
begehren, wünschen, lat. lubet, got. Hubs, kirchenslaw. 
Ijubiti (f/iXüv verhält sich nach meiner vermuthung zur 
wurzel var (val) vrnöti vrnSti wählen und (besonders 
im med.) wünschen, wollen, lat. volo, got. viljan, val- 
jan, wie stubh zu stu, käubh zu käu. Die wurzel 
luk im skr. lunk luiikati ausrupfen ist gewiis aus vark 
entstanden und eine erweiterung der wurzel var, die in 
anderer weise im lat. vellere erweitert ist. 

Nach dieser analogie werden einige sanskritwörter, 
deren Ursprung bisher nicht erwiesen ist, leicht ihre er- 
klärung finden. Das adjectivum rür4, das im Atharva- 
Veda mit der bedeutung hitzig (vom fieber) gebraucht 
wird, stammt von der wurzel var sieden, die im kirchensl. 
vrÖti fervere, vartixav;««, lit. virti sieden, kochen, got. 
vulan U.8.W. hervortritt, vgl. Fick s. 167, Curtius grnndz. 
s. 51 7 f.; rüra ist wie altbaktr. mrüra hart, fest gebildet. 

rüpa neutr. ist äufsere erscheinung, sowohl färbe (na- 
mentlich plur.) als gestalt, form. Die meisten leiten das 

1* 



Bugge 

wort von röpajfitni caus. von ruh aufsteigen, wachaeu 
her; diese erkläriing inuJ's aber verworfen werden; denn 
röpajfimi ist nacbvediscbe form, während die vedaspruehe 
nur röhajäuii könnt; ruh lautet ursprünglich rudh, uud 
es ist nicht erwiesen, dafs das causale p in der ältesten 
spräche an eine auf dh analautende wurzel mit Verdrän- 
gung des dh angefügt wurde. Weder leitet formell besser 
rüpa von rup brechen ab, so dafs daa wort eigentlich 
„bruch" heilse; aber diese erklSning ist mir der bedeu- 
tungseutwickelung wegen unw-ahrstheinlicb. 

Synonym mit rüpä ist in der vedasprache värpas 
neutr. bild , gestalt. Demnach erkläre ich rüpa als 
BUS varpä entstanden; wenn varp sich in värpas 
unverändert erhalten hat, während es in rüpä zu rüp 
geschwächt ist, so rftlirt dies davon her, dafs der accent 
in värpas auf der ersten, dagegen in rüpä auf der letz- 
ten silhe rnht. In Verbindung bieniit steht das griechische 
synonyme itu^xp'}, das schon Benfey gr. wurzeJlex. 11, 'Ml 
richtig mit skr. värpas zusammengestellt hat, während ich 
dagegen für tUe von Bonfey angenommene grundbedentung 
keine sichere stütze finde, fiooifrj steht also für^o/j;r?/; 
dals u im anlaut mehrerer griechischen Wörter aus f ent- 
standen ist, hat Curiius grundzCige s. 522 f. dargethan, und 
was ff für n betrifft, verweise ich auf Curtius s. 447 — 449. 
Nach dem hier entwickelten sind also skr. rüpa und gr. 
fiOQ'fi] mit ai)t.nahme des gescblechts in ihrem Ursprung 
identisch, beide weisen auf eine grundform varpä, fem. 
varpä zurück. 

Skr. röman, loman n. haar, gefieder, schuppe mag 
wohl ans der wurzel var bedecken zu erklären sein. 

Deutlicher ist die Schwächung von var 7,u ru nachzu» 
weisen, wo ein anderer kousonant vorausgeht. Mehrere falle 
aiud bekannt, h var ( h vi) curvare, laodere, affligere, präa. 
hrunäti Rigv. I, lü6, 12: indra^ Icauü tjägasä vi hrunäti 
tat »Not even Indra in bis scorn ean injure that bounty" 
(M.Müller); part, hrutd; ähruta nicht j-chwankend, un- 
gekrfimmt, gerade; abhihrüt beugend, fällend, fall, nie- 
derlage, schaden; abbibrutt dasselbe. Fick 8.69 ver- 



zur etymologischen wortforscbnng. 5 

gleicht lit. griiiti störzen, wozu Pott wurzelwtb. 744 lat. 
con-gruere, in-gruere stellt. Ved. dhru und dhrut 
am ende eines comp, täuschend, dhrüti verföhrung sind 
vom verwandten dhvar beugen, zu fall bringen gebildet. 
Damit vergleicht Fick s. 99 u. a. lat. fraus. Ebenso nimmt 
Fick 8. 63 an, dafs die skr. wz. gvar, gval glühen (vgl. 
gürv) im griechischen als ygv auftrete. 

Wurzel srudh, rudh mit Verzweigungen. 

Die Wurzel, woraus das wort „roth* gebildet ist, hat 
man bisher nicht deutlich nachgewiesen. Im altbaktr. wird 
rud aus älterem rudh in der bedeutung „fliefsen«, impf. 
3. sg. raodhat, pot. 3. sg. ni-rnidhjät von dem men- 
slruirenden weibe gebraucht, caus. praes. 3. sg. med. frä- 
raodhajeite lasse hervorfliefsen; davon u rud flnfs. rudh 
för srudh kömmt von sru, das im altbaktrischen sonst 
in den formen thru und fru erscheint, lit. sravjü, sra- 
vö'ti strömen, fliefsen (lit. sravä die menstruation der wei- 
ber, wovon altbaktr. nirud angewandt wird). In den ver- 
wandten sprachen ist rudh namentlich um das ausströmen 
des blutes zu bezeichnen gebraucht worden; so finden wir 
rudh mit erhaltenem s und causaler bedeutung im lit. 
srudiu srusti mache blutig wieder; auch sravö'ti strö- 
men wird besonders vom blute, das aus einer wunde strömt, 
gesagt und geht in die bedeutung „bluten" über. 

üeberall in den verwandten sprachen finden wir bei der 
wurzelform rudh r, nicht sr, im anlaut; diese Überein- 
stimmung zeigt, dafs rudh schon in der gemeinsamen 
spräche die gewöhnliche form war, wenn sich auch srudh 
daneben im gebrauch lange erhalten haben mufs, wie lit. 
srusti beweist. Mit causaler bedeutung finden wir rudh 
im ahn. rjoOa, praes. rftf wieder; dies entspricht dem 
lit. srusti und bedeutet wie dies „blutig machen, mit blut 
bestreichen"; von der " ursprünglichen bedeutung „fliefsen 
machen" ist aber bis zur gegenwart ein zeugnifs darin er- 
halten, dafs das verbum in norwegischen dialecten bestrei- 
chen überhaupt bezeichnet. Daneben bezeichnet rjöffa 
rotb färben, woran raud'r roth sich anscbliefst. Wir sehen 



Bugge 

demnach, dafs die häufigsten ausdrücke für roth rings um- 
her in der iadoeuropäisi^heu siiraohenwelt diese farhe als 
die färbe des ausströmenden blutes bezeichnen. Identisch 
mit altn, rjöffa ist ags. reödan, griech. kisvi^tir; Oher- 
einstiinnauug in der poetischen auadnirksweise zwischen 
griechischer und germanischer dichtinig verdient hier aitf- 
merksamkeit: von demjenigen, der im kämpfe fallt, sagt 
Homer niuaTt yrüav oder nur ynlnv kijEvfifiv IL XI, 394. 
XVIII, 329 und in derselben bedeutnng heifst es deäö"- 
wang reödan Andreas 1005. 

Skr. ruhita roth ist also partie. von röhajärai färbe 
rotb, eigentlich mache (das blnt) ausströmen, caus. von 
rudh für aru-dh strömen. 

Die meisten hieher gehörenden wörter sind oft zusam- 
mengestellt; ich will nur auf einige Übereinstimmungen, die 
bisher nicht allgemein bekannt siud, hinweisen. Ältn. ro ra 
(nicht röffra) biut, besonders blut von geschlachteten thie- 
ren, das im got. rudrö (staitim rudrön) lauten würde, 
ist von einem adjectivstamm rudra abgeleitet = skr. ru- 
dhira, der im sanskrit als Substantiv „blut" gebraucht 
wird und schon von Egilsaou verglichen ist. 

Adjectiva von wz. rudh gebildet, besonders das adject., 
dessen grundf. raudha ist, werden von hraunrother me- 
tallfarbe gebraucht. Hievon sind gebildet skr. loha neutr. 
aes, ferruni, kirchensl. ruda aes, alfn. rauöi uiasc. ferrum 
ochraceum, das in den finnischen und lappischen sprachen 
das gewöhnliche wort ffir eisen geworden ist. Thomsen, 
der in seiner vortrefflichen echrift „Don gotiske sprogklas- 
sps indßydelse pa den finake" p. 143 diese wörter zusam- 
mengestellt hat, fügt in flbereiustimniung mit Lottner Zeit- 
schrift XI, 178 auch iat. rudns, raudus hinssu. Varro 
De 1. I. V, 163: aes raudus dictum, Valer. Max, V, 
VI, ^: olim aera raudera dii^ebantur, Fest, p. 2t»5 
Möller sagt von rodus vel raudus: vulgus quidem 
in usu habuit, non modo f>ro aere imperfecto... 
sed etiam pro signato, quia in maiicipando, cum 
d i c i t u r : „ r u d u s c u I o ] i b r a m f e r i t o ", a s s e t a n g i - 
tur libra. Das wort scheint daher eher mit knchcnsl. 



zur etymologischen trortfurschnng. 7 

ruda, dkr. löha, als mit rudis, wie Festus und unter 
den neueren z. b. Corssen ausspr. 2. ausg. I, 359 anneh- 
men, zusammenzuhängen; wenn jene Zusammenstellung rich- 
tig ist, muis rudus, raudus ein stQck stein ein, anderes 
wort sein. Der umstand, dafs das latein ableitungen von 
WZ. rudh mit b und f im inlaut (ruber, rufus, robus) 
hat, kann uns nicht hindern raudus von derselben wurzel 
abzuleiten; denn ebenso sind arbor und arduus von der- 
selben Wurzel ausgegangen. 

Im Sanskrit bezeichnet röhita eine bestimmte hirsch- 
art, röhit fem. ein gazellenweibchen, ebenso wird wild vom 
hirschgeschlechte altn. rauffd/ri, deutsch roththier, 
rothwild genannt. Die auerhenne wird im lit. rudikke 
fem. Ness. ( wohl richtiger mit einem k geschrieben ) von 
rüdas braunroth genannt und in ähnlicher weise im nor- 
wegischen röy, ursprünglich reyÖTr von rauö'r roth. 

Noch will ich eine besondere Übereinstimmung zwi- 
schen dem nordischen und dem lituslawischen hervorheben 
im altn. ryöTr masc. rost (auch ryöT neutr.) stamm rudja 
gegen über von lit. rudis, kirchenslaw. r ü z d a. 

Von der wurzel rudh, wovon lat. ruber, rufus ge- 
bildet ist, pflegt man auch lat. rutilus herzuleiten. Die 
meinung, t sei hier aus ursprünglichem dh entstanden, ist 
von Corssen und Curtius widerlegt worden. W'enn das 
wort hieher gehört, mufs es, wie Corssen krit. beitr. s. bOf. 
bemerkt, aus rud-tilus entstanden sein. Diese erklärung 
könnte dadurch gestützt werden, dafs wir, wie ich oben 
angenommen habe, im lateinischen dieselbe wurzel in der 
form rud in rudus haben, so wie russus wohl aus rud- 
tus entstanden ist. Es würde aber jedenfalls den gewöhn- 
lichen lateinischen lautregein widerstreiten, dafs d vor t, 
ohne dal's der vorausgehende vocal verlängert würde, weg- 
gefallen wäre, wenn es auch im latein nicht ganz beispiel- 
los ist, dafs consonant vor consonant wegfällt, während 
der vorausgehende vocal kurz bleibt. Corssen beruft sich 
bei der erklärung rütilns für rudtilus auf adgretus, 
egretns. In diesen formen haben wir aber, wie Corssen 
selbst krit. beitr. s. 417 richtig bemerkt, alterthümliche 



8 



Bugge 



Schreibweise für adgrettue, egrettus zusehen; in ana- 
logie damit sollte es demnach luttiliis, nit-bt lülitus 
hcirsen. Vgl. Grafsmann zeitscbr. XII, 8? f. — Ich findo 
ein<;n anderen Ursprung von rutilus Withrst-lirinlicher. 
rutiluB bezeichnet wesentlich die nämliche färbe wie ;K(n'- 
ff€0*,', es wird am häufigsten von demjenigen gebrautiht, das 
rothgelben glänz wie das gold hat; arjna rutüant, ru- 
tilaatior auro, thorax rutilus. Ich vermutbe daher, 
dafe rutilus von einem dem griechischen '/^{tvaö^ entspre- 
ubendeu verlorenen lateinischen werte für gold abgeleitet 
ist. rutilus ist dann ebenso wie nubilus von nubes 
gebildet; wenn wir glauben dürften, dafs caerulus nicht 
mit caesius verwandt, sondern von caelum abgeleitet 
und durch dissimilation aus caetuhis geändert sei, würde 
auch diese ableitung atialog sein. 

a in ;fpiiöOi; scheint aus r entstanden s. Ciirtius grund- 
zöge 8. IS.'V, Delbrück in Curtius Studien I, i;!6, und die- 
ser ursprüngliche consonant ist dann in rutilus erbalten; 
dagegen hat dies vor r einen coneonanten verloren, der in 
■^^vfTu^ als ^ erscheint und ursprilnglicb gh gelautet hat. 
Der quantitätsunterschied zwischen ii in jfyi'ffot,- und u in 
rutilus kann gegen diese erklärung kein bedenken er- 
wecken, da die quantität innerhalb des grierhischen selbst 
schwankt: die lyriker (Pindar) gebrauchen öfter v in x^u- 
ffo's, }f(jV(ssog kurz. 

Wenn die hier gegebene erklärung von rutilus rich- 
tig ist, siheint die annähme gerechtfertigt, dafs das latein einst 
zwei bezcichnuugen für gold gekannt hat, eine, die dem 
lit. äuksas nnd eine, die dem griech. /^vöül,' entspricht. 

Meine erklärung von rijtilus fallt aber, wenn erwie- 
sen werden kann, was Renan (anraerkung /u M. Müller 
niytholotjie compar. p, 36) und mehrere semitologen ver- 
muthet haben, dafs /ovaog nicht ein japbetisches wort ist, 
sondern das durch verkehr mit den Phoenikiern nach Grie- 
eheuland eingeführte hebr. y'rn , das in der poetischen 
Sprache gold bedeutet. 



k 



zur etymologischen Wortforschung. 9 

raukä fem. runzel, lat. ruga. 

Aufrecht zeitscbr. XII, 400, an den Curtius grundzttge 
422 und Corssen ausspr. 2. ausg. I, 543 sich anschliefsen, 
erklärt lat. rüg a, als aus vrunga entstanden, aus einer 
Wurzel varg, vrag, vrang; Fick setzt es dagegen mit 
skr. rüg brechen, biegen in Verbindung. Anderes liegt 
aber näher. Lit. rauka fem. bedeutet runzel, falte (Ness.) 
von dem verbum runkü, rükti runzeln, das nur in Zu- 
sammensetzung gebraucht wird. Lit. rauka ist nach meiner 
meinung das nämliche wort, wie lat. rüga, das demnach 
aus rauga, rauca entstanden ist, ebenso wie nugae, 
naugae mit uaucum in Verbindung steht, mugio mit 
fivxäufiai, viginti mit sixo(fi. Fernere Verwandtschaft mit 
den Wörtern, zu denen andere ruga gestellt haben, will 
ich nicht verneinen. 

altn. raun, griecb. epswa. 

Altn. raun fem. bedeutet versuch, probe, Unter- 
suchung, prüfung, erfahrung; reyna prüfen, erfahren. Diese 
Wörter entsprechen den griechischen 'igswa, iQevrcio). Wo 
raun Untersuchung, um etwas zu erkunden, bezeichnet (so 
in Gulapingslög 262 Untersuchung, welche um die schuld 
eines mannes zu erforschen unternommen wird), stöfst es 
mit igsvva in der bedeutung nahe zusammen; ebenso be- 
zeichnet reyna eptir einhverju oder til einhvers Un- 
tersuchungen um etwas zu erfahren anstellen, ja das ver- 
bum wird auch mit dem accusativ in der bedeutung „unter- 
suchen* gebraucht (so im gotländischen gesetze royna), 
also ganz wie igevvdo). raun hat nom. pl. raunir; wir 
finden demnach hier 'dgsvva gegenüber Übergang von einem 
a- stamm zu einem i-stamm , wie so oft, z. b. im altn. 
sakir neben sakar. Das abgeleitete verbum reyna aus 
raunjan verhält sich zu ^gBvvceM wie temja austamjan 
zu daftdio. 

Die mit 'igevra verwandten Wörter iQiaöai, igooräv, 
iQseivEiv fragen (Curtius grundzüge s. 308) machen es wahr- 
scheinlich, dafs der vocal im anlaut ursprünglich ist, und 



10 



Bugge 



nicht später vori^ost-hoben. Uiraer vocal ist im alto. raun 
weggefallen, wie im lat. reniiis mit ^yfr^ijt, verglichen. 

Griecb. liji., lit. htszis, ecbwed. 16. 

Zu Ivy^ (stamm Afj'x), ahd. luhs, lit. luszis gehört 
noch das gleichbedeutende schwed. 16, das zwischen allen 
drei geschlcchtern schwankt (Kydquist svenska spräkets 
lagar II, 3(17). In lö ist ö aus o|j, uh entstanden, das dem 
U8Z im lit. Iu8zis, ursprünglichem uk regelrecht entspricht. 
Dagegen fehlt es uns an mittein, den ursprünglichen stamm- 
auslaut in lö zu be.stimnien; wenn flbereinstimmung mit 
dem litauischen stattfände, uiüsste das wort im altecbwed. 
im iiom. |>1. loir vom stamme 16i lauten. Im deutschen 
lucbs ist B suiltix ; luchs verhält sich zu schwed. lö un- 
gefthr wie fuchs zum got. fauho, altn. t'öa, mhd. vohe. 

Vgl. über h'y^ Spiegel zeitschr. XIII, 3t)7 

akr. 1q, altn. 16. 

VoH skr. lü abschneiden pf. liilßva sind u. a lavitra, 
lavi und lavänaka sichel, abhilava das abmähen des 
korns gebildet. Pictet (les orig. Indo-Europ. II, 102) zieht 
afghan. lur sichet bieher. Ans derselben wnrzel deuten 
Beufey gr. wurzellex. U, 1 und Pott wurzelwtb. 1294 mit 
recht 'Anlov ^= tioinavov und ?./;iwv dor. Xtnvv die saat auf 
dem fcldc (die abgemäht werden soll). Hieher gehört auch 
altn. le masc, senae ftir lei, accus, gen. dat. Ijä f(5r lea, 
nom. pl. Ijfir für lear; der stamm des wertes ist lean 
und nom. sg. Ijar ist eine sp&tere form, die nach den for- 
men fflr die flbrigen casus gebildet ist. le weist auf die 
grundform leva von der Stammform levan; ein ganz ent- 
sprechendes verhältniJ's habe ich frOher beim altn. kle = 
skr. grävan nachgewiesen. Verwandt ist ijä fem. neuge- 
mähtes gras, das auf die gnindform levä zurückweist. 

Schon Holnilioe „del norske sprogs vaesentligste ord- 
forraad" hat die genannten Wörter mit skr. lü verglichen, 
aber ohne das lautverhältnil's zu erläutern; falsch ist das 
lautvcrhältniis von Pictet a. a. o. dargestellt, Die Oberein- 






zur etymologischen wortfoncbung. 11 

Stimmung zwischen altind., griecb. nnd german. bat hier 
cniturgescbicbtliche bedeutung. 

raig, laig, skr. rSg, got. laikan. 

Mit laikan (lailaik, laikans) übersetzt Vulfila 
ay.iQTciv; daneben findet sich bei ihm das zusaminengeäetzte 
bilaikan iunal^siv., fivxTijftiCsiv, und 1 a i k s ;^o^oi,-. Viele 
schösslinge von demselben stamme finden wir in allen ger- 
manischen sprachen. 

Besonders reich sind die bedeutungsvariationen im nor- 
dischen und angelsächs. entfaltet, und hier werden wir am 
deutlichsten die grundbedeutuug, auf welche die verschie- 
denen anwendungen des Wortes zurückgehen, wahrnehmen 
können, leika bezeichnet „in bewegung sein" Oberhaupt; 
zunächst wird es von freier und leichter oder wiegender 
hüpfender bewegung angewandt. Hier hebe ich namentlich 
hervor, dafs leika von der bewegung der wellen besonders 
auf dem im stürme schwellenden meere gesagt wird, z. b. 
ürsvalar unnir leku HelgakviSTa Hundingsbana II, 13 
die kalten wellen spielten, lek sollit haf Snorra Edda 
ed. Arna-Magn. I, öOO das schwellende moer war in stür- 
mischer bewegung. Das wort bezeichnet ferner die un- 
stete bewegung der fiammenzungen: leikr här hiti viff 
himin själfan, die hohe flamme spielt gerade gegen den him- 
mel, Völuspä. Auch wird es vom spiele des wiudes und vom 
wetter gebraucht, ja sogar von der zitternden, hüpfenden 
bewegung des blitzstrahls; in einem norweg. dialekt bedeutet 
veÖTrleikr (veleig ausgesprochen) wetterleuchten. Es 
würde zu weit führen hier den ganzen bedeutungsunifang, 
den das wort leika hat, zu betrachten; ich verweise dar- 
über auf die Wörterbücher von Egilsson und Fritzner. Was 
ich angeführt habe, ist hinreichend um von der seite der 
bedeutung folgende zusammenstellnng zu rechtfertigen, 
laikan ist identisch mit dem ind. reg, präs. 3. ps. sing, 
re^ate hüpfen, beben, zittern, zucken. Dies verbnm wird 
im Rigveda oft vom feuer gebraucht wie laikan in den 
germanischen sprachen, so wird Agni Kigv.III, 31, 3 ^uhva 
r^gamäna: mit der zunge zitternd, spielend genannt. Es 



12 



Bugge 



ist also unrichtig', wpnu man gßwöhiill«h got. laikan uii- 
mitti-lhar zu i~kr. lagli, laügli stellt. Die wiirzel luigist 
aber in den eiiropäischeD sprachen weiter ausgebreitet. Die- 
fenbacb got. wtb. II, 768 vergleicht mit got. laikan richtig 
lit, Jaigyti frei, muthwillig, unbändig umberlaiif'pii; ferner 
verwandt sind die II, i'i^ genannten Wörter, Stokee beitr. 
IV, 38*^ prklärt hieraus ir. löeg kalb als das hüpfende thier. 
Glciehbodeutend mit ahn. leika, leikr ist lat. ludere, 
Indus, beinahe alle die bedeutungen, die In dere umfaCst, 
finden sich bei 1 ei ka wieder; dies wird auch, wie ludere, 
transitiv gebraucht in der bedeutung: sein spiel mit jemand 
treiben, einen streich spielen, täuschen, ludere lüdua 
lautete ursprünglich loidese, loidos. Lateinisch oi, 
später ü, entspricht regelrecht g<'rmanischem ai, z. b. ünus 
ursiprünglich oinos = got. ains. Vielleicht dürfen wir 
daher ludere, ursprflnglich loidese, als aus loigdese 
entstanden erklären, und darin die erweiterung einer ital. 
Wurzel loig = got. laik durch d annehmen; dieselbe er- 
weitemng bei einer auf g auslautenden wurzel finden wir 
im altbaktr. varezd wirken, wovon varezd avaiit arbeit- 
sam, griech. iorii'i von wurzel j:sq}-. Vor d und nach oi 
mufste im latein g abfallen; so steht lat. nudus fftr nug- 
du8. Diese erklärung von ludere scheint näher zu liegen 
als die Aufrecht''8 zeitscbr, V, 138 f. ans skr. krld. 

altn. laug, laudTri 

Zu lat. lavere, lavare, griech. '/.ovstv gehört im alt- 
norwegischen — um loa alliiere, das nur neuisländiscb ist, 
nicht zu besprechen — deutlich laug fem. waschwasser, wo- 
raus lauga waschen (bei Pott wurzelwtb. 1307 genannt). 
In laug mufs g wie in telgja dem lat. d olare gegenüber 
erklärt werden,- es ist dagegen zweifelhaft, ob g sich hier 
in vorgermaniscber zeit ans j entwickelt hat. laug aus 
laugii würde, wenn diese vermuthung stich hielte, für 
laujä stehen und mit dem in Zusammensetzungen erschei- 
nenden lat. luvia identisch sein. Unter den mit laug zu- 
sammengesetzten wortern müssen hervorgehoben werden 
fötlang, das mit lat. pell uviae gleichbedeutend ist, und 



zur etymologischen wortforechnnR. 13 

mundlaug oder mullaug, das von der Bedeutung mal- 
luviae in malluvium Obergeht Von Xiam wird Kovtqov, 
XoiTQov bad, wasch wasser, später: abwaschen, abspülen ge- 
bildet. In derselben weise ist von lavarelavacrum für la- 
vatrum abgeleitet (am Übergange von tl, tr in cl, er im 
latein halte ich trotz den einsprächen Corssens fest, und ich 
hoffe ein anderes mal dies rechtfertigen zu können). Eine nahe 
verwandte ableitung haben wir in dem vom urspr. stamme 
abgeleiteten pollübrum aus loufrom, laudbram. Ein 
dem griechischen Aoi-r^oi' vollständig entsprechendes wort 
weist Stokes beitrage VI, 229 im gall. lautron nach, wo- 
von abl. lautro, das mit balneo erklärt wird, altir. löthar 
(alveus). Vollständig entspricht dem Xoxrrgöv auch altn. 
Iau8"r neutr. (dies, nicht löör, ist die richtige, alte form). 
Es bedeutet Seifenschaum (als das, was zum abwaschen 
dient); die dichter gebrauchen es aber besonders vom schäume 
des meeres, den sie somit als das, womit etwas überspült 
wird, bezeichnen, wie von der see bei uns Norwegern ge- 
sagt wird, dafs sie „wäscht,* wenn sie über die selten des 
Schiffes spült. Mit unrecht erklären Säve und Rietz lauöTr 
aus liuda wachsen. lauiVr ist im schwed. lödder schäum 
erhalten und engl, latber mufs dasselbe wort sein. 



altbaktr. raokhsna strahlend, lat. luna. 

Die naheliegende erklärung von lat. luna als lucna 
aus lucere wie auch die unmittelbare Zusammenstellung 
mit dem gleichbedeutenden slaw. luna, das nach Miklosicb 
nicht lehn wort ist, scheitert, wie mehrere erkannt haben, 
an der form losna, die als name der göttin des mondes 
auf einem in Praeneste gefundenen Spiegel corp. inscr. lat. 
no. 55 vgl. addit. p. 554 (dagegen nicht, wie Lettner zeit- 
schr. VII, 86 sagt, auf etruskischen vasengemälden) ge- 
schrieben ist. Es sei nun losna lateinische form oder 
nicht (vgl. Goetze in Curtius Studien I, 2, 161), so kann 
es kaum aus lucna entstanden sein, dann mufs aber das 
nämliche von luna gelten. Schweizers erklärung von 
WZ. rudh hat schon wegen des 1 wenig Wahrscheinlichkeit. 



14 



rtugge 



Ich erkläre losna, luna aus altbaktr. raokhSna 
stralilend, leuchtend, als subst. masc, glänz, gnindforra 
raukana von ruklis ahgelpitet, das eine weiterbüduag von 
ruk lue ist. raiiksna, lauksua wurde im italist;hen 
regelrecht zu louxiio, fem. louxuä; hieraus iatlat. luna 
wie eeni aus sexni, tela aus texla u. s. w. eotatanden, 
während in losna s aus x erhalten ist, wie in Sestins, 
osk. 2ieGTig = Sextiua, mistus ^== mixtus u. s. w. 
Was den vocal der etammsilbe betriflft, so verhalten sich 
losna und luua zum ureprünglitihen louxoa, wie z. b. 
iiondinum und nundinum zu noundinutn, siehe Cors- 
sen ausspräche 2. ausg. I, 669 f. Die richtigkeit dieser er- 
klärung wird durch altpreul's. lauxnos fem. pl. gestirne 
gestützt, welches wort Fick zeitschr. XVIII, 416 mit dem 
altbaktr. adjectivum verglichen hat. Lat. luna ist singular- 
fbrm zum altpreula. lauxnos, wie altn. tungl im singu- 
laria besonders vom moode, im pluralis aber von allen strah- 
lenden hiinnielskörpern gebraucht wird. 

Auch ahd. liehsen lucidus Graff" II, 150 entspricht 
ganz dem altbaktr. raokbsna, vgl. ahd. widarliebseni 
repercMissio luminis; die aus ruk, luk durch a erweiterte 
Wurzel findet sich auch im ags. lixan, altn, Ijös subst., 
Ijüss adj,, l]?sa vb.; namentlich mufs hier sebwed. dial. 
lyssn oder lyssne ueutr. ( urspr. lysni) Sternschnuppe, 
meteor, nordlicht hervorgehoben werden. 

Fabretti gloss. Ital. p- 1067 bemerkt: „Etiamnune Pe- 
demoutani aliique losna pro baleno (futgore) dicunt, 
apud Romandiolae popnlos Insna"; aber dafs diese Wör- 
ter die ftlte form losna erhalten haben, kann ich ebenso 
wenig glauben wie Dieienbach (got. wtb. II, 147), der in 
ihnen deutschen Ursprung vermuthet. Nach Schuchardt 
vokal. II, 184 statt •lucnia. 

Da wir im lat. luna eine aus lue durch s erweiterte 
wurzeKbrm lux gefunden haben, müssen wir mit Lottner 
zeitschr. VII, 186, Pott wurzelwtb. 1308, Curtius gnind- 
züge 8. 147 und Fidt wtb. s. 156 zu dieser auch lat. il- 
liistris für in-ln x-tri-s stellen. Schon Froehde zeitschr. 
XV^III, 2ö9 bat losna für lousna aus der würzet lus 



1 



ZOT etymologischen Trortforschnng. 15 

leuchten erklärt, welche im altn. lysa, ]at. illustris er- 
scheint. Corssen krit. beitr. 411, ausspräche 2. ausg. 362 
erklärt dagegen illustris aus lustrum reinigungsopfer, 
aber dagegen spricht die bedeutung. Wenn illustrare 
von der sonne in der nämlichen bedeutung wie illumi- 
nare gesagt wird und wenn illustris in der bedeutung 
„klar" als epitheton zu Stella, lumen u. s. w. vorkommt, 
wird mau es von Seiten des begriff» höchst unwahr- 
scheinlich finden, dafs illustris ursprünglich „im reini- 
gungsopfcr inbegriffen" bedeutet, und dagegen höchst wahr- 
scheinlich, dafs es mit lucere in Zusammenhang steht. 

üebergang von v in f in lateinischen Wörtern. 

Die meisten neuereu Sprachforscher läugneu, dafs sich 
in lateinischen Wörtern ein aus v entstandenes f finde; so 
Aufrecht und Kircbboff umbr. sprachdenkm. I, 101 anm. 
Corssen ausspräche 2. ausg. I, 1 60. Ich will es hier ver- 
suchen, eine entgegengesetzte meinung zu begründen. Einen 
sicheren ausgangspunkt haben wir in formica. Dafs dies 
mit dem gleichbedeutenden fW(jutj^ zusammengehört, ist 
selbsteinleuchtend, und es ist nur darüber zweifei, in wel- 
cher weise diese zwei Wörter sich vereinigen lassen. ,Hyo/i?/| 
ist von uvguog abgeleitet, das sich bei Lycophr., Tzetz., 
Hesych. findet; für die bestimmung der ursprünglichen form 
des Wortes sind die bei Hesych. vorkommenden dialekt- 
formen wichtig: ßv^fiaxag' uv()urjxag, ßögua^' ^w()i4t]^, 
OQfiixag' /LWQui]^. Dagegen (pöguixa' fxvQurjxa giebt wohl, 
wie Curtius meint, eine erklärung des lateinischen wortes, 
während dies kaum von der glosse oguixag gilt. Curtius 
grundzflge s. 303 hält die formen mit m im anlaut für die 
ursprünglichen, erklärt den namen des thieres aus einer 
Wurzel mur wimmeln., und meint, ßvQfit]^ sei aus uvqu.}]^ 
durch eine art dissimilation entstanden. Für eine solche 
dissimilation hat er aber eine analogie im griechischen nicht 
nachweisen könaen; noch weniger giebt es irgend eine stütze 
für seine vermuthung, formica sei durch dissimilation aus 
mormica entstanden; der vocal o im lat. worte weistauf 



16 



Bogge 



l 



ursprüngliches a, nicht u bin ; die form ooftixai^ bei Hesych. 
wird als griechische form unerklfirlith, und Curtiua ist ge- 
zwungen, jeden /.usanimenhang zwischen formica, itvii- 
/«;/!, ßvQurj^ und skr. valmika ameisenhaufe aufzugeben. 
Die von Curtiue gegebene crklärung kann daher nicht 
die richtige sein. Gegen Benfey's und Schweizer''8 ver- 
such (Zeitschrift X, 304) den namen des thieres aus skr. 
WZ. bhram zu erklären, hat schon Curtius e. 303 hin- 
reii'hende gründe angeführt. Die einzige weise, in wel- 
cher sich ttvijuu^, fwoftti^, ßvofia^, ßug/Act^, öouixai; nacb 
griechischen lautregeln vereinigen lassen, ist die, dafs wir 
die grundformen ^ogjuog, jCü(>jHß| annehmen, wie Kuba 
zeitschr. III, G7 und Legerlotz X, 382 f gethan haben; 
wegen des Überganges von /■ in ß a. Curtiue grundzfige 
8. 514 — 520, wegen des ftberganges von/' in u s. 520—526. 
Dafs die augeuommcne griindforni jruQfjtog die richtige ist, 
wird auch dadurch dargethan, dafs sie dem zuerst von 
Kuhn III, fi6 verglichenen indischen valmika m. und n. 
ameiseuhaufe entspricht. Ich lasse hier, wo es nur die 
grioch. und lat.grundform zu ermitteln gilt, die frage nach 
dem Ursprung des wortes nnd nach dem verbal tnifs zum 
naoieu des thieres in den übrigen japhetischeu sprachen 
bei Seite; ich werde aber unten zeigen, dafs diese frage 
eine beantwortung erhalten kann, welche mit dem hier vor- 
gebrachten stimmt. 

Um f in formica zu erklären, hat man zu dem aus- 
weg seine Zuflucht genommen, sich die form durch „Volks- 
etymologie" entstanden zu denken, als ob das thier seinen 
namen a fcrendo raicas erhalten habe (so Förstemann 
zeitschr, III, 50, Legerlotz). Dagegen bemerkt aber Cur- 
tius mit recht: „derartige composita mit vorausgehendem 
verbalen bestandtheil sind im lateinischen so selten, dafa 
sie gewtfs dem volkssinne nicht vorschwebten ". Wenn, 
wie wir gesehen haben, f/vu^w^y jKt'o(</;|, ßvoui/^ von den 
grundformen /oojtioi,', /•6p^<«^ ausgehen und wir damit for- 
mica vergleichen, läfst sich das verbälSii/a nur iu der 
weise erklären, dafs f aus v entstauden ist, wie auch Kuhn 
zeitschr. III, ü7 annimmt. Indem wir formica für vor- 



h 



Äur etymologischen wortforsrhung. 17 

mica als festen aiisgangspunkt betrachten, dflrfen vrir den- 
selben lautübergang in anderen Wörtern suchen. 

formido, formidare. 

Den Ursprung dieser Wörter zu erklären sind in neuerer 
zeit mehrere wenig glückliche versuche gemacht worden. 
Benfey zeitschr. II, 231, Kuhn X, 314, Schweizer XII, 304, 
Walter XII, 410 leiten sie von skr. wz. bhram ab, so 
dafs die ursprüngliche bedeutung trepidatio sei; dals 
aber dies mit lateinischem Sprachgebrauch nicht stimmt, 
hat Corssen krit. beitr. 1 70 f. nachgewiesen. Ebenso wenig 
kann ich Corssens erklärung aus skr. wz. dhar detinere, 
so dafs formido ursprünglich detinens vis metus bezeichne, 
von selten der bedeutung wahrscheinlich finden, dhar 
wird weder als verbum, noch in ableitungen, weder im 
Sanskrit, noch in den verwandten sprachen von dem schrek- 
ken angewandt, der jemand an der stelle fest bannt, und 
eine solche anwendung würde zu der grundbedeutung der 
Wurzel „aufrecht halten, stützen, unterstützen, befestigen'' 
schlecht passen, formido liegt in der bedeutung von fir- 
mus weit ab. Besser hat Joseph Scaliger formido mit 
form US zusammengebracht, welcher deutung Curtius bei- 
tritt; aber diese ableitung, wie mehrere andere, die ich 
hier unerwähnt lasse, mufs zurücktreten folgender, wie 
mir scheint, schlagenden Zusammenstellung gegenüber, die 
ich schon bei Isaac Vossius finde. Wie formica in be- 
treff des anlautenden consonanten sich zu uv{}ui]^ verhält, 
so verbalten sich formido, formidare zu ftoQfiw, fiog- 

uälV, fJ.OQfwXv>(ilOV, flOQfXoKvTTO^tai^ flOQfXokvTTSf (fcßsQi^ei 

Hes. ^OQfiiy ^aXsni]. ixnlrjxrixrj Hes. ^ög^tof (foßoi xsvol 
Hes. fjtö^fWQog . . . (foßoq Hes. fiogfwvei' Ösivonoist Hes. 
fnoQfiOQwnog Aristoph. ßuTQ. 925, fiOQuvacoum ^ MO(>.a<wro's'. 
In der bedeutung passen diese lateinischen und griech. 
Wörter vortrefflich zu einander: formidare ist s.v. a. 
fAOQfjioXvmßf^ai; formido ist nicht nur grausen, sondern 
auch wie fiogfiiä, fioqfioXvxsiov schreckbild, sciheuche, po- 
panz. Ich kann es demnach nicht bezweifeln, dafs diese 
Wörter von gemeinsamem Ursprung sind, sie lassen sich 
Zeitechr. f. vgl. sprachf. XX. 1. 2 



IS 



ßuBne 



aber nicht anders aie dur^h die anuabme, fini/f^toj sei aus 
jroQutü und formido aus voiuiido eiitstaüdea, vereini- 
gen; formldo, das wie cupido gehildet ist, st'txt zu- 
nächst ein verbum forraire mit der nämlichen bedeutung 
wie fiotjiioXvTT tii' voraus. Dals fii>ij/jw aus _fu()fÄW enttstan- 
den ist, hofie ich auch durch eine andere vergleichung 
wahrscheinlich machen zu können. Skr. rüpä äulsere er- 
echeiiiung^ färbe, gestalt, form, das nach meiner meinung 
nciit t*»o'ft'i statt po^ni, nahe verwandt und aus varpä 
entstanden ist, kann in der älteren spräche von traiimge- 
etalten gebraucht werden, wie das griecbij^che wort in der 
ableitung Mu{>((iiv^ (erst bei OvidJ; ebenso werden die 
epukgestalten , die die böSen geistrr annehraen, rflpäni 
genannt. Eine ähnliche hedeutuiigsentwickeluug von g<'atalt 
KU ecbreckensgestalt, gespenat nehme ich im griechischen 
au (vergl, ijoijutvoi ötti is: on' ixiivii ftuti'fa^tt Ael. a. au. 
1,29 von der eule); ich glaube mit hohtick TJJM. p. 320, 
dafiä uouftw mit uoutfti von demselben stamme inid also 
aus uijijff-uo)^ ^oo7i-iit)J entstanden ist: zwischen (/ und jh 
muiste 71, (f noth wendig abfallen. Eine ähnliche bedeu- 
tungseutwickelung vom generellen zum specielleo haben 
wir in spectrum, das in den romanischen sprachen das 
gewöhnliche wort für gespenst wird, das aber ursprünglich 
erscbeiiiuug überhaupt bezeichnet. Die gegebene crklärung 
von iiü^Kbi, formido finde ich endlich durch forma be- 
stärkt. 

Da im vorhergehenden die cntstehung des lat. f aus 
V als möglich erwiesen ist, kann fortna für vorma und 
dies für vorpma stehen (wie sarinentum für sarpmen- 
tum); forma für vorpma stammt somit nach meiner 
vermuthung von der nämlichen wurzel wie die gleichbe- 
deutenden Wörter im grieuh. .«oo'/r| %r _fuünij, im saoekrit 
rüpa für varpä und värpae. In bezug auf das sufHx 
schliefst forma sich nahe dem griech. fiO{>uüi an; es 
verhält sich dazu wie (.tainp] zu /nu{iifM. Während aber 
die allgemeine bedeutung erscheiuung, form, gestalt sich 
in forma erhalten Lat, ist diese allgemeine bedeutung in 
die specielle echreckbild in uu{ttit>i wie in formido über- 



I 



I 



« 



zur etymolo^schen Wortforschung. 19 

gegangen. Ich glaube also, dafs schon Caesar Scaliger, 
wenn er formido a formis id est spectris herleitet, 
im wesentlichen das richtige gesehen hat. 

Weder die von Pott et. forsch, l.ausg. II, 119 gege- 
bene etymologische erklär ung von forma als id quod 
prae se fert, noch Corssens (krit beitr. IßB) auffassung 
von forma als „die feste" von der wurzel dhar scheinen 
von Seiten der bedeutung so nahe zu liegen, dafs mein 
versuch dadurch widerlegt wäre; skr. dhar im an m. tiu- 
det sich in der bedeutung form, gestalt nur bei einem 
grammatiker (Uggvaladatta), und man weifs, wie gefähr- 
lich es ist, solche Wörter bei der vergleichung mit den 
europäischen sprachen zu gebrauchen. 

f scheint auch im stadtnamen Formiae aus v entstan- 
den zu sein. Von dieser stadt sagt Strabo V, IU,6: £^rj(j de 
fbo(}(A.iai ylaxuivixov xtifSfia kat'iv^ Ogfiiat i.syufisvov nqötBQov 
8ia TU evoQfjiuv; Plin. N. H. III, 5,9: Oppidum For- 
miae, Hormiae prius olim dictum; Paul. exo. p.83: 
Formiae oppidum appellatur ex Graeco velut 
Hormiae, quod circa id crebrae stationes tutae- 
que erant, unde proficiscebantur navigaturi; 
Serv. ad Aen. VII, 69ö: Formiae, quae Hormiae fue- 
runt, änu rfji; ÖQuiji^, nam posteritas in multis no- 
minibus F pro H posuit. Corssen krit. beitr. 17ö, aus- 
spräche 2. ausg. 1,148 citirt diese stellen ungenau, als ob sie 
uns nur die etymologische erklärung Strabos von dem stadt- 
namen gäben; sie enthalten zugleich die ausdrQckliche be- 
hauptung, dafs Formiae ehemals mit griechischen namen 
Hormiae (Ogiiiai) hiefs. Es giebt keinen hinreichenden 
grand, diese nachricht, dafs die Stadt ihren nauien erst 
von hellenischen Seefahrern erhalten habe (vgl. Mommsen 
röm. geschichte 2. aufl. I, 128), zu verwerfen und die an- 
nähme, dafs 'Oqfiiai von oQfjiog (wovon auch der häufige 
griechische stadtname IIcivo()fiog) gebildet sei, zu bezwei- 
feln. Gurtius grundzüge s. 318 erklärt (j(}f.iug den anker- 
platz, wo die schiffe „schweben" oder, wie die Engländer 
sagen, an den ankern „reiten", gewifs mit recht aus einer 
Wurzel >r£^, ofsp schweben, baumeln, die sich in lit. sve- 

r 



2Ö 



Bngge 



riü wäge, svirtis brunnenschwpngel, evyrüti baumeln, 
evärtis wagebalken wiederfiodet Dal's tj(j^ioi; statt _f du« oi,- 
steht, wird duruh fivgftu^ ffratifto^ Hes. , welche glosse 
M. Schmidt mit unrecht geändflrt haben will, dargethan. 
Da digamma in so vielen uralten italischen Ortsnamen gi'ie- 
chiBchen Ursprungs erbalteu i»t, muls ÜQfiiai als Foi^uiai 
verataudeu werden und von dieser form ist also, wie Cur- 
tius mit vollem recht bemerkt, Formiae italisirt, aber 
diese änderung des fremden nameus ist mit einer lautän- 
derung, die in mehreren heimischeci Wörtern vorliegt, voll- 
kommen übereinstimmend. 

Endlich £ade ich f statt v in 



fornix, fornicis ni. Schwibbogen, gewölhe, die gewölbte 

decke. 

Ennius bei Varro I. I. 5, <^, 8 §■ 19 sagt sogar voni 
himmelsgewölbe caeli iugeates fornices, welchen aus- 
druck Cic. de or. III, 40, 102 tadelt. Die bedeutiing ge- 
wölbe, gewölbte decke erscheint auch in der ableituug for- 
nicatus. Wenn wir coruix, Icis xo(/oji>tj gegenüber, 
pulei, icis vgl. ipi/lkug, seuex, gen. veraltet seoicis 
neben senia und jtitbaktr. ha na vergleichen, scheint die 
annähme, dals fornix eine ursprüugiichere stammfonu 
forno voraussetzt, berechtigt. Dies forno ist nach mei- 
ner vermuthiing mit griech. avQuvo^i^ äol. wööj'/jc, ootno-t,' 
aus ^ü^jRj'o't;, skr. \"äruna-s identisch. Das wort ist von 
der Wurzel var umhüllen, bedeuken gebildet; es bezeich- 
net ursprünglich eine gewölbte decke, wird aber beson- 
ders vom himmelsgewölbe verwandt; doch kann das grie- 
chische wort namentlich in der deminutivform uionviaxug 
ein Zeltdach oder die gewölbte decke eines ziunners be- 
zeichnen, und das suflSx (ijc in tornlc hat ebenfalls de- 
minutive bedeutung, vgl. litüfta^^ /.idu^ und Curtius Zeit- 
schrift IV, 215. 

Als eine möglichkeit erwähne ich, dafs f aus v ent- 
standen sein kann in 



zur «tymologigchen wortfomchnng. 



21 



fortis. 



Eine in älterer zeit gebrauchte abweichende form und 
bedeutiing dieses wertes lernen wir an8 Paul. exr. p. 84 
iiennen: forctes {corr. forctia), frngi et bonus, sive 
validus; p. 102: horctum et forctnm pro bono di- 
flebant; Fest. p. 34H: in XTI cautiim est, ut idem 
juris esset Sanatibus quod Forctibus id est bo- 
niß, et qui numquam defecerant a P. R, ; vgl. Fest, 
p. 321 nach der ausfölhiog von Müller; in XII: «Nex[i 
Bolutique, ac] forti, sanatifsqiie idem jus esto";] 
id est bonor[um et qui defererajit sociorura]. Die 
älteste lateinisehe form war somit forctiis. Wenn man 
dies wort etymologisch erklären soll, scheinen zwei wege 
möglich. Fick wörterb. s. 85, Curtiiia grundzüge 232 und 
Gorssen ausspräche 2. ausg. I, 101 leiten das wort von 
einem dem skr. darb dfhati festmachen entsprechenden 
verbum ab und ädentifiniren es mit skr. pcp. pass. drdba 
{für drhta) fest, feststehend, dauerhaft. Diese erklärung 
scheint von seilen der form und der bedeutung wohl mög- 
lich; doch erweckt bedenken, dafs got. tulgus fest im * 
anhiut t hat, was d im skr. darb, aber nicht dem lat. f 
entspricht. Wenn lat. f hier aus d h entstanden wäre, hät- 
ten wir im entsprechenden germanisL'hen worte d zu er- 
warten, wie got. deigan dem lat. fingere entspricht. 
Folgende zusammenstfllnng dürfte von seilen der form und 
der bedetitung näher liegen, forctus steht nach meiner 
vermuthung für vorctus ^ skr. flrgita kräftig, mächtig, 
erhaben, ausgezeichnet pcp. pass. von ürgajämi nähren, 
kräftigen, denom. von ör^, örgS f. nahrung, Stärkung; 
kraftfOllc, saft; arg ist aus varg entstanden; im griechi- 
schen gehören hieher «(/^rfw, opj-ofg, opjyj. Altn. orka 
vermögen, aber auch arbeiten, orka kräfte, aber auch ar- 
beit scheint zu erweisen, dafs die wurzel in Org, fijjy»/ 
nicht von hjy wirken verschieden ist; die bedeutung ,,wir- 
ken " scheint sicli aus „treiben, drängen" entwickelt za 
haben. In Verbindungen wie Ecquid fortis visast Plaut. 
MU. gl. 110.1; Formosu virgost — praeterea fortis 



SS 



Bngff« 



Afran. Ifiß ist fortia in der bedputang mit önyiig {d-vya- 
Ttpig fig ?.fyos oQydSfi^) nahe verwandt, wie auch ürgita 
von der körperüchen fülle gebraucht wird- fortis kann 
aocb voll nährender kraft bedeuten (fortiora legumina 
in cil)o Plin.) wie skr. ürgas vant, ürgavja. 

Mehr italische Wörter, in denen v im anlaut mög- 
licherweise in f übergegangen ist, könnten genannt wer- 
den (so könnte man sich die möglichkeit denken, das Sabin, 
birpus = lupus liefse sich durch die mittelgliedor fir- 
pu6, virpus mit altn. vargr vereinigen); für dieamaJ gilt 
es mir aber nur diesen lautübergang als wirklich existi- 
rend zu erweisen. 

Erstens ist zu merken, dafs iu allen hier genannten 
Wörtern, in denen nach meiner nteinerng f aus \ eotstan- 
den ist, nach f ein von f durch einen vocal getrenntes 
r fo];_'t; dies ist gewife nicht zufällig, wiewohl ich damit 
niebl behaupten will, der lautübergang sei auf diesen 
fall beschränkt. 

Dieser lautübergang hat physiologisch nichts auffallen- 
des; denn v scheidet sich von f nur dadurch, „dafs bei 
jenem die stimme mittönt, hei diesem nicht, jener tönend, 
dieser tonlos ist" (Corsaen ansspr. 2. ausg. I, 138). Wenn 
die Lateiner zum zeichen ftlr f das griechische digamma 
wählten, folgt daraus freilich nicht, dafs f wie digamma 
lautete (vgl. Corssen ausspräche 2. ausg. I, 136), man darf 
aber ditrans schliefsen, dafs die heiden laute den Lateinern 
nahe verwandt schienen. Wir tindeu denn auch denselben 
lautübergang besonders sporadisch in verwandten sprachen; 
namentlich berufe ich mich auf die roojanischen sprachen. 
Hier ist f, das den nämlichen laut wie im lateiii ha( (Cors- 
aen 8. l'^9), nicht selten aus lateinischem v verstärkt (siehe 
Diez), und dies findet in mehreren Wörtern statt, wo r 
inittelbai' oder unmittelbar nachfolgt. 8o wird parave- 
redus zu p arafredns (1. Baiuv.), fr. palefroi; ital. bif- 
fera weib, das zwei männer bat, ist auB bivira entstan- 
den; in Bpanischen Urkunden referen ti a ^ reverentia; 
nenfr. toutefois == altfr. toutes voies aus lat. via; alt- 
span, feinencia ^ vebemmtia. Das aus v entstandene 



I 
I 



zur etymologischen wortforschnng. 3S 

f kann im spanischen zu b werden: heme =s vi de me, 
bisca aus viscum plur. visca; diese formen lassen sich 
mit altlat. horctus vergleichen. Im irischen ist dieser 
lautfibergang (f statt v) regelmäfsig: auch aus mehreren 
anderen sprachen könnte analoges angeführt werden. 

Es ist öfters bemerkt worden, dafs das lat. ficus nur 
durch eine grundform svicns mit avy.ov^ theb. ri'xov, slaw. 
smokva, got. smakka vermittelt werden kann, ebenso 
hat Kuhn zeitscbr. IV, 17 ans got. svamms gefolgert, sv 
sei in anöyyog, atpoyyosy lat. fungus der ursprQngliche 
anlaut; ob aber ficus, fungus ursprünglich lateinische 
Wörter sind, weif's ich nicht: die lautänderung in diesen 
Wörtern ist jedenfalls mit derjenigen, die ich in formica, 
formido u. 8. w. angenommen habe, nicht ganz gleich- 
artig. 

Wurzel vagh mit ableitungen. 

Wegen dieser wurzel verweise ich namentlich auf 
Curtius grundzöge no. 169; dafs got. vigan hiehergehöre, 
ist neuerdings mit unrecht bezweifelt worden. Ich will 
hier auf einige bisher nicht hinreichend hervorgehobene 
Übereinstimmungen zwischen den verschiedenen verwandten 
sprachen bei ableitungen von dieser wurzel aufmerksam 
machen. 

Ein davon gebildetes, sehr verbreitetes wort filr wagen, 
Vehikel ist skr. väba masc, griech. ix^^'> ^l^^- vozti; das- 
selbe wort ist altn. vagar fem. pl. schütten, das im ge- 
schlecht verschieden ist. Ein synonymes wort ist dem 
griechischen und lateinischen gemeinsam o^crAov = ve- 
hiculum für veheclom, vehetlom. Denselben begriff 
auszudrücken ist skr. vahja neutr. vehikel, wagen, lit. 
vaz^s masc. kleiner, einspänniger schütten, von der wur- 
zel durch das suffix j a gebildet ; nur im geschlecht weicht 
bievon ab veia apud Oscos dicebatur plaustruro Paul. p. 368 
Müller, für vehja. 

Eine andere Verwendung dieses wortstamm es ist dem 
griechischen, lateinischen, germanischen gemeinsam: von 
dieser wurzel ist nämlich der name des hebeis gebildet; 



u 



Bugge 



griech. ö^Ativ, lat. vectia; in derselben weise wird norweg. 
vega epeciell vom empoihebeü mit dem hebel gebraucht, 
davon väg fem. hebel. , 

vamra ameise. 

Ich habe in übereiastiramuDg tuit Kubn zeitschr. III, B(i f. 
gezfigt, dafs der aame der ameise im lateiniatben und 
griecbiaohen formica, jui'Qiiu^^ f.iv(>i.nj^, ßvoita'^^ ßuuiia^ 
auf eine gruudform varmä hinweist, die dem skr. valmika 
zu gründe liegt. Eine ältere form haben wir aber, wie 
Kuhu zeigt, im ved. vamrä (fem. vamrlj, vamrakä. 
Kcihu erklärt daher den uamen des thieres unzweifelhaft 
richtig aus vani ausspeien , so dafs es davon, dai's es 
einen scharfen saft ausspritzt, benannt ist, wie es engl, pis- 
mire, nJd. niiegamke, isl. luigamaurr genannt wird. 
Die Umstellung von vamra zu varma, die sieh z. b. mit 
gpan. yerno = lat. gen er vergleichen läfst, wurde wahr- 
gcheinlieh durch dissimilution gefördert, da die Umstellung 
m von dem damit verwandten v entfernte. Auch die ent- 
sprerjieuden formen in den übrigen verwandten sprachen 
uiflüafn durch Umstellung erklärt werden, vamra wurde 
zu mavra umgestellt. Pott etym. forsch. 1. ausg. II, 11.3 
giebt viele bpi.spiele, dafs zwei cousonanten, i]ie durch einen 
vocal getrennt sind, ihren platz w<=chsphi können. An S'-ine 
beispiele liefaen sieh viele andere anreihen, ich will einige 
erwähnen, die ich eben zur band habe: ital. cofaccia ^ 
focaccia kuchen, eudicio ^ sucido echmutzig (Diez); 
ba.«ktsclie beispiele bei August Mommsen in Höfers zeitachr. 
11,371 ; engl. tickle = ags. citelian (Koch engl. gr. I, 148); 
die Umstellung wurde dadurch erleichtert, dafs v und m nahe 
verwatidti- i-onsonautc-n sind, die oft wechseln. Aus der 
stammi'oriu mavra ist geradezu altn. maurr zn erklären, 
ebenso ist altbaktr, maoiri aus mavri entstanden, vcrgl. 
vaoiri ^ skr. vavri. Neben der stauimfonn raavra 
tritt marva auf, das entweder zunächat aus mavra ent- 
Ktanden oder aiu^b aus vornia, welche Stammform wir 
im lateinischen, griechischen und indischen gtlundeu ha- 
ben, umgestellt ist. Es ist nämlich nicht selten, dafs 



rar •tymologiscben wortforschnng. 



zwei consonanten, die nicht nur durch einen Tocal, son 
dern auch durch einen consonanten getrennt sind, ihren platz 
wechseln; so grieoh. cifuißofir = äQufuüv, namentlich ott 
1 oder r; span, paiabra, milagro, peligro; altfranz. 
esteucellc ^ lat, scintilla (Pott a. a. o.). Monimsen 
a. a. o. erwähnt bask. f'elderalza = fr. levrette. Aus der 
Stammform marva mufs kirchcnslaw. mravij (zunächst für 
mravijü), ir. moirb (fflr inorvi) erklärt werden. Die 
Veränderungen, denen der nanie der ameise in den ver- 
schiedenen indoeuropäischen sprachen unterworfen ist, stim- 
men mit den Veränderungen eines romanischen wortes in 
den verschiedenen spracharten merkwürdig Obcrcin: man 
vergleiche das verbältuiik zwischen prov. vorma schleimige 
feucfitigkeit der nase, neuprov. borm, portug. niornio, 
sp. muermo, sie. morvu, fr. morve, bask. formua mit 
dem verhältnifs zwischen skr. valmlka für varmika, 
griech, ;^io/i7j|, nioft ),|, kinhensl. mravij, Ijitisilz morve 
lat. formica. Allein die ausgangspuncte sind verschieden. 
Auch Pictet origines indo-europ. 1, 529 nimmt an, dafs 
die grundform vamra ist, aus welcher die übrigen (braieu 
sich durch unostellung entwickelt haben. Unrichtig ver- 
gleicht Fick 8. 147 ^DüMog, fiviJutjS, unmittelbar mit dit- 
mars. mirem, demin. miremeken und nimmt eine grund- 
form marama an: das niederdeutschf wort ist mit eme- 
kon, ämeken, das zum hochdeutsch, am eise gehört,, zu- 
sammengesetzt. 

würze) vargh, vragh, griech. .'?rto/off. 

Grieeh. ßgo^og schlinge, strick, hat mit lat. laqueue 
keinen Zusammenhang (Bübler in Orient und Occident II, 
7-Ö(l). ßooxos hat früher .FoCj^u^ gelautet, wie ß vor (j in 
ßQÖiiriv^ ßgl^a, ßgä^ci) u, a. aus J^ entstanden ist (Curtius 
grnndzfige s. 517 f), und ^QÖynii weist auf eine grundform 
vrjigha-a hin. Das wort ist von einer würze) vargh, 
vragi) gebildet; diese findet sieb in folgenden Wörtern wie- 
der: lit. verziii, veriti mit einem stricke zusamnion- 
scbnören, klemmen, hart zudrücken; viriys "J'id verzys 
(Kesselm.) strick, tau; deutsch würgen, abd. wurgiau, 



ecbwed. dtal. yrja, wclehos altn. yrgja voraussetzt; alt- 
säclis. wurgil tu. strick, altn virguU, virgill, altn. iirga 
f. riemen, strick; vgl. Pott wurzelwtb. 8,i7. Mit griech. 
Hi)yi>i>ui , ii\)yui, skr. varg, vrnagmi arceo PXQludo, got. 
vrika diojKoi darf mati also nicht, wie Curtiiis no. 142 
und mehrere thun, lit, veriiü unmittelbar zusammeDStellen. 
Dagegen ist die bpcleutungsentwickeluiig^ in got. vriiggö 
nnyr^, deutsch ringen, engl, wrong, dän, vraiig wesent- 
lich verachieden, und diese Wörter halte it-h daher hier fern. 

Wurzel vara (vgl. kars), lat. verrere, altn. vörr, 
altaächs. werran. 

Lat. verrere ist ziehen, schleppen, streichen, zu- 
sammenfegen, furchen ziehen; besonders hebe ich hervor, 
dal'e ea mit aequor oder gleichbe.deutenden wörtorn als 
object verbunden wird, so delphines aequora verriint 
caudis Verg., vom tischer, der sein netz durch das wasser 
zieht (verrere aequor retibus, verrioulumj, vom ni- 
dernden, der das nider, und vom segelnden, der den kiel 
des Schiffes die oberfläche des nieeres furchen läfst. 

Iij derselben weise verwandt haben wir die würze] im 
germanischen. Ich vergleiche altn. vörr masc, gen. va mir 
dat. verri, acc. pl. vörru, später vor, varar fem.; das 
wort bezeichnet die furche oder den streifen, den das fahr- 
zeug bei seiner fahrt in der Wasserfläche macht, auch einen 
rnderzng. vörr setzt eine grundform v arsu-s voraus, die 
von einem verlorenen verbum versan abge.leitet ist, dws 
dem lat. verrere völlig entspricht. Sowohl im lateinischen 
als auch im altnordischen wird rs zwischen zwei vocalen 
regelrecht zn rr assimilirt, z. b. lat. torreo, altn. purr. 
Das starke verbum ist im altsächs, werrau (praet. w urrun, 
pcp. giworran), ahd. werran in Zwietracht bringen, an- 
greifen erhalten; hier ist aber die bedeutung anders ent- 
wickelt; eine sinnlicfiere bedeutung ist im transitiven deut- 
schen wirren l)ewahrt. Hteher gehört wahrscheinlich auch 
f'tTroifjaai^ das Pott wurzeln etnleit. 5J)R averrere erklärt. 
Mit lat. verrere und den entsprechenden germanischen 
Worten) stimmt skr, karl dem begrifi nacb so gut, dufs 



zur etymologischen wortforacbang. 27 

ich, wie Pott etym. forsch. 1. ausg. I, 229 und Corssen krit. 
beitr. 403, seine Zusammengehörigkeit oder wenigt^tens nahe 
Verwandtschaft mit jenen Wörtern nicht zu bezweifeln wage. 
verrere, werran verhält sich zukarä, wie lat. vermis, 
got. vaurms zu skr. kfmi. Mit altn. vörr, ursprünglich 
varsu-s mufs skr. karäli furche zusammengestellt werden. 
Aber da wir sowohl im latein. als im griech. und german. 
V im anlaut finden, mufs schon die grundsprache, aus wel- 
cher diese sprachen sich entwickelt haben, die wurzelform 
vars gehabt haben, die ich als eine nebenform zu kars 
betrachte. 

altbaktr. vareta, got. vilpeis. 

Mit altbaktr. vareta fem. die irre (das kaum ursprflng- 
lich „der zu wehrende weg" bedeutet) hat Fick s. j (j4 ge- 
wifs richtig griech. aXiraivou, äXtreiv irre gehen, fehlen zu- 
sammengestellt. Zum altbaktr. vareta gehört auch got. 
vilpeis aypiog, grundform vartjas. Der Zusammenhang 
ist zu ersehen aus altn villr, das errabnndus, errans be- 
deutet, wovon vi IIa in errorem perducere. Diese Wörter 
werden mit genitiv verbunden villr vega, staO'ar, vill- 
ast farar ganz wie axohij:^ ah'Ttjffev ctTaqnov. Die be- 
deutung von villr, villa wird auch aufs geistige gebiet 
Obertragen, so dafs villr das bezeichnet, welches von 
dem rechten, wahren, vernönftigen al)weicht. 

Entsprechende Wörter im keltischen siehe bei Diefen- 
bach goth. wtb. I, 185, Ebel beitrage II, 178. 

Ohne das ableitende t gehören hieher griech. äh/, 
äkäofiat u. s. w. 

ßXoffvQoe, lat. voltus. 

Für ßXoavQog wage ich eine andere erklärung als die- 
ienige, die Curtius stud. I, 2, 295 — 297 gegeben hat. Das 
wort ist nach meiner meinung durch das nämliche secundär- 
sufifix gebildet wie cckuvgog, öt^vpog, laxvQog, yXaftvgög^ 
XtnvQÖg^ ittt)kv(j6g. Am meisten analog ist aijavgog; dies 
wort ist kaum, wie Curtius meint, von der mit o erweiter- 
ten Wurzel durch das primärsiiffix vqo gebildet, ärjavifog 



38 



Bugge 



steht gewifs für äijTvgog wie (Tv für tv, -avvt] fllr -Tvvfj^ 
es ist von (ir^rrj^ wind wie ähn'Qoq von ctliiti gebildet; 
in wesentlich derselben weise wird das wort von Fick 
wtb. 8. 168 aufgefalst, der skr. vätiila verjrleicht. Ebenso 
ist ß'lnmmnq ans ßloTv-ooi; entstanden. Der nominnlstamno 
ßhnv ist durch gewöhnliche nietathesis (wie ?.. b. in ßoo- 
tml,', ßXwroca)) aus ßnf.Tv entetanden,- ß steht hier ftir/- wie 
m ßovhjuai, Boh'm^ u. 9. w. (Curtius grundzöge g. 515 jBT.), 
ßlocvoöq ist somit nanh meiner raeiiiting von ßlarrv fÖr 
poItv gebildet, das dem lat. voltii-s genau entspricht. 

Diese ableitung pafet namentlich zum homerischen ge- 
brauche von ßX<)(w<H'tq. Tultiis heifst gesichtsgepräge, mie- 
nen, aussehen; oft speciell von dem augusteischem Zeitalter 
an ernste, strenge, zornige mienen, davon vultuosns von 
ernstem, finsterem aussehen. IL XI, 608: 

TW Ök Ol 0(TffS 

T.aunsfJitijv ßXonimtjnii' im otfovnn' 
läfst sich mit frone vultuosa Appul. vergleichen, wie das 
secundärsuffix qo (ijoo) in der bedeutung, aber nicht for- 
mell, dem lat. öso Oberhaupt nahe liegt (vgl. z. b. oit'tjoög 
mit vinosus, zcfftceTr/oog mit operosus). In derselben 
weise wird Gorgo B. XI, 36 ßXonvQMnic genannt als die- 
jenige, deren blick rrFftvög^ (foßfnog ist, wie die alten ßXnav- 
o6\i erkl reu (vgl. vultu terrere); der ausdruck ist mit 
dem dabeistehenden Sni'ov Stoxofth'ij synonym, wie Hesiod. 
Bcut. 250 von den KrfQBi; die ausdrücke rinrwTToi ßlunvQoi re 
gebraucht ; in Übereinstimmung mit den alten glaube ich 
also, dafs ßXotJvQMnt^ mehr den ausdruck der aiigen als 
ihre form oder Stellung bezeichnet, wie Goebel zeitschr. XI, 
394 und Curtius stud. I, 2, 297 annehmen; jener übersetzt 
„glotzäugig", dieser „strotz-, voll- oder grofsäugig." Dafs 
ßkaavQÖq sowohl bei den alten dichtem als auch bei den 
späteren prosaisten besonders anf blick und mienen bexug 
hat, spricht stark f(5r meine vergleichung mit vultus. Der 
begriff des strengen, finsteren, erschreckenden liegt nicht 
nothwendig im worte vultus, sondern wird nur durch ge- 
brauch und Zusammenhang daran gekoöpft, und es kann 
daher kein bedenken gegen meine erklärung erregen, dals die 



zur etymologii>chen Wortforschung. 29 

bedentuDg von /SXoavotig bei Plato und späteren prosaisten 
eine mildere ricbtung genommen hat, so dafs es „stattlich, 
hochanseholich** bezeichnet besonders mit der anweudung 
auf blick und mienen (Curtius studien I, 2, 29ö), so (Stuvuv 
xai ßh)GVi}t)v 6(jäi' Aelian. Im poetischen ausdruck aiuarior 
ßXuavgov äyog Aesch. Euui. l(j^ hat der dichter auf die 
blutsclmld ein epitheton übertragen, das eigentlich von der 
rächenden persou, die den Verbrecher mit drohenden blicken 
ansieht, gebraucht wird. Bei den alexandrinischen und 
noch späteren dichtem ist die bedeutung und anwenduiig 
des Wortes willkürlich abgeändert. 

Die gröfste Schwierigkeit bei der von mir vorgeschla- 
genen etymologie macht der gebrauch des wortes bei Theo- 
phrast, den Curtius für den ursprünglichsten hält. £r führt 
zwei stellen an, wo das wort „üppig, strotzend" bedeutet; 
hiezu kommt: xakÄtortj dt nirra yiverai, xai xaö u^urätii 
ix Tbjv noonrjliuiv xai nooaß<>^(t(av , ix öi twv naliaxiiav 
ßXoGvQwtiqa xai ßu()ßog<oöij^, wo Plinius „horridior* über- 
setzt. Es läfst sich aber denken, da(s das Stammwort ßkoav, 
obgleich formell identisch mit voltu-s, andere bedeutungs- 
variationen als dieses entwickelt habe und so auch vom 
üppigto ausseben gebraucht worden sei. Got. vulpus 
herrlichkeit stimmt buchstäblich zu voitus, hat aber we- 
sentlich verschiedene bedeutung. Jedenfalls scheint es mir 
bedenklich, die bedeutung „strotzend" von Theopbrast auf 
Homer und Hesiod zu fibertragen; diese bedeutung pafst 
z. b. nicht Hes. scut. 250, wo das epitheton ßkoGvQul ge- 
wifs dem blick gilt, wie das damit verbundene deii'wnoi 
andeutet. 

altbaktr. vära, ahn. ür. 

Die Wörter, die in den europäischen sprachen dem skr. 
vär, vfiri wasser, altbaktr. vära masc. regen entsprechen, 
sind bei Curtius grundzOge s. 313 f. no. 510, bei Fick 
Wörterbuch vära 2 zusammengestellt, ihnen müssen aber 
folgende Wörter aus den germanischen sprachen hinzugefügt 
werden: altn. ür neutr. feiner regen, nebelregen, in der dich- 
terspracbe auch wasser überhaupt; ürigr, ürugr benetzt^ 



30 



Bugg« 



thaiiig, aga. lirigj altu. yra in feinen tropfen falleu lassen. 
Dieser wortstamui ist noch la deu lebeudeu nordischen 
apraeharteu sehr verbreitet. AUn. ür stimmt ioi gest;hkcbt 
Zinn griech. ot/pu)', entspricht aber in der bedeutung dein 
altbaktr. vära am uäoheten: ^rir ist mit oi>iJsl formell ideu- 
tisch. Sfhoii Holuiboe „det norske sprogs vasaeutligste 
ordfürraatl" hat ür mit skr. väri verglichen. 



skr. vära achwanz, altn. v6li. 

Curtius no. ö0.j und andere haben mit üoQv^ ovQa 
sufawauz zusamaiengestellt. Dies letztere wort iät aber von 
Fielet iu dieser zeitschr. VI, IUI) und von Fick richtiger 
erklärt: wie Üvyuvo^ zu skr. Väruna-s, ovüuv zu alt- 
baktr. vära, skr. väri, uvoüi^ Wächter zu got. vars, so 
verhält sich avoa au skr, väia luasc. schwänz, später väla, 
bäla (die feminiufürni bälä, die Fick erwähnt, ist mir un- 
Lekaunt), altbaktr. vära. Auf der andern Seite hat aber 
Bopp mit skr. vära, pl. vslräs die haare des scbwauzes 
Lit. väla-s gewöhnlich im plurul välai die schweifbaare 
eines pferdes richtig zusammengeatellt; wir haben somit 
hier eins von den verhältnilemässig niclit so gar häufigen 
beispielen, dalis die europäisL'ben sprachen von japhetischem 
stamme iu bezug auf r und 1 unter sich nicht übereinstimmen. 
Da das litauische wort 1 hat, und da altbaktr. vära, griech 
uvua vom aterüe der vögel gebraucht wird, dürfen wir auch 
altn. veli neutr. vogelstcrz hieher ziehen. Man darf au- 
uebmen, dafs früher eine dem skr. väräs (lit. välai) eat- ] 
sprechende pluralfonn von den einzelnen federn im vogel- 
sterze gebraucht worden ist; davon ist ueutr. veli durch 
das Buff. j a gebildet, das hier wie so oft collective bedeutung 
hat. Der voeal e iu veli setzt l in den anderen gei'mani- 
schen spracharten voraus, wie altn. vel = ags. wil, ver 
s= got. veis ist; dieser vocal weist in veli auf ä in der 
iodo-europäischen grundfurm zurück, wie im got. reik-s 
^ skr. rag, altu. heia reif mit lit. szalti frieren, altbaktr. 
pareta kalt verglichen. Dals auch das lateiii ein dem 
griecliischcü uofja entsprechendes wort für schwänz mit 1 



zur etymologischen Wortforschung. Sl 

filr r gehabt hat, darf aus adülare,adülari anschwänzeln, 
anwedeln gefolgert werden, s. Georges wörterb, 

wnrzel sag, german. sak, altn. sättr, satt. 

Es ist unzweifelhaft, dafs got. sak an mit skr. sag, 
sang, lit. segiü, segti schnallen, um-, anbinden zusammen- 
gehört; auch griech. antiu, änrea&ai pafst dazu in der be- 
deutung so vortrefflich, dafs es gewil's mit Leo Meyer goth. 
spräche s. 9 hieher gestellt werden mufs, obgleich das laut- 
verhältnifs noch nicht hinreichend aufgeklärt ist. Unter 
den ableitungeu verdient um der bedeutung willen hervor- 
gehoben zu werden altn. sättr versöhnt = skr. sakta-s 
verbunden; satt fem. (pl. sättir) vergleich, Übereinkunft, 
vertrag, ags. saeht = skr. sakti-s Verbindung. Dasselbe 
wort finden wir mit sinnlicherer bedeutung im lit. lett. 
sagtl-s Verknüpfung, heft, schnalle. Identisch ist gewifs 
griech. äif/ig, accus. uxpi'iÖa^ aeol. aipiv Verknüpfung, Aivov 
äytiÖsg die maschen im netze ; bei der bedeutung radfeige 
darf daran erinnert werden, dafs lit. s^gti ein pferd be- 
schlagen heifst, aps^gti dasselbe, auch einfassen. 

sama in griechischen und germanischen Zusammen- 
setzungen. 

Das skr. sama-, altbaktr. h ama-, gr. öf^o-., got. sama-, 
in form und bedeutung einander völlig entsprechen, ist be- 
kannt; es verdient aber beachtung, dafs einige von den da- 
mit zusammengesetzten Wörtern mehreren von den japhe- 
tischen sprachen gemeinsam sind. Fick s. 174 hat altpers. 
hamapita'r „der denselben vater haf mit dem gleichbe- 
deutenden griechischen ouanccnufj zusammengestellt. Eine 
dem griechischen öfionccTQiu<; völlig entsprechende form ist 
altn. samfeffr (auch erweitert samfeffra, samfeddr), 
wie öuüfiiJTQiog sammoedTr entspricht, das in sammoeäTra 
durch das suffix an erweitert ist (auch sammoeddr). 
Ebenso ist griech. bfioyviog mit got. samakuns avyysvrjs 
stamm samakunja gleich; davon ist altn. samkynja, 
wie samfeä^ra von samfeäTr, erweitert. Vgl. Pott prae- 
positionen 816 f. 829. * 



SS 



BugK« 



lat. sarcio, gr. ^anroi. 

Lat. sarcio flicken, ausbessern gehört mit gr. öafTTta 
zusammenflicken, ziisammenciäbt^n, unmittelbar zusamnien. 
(mriTw stellt für ßgcinria wie (jutfitt} für ayoifioi {a ist in 
h>ö(ju(fiiig für h'ftgnifijy aeaimilirt) ; ar in sarcio verhält 
sich zu ()« in ^cinriu wie or io sorbeo zu uo in (joqioj. 
Her labial im griecbischeo worte entspricht hier wie in 
IctTiTi'): jacio, 'tTiTOftmi ico dem lateinischen guttural. 
Wenn die gelehrten, welche die [jräsensform öÜtito) aus 
^ünjuj erklären, recht haben, darf das griechische wort nicht 
Qur in hezug auf die wurzel, sondern in allem mit sarcio 
identificirt werden. Ebenso wird (mtjtÖi; von sartus für 
sarutus, üäufict von sareimen naht vollständig gedeckt. 

sarcio, ^änro) mufs gewifs als Weiterbildung von der 
Wurzel sar zusammenknüpfen, lat. serere, el'ow n. s. w. 
aufgefalät werden, s. Curtius no. f)18. 

Anders Corssen krit, beitr. s 42; ausspräche 2. ausg 
I, 485 ft'. 



4 



got. sarva, ags. searu, altn. sorvi. 

Fic'k s. 174 und Meyer goth, spräche s. Iri4 erklären 
got. sarva neutr. pI. ürrJ.«, n-uvonlin aus der wurzel aar 
bewahren', beschützen, woraus lat. servare, gr. E<iva<'fca, 
altbaktr. haurva. Dies sieht sehr ansprechend aus, aber 
die bedeutungeu des wortes in den anderen germanischen 
sprachen werden eine andere crkläning nothweudig macheu. 

Ich erkläre aarva aus der wurzel sar knüpfen, lat. 
serere, gr. i'iosii'. Die richtigkeit dieser ableitung ersieht 
man am deutlichsten aus dem altn, ä»rvi neutr. halsband, 
das aus perlen, die auf eine schnür gezogen sind, besteht; 
mit 8"rvi, das eine grundforra sarvjam voraussetzt, läfst 
sich gr. ij(jtivi; halshand, das von ei'^w abgeleitet ist, ver- 
gleichen. Im angelsäche. bedeutet searu neutr. nicht nur, 
armatura, sotidern auch machina, machiuatio, insidiae, an( 
artificium, res artificiosa; das davon abgeleitete serwaui 
gyrwan macblnari, concinnare, moliri, instdiari. Aue 
hier zeigt es sich deutlich, dafs <Jas wort von sar ver , 



zur «tymologigchen wortforschntig. 33 

knüpfen abgeleitet ist; man denke an ^cenreiv fAsracfogixäg 
firixaväöd-at, xcct xaTttaxevdL.HV, z, b. xay.a (mntsiv rtvl; ali- 
quid suo capiti saere, dolos consuere, sutela u.dgl. 
Endlich saru röstung bezeichnet zunächst den panzer, die 
brünne; so führte der in der sage berflhmte Sarula, Sörli 
den namen nach seiner nndufchdringlichen brünne. Dafs 
saru auch als bezeichnung des panzers von sar verknüpfen 
gebildet ist, kann nicht zvreifelhaft sein; man vergleiche 
sertae loricae. 

Die Wurzel sar in sllgetv , serere, got. sarva darf 
nicht, wie von Curtius grundzöge s. 318 geschieht, mit der 
Wurzel svar im lit. svferti wägen vermischt werden. Ich 
identificire nach Benfey und Pictet £(^(u, sero mit skr. 
sarämi sich bewegen, fliefsen, so dafs dies in den euro- 
päischen sprachen causale bedeutung angenommen hat; vgl. 
skr. pratisärita verbunden (wie eine wunde), manisara 
Perlenschnur, sarit faden. 

sas schlafen. 

Lobeck und Curtius no. 587 haben aeaa^ aiaausv, 
aeaav, aiaai, aßauev schlafen mit ätjut zusammengestellt. 
Dies wird aber durch vergleichung mit der vedasprache 
widerlegt; denn hier finden wir asasiSam, asäsisam, 
das dem griech. ««o"« ganz genau entspricht. Von der 
Wurzel sas, die im eigentlichen sanskrit nicht gebraucht 
wird, ist praes, sasti, pf. sasäsa, fut. sasisjati gebildet. 
Im griechischen verbum ist a sowohl im anlaut als im in- 
laut geschwunden, ganz wie in nvoi; dürr = lit. saüsas, 
niederdeutsch sör, sär, ags. se&r; vgl. norweg. dial. söyr 
masc. (aus einer grundform sausa-s) die verdorrung der 
bäume; auch bei avng hat Curtius s. 356 nach meiner raei- 
nung die wahre etymologie nicht gefunden. Bei nsoa hat 
schon Pott's Scharfsinn das richtige geahnt. 

SU- gut im germanischen und lateinischen. 

Im sanskrit steht das lobende oder verstärkende su- 
dem tadelnden dus- (dul-) gegenüber, so im altbaktri- 
schen hu- gegen dus- (du2-, dus), im griechischen ci", 

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XX. 1. 3 



M 



Bupgre 



ii)- {dessen form suLwierigkeit macht) gegen di\-. Der 
DäiTilicbe gegCDsatz hat siub iu deu keltisuben sprachen 
gut erbalteu: altir. su-, so- im gegetisatz von du-, do-, 
6. Zeuss I. ausg. 17. 832 f. 8üt) f. 

In den germanischen sprachen ist dus- noch sehr ge- 
bräiithlicb: got. tuz-!, abd. zur-, altn. tor-; auch von der 
entgegengesetzten partikel giebt es mehrere spuren, die bia- ■ i 
her nicht hinlänglicb beobachtet worden sind. i| 

Schon Gruff und Zcuss s. 37 haben vermuthet, dal's 
der votksname Sugambri aus su und abd. gambar stre- 
uuus zusammengesetzt ist. Holtzinaun Germania II, 215 f. 
fügt einige andere germanische Wörter hinzu, die su- ent^H 
halten sollen, aber seine erkläriiugeri sind entweder zweifel- 
haft oder geradezu unrichtig; z. h, got, svera, abd. suuari, 
altn. avärr ist eicher von eijiem dem lit. sverti wägen 
entsprechenden verbum gebildet und nicht mit su- zu- 
sammengesetzt. Dagegen finde ich im got. svi-kunj>s 
ixSi}Xug^ n^öSijXog^ ifA(frtrij^f q>avtqö^ ein präfix, das mit 
dem skr. 8u- in nabeni zusammenhanKe steht. Zunächst 
läi'st sich evyi'iAiGroi^ vergleichen, evi weist auf eine grund- 
form sva oder svä- zurfick; dieselbe nebenforui von su- 
haben wir, wie es scheint, im altbaktr.; denn hier wird 
nicht allein adv.hu, hü wohl gebraucht, sondern auch 
hvö, dessen ö ans a entstanden sein kann, vgl. Justi granim. 
33. B 2) und 34. 4). Diescllte form des präfixes kann ich 
auch im altn. svevisa Helgakvib'a Hundingshaiia I v. 38 
nachweisen; das wort bezeichnet eigentlich „sehr weise", 
ist aber durch den gebrauch ebenso wie fj ölkunnigr da- 
rauf beschränkt vForden „zauberkundig* zn bezeichnen. 

Hieher gehört auch got. svikns (stamm aviknaj 
«jT»i;, «L^MOg, oCiiigy altn. sykn. Das zweite glied ist 
*ikna, nom. 'ikns = griech. äyviii,; grundform jagna-s; 
6 V i k n 6 steht entweder für a v i - i k n s oder eher für s u - i k n a . 
Eine ähnliche Zusammensetzung haben wir im gr. evuyi'jg. ^M 

Das praefix su- vermutbe ich auch im aga. switol, 
Bweotol, swutol oflenbar (von Rieger fehlerhaft mit lan- 
gem vocal iu der Stammsilbe geschrieben); es scheint aua 
fluwitol entstanden zu sein, wie altbaktr. hvarez gutes 



A 



zur etyna ulogischen Wortforschung. 35 

wirkend aus huvarez, hvira mannhaft aus hu vira, und 
eine ableitung von wz. wit sehen zu enthalten. Ich zweifle 
nicht daran, dafs man mehr spuren von diesem praeüx in 
den germanischen sprachen wird nachweisen können; es 
genügt mir, dafs ich seine existenz erwiesen habe. 

Im latein ist dus- (ahd. zur-) mit dis- (ursprünglich 
dvis-, ahd. zer-) zusammengeflossen; das entgegengesetzte 
praefix su- ist dem sprachbewufstsein als solches nicht 
mehr klar, aber unverstanden in einigen j während eines 
filteren Stadiums der spräche gebildeten, Zusammensetzungen 
erhalten. 

Corssen krit. beitr. 100 f. bat mit guten gründen die 
gewöhnliche erklärung von sadus als se-udus zurück- 
gewiesen und die ursprüngliche bedeutung des wertes dar- 
gelegt. „Es erhellt . . ., dais in der älteren spräche sudus 
die bedeutung „serenus, attf^to^, Bvöiog „heiter" hat, daher 
sudum und suda (neutr. plur.) substantivisch gebraucht 
„svSia, heiterer himmel* bezeichnen, und dafs Lucilius den 
plural suda so braucht, wie im griechischen der plural 
svdiai vorkommt, Plat. Legg. XII, 96 £t ^v ys xsiuwai xat 
iv svdiaig".. Dagegen irrt Corssen, wenn er sudus zu 
skr. 9udh, 9undh purificare, lustrare stellt. Denn dafs 9 
in der genannten wurzel nicht, wie Corssen meint, aus s 
entstanden ist, wird unter anderem durch altbaktr. pudbu 
erwiesen; wäre pudh aus sudh entstanden, müfsten wir 
im altbaktr. hudhu haben, wie altbaktr. huska dem skr. 
puäka entspricht. 

Wie von Corssen erwiesen, ist das lat. sudus dem 
griech. tvöiog in der bedeutung gleich, und ich glaube, 
dafs diese zwei Wörter auch formell zusammengehören, su- 
dus ist durch die mittelstufen sudjus, sudius aus einer 
grundform südiva-s hervorgegangen; v ist wie in sub 
dio, i wie indudum, biduum geschwunden, südus ent- 
hält das hier behandelte praefix in der form sü, die in der 
vedasprache (z. b. .sünrta, sünarl) vorkommt, so wie das 
altbaktrische sowohl hu als hü hat. 

Nachdem ich diese etymologische erklärung niederge- 
schrieben hatte, sah ich, dafs schon Pott präpositionen (etym. 

3* 



S6 



Bnjcet' 



fors<'h. 2. ausg. I) s. 747 daran tredacbt hatte; er verwirft 
sie aber ganz, doch ohne hinreiclieiideii grund. Pott nennt 
nach Wiikins S an scr. Gramm, p. M3 auch skr. sudiva happy 
daily, passing pleaaiDg days iinrl sudiv having a fine sky 
(epitbr't o{ & fiüe day). 

Cnrtius grundzüge s. 3fa' sagt freilich, öu- sei eine 
apeciell indische form iiud dOrl'e in den europäischen 
sprachen nicht gesucht werden; dafs aber dies nicht stich 
hält, wird durch das, was ich oben angeführt habe, und 
oameutlicb durch die entsprechenden keltischen formen dar- 
getban. 

Wenn die form au- dem gemeinsamen Stadium ange- 
hört, auf welches die verschiedenen europäischen spraihen 
zurückweisen, scheint es möglich skr. svädu, griech. i'/iiv:^ 
l&t. auävis, aga. swete als su-ädu von ad essen zu ver- 
steh.fu; der umstand, dafs ly^Vv^- (für ff;cff(>üc) sich ganz und 
gar von ev- entfernt, mufs daraus erklärt werden, dafs das 
bewnratsein von der Zusammensetzung des wertes verloren 
war. Dagegen lat, suäd US, Suäda, wovon suad|eo, ver- 
stehe ich lieber als aus su-vada-s entstanden vom skr. va- 
dämi rede, wozu entsfirecbende Wörter sich in mehreren 
anderen japhetischen sprachen finden, s. Curtiua grundzüije 
8. 223. Mit bezug auf die bedeutung vergleiche ich skr 
sükta von su-ukta, das im pl, verführende worte bedeu- 
ten kann; suadus aus su-väda-a hat im skr. dur-väda-s 
schlecht redend sein gegenstück. malesuadus kann dieser 
erklärung nicht hinderlich sein. 

skr. käu, griech. nTvoto, nraipco, ntota^ lat. CODster» 
nare, sternuere, altn. skjarr. 

Griech. titvqw (ein pferd) scheu machen, 7iTVQt(S9ut 
scheu werden, in schrecken gcrathen, wovon nrvüita^ titvü- 
/kju; hat Walter zeitschr XII, 409 vortrefflich mit den sy- 
nonymen lat. consteruare, consternari, exsternare, 
die in betreff der bedeutung mit sternere nichts gemein 
haben, zusammengestellt, nn'wtrj ist nicht, wie Benfey gr. 
wurzellex. II, lOO meint, ableitung von einem von der wür- 
zet rrri' (wovon nrola) durch das sufHx a<t gebiUleten uouien 



1 



»nr «^nnologiichen wortfors«hmig. 



37 



TtTv-Qi}. Lat. aternare zei^t im gegentheil, dafs die wur- 
zelform TiTvo in TTTVuui durch das mitlelglied nruQ aus nrafi 
eiiletHnden ist; v vor p hat hier den uäuilichen Ursprung 
wie in Tinrtjyvon;, äyvgrtjg, ««pnw, aitvQti^^ finfj^vqm. Wal- 
ter sagt mit rocht, tttvow stehe ffir aTivtiui', dies verstehe 
iuh nifht mit Corsaen krit. nachtrage s. IIG eo, dafs r, im 
arilaiit abgefallen und später n durch r verstärkt sei. Ich 
glaube, wir müssfu annehmen, dalg zwei nebenformen exi- 
stirt haben: spar oTivfiuj und psar tpvgw, ebenso wie tfinkiLi 
^ dnctXi^, ipvTTw dem lat, spuc gegenöber u. s, f. ywou) 
wurde zu Ttrvim, wie doxrog aus cio^Oi^ :^ skr. rk5a ent- 
standen ist u. 8 w. (Curtius grundzöge s. 628). Ebenso 
ist in nrvtu r nicht, wie Curtius grundzüge s. 257 will, aus 
j, das in lit. spjäuju hervortritt, entstanden, sondern nrt'öi 
steht für i/'tiw (vgl. ittvrTio) durch Übergang von »/' ''' ^t« 
Schon Loheck hat darauf aufmerksam gemacht, dais mifiM 
mit TiTaigia filr Tiraojt'i niesen „sternutamentia quati", aor. 
'dnraijov, auch TTTaui'vttrtt offenbar verwandt ist; die begriffe 
„niesen* und „scheu werden" vereinigen sit^h in der plötz- 
lichen, zitternden Bewegung. Die Verwandtschaft zwischen 
nri'om und nraiuto, Trrdtji'vuni wird zugleich durch die 
Übereinstimmung zwischen (con)-8ternare und eternuere 
dargetban, und das verhältnils zwischen nrai^tiu und ntv^it» 
zeigt auch, dafs i' in dem letzteren ans n entstanden und 
das verbnm nicht denomiuativ ist. Aber auch nioia, iiröa 
scheu, furcht, Sucht, jede durch heftige leidenschaft erregte 
Unruhe, nTmkt»^ tttou» scheuchen, fortjagen, unruhig machen 
scbliefsen sich mvQw in der bedeutung nahe an. ■nroitt muls 
gewifs als aus möjra von einer wurzel nrv entstanden Erklärt 
werden. Wir haben somit im grieeh. zwei wurzeln irrv und 
7rr«ti mit der grundbedeutung zittern, woraus sich in jrrap 
auch die bedeutung niesen entwickelt; nrao und nrii sind 
aus älteren formen yjao und yfv entstanden, und diese sind 
wieder nebenformen von nnaQ und anv; dem griech. mag 
^ anag entspricht im lateiu ster für sper in -st ernare, 
eternuere; auch hier entwickelt sich die grundbedeutung 
„zittern" theila zu „scheu werden", theils zu „niesen". 
Diese wurzeln lassen sich weiter verfolgen. Wo das griecb. 



38 



Bngrge 



i 
I 



im anlaut f/nV, nr oder das ursi>t(inglkhere i/i, an hat, kann 
i/>, nn wieder auf älteres sk zuiflckweisen, das im skr. als 
k§ auftrittr so iparpcti; : skr. k^apas, \f>!{n>^ = (fß-latq ; skr. 
käi, >tni(jfi = ifO-hiofi'. skr. ksar, s. Curtiiis gnindzCige 
s. 634 f. Vollständig in derselbeü weise verhält sich die 
Wurzel nrv in nrofa^ nrota zu skr. keu, praes. ksäuti, 
fut. ksavisjati, pcp. ksuta. Dieses verbjim bedeutet 
„niesen", und verhält sich demnach in hetreff der bedeu- 
tung zu riTV in nroia ganz wie nraiuio zu jitihhu^ eter- 
nuere zu -sternaro. Von der bedentuog „zittern" sclieint 
es auch beim skr. ksu spuren zu geben: ksmäjate hcifst 
„zittern" und stf'ht wohl für ksumäjate, da ksiimäindrr 
anrede an einen pfeil als „derjenige, der zittern maf'ht" erklärt 
wird; käubh (ksiibhjati und ksöbhate) zittern, in un- 
ruhif^e bewegung kommen ist sichcrliih eine Weiterbildung 
von käu niesen, eigentlich zittern, wie stubb preisen von 
stu (so ant!b Max Müller zeitschr. XTX, 4'2). Litauische 
und slawische Wörter, die mit skr. ksu niesen zusammen- i 
gehören, hat Pott wurzelwtb. 687 angeführt, so lit. ski au d u , ^M 
skiaudeti niesen, wo die, ursprüngliche wurzel skii ^ skr. ' 
käu durch d erweitert ist. In den germauisclien sprachen ^J 
finden wir sowohl eine wurzelfonn sku, die dem lit. ska'^f 
(in skiaudu), skr. käu, griech. yrrc entspricht, als eine ' 
wurzelfnrm skar, die mit dem griech. nTteo, nrvQ, lat. ster 
identisch ist; beide haben die bedeutung scheu werden. 
Der ersten gehören an deutsch scheu, scheuen, scheu- 
chen, der zweiten altn. skjarr scheu. Mehrere ferner ver- 
wandte Wörter lasse ich hier bei aeite. 



I 



spang, (p^iyyouat, (piyyoe. 

tf.d'iyyouat, (f iJf yuct, (p&oyyr]^ <[ d-üyyaq pflegt man up- i 
mittelbar mit der wurzel (jtt in yf;/<(' zu verbinden; dies^H 
hat aber formell nicht hinretcihende stütze, denn es ist uner- ^\ 
wiesen, da(s rfiy/o^ zur wurzel y« in 'f«n'Oi gehört; auch 
stimmt es nicht gut zu der bedeutung, denn ffi/fti ist nur 
sagen, reden, aber nicht klingen. Skr. bbarig reden, wo- 
mit Beofej und Fick ifOiyyufutt ztisammenstellen, kennen 
wir nur aus den wurÄt-lverzeichnisaen. 




cur e^rmologiacbrn woitfonehntig. 



39 



tius grtindzüge e. tj;^4 hat erwiesen, dafs «jpftt'(Ti>w, 
'f>+c'tv«i, wovon wir nebetif'ornnen mit i/' finden, Wörtern in 
verwandtfln spraclien, die mit sp*) anfaagpn, entsprechen. 
DeneelbeQ Ursprung hat (p\^f in (f&iyyottat; sp finden wir 
im entsprechenden lit. spengiu, spengti gellen, klingen 
(Nessehn.). Aut-h von ifi'/yu^, ff ^yyo)f ((fhiyi qfyytTai äi 
letfiwv Arisloph.} ist bisher eine sichere etymologische erklä- 
rung nicht gegeben worden, Curtlus' me]nung(grundz. 8. 268), 
i/iyyog sei aus ffüfuq durch vermittelung einer forna <fiyyj:og 
entstanden, ist bedenklich; denn sonst findet sit^h in der 
y.()ii'rj kein Heispiel, dafs ^r zu y geworden, vor welchem 
sich sogar ein nasal entwickelte. Skr. hhang leuchten fin- 
det sieb nur in den wurzelverzeichnissen. Wie ich rf&iyyo- 
itai im lit. spengti wiedergefunden habe, giebt uns die- 
selbe spräche vielleicht bei ffiyyog richtige anleitung. An- 
lautendes (T ist io3 griechischen öfters vor fp abgefallen: 
(fiuv^ für Cffiyi(6c, böot. (pt^ = Scfiy'i (Curtius grund- 
züge 8. 630), lakon. fpovat = ipöcei , das ursprünglich sp 
im anlaut gehabt hat, lakon. qiv = ftrftv, tf'ikng für ffrfiXoe 
(siehe unten) u. s. w. Und da a sehr oft auf ein folgendes 
n aspirirend wirkt, kann ffiyyog ans ff(f^yyng^ aniyyü^ ent- 
standen sein. Hiemit darf man vielleicht sping spingütfe 
„es blinkt die bliukerinu" in einem litauischen räthsel bei 
Schleicher a. 67 vergleichen. Das hier vorkommende ver- 
altete verbum spingu spingeti ist mit lett. spigulät 
schimmern, spiguls glänzend, spigula glänz, nahe ver- 
wandt; Bielenstein lett. spräche!, 150 meint freilich, g sei 
hier aus d entstanden, aber in lett. spjdelet fiinimern, fnn- 
keln, lit. spinde'ti schimmern, blinken, die an cnivft^p 
erinnern, haben wir wohl nur einen verwandten, nicht einen 
identischen stamm. 

Aus der wurzelform spang kann sich mit verlust von 
s auch mhd. vanke funke (besonders in Baiern und Oester- 
reich) neben vunke, renken zdnden, funkeln entwickelt 
haben. Dies dünkt mich wabracheiDlicher als dafs diese 



•) Zu Wurzel spa. in ,f,$-äi-ra gehört femtr altbaktr. fSsnaj in gang 
bringen, huzv. f§a thättg imd virlleicht zu einer verwandten wuizel spn in 
(r-i(ii<)oi aUbBktx. fsa prses. pcp. fSujanf thtttig aein. 



40 Bugge 

Wörter mit got. fön, geu. fuuiiis feiier, altpreufs. pannoj 
zusaumjeugehöien sollten {Fick zt-itschr. XVIII, 416). 

sparg, sprag, sprig. 

ana^yäü), anuQyiu}, affaQnyiw Od. IX, 440, <f(fQt)rä(f> sind 
alle offenbar scböfslinge von derselben würzet. Entsprechende 
Wörter aus verwandten sprachen nennt Fick s. 194. Niihe 
an aifotyäw steht namentlich norweg. dial. sprJkj a, das 
sowohl activisch ist „auesperreu, auespaanen" als neutral 
^weit aus gesperrt ateben". In einigen gegenden bedeutet es 
„scbwcileD, vor fölle auegespannt stehen", z. b. jure (das 
euter) sto so das sprikte (I. Aasen). Die bedeutung 
stimmt hier also mit derjenigen der griechischen verba völlig 
überein: uvituru ffffotywt'Ta, ovif^ccTic (itfitüccynirru^ w«C<>v 
(Snauyüv. Germanische verba auf j an (praeter, i d a ) ent- 
sprechen oft griechischen auf äv. atfuiyäi' veihält sich zv^m 
sprikja wie Su^täi' zu temja, totvvciv zu reyna. 

nifctqayiiu iu der bedeutung, in welcher es Od, IX, 39t' 
vorkommt (aifccQayivrro Öe oi nvQi pi^at öifitaXinjv)^ schlierst 
sich nahe an isJ. und norweg. spraka (praet, sprakaöi), 
das mit lit. spragü sprag et i prasseln gleichbedeu- 
tend ist. 

Mit fSnaQyc'iM^ onapyioj, affQiyüio stellt man lat. turgeo 
(für s turgeo) zusammen, indem man vertauschuug von 
labial mit dental annimmt. In derselben weise wird in einer 
norwegischen gogend (TeiemarkenJ strikje in der näm- 
lichen bedeutung gebraucht wie anderswo sp rikj a schwellen, 



s V a p n a , 

Curtius grundzüge s. 261 bemerkt mit recht: „sväp 
ua-8 ist eins der nicht eben zaiilreichen noniina, welc 
ohne andere als die normalen lautvoränderungeu sieb iii 
sämmtlicheo sprachfamilien vollständig und in unverän- 
derter bedeutung erhalteu hat". Dagegen irrt er, wt^nn 
ur nteint, das wort habe nur im litauischen die bedeutung 
„somnium". Diesf bedeutung ist im sanskrit sehr gewöhn- 
lich, z, b. dursvapna ein sehliniiner trainu, so wie das 
wort im slawischen auch diesen bej;riff bezeichnet. Die be- 



bJ| 



I 



zur etymologischen wortforacbong. 41 

deutung „träum" kommt iu der altnorwegiscben dicbtung 
nicht selten vor, z. b. segja svcfn slikan solchen träum 
erzählen Atlamäl 24 ; ebenso häufig im angelsäcbiscben und 
altengliscben, wo slse'p (das gar nicht verwandt ist) für 
schlaf das mehr gebrauchte wort ist, während swefen in die- 
ser bedeutung selten vorkommt, so: bim wearö' on slss'pe 
swefen aetywed Daniel 496 ihm wurde im schlafe ein 
träum geoffenbart. Altsächs. sweban kommt nur als 
„träum" vor. 



sva, 'svaina eigen, (fi'Aog, altbaktr. qaena, got. seins. 

Die beliebte Zusammenstellung von (fiXoi; mit skr. 
prijä scheint lautlich sehr bedenklich. Sie setzt voraus, 
dafs (fiXog aus <pXiog^ (pQiog, ngiog entstanden sei, allmn 
diese sprQnge sind um so unwahrscheinlicher, als wir in dun 
europäiscben sprachen die wurzel pri sonst regelrecht ver- 
ändert wiederfinden, z.b. im deutsch, freien*). Dies scheint 
mir mehr zu wiegen als formen in neuind. sprachen, auf 
die sich Kuhn zeitschr. V, 220 gestützt hat; ich glaube, r 
im bind, pjar, pijär liebe gehört dem suffixe; vielleicht 
sind diese formen aus skr. prijatä entstanden (vgl. beitrage 
z. vgl. sprachf. I, 141). Noch weniger kann ich mit Fick 
zeitschr. XVIII, 415 (piXo mit skr. bbavila identificiren. 
Das adjectivum bhavila kennt das petersburger Wörter- 
buch nur aus einem grammatiker als mit bbavja gleich- 
bedeutend; dies entfernt sich aber in vielen bedeutungen 
(so . wenn es „künftig* bezeichnet) völlig von tpilvg und 
stimmt in keiner ganz damit überein; auch sehe ich keinen 
grund dazu mit Fick bhavila und bbavja von bha in 
der nämlichen bedeutung wie bhävaj abzuleiten; mehrere 
bedeutungen von bbavja lassen sich damit gar nicht ver- 
einigen. Nach Benfey's Wörterbuch bedeutet bhavila 
„künftig", und kann das wort nicht in anderer bedeutung 
nachgewiesen werden, so wird die Zusammenstellung mit 

*) Dafs goth. bleips, womit lat. laetus möglicher weise zusammen- 
gehört, von pri gebildet ist, wie Meyer goth. spräche s, 662 meint, ist 
unbewiesen. 



43 



BngR* 



rfiÄKfe- von selbst widerlegt. Auch mbd. buole buhle (das auch 
Döderlein synonyme VI, 38 mit (fikru; zusammenstellte) kann 
nicht von bhü in der bedeutung von bhävaj kommen; 
was ich hier nicht 2U erwpispn brauche. Demnach wird 
PS eriiuibt sein für rfi'ko~^ eine neue erklärnng zu suchen. 

In altdeutscher und altnordischer diL'htung druckt swas, 
swae's, sväss dasselbe aus, was Houier mit y/Aoü- giebt: 
altn. sväsa bnri, sväsa broeffr, ags. bis swie'sne sunii, 
altsächs. swi'iB man; auch ags. fjscr me unswasost 
waBS wie y/Aoi; iQ Verbindungen wie Toi ipikor ini.€TO d-vuqy. 
Bei Vnifila gicbt sves oiy.eJog, 'id'io,; wieder, als neutrales 
substantiviim bedeutet es eigenthum, vermögen. Das wort 
hiingt offenbar mit dem reflexivstamm sva zusammen: ur- 
sprünglich bezeichnet es wie im gotischen proprius, dome- 
sticus, daraus haben sieb entwickelt die bedeutungen fami- 
liaris, cognatus, carua, suavia, die wir in den anderen ger- 
manischen sprachen finden. Die bedeutungsentwickelung 
im germanischen sväs, sves spricht dafür, daü-i auch ifilng 
ursprünglich „eigen" bedeutet; wenn verwandte und freunde 
rfi'lot genannt werden, werden sie dadurch als „die eigenen* 
bezeichnet; in liebevoller anrede können wirNorwetjer _egen'* 
(eigen) iu der uäralicheu bedeutung wie ffi'/.o^ gebraueben: 
„min egen unge" <frks Tixror. (fiXioj heifst eigentlich je- 
mand als einen von den eigenen betrachten, behandeln. Diese 
auffassung wird dadurch gestützt, dafs die poetische spräche 
besonders in den homerischen gedichten, wie bekannt, tfilog 
als ein volleres oder nachdrücklicheres pron. possess- ge- 
braucht, z. b. y.nrsTTkijyij (ft'iov Tjrop, uriTQi tfikij 'yJh't.aiti 
•/(üoftivag xi)o. 

Ich identißcire <fi).o^, das ursprünglich „eigen" bedeu- 
tet, mit dem got. seine sein, seins ist vom reflexivstamme 
sva gebildet durch das secundärsuffix eina, wodurch auch 
adjcctiva von Substantiven, besonders von stoffnamen ge- 
bildet werden, z. b. silubreins (s. zeitscbr. IV, 244). Die- 
ses Suffix findet sich im altbaktriacheti in der form aena, 
z. b. erezataöna silbern wieder, s. Pick zeitschr. XVIII, 
4.'i4. Hieraus müssen wir für seins eine grundform svai- 
na-s schliefsen; dieses fiude ich wieder im altbaktr. qaena 



»ürS^iöölogüEeilSn wörtfor«chn»j{. 



,eigeu; davon gut, vortreÖ'lkh" (es kommt als cpitlietun zu 
ajaüh eisen vor), wo die bedeutungsentwickelung freilich 
nifht die uämliche wie in (f't'?.ng sväs, aber doch n;ihe 
verwandt ist. Den gotischen adjectiven auf -ei na, 'en 
altbaktr. auf -a6na entaprechen griechiacbe auf -tvo z. b. 
/.Ei'iijtvug. Eine gnindform svaina, altbaktr. qaena, got. 
aeina würde daher regelrecht c^u'u werden. Nun ist es 
bekannt, dafs anlautendes n im griechischen ein unnoittrl- 
bar nachfolgendes jr zu ff verhärten kann und dafs später 
a vor ^ zuweilen abfällt: in der lakonischen mimdart wurde 
rfiv = ö<fiv vom reflexivstamnie 'T<ff, urapninglich sva ge- 
sagt; das homerische ffij hat Curtius mit got. sv6 von eben 
deiQselbeti stamme TigpE, sva tdentißcirt; ^6/9ti ist ohne 
rweifel wie fftJ,??/ aus fiföß}i entstanden. Somit wurde e/tvo 
zu (ftvo. Durch Übergang von v in /, wovon gleich nach- 
her, wurde (ftvo zu tfiku. Dafs das suffix ivn im grieclii- 
scben sein i' sonst unverändert erhalten hat, kann die mei- 
nung, dafs (filu aus iftyn entstanden iiud vom reflexiv- 
stamme affh gebildet ist, nicht widerlegen; denn wenn 
die ursprüngliche bedeutung des wortes „eigen" stark er- 
weitert und geändert worden war, war es natürlich, dafa 
es nicht mehr als vom reflexivetamrae (Sffi-. in der nämlichen 
weise als y.i(i{uvo von y.iii^D abgeleitet gefohlt wurde, und 
es konnte sich dann leicht in der form von den Jinderen 
adjectiven auf Vi'o entfernen. <fiXi mit langem vocal im 
anfang des hexameters bei Homer ist wohl am besten als 
eine ältere form aufzufassen 

Die oben gegebene erkläruog werden wohl manche 
wegen des angenommenen Übergangs von r in k bedenklich 
finden. Wenn aber gleich Benfey und Leo Meyer meines 
erachtens diesem lautübergange ein etwas zu grofscs gebiet, 
auch im griechischen, gegeben haben, so glaube ich, dafs 
ihn anf der anderen Seite Curtius zu sehr beschränkt hat, 
wenn er das lehnwort )JT(>i>r neben rlroor als das einzige 
sichere beispiel nennt Ich glaube, dafs dieser sporadische 
lautöbergang im inlant der Wörter im griechischen nicht 
eben selten vorkommt (ein beispiel im anlaut, das mit ).i- 
TQOv analog ist, scheint Legerlotz zeitschr. VIJl, 42\ in 



Äixvuv, hxitöi nachgewiesen zu haben). Analoges liefse 
sich aus sehr vielen sprachen beibringen, ich will mich aber 
damit begnügen auf die nordischen hinzuweisen: im anlaut 
wecbsela hier n und 1 fast nur, wo dissimilation mitwirkt, 
im inlaut und auslaut aber, wo die verschiedenen laute 
weniger stark ausgeprägt sind, ist der öbergang von n in 
1 häuüger und findet sich auch iu füllen, wo diseimilation 
nicht mitwirkt (vgl. uieine bemerkungen zu muttus, pro- 
mulgare), so ist norweg. dial. jotul,jutul, jötel = altn. 
jötunn; zwar ist ull (stamm ula) ein gewöhnliches alt- 
norwegisches suflSx, aber eine altnorweg form jötnll fin- 
det sich nie. Derselbe Übergang in norweg. dial. frokle = 
ihI, freknur Sommersprossen, neuschwed. äril = altn. 
arinn, sohwed. dial. mill = altn. uiön (juba) u. 9. w. Nach 
diesem wird mau vit*Ileiebt einen Obergang von v in k im 
iolaut im griechiscbeu leichter zugeben. Folgende wort- 
formen kommen hier in betracht. 'ißivo^i . . . xai iße- 
Xog öuoii'K^ Suid.; alles bcwul'stsein, dafs ißst'ug ein frem- 
des wort ist, war gewil's verloren, als es zu 'ißsZ-ng wurde. 
AviTTjÄr) . . . zni 'At'Oi^t'rj iy.At^&ij Steph. Byz., so hiel'ö ein 
flecken in Phokis, welchen Herodotos Ih'd-ij'Ki^ nennt, während 
'yJv^tj) 1/ sonst der uame eines fleekens in Kynuria im Pelo- 
ponnea ist; wenn lävt^Tjvtj die ältere form ist, bat dissimi- 
lation zu der ändeiung mitgewirkt, lakon. celx/.ov = cdx- 
vui", die letztere form kommt bei lexikographen vor, und 
Euetathios nennt beide formen, so daJ's man hier kaum an 
Schreibfehler denken darf; auch ist es unwahrscheinlich, 
dafs aix'lov und aiKvai' zwei durch verschiedene suffixe ge- 
bildete Wörter sein sollten, ätflidha' roiig nvif'iüievag tiov 
KtouttiSwv Hesych. vgl. rtgticiiia' cd TÜJt' xegniiiMV }cifiToai, 
iv «jl; t« fiuGy.7juctTu knün^ov Hesych.; die letztere form 
kommt öfters vor. Xwyd/.tov twv ßuüiv tu äno tmv rga^r}- 
}m>' ;fKA«(T»a Hesych.; Schmidt ändert gegen die alphabe- 
tische Ordnung das handschriftliche h'iy(r?.ior in huynvtoVi 
welche form durch mehrere quellen gestützt ist. axvQ- 
itahdq (corr. -ovq oder -ft). (■Jmrf:^a0t(><i rovg hf^ditv^ 
uvTixi ffij(}i Xftküntttu, ihvvvfmg Öi roi'i; ^n'(/axttg. axvn- 
dcchug' reai'irsxo^. axvoO^nha- fui(jdxia, t(f>ißut Hesych.; 



cur et^mologisrhAn wortfonchnng. 45 

Vgl. axvQif-dvitt' Tovg i<fi'i;%vs ni y/äxaveg Phot. und xv()- 
(fäviog. cpiXa^' d'(>i'v liog Heeych. vgl. (fivaxa' Sqvv Hes. 
An diese beispiele können mehrere angereiht werden, die 
Lobeck pathol. ling. Graecae proll. pp. 101. 136. 245 an- 
f&brt. Ich will keineswegs die möglicbkeit läugnen, dafs 
einzelne von diesen Beispielen nur beispiele sind, dafs ^/ 
unrichtig für N oder umgekehrt geschrieben ist, aber alle 
lassen sich doch nicht in dieser weise entfernen. Ich halte 
es somit ffir bewiesen, dafs griech. v im inlaut in k Obergeht; 
und wir dürfen auf diese beispiele gestützt den Übergang 
in weiterem umfange suchen. 

Wir finden xayxaXin- xaraxtxavuiva Hesych. neben 
xciyxavog Homer, xayxairei' &d/.n(t, ^r/Qaivti Hesych., ohne 
dafs ich auf xayxaviog bei Manetho IV, 324 gewicht legen 
will; öntaliog neben önravög (bei Athen. IV, 135 wurde 
früher onraveog gelesen, wo jetzt onTaUog steht); hpn?Jog 
neben i»/;ai/(/g; ihjyaUog (womit Fick lit. dygulis Stachel, 
dorn identificirt) neben dtjydvsov ö|i^, -rjxovtjuivor Hes., 
xitjyctvw ohjvH Hes., ^rjyävri; ä^aXkog neben n^dvan^ 
d^aivat; avaXsog] neben avaivw; ixfia'Aiug neben Ixuaivio; 
oida?.iog neben olSdvo), oiöaivco; xsgÖnMog neben xf.qiinivu) 
und ähnliches bei anderen adjectiven. Es ist demnach wahr- 
scheinlich bei allen diesen adjectiven aHu aus avjo cnt« 
standen (vgl. Leo Meyer vergl. gr. II, 461). (hiuah'o, für 
Stiurcvjo) setzt einen substantivstamm Sslficev = d'siuar vor- 
aus, und diesen darf man dann vielleicht auch in (fstitnXiog 
für Siiftavjog suchen; in derselben weise läfst sich aiuaUog 
für aifiavjog und svyftaXiog erklären. vSnXkog entspricht, 
wenn es für i/Savjog steht, dem skr. udanja-s. 

Auch bei mehreren (ich sage aber keineswegs bei allen) 
adjectiven auf also, deren Stammwörter ein v im sufHxe 
nicht haben, scheint es möglich, dafs akio aus njjo ent- 
standen ist, und nv mufs dann hier wie in j^aksfraivo) für 
yakiiiavju) von '^aXsnög aufgefafst werden, dvsuilihog ist 
wohl durch dissimilation aus dpsuüvio^ entstanden, wenn 
das gleichbedeutende fiirauwriog für usravBuwvio^ steht; 
6. jedoch Düntzer zeitschr. XII, 5. Auch die nebenform u£- 
TauojÄiog wird erwähnt (sie kommt z. b. als Variante II. 



46 



Bugg« 



IV, 3li3, Üd. 11, Ü8 vor), ist aber vielleicht uur eine duroh 
eiitstellung eutstaDdeuft tonn. Wie '.h'iliikq t'ilr 'jii'ßiivij, 
so scheiut xavif r'iliu^ nebeu xävOu/p dureb disüimilatioo aus 
■/tai'iit'iito^ entstanden zu sein; das vocalverbältuils zwi- 
scfien ivv und t/itu läist sich mit ä<jcnyu^: «(^;/;-w oder eher 
mit dem verhältuisse zwischeti o in nfnuv und et in m- 
ficltw für Tnftccijw vergleiche!). 

Eä ist unzweifelhaft, dafs la, ala u. b. vv, auf der einen 
Seite, na, ana u. s. w. auf der anderen atä getrennte suffixe 
schon in der gruudsprache existirteu, aus welcher sich alle 
japhetischen sprachen verzweigt haben; dies bindert aber 
nicht, dals 1 im suftixe einiger Wörter später aus n ent- 
standen sein kann; wir haben dafür in deu germanischen 
S|jrachen beweise. Wo awei gleichbedeutende wörtei in 
dor form mit der ausnähme übereinstimmen, dafä das eine 
n, das andere 1 im sufüxe hat, da wird die entscbeidung, 
ob sie vou aufang an identisch sind, so dal'e l ans n ent- 
standen ist, oder ob sie durch zwei verschiedene sutBxe ge- 
bildet Bind, gewöhnlich mit Schwierigkeit verbunden sein. 
Ich will einige griechische wörter uennen, bei denen die- 
ser zweifei erweckt wird. f'TTih/^ flecken vgl. tiIihj^ schmutz, 
altböhtn. spiua schmutz, s. Curtius grund/tige a. 249. (tri- 
).iig Säule vgl. altbaktr. ptüu a masc. fem. aänle, skr. athdnä; 
verwandte Wörter mit I im auffixe kommen auch aufserhalb 
des griech, vor, s. Curtius s. 196, sie liegen aber in der 
bedeutuQg ferner, nrvaluv, TTTve'Aov Speichel entspricht in 
der bedeutung dem skr, stivana-m. Es scheinen sich 
beispiele zu finden, dafs eine wortform mit 1 im Suffixe 
niehrereu europäischen sprachen gemeinsam ist, während 
wir iu Asien gleichbedeutende Wörter mit q im suffixe fin- 
den. So griech. ;rtr«A(Ji, ntr>,?j<.^^ lat. patulus gegenüber 
altbaktr. pathaaa} wenn 1 hier aus u entätandeu ist, was 
ich nicht behaupten will, aber auch nicht für eine Unmög- 
lichkeit ansehen darf, mufs dieser Übergang stattgefnudeu 
haben, ehe die griechische und die lateinische spräche als 
solche existirten. uiicü.ü^, öuoÄ.i]" öftov Hes. gehören ofien- 
bar zu lat. similis, simul, osk. samil ^ simul iu einer 
jnscbrift vou Boviauum vetua s. Minervioi Bullett. nap. Jio. 



SEttr etytriolo(:i*rtL*i> wurtfonichung'. 



47 



rs. VII, 1, tav. I, Corssen zeilschr. XT, 403, Fabrctti oo. 
2873*), altiriäfb. samail, samal (gimilitudo), nicht uur in 
betrefi' des Stammes, äoudern atiuh des suffixes. Im sacs- 
krit finden wir keine entsprechende form auf r^ oder la, 
dagegen kommt sauiänä vor mit der bedeutung gleich, 
derselbe, wovon sainänatä gleicbbeit, pers. hemän der- 
selbe, sogleich. Wenn iiuu däu. saiule ohne zwcifel aus 
samiia, altdäu. üatnmel aus saaiun, altn. einsaiuall aus 
eiuQ samai) entätauden ist, lälst sieb die Möglichkeit uder 
sogar die wahracbeiulichkeit, dai's (j/(rüü\; mit skr. samäuä 
identisch ist, kaum läuguen. Zwar scheint samänä mit 
manu mafs zusammcDgesctzt zu sein, während ii^tuh'i^ voll- 
ständig das gepräge eines von Siima, ü/iu durch das suff. 
/.-> gelüldett-u derivatams trägt; es ist aber eine häufige er. 
scheinung, data das bewui'stsein, dafa ein wo|^ zusammerige- 
setzt ist, verloren gebt und da/'^ der lautstuö' im zweiten gliede 
der ziisamraeusetzung geüüdert und geschwächt wird, so dals 
laulgleichbeit mit einem gew&bnlich«i suflp. entsteht; so sieht 
K. b. altn. nafarr aus, als wäre es durch das ^nffix ara 
abgeleitet, es ist aber eigentlich zusammengesetzt und aus 
nafgeirr entstanden. Im gegensatz zu dem langen vocal 
in der vorletüten silbe von samänä haben die europäischen 
Wörter o/iaP.u's', similis u. s. w. kurzen vocal; hiemit läfst 
sich skr. mäna dem gr. -unvo, skr. infttra dem gr. inrQ iv 
gegenüber vergleichen. Wenn aber 1 iu den eurjpäisclieu 
Wörtern wirklich aus n entstanden ist, ist dieser iautober- 
gaug zu einer zeit eingetreten, die derjeuigen, aus welcher 
wir unmittelbare kenntuils der sprachen haben, weit vor- 
aus liegt; dies ist klar, weil sich 1 sowohl im griecbischeu, 
als im italischen und keltischen findet. 

In diesem Zusammenhang kann ich es nicht unterlassen 
a/lAii{,-, lat. alios, got. aljis, irisch aile, armen, ail zu 
erwähnen; diese Wörter wage ich ebensowenig wie Kuhn 
zeitschr. XI, ;J13 und Pott wurzelwtb. 840 f. von skr. auja 



*) samH [st nach mtiniir laeiouni^ aus sainelf = »i mils «ntdtandcD, 
wie fst BUS est^. Corssen thuilt »Binf lovfrik Qnoaa j da aber iiacb { 
kein punkt steht, was in der iniehrift da, wo ein wort in der mitte der lini» 
eudct, rugel ist, loufa niao aiiniil zuaummen l«.ien, 



4d 



Bugtre 



losziireilsen. Hiefür spricht nanipnÜich aiifser der durch- 
gehenden ilbereinsttnimung im gebrauche , besonders 
zwis<"hen ä'A.?.'ig »ind iinja, der umstand, dais von dem 
stamiae mit n und von dem stamme mit 1 ableitungpn 
und Zusammensetzungen gebildet werden, die einander 
vftllig entsprechen; so haben Kuhn u, a,. die Über- 
einstimmung zwischen skr. anjönja und gricch, «AÄt^Ao 
hervorgehoben, die beide zugleich als erstes glied einer 
zusammensetznng gebraucht werden; dann skr. anjaka 
dem gr. akkaadoy (fftr c(?.lrcxJo)) gegenübrir, altiriseh aiti- 
gira (mute) s. Ebel heiträge II, J55. Für die ursprCmg- 
liche Identität des Stammes mit 1 und des Stammes mit n 
spricht ferner armen, ail, denn wenn man dies von alt- 
baktr. anja, ainja trennen wollte, müfste man annehmen, 
die iranischen^spraeben hätten von anfang an zwei ver- 
schiedene Stämme anja und arja mit derselben bedeiitung 
gehabt und letzterer sei nur im armenischen erhalten, wäh- 
rend die übrigen iranischen sprachen, die keine spur von 
arja (aija) haben, nnr anja behielten, das dagegen im 
armenischen aufgegeben wäre; dies ist aber höchst unwahr- 
scheinlich. Allps scheint hingegen dafür zu sprechen, dafs 
anja, ainja im armenischen durch öbergang von n in 1, 
welcher letztere consouant ii»i altbaktrischen unbekannt ist, 
zu ail geworden ist. Wie der umstand, dafs das gotische 
anpar neben aljis (nicht aus) hat, dafür sprechen kann, 
dafs aljis mit dem skr. auja-s nicht identiscdi sei, wie 
Cnrtius grundzüge 'Vli bemerkt, kann ich nicht fassen; so 
ist got. raanags im altn. durch Übergang von n in r zu 
margr geworden, während das ursprüngliche n in mengi 
menge erhalten ist. Der genannte umstand scheint mir 
eher dafür zu sprechen, dafs aljia = anja-s ist; denn 
bei der -entgegengesetzten anschauung wird man zu der an- 
nähme gezwungen, dafs das gerinnn. einst zwei wortatämme 
mit einer und derselben hedeotung „anderer" gehabt habe, 
den einen mit u, den anderen mit 1, die aber doih ver- 
schiedenen nrspnmges seien. Beim lat. iilter kann nnm zwei- 
feln, ob es mit skr. anjatara-s oder aber mit got. anjjar, 
lit. ttutras, osset. audar, .skr. autara-s, das dieselbe be- 



cur etymologischen wortforschnng. 49 

deutung haben kann, zn identificiren ist. Dieses letztere 
finde ich wahrscheinlicher, und ich vermuthe, dafs der fiber- 
gang von n in I zuerst bei anjas eintrat und von da aus 
im latein. auf das in bedeutnng und form nahe verwand- 
te antaras Übertragen wurde. 

Hier will ich einige worte Ober den Ursprung des wer- 
tes adulter hinzufügen. Festus giebt folgende erklärung: 
adulter et adultera dicuntur, quia et ille ad alte- 
ram et haec ad alterutn se conferunt (Paul. Diac. 
p. 22). Diese erklärung scheint von neueren forscbern auf- 
gegeben zu sein; z. b. Sonne zeitschr. X, 3ö6 giebt eine 
andere, die äufserst schwach gestützt ist; ich halte dage- 
gen die alte erklärung für vollständig richtig. Das latein 
bat wie die verwandten sprachen nicht wenige zusammen- 
gesetzte Wörter, deren erstes glied eine präposition ist, von 
welcher das zweite glied abhängt, sointercus, postprin- 
cipia, proGonsul u. s. w. Pott etym. forsch, l.ausg. 11,392. 
adulter ist aus ad^ter entstanden, denn im lateiu sinkt 
a im zweiten gliede der Zusammensetzung vor I mit oder ohne 
folgenden consonanten zu u herab: exsulto, insulto, de- 
sultor (Corssen ausspräche 1 ausg. I, 314). In betreff der 
bedeutungsentwickelung entspricht adulter genau dem 
skr. anjaga und anjagamin ehebrfichig eig. zu einem 
(einer) andern gehend. 

Gegen die trennung des alius u. s. w. von anja spricht 
auch der umstand, dafs man bisher ohne erfolg für die 
formen mit 1 eine von anja unabhängige etymologie ge- 
sucht hat: der versuch Cors'sen's krit. beitr. 298 ff. hataufser- 
halb des lateinischen keine stütze; kein Germanist wird 
die auffassung, dafs der got. stamm alja von einem prono- 
minalstamme a durch ein sufßx li, erweitert Ija, gebildet 
sei, dnrch irgend eine analogie stützen können. Schleicher 
compend. s. 225 weifs zur stütze eines ursprünglichen arj a 
nur das suffix ra anzuführen; diese stütze ist so gut wie 
keine. Endlich Fick s. 14 stellt mit alius u. s. w. drei 
sanskritwörter zusammen, die, wie mir scheint, weder mit 
einander noch mit alius etwas zu thun haben. 

Noch ein beispiel des Überganges von n in 1 hat Kuhn 

Zeitschr. f. vergl. spraehf. XX. 1. 4 



"fiÖ ßngge, zur ctyitiologiacheti wortforscliung. 

»eitacbr. X, 24li (vgl. Piotet origines Indo-Europ. II, 474) 
in uvXn-^ = skr. vfinä-s vermiitbet. In äh!ili<'her weise 
ist im ahn. perftast = parfnast nach f, das v Rusge- 
Bfprocliei] wurde, 1 aus n entstanden. 

Denselben Ol>ergang vermutlie ich in äunslog rebe, 
das ich mit dem lat. pampiniis ranken, rebenlaub ideoti- 
ficire: ni<nsXi)g steht für TräimsÄui,', indem das erste n durch 
dißsiQiilation abfiel, vgl. tTiTceuai für niTiTauca, hf'ta für 
ftiff/oi, üTiTOt; fflr TCoTfTOi, r/^X(t für yJ-/},a^ öy^^'f] fiir xoyxvri 
(Curtius grundziige s. 638 f.); näanslog wieder steht dann 
fttr TZfitiTitt'oc, und auch bei der änderung des v in A wirkte 
dissimilation mit, denn u ging voraus. 

Endlich kann das Fremdwort nävTaXov =; skr. Icanda- 
Da m hinzugefügt werden. 

Wenn nun auch nicht alle angefdhrteo Beispiele bewei- 
send sein sollten, so darf ich es doch fi'ir unzweifelhaft 
erklären, dafs Ä im inlaiit grieohiscl^pr worter öfter aus v 
entstanden ist, so dafs von dieser seite kein angrijS' gegen 
meine deutung von (fllog gemacht werden kann. Fflr dipjeni- 
gen aber, die den Qbergang von i' in Ä gar nicht anerkennen, 
wäre (jpiAüL,- vom reflexivstamme (T(f£ durch das nämliche siiffix 
abgeleitet, wie i'avTikug von ravTt^g, 6()yikog von <^>P)-TJ. 

Christiania, im juui 1870. 

Sophns Bugge. 



Messapisches. 

Hermann Peter, der neueste herausgeber der Scr. Hist. 
Äug. Lps. 1865, hat im Julius Capitolinna vjt. M, Anto- 
öfni philosophi c. I, 6 wie folgt dnicken lassen: „cuius fa- 
milia in origiöem recurrens a Nunia probatur sanguinem 
trahere, ut Mariua Maximus docet; item a rege Sallentino 
Malemnio, Diisummi filio, qut Lupias condidit". Er ist 
hierbei der Bamberger und Heidelberger handschrift ge- 
folgt, soweit es die Schreibart dos namens Malemnins be- 
trifi't, welchen die Mailänder ausgäbe Maicunius (so auch 



bmidt, mesMpiache«. 

Th. Mommsen unteritaL diaiekte s, 71) schreibt > dag:egen 
voD beiden handachriften und der Mailänder ausgäbe in 
der Schreibung Lupiaa abgewichen, statt bei Lopias sei- 
ner quellet! zu verbleiben. Es soll im folgenden der be- 
weis geführt werden, dafs die« nicht recht gethan war^ 
sondern hiermit grade eine eigentbümlichkeit des oiessapi- 
scben dialektes zerstört wurde, sei es, dal's es sich dabei 
blos uiu arcbaisirende Schreibart, oder uro abweichende 
landeseigenthüntliche ausspräche oder beides zugleich han- 
delt. Das heutige Lecce hiefs im alterthume Liipiae. 
Strab. VI c. 3 §.6 vol. I p. 448 Kram.: iv Si. Ttj /.uöoyaiff 
'Pü)8iai r£ ilai xat Attvniat xat fitxgüv vfii^ Tr/g dakär- 
Ttjg !AXr)zia. Eine Variante ändet sich zu d. st. nicht. 
Ebensowenig zu Äppian. iurfvX. /, 9 p. 657, 24 Bekk.: 
ov (xaxQav ceno tov Bqivrtaiov Jiuhv iyrog ovßav oSov, 
Tj övofjta Aovniai,, oder zu Pomponius Mela lU 2,7 
p. 146 ed. Weichert; Ennio cive nobilis Kudiae ... Lu- 
piae . . . Dagegen variiren die handschriften zu Pausan. 
VI, 19, 9: OTTÜffot <)« TTSQi IruUag xai jioAecoi' ino'kvnQO- 
YfxovriCav fwv iv avT^ Aovutag (paai xsijiUvr/V Boevvt- 
GtüV T£ fiEra^v xai ySgovvTog fXBTaßtß}.t)xävitt tu oi'Ofice 
2vßa^iv Qvactv xo ag^alov. yfovniag geben FCSMVaAg 
LbPc* Aovniav AXKBAmVbLa und Va als randbemer- 
kuDg jiovdniag (sie) to vvv y/ETL,i. Die unnfltze ände- 
rung &ovgiov von Härtung und Löscher wird von Schu- 
bart und Walz mit recht zurückgewiesen. Aber kein 
grund war 7-u dem sie hinter y/ovffni«g', denn derselben 
lesart begegnen wir im Gl. Ptolemäus als der alten vul- 
gate. Ferner lesen wir zwar Lupias im Itin. Anton, p. 26 
ed. Colon. Agr. CIDIOC, aber wie der commentar desHiero- 
nymus Surita * ) zeigt aus correctur für das bandschrift- 
liche Lipias . . . nopuiXXV „manuscripta cum Longoliana 
Lipias mpmXXV". Bei Gl. Ptolem. III, 1 §. 14 vol. I p. 
142 Nobbe = p. 175 ed. Wilberg et Grashof ist am be- 
sten beglaubigt ^y/ovnmat BEP.l. yiovaniai vulgo", wo- 



♦) DerKlbe 9. 281 will bei Stcph. Byz. p. 316, 17 ed. Meinek. b. v. 
©oi'oioi das wort KmTiici! i" Aovnfat {Auiitiai) veiwnndeU wigsen. Sein« 
Qbrigon bcsseruDgcn treffen za. 

4* 



52 



Sohmidt 



mit zu vergi. Gnitpr mscr. 374, 'i : Liippine, und laV». Peu- 
ting. segui. VIb Luppia, Pliu. N. H. III, U ( 16) p. 150 
Detlefs, statio Miltopes Lupia Batesium „InpiaAF' lubia 
F' tipia r". Froiitiniis aber im über Colon, I p. 2) J, 2 
vol. I od. Lachm, schreibt: Tenitoria Tareiitiuirni Lyp- 
pieiise Austranuni und üb. II p. 2(i?, 9. 10. — Ignatinns 
Lyppionsis Metapoutinus, mit lyppieueem aus A iiud 
lippiensem aus P an erster stelle. Auch die Schreibung 
mit i ist nicht ganz unerhört, wie das schon angeführte 
Itiii. Anton, zeigt und daneben Itin. Hieros. p. 157 in der 
verachreibung: mansio CIrpeas ta. XII. Unter diesen etel- 
lea, wekbe theils bei Forbiger Geogr. bd. III p. 7;')6 theila 
bei Ariodante Fabretti üloss, Italic, p. 1(183 gesammelt 
sind, wenn auch ohne rückslcht auf abweichende lesarten 
der handschriften, befindet sich nun freilich keine, welche 
für Lopias der haodschr. BP (M) bei Julius Capjlolinus 
zeugte. Allein dafs die acala; Lopiae Lupiae Luppiae 
(Lupia |i Lyppiae Lipiae (Lipeae) y/uveTiiat Lecce (^^erCt) 
dennnch richtig ist, soll uns die gegenflbersteilung von Ru- 
diae darthun, über welches vgl. Forbiger p. 7.'v2 und Fa- 
bretti s. 1 557. Nicht Carovignn oder Musciagna oder 
ßuia, wie man sonst annahm, sondern Rugge ist jetzt ganz 
sicher gestellt als das alte Rudiä, von dem Siüiis Itali- 
cus Punie XII, 396 singt: 

Ennius anliqua Messapi ab origine regis 
miscebat primas aciea Latiaeqne snperbum 
vitis adornabat dextram decus: hispida tellus 
misernnt Calabri; RüdTae geniiere vetustae 
nunc Rudiae solo memorabile nomen altimno. 
und mit ihm im einklang Pomponius Meia III, 2, 7 sagt 
Ennio cive nobiles Rudiae. Bei Strab. VI p. 282 Gas. 
[= 431 Alm.) ist der ort freilich auch plurale tantum: ^ni 
'PüjJi'iMr, !tüXs(»i;'EXhjvifio^, i^ fjg i)i) u Troii/T7^>i' ti-ritig uud 
iv de TTj ui<7oyaia 'Putbicct xk Biai y.ai yfoimicti, aber, wie 
man sieht, ist der vokal der ersten silbe ein abweichen- 
der. Zwar ist 'Poitiiöii' sowohl wie 'Potr)icu correctiir Clu- 
vers It. antiq. p. 1249, welche Krämer p. 448 recipirt 
batf die iiaudschriften geben 'I'ojöaiiof (J.'iuöanr'^ir Cor.) und 



meHapischcs. 



53 



an zweiter stellp PMtialKi der Paris. (A) nnd Med. (B) 
denen Corais folgt, p<'"Vf? k Cliiver: aber wenigstens för 
das (0 der ersten silbe treten s\f ein. Oder sollen wir lie- 
ber sagen fOr den o-laut? Denn Silius Italiens spricht ans- 
drOcklich für die IcCirze der ersten silbe und fl\r sie zeugt 
auch Steph. Bj-z. 546, 3 ed. Meinek. :'Piir)ni- nvbi: 'Ira- 
Xiag. t6 iih'ixov i\ii)aiäTai. Hierunter kann doch kaum 
eine andre stadt als Kiidiä gemeint sein, welche die tab. 
Penting. ebenfalls ohne iota Rnda« nennt, und die bei 
Ptolem, III, 1 §, 76 vol. I p. I.'i4 Nobb. (p. 186 Grash.) 
P<n'<iin ('Pr){;Sit< M.) genannt wird, wofür der heraußgeber 
ohne griind ein aus Marädvotct abgekürztes fingirtes Jov- 
Qirt vorschlägt. Endlich sagt auch Frontin. üb. Colon. II 
p. 262, 10 ed. Lachm. Rubiistiniis ßodiniis Tareotinus, so 
daffl das o ebenso aufter zweifei steht, wie in Brondisinus 
ager ebenda p. 262, 6 fQr Brundisinus. Man fühlt sich 
daher bei Sirabo veranlafat 'FoS- für 'Piad-, dem ßbiicben 
Püvd- entsprechend, herzustellen. Wenn aber nach diesen 
Zeugnissen Poöiai- oder 'PoSint die heimische form von 
Rudiae war, so ist entschieden kein grund im Julius Ca- 
pitoliniis das festüberlieferte und in den alten ausgaben 
(z. b, Liigd. Bat, 1621) gehaltene Lopiaa gegen Lupias auf- 
zuopfern. Vielmehr stellt sieh Lopiae : Lupiae = Rodini 
: Rudinj und wenn eine dem Lyppiensis entsprechende 
Bohwächung von Rudiae fehlt, so thut das nichts zur Sa- 
che, erklärt aber sehr hübsch das Verhältnis der heutigen 
namen yf^ri^i Lecce und Riigge zu einander. Wir haben 
kein recht zu fordern , daCs das u oder der mittellaut 
zwischen o und u in Rudiae ebenso durch y allmählich zu 
i herabsinken mul'ste, wie in Lopiae geschehen ist — und 
in dem demnächst zu besprechenden eigennaraen, welchen 
Julius Capitolinus a. a. o. — alle achtung vor seiner accu- 
ratesse in orthographischen special itäten — völlig richtig 
Dasurami schreibt. Ich darf als bekannt voraussetzen, 
was Th, Mommaen rait gewohnter gelehrsamkeit über die 
weite Verbreitung der hochadligen familie der Dasii (die 
auch illyrisch ist: -/ß^'tu,,-, Mionn. S. III, 334) beigebracht 
bat unterital. dialekte 8.71.72. Hier handelt es sich le- 



«4 



Schmidt 



dicrlicb um die drei überlieferteu formen desselben von 
jenem Dasius abgeleiteten namens der Daaimer: Ja^ofiag 
in der iuschrift von Ceglie 11 (2970 Fabretti): 

MIO/WAJMHrONI^ 
HOITAKOA^SOI 

2) Jayifiteg in Inscr. Ceglie 12 (2971); 

AAIIMA^FEPTAHETIJ 

wozu zu stellen Inschrift von Lizza (Aletium) 1 = 2996 

? 
AAIIMAIHI AAIANAIAIHI, in welcher jedoch das A nicht 

feBtsteht. 

3) Dasummi in unerer stelle. 
Die genauigkeit des historikere zeigt sich hier in der 

verdoppelang des M im genetiv, da es eine aus Mommsen, 
W. Fröhner Philolog. bd. X, G. Stier d. zeitschr. VI, 142ff. 
Battäam bekannte eigenthümlicbkeit des messapischen dia- 
lektes ist, vor der genitivendung ihi (IHI) den vor der no- 
miuativendung as(A5) nur einmal auüretendeu consonanten 
zu verdoppeln. Eine genaue zuBammenstellung alier bei- 
spiele zeigt freilich, dafs es nur die buchstaben AMNPi0 
sind, auf welche dies gesetz anweiidung findet, wobei 
in TG übergeht; aber eben unser Dagiunmi (AAIOMMIHI) 
und, wie in der inschrift 2996 zu restituiren sein wird, 
AAIIMAMHI erhält dadurch erwünschte bcstätigung. Die 
quantität des namens JaÜfiag wird tribrachisch sein, da 
aus Sil. Ital. XIII, 30 — 32 Aetoli, Däsio fuit haud igno- 
bile nomen die quantität der ersteti silbe feststeht, aus 
einer vergleinhung von 

Decius Dasius 

(decumue) Dasumus 

Decimus Jauuag 

DecmuB Dasmus 

aber cbarakter und quantität des o (u). 

Kehren wir nach dieser abschweifung zu Lopias zu- 
rück, so zeigt sich nunmehr, dafs die oben angesetzte 
Bcala 



mes»&pi5cli«R. 



^ 



Lopiae*) durch Rodini Brondisini /tu^ofias /iaCohovviht 

'- 2995,8 
Rudiae BruDdisioi Daeummi 



Liip(p)iae 

Lyppiensis 

Lipias 



Dasimi 
(Dasmi) 



2947 
(Lipeas) 
ihre schönste rcchtfertigung findet. 

Ob der name des füretcu Malemnius lautete oder Ma- 
lennius wage ich nicht zu entscheiden. Bis jetzt hat sich 
allerdings die gruppe J^ im inessapischen noch nicht ge- 
funden, allein das scheint bei einem dialekte, der AC, v^ 
ßVf dl', x^ verbindet, kein grund die handschriftliche lesart 
zu verlassen. 

Jena, oct. 1870. Dr. Moriz Schmidt. 



Zimmerucbo cbronik, herauBgej^ebeo von dr. K. A. Barack, hofbiblio- 
thekar ia. OonauescbiDgen. Litterar. verein. Stuttgart 1869, IV blloda. 
I. a. 661; 11. 8. 607; III. s. 608; IV. ». 803. 

Noch etwas Ober die grofse bedeutung unserer chro- 
nik sagen zu wollen, ist überflüssig. Wer Uhlauda auf- 
eätze iti den frühem Jahrgängen der Germania, Felix Lieb- 
rechts berichte in den jüngsten heften derselben, den rei- 
chen gebrauch, den das grofse deutsche und das neue nait» 
telbochdeutscbe Wörterbuch von Leser daraus macht, kennt, 
der mufs staunen über die kaum zu bewältigende masse 
stofFes für sage, sitte und spräche; die geschichte geht uns 
nichts an. Nicht genug, dafs wir schwäbische oder ale- 
mannische sagen und siitec erhalten : wir finden eine hüb- 
sche Variante von den kindern von Hameln, Hütchen 
u. 8. w. Was die ritter- und pfaffenmären, die scbildbür- 



*) £* soll nicht verschwiegen werden, dafs daa inesaapiMhfl aiphabet 
nar da» zeichen O vervrendet ein VY nicht bat. Aber Lopiae wird eich 
Irotidem nicht ohne weiteres Lupiae lesen lassen. Denn der Römer muri 
doch in Dasummi ein u; in Lopiae ein o, ebeneo Frontin ein y in Lyp- 
piensa, Strabo in Budiae ein o {o>) gehört haben. 



56 



BirÜDger 



gereien, die schwanke angeht, öü weifs sie unser gebildeter 
Chronist stets zu localisieren. Ich hin nach wiederholter 
lektOre imnner fester in meiner ansiebt geworden: der Ver- 
fasser griff die fliegenden, (wie alles echt volkstümliche) 
heimatlosen mären auf und gab sie fflr thaten von lenten 
in Möfskirch, Kloeterwald, Eberstein u. s. w. aus, was ich 
von J. Pauli desgleichen behaupten möchte. Damit stimmt 
das staunen F, Liebrechte Geraiauia XIV, 386 und seine 
aussage, das „warhaftigclichen'', das stets dabei sein muTs, 
dürfe hei dergleichen fUllen nicht sehr geprefat werden. 
Mir kommt es gerade vor, wie wenn ein pabst den Jahr- 
hunderte lang beisammen liegenden „hailtumben" oder re- 
Hquien beinchen für beinchen den namen aus dem marty- 
rologium beliebig schöpft, so dafs es sich herausstellt, dafs 
der itu fernen Spanien gemarterte Pelagius, dessen glied- 
mafsen in den flufs geworfen werden, gleichfalls bei Pe- 
tershausen, Coustanz, Kotweil erscheint. Ueherall werden 
die daher schwimmenden glieder, föfse aufgefangen u. s. w. 
FOr den aagenforscher bat Uhland den herrlichsten stoif 
schon, wie oben angedeutet, aus den handschrifteu genom- 
men. Ich mache nur noch aufmerksam, auiser St, Othuiar 
1,53 ff: IV, 504, auf St. Pirminslegenden 111,273; I, 7ö; 
St. Galluß IV, 414; St. Ulrich, den rattenheiligen Dl, 
272; II, 330. 322. II, r>47; auf St. Wolfgangen leib 
11,578; auf St. Leonhard u. s. w. St. Nicolausbild 
IV, 224; Mariensagen 1,300; II, 48i; verhängnifs- 
Tolle Schüsse I, 431ff. Frevel bestraft 1,433; 11,330; 
IV, 194; III, 45; 314. Wuotisheer 11,201; 111,79; IV, 
219; wilder Jäger IV, 220 u. s. w. Zauberei III, 81 ff. 
IV, 41 1 ; II, 405 (Jörgenscheibe); DI, 273ff. 29. 45. 83. 2iH. 
IV, 408. 409. II, f^O. 197. Gespeusterthiere III, 3; I, 
384 (hase); ü, 219 (füllen); II, 220 (katze) u. s, w. Um- 
gehende Seelen I, 314. 328. 446. 465; II, 47. 215. 208. 
201. 199. 20Ü. 484. 214. 483. 284. 298; lU, 144. 91. 128. 
131; IV, 133. 206. ISO. 18j. Der Entenwick zu Sach- 
senheim ist ausführlich behandelt III, 85 ff. Der kobold 
vom Kechberg IV, 22*^. Von deu zwergeu IV, '.'29; I, I); 
IV, 232 und öfter. Zu IV, 335, wo von „ lausuitziscbeo 



anzviiten, 



57 



Zwergen** die rede ist, die da niedliches bafengesL'hirr be- 
reiten, möchte ich eine stelle als beitrag zur vergleichen- 
den Sagenforschung liier anfügen. Thurneissers im Tiiiirn 
buch „you kalten, warmen, minerischeu und mettalii^cllen 
wassern — durch Salzmann, Strafsbiirg l(il2 fbl." s. '?78 
sagt; „und ist derhalbeii von den Merkischen und Lauls- 
aitziscben Bawren ein sag mär aufkommen, dafs der en- 
den die z wer;Lj:leln, so in den heimlichen Spelunken woh- 
nen solche bereiten und also (die irdinen häfen} dahin 
setzen sollen und wiewot man keinen menschen findet, der 
etwas wahrhaftiges darvon anzeigen oder das solche Pigmaei 
von jhnen lebendig gesehen, för warhafft sagen können, so 
sind doch nit weit von dannen etliche auzeigungen, dafs 
solcher Leutlen gebein da sind gefunden worden, imder 
welchen glaubwirdigest ein ganz cörperJein, welches 
nur 2 Werkach uh 3 Zoll lang gewesen ist — derohalben, 
80 kommen diese häfen her, wn sie wollen u. s. w." — Die 
chronik bietet ferner dem sagenforscher: Wahrzeichen II, 
348ff.; 1,201.190 (drachenschwails); I,i329 (blut unaus- 
löschlich); 330. 100 {alpirabacher horu) II, 46fF. ; III, 131 ff. 
( Wappen zeigen tod anj; I, 434. Hortsagen II, 3!r>3; 
IV, I3ö. Jungbronnen 11,484; historische sagen 1,52 
(Mannen); stammsagen IV, !M7 (wirtembergisch); II, .'{67 
(bairisch); heidnische Stadt I, 20; starke ritter I, 448; 
II, ')(). — Was für aitte, aberglauben, schildhürgfreien hier 
alles beisammen steht, ist endlos. — Uns geht zunächst 
die spräche an. Die Stellung zur nenbochdeulschen 
Schriftsprache , die sich seit Luther auf grund der kaiser- 
liohen nnd churfürstlichen kanzleispracbe besonderen ge- 
deihens und pflegens zu erfreuen hatte, ist die: Die Ver- 
fasser der Ziinmerschen chronik und der letzte ausarbeitet 
(1560) gehörten einer höchst gebildeteu fandlie an, die sei- 
ner zeit reisen machte und in den reichskaniraergericblen 
wirkte, an deutschen und französischen höfen jähre lang 
zubrachte. Das ist ein wichtiger umstand. Darum ist der 
text auch schon vollauf aus der altern haut entschlüpft, 
die noch in jener zeit am Oberrhein die volkpthfimlichen 
Schriften umhüllt; kaum dür[t<:ru die alleu ü, die besonder:« 



S8 



Bii'linger 



in ortsnatnen: (Krüchenwis) nachspukeij, bedeutend in die 
wagschale fallen; während die urbarbücher von dorten 
ü, 1 für nhd. au, ei noch aufweisen. An ein sl, am, sr 
ist kein gedanke mehr. Die praet. der i, ei, ai-verbal- 
classe sind sämmtlicfT in das neue i eingerückt, während 
a. 1520. 1530. 1540 noch ai, schratb, blaib, erschatn, vor- 
konimen. Viele verderbte lautverhältnisse von heute aind 
da noch echt: liegen (mentiri), tricgen u.. s, w. Der stil 
ist einfach, körnig, echt alemannisch oder, wie der grofee 
baufe sagt, schwäbisch, wohl gespickt mit den dem volke 
eigenen bildern und besonders Sprichwörtern. Interessant 
sind die miterscheidungen hochdeutsch, oberlendiscb, 
Alemannier, Schwaben u. s. w. Unsere chronik ge- 
braucht „hochdeutsch" noch durchaus örtlich, bald für 
oberrheinisch, bald für süddeutsch überhaupt. Der kämpf 
der Römer (Marius) mit den Cimbri sehen und Hoch- 
deutschen 1,4.5; 8. 18, I werden die „hohen teut- 
Bchen landt* dem Zabergew, dem Riefs, dem Franken- 
land entgegengesetzt. Vgl. I, 20. 21. 22. 32, 33. 57. 63. 
79. 111. 286.474; 11,161. 312; IJI, 247. 313.318.552; 
IV, 169. 374. Uebergänge von dem örtlichen sinne des 
„hochdeutsch" in die bedeutung von hochdeutsch mit 
Sprache verbunden, wie heute es allein gebräuchlich, müfs- 
ten künstlich gewonnen werden. Einige steilen sind zu 
verführerisch, allein bei richtiger beurtheüung findet aich's 
doch anders. Oberlendiech III, 4. 54; niederlendiach 
(cölnisch) II, 184; 1,260; IV, 292 und öfter. Frankfurt 
ist unserm Chronisten noch oberlendiscb. Wenn er den 
alten antiquirten namen ^Alemannier" gebraucht, geschieht 
es, wenn von alten königen oder frühem Verhältnissen die 
rede in, 1 19. 348 u. s. w., wogegen schwäbisch auch für 
alemannisch gang und gäbe III, 384. 492. 390. 521. 
523. 543. 548. IV, 386.— Die unterabtheilungen von Schwa- 
ben und Alemannien: Riefs IV, 199. Algew III, 224. 
I, 465. III, 91. Niederbaden HI, 126; Bär I, 12. 137; 
I, 18. Bärgew. Sonstige völkerschaftliche Unterschei- 
dungen (sprachlich) sind : Schweizerisch II, 34. Bayeriach 
I, 488. Wälsch I, 547. Friesen, Sachsen III, 6(16. IV, 35 



anzeigen. 



59 



u. 8. w. Gerne fobrt der chronist die fremdartigen rede- 
weisen dieser verschiedenen Völker an, so dais man sich 
unwillkürlich manchmal des böeen Hehnbrecbt erinnert. 
Interessant ist immerhin die ganz unrichtige etymologie 
von Kotweil, Rotenzimmern u. s.w., die bis beut« 
fortspukt und die uns freilich an die versuche des Beatus 
RhenanuB lebhaft i-rinnert, als ob Rotten (häufen votkeB] 
8U gründe läge. Etliche wollen (sagt die chronik I, 10), 
dai's die Stadt Kotweil den narueo ^von dem rothen 
boden oder erdtreich derselben gegend habe.* III, 347i 
„und wiewol ctlich vermainen, der nani Kotweil seie der 
statt erstlichö von der rotten staig und dem roten 
ertericb entsprungen, so ist doch nichts gewiesers, dann 
das der von den zimbrischen rotten sein anfang bekom- 
nien". Interessant also, sagte ich, weil mau das bedürfuis 
sieht au zwei stellen die Ortsnamen desselben Stammes zu deu- 
ten und zweitens weil die richtige etyiuologie als falsche 
beigezogen ist! Desgleichen wundert einen, wie das be- 
stimmende adj. hoch bei „Hoheozollern" unserm Chroni- 
sten auffallt; es erhellt, dal'a Hohenzoller früher iiblieh, 
im Ifi. Itl. Jahrhundert aber Zollern herkömmlicher schien. 
I, 46ä. „Hernach ist das wertlin ander schlösser mer bei 
unser zeiten zugeben wordm, gleicbwol nier ufser hochfart 
und bracht, dann notwendigkeit halben. Aber das schlofs 
Zoller hat difs epitheton „Hohen" vor 150jaren gehjipt**. 
I, 6 begegnet ein etymologischer versuch bezüglich des 
namens Biorix „mag in teutscher sprach könig Weirich 
genannt werden". I,^ 209 wird „Bichtlingen", der ortsname, 
erklärt: „man hats von alter her nur Birthlingen gehaifsen, 
gedenk Bftrklingen von birkenstocken "1 

Wenn ich den ganzen text der zimmerisehen chronik, 
ohne Verfasser und ort zu kennen, sprachlich sicher stellen 
müfste, so könnte er, was seine Schattierungen mundart- 
licher natur anlangt, nur auf alemannische Heimat zurück- 
gewiesen werden. Da nun aber unsere Zeitschrift schon 
so viele merkmale dieses Sprachgebietes gebracht hat, so 
ist es das lohnendste unseren text an den anfsätzen der- 
selben wirklich als alemannischen nachzuweisen. Aufser- 



«0 



Hirlinfror 



dem als aohang mögen eigenheiten ihre stellte finden, die 
in meiner alemannischen spräche betont wurden. Die ge- 
sammte lautlehre bat Biiraek in übersichtlicher weise bei- 
gegeben, desgleichen ein Wörterverzeichnis. Die Schreib- 
weise II für ü KU belassen liegt gar kein grund vor, stört 
sogar den grammatisch ungeübten leser bedeutend. Die 
Schreibung ö für i vor 1, r n. s w. ist im 1(>. jahrh. allen 
rotweiler st-hriften noch eigen: Württemberg mufs die längst 
nicht mehr verstandene weise betite noch nachschleppen. 

Geraäfs dem alemanniachen geaetze der alten kürzen 
und schärfungen gilt für die chronik, was zeitschr. XVIII, 
41 von Pauli, Ulenspiege! bemerkt ward. Vgl. XIX, ) If). 
Barack hat chronik IV, 468 ff. eine grosse helegezahl bei- 
gebracht. Ich merkte mir aus dem texte: haj^ner, ha^en 
n, 82j gehorsammen 36; harfdern IV, 17; hajfenreff 11,35! ; 
wagten II, 576; nammen (stete) II, 18. 79 u. s, w.; bab6i<h 
569; ReHinger (angab, geschlecht Rehlinger) II, 4.'i5; siuir- 
hejfeni,43; essel (stets) II, 23. 290; frejfelSlT; Endre*.-ten 
,53.— wissen (prata) 11, 24. .390. 450. 451 u. 8. w. Schmi/- 
tenthörle45; I^pelswis, O. N. II, 4)^0; widdenl, 41(»; lijferu 
343; — stete personnlich II, 45 ; gewownheit ^08; womiien 
I, 3; verwarl6**et 132; gesto/ien 216; Soniiencrönnen 157. 
1,8; barbearoj/ßen III, 455; hürren 11,555. Diese alte 
quantität dehnte eich selbst volksspracblich auf ä, 6, 6 
aus, wozu viele beispiele in unserer chronik stehen. Vgl. 
alemannische spräche 56, woku Brunswiks järren (annis); 
Porer- Heufsl ins starr (stär) auch zu rechnen; ebenso atriM 
chroD. I, 7. 

Andrerseits treffen wir, wie zeitschr. XIX, 145, deh- 
nung der kur/.en vocale vor ch, r, 1 u. s. w. thnol II, 
44.45; waal 130. I, T.'V; unföul 153; fflfll 1,34; saol I, 10'^; 
anfaol 184. — »«cht = acht zu zeitschr. XIX, 145. ge- 
schier XI, 394. Haben sich einige lange ö erhalten: wss- 
geschriben II, 1; nachpwr neben au II, 1 ; husen fl ; hÜ8 
oesterricb II, 22ti, eo kommen daneben Haugo IT, 31, sogar 
Martin Lauter, Winterthawr I, 43 vor. — Die doppellaute 
au zu ü, o wenn m folgt, alem. spräche 83: rHmm (räu- 
men) I, 128; schwmmet II, Hl; trorapt IV, 139 Die noch 



anzeigen. 61 

J. Paali und dem Ulenspiegel eigenen ou für ö in zeitschr. 
XVIII, 41 sind der chronik ganz fremd; jenes gehört noch 
der älteren alemannischen zeit an. Dagegen kommen iu 
der chronik eu, ew für au, aw vor in gew: Turgejc, Bar- 
geio, Zürchgcec I, 12. 18. 159; Breisge«? 184; Sunketo 409. 
Diese formen sind ebenso berechtigt wie die beutigen zahl- 
reichen Gäu für Gau; sie fufsen auf der alten form mit 
j, i: gavi, neben der. sich schon früher ein gava, gawa 
wie ein hawa, awa fand, so dafs Hau, Au wie heu und 
ew, ey ihre volle berechtigung haben. So sind die ural- 
ten namen Heuberg, Eiach am obern Necar, gebirg und 
kleines wasser zu erklären. Den falschen scheinbar rück- 
uinlautenden formen durchlaucht, durchlauchtig stellt die 
chronik noch durchlewchtig II, 120. 462 und öfter gegen- 
über. Wiederum echt alemannisch ist grewsenlich für nhd. 
grausig II, 34. 208. 24". 263 und oft, das heute noch volk- 
oblich. Ebenso für iu, ie: eu : spewren II, 247; TcMrin- 
gen (Thüringen) I, 45; steifbruder I, 111; knewwet II, 
o28. — Zu den consonanten läfst sich weit weniger be- 
merken; die echt alemannischen merkmale des eingescho- 
benen n in faust zeitschr. XIX, 145 begegnen selten :feuR- 
sten I, 342 u. 8. w.; merser und morse/, cörper und cörpe/ 
sind unvermeidlich. Das alem. spräche 109 betonte gesetz 
des harten k nach 1 weist unser chronist einigemal auf: 
vertilgten I, 240. 478. II, 181. Die vielen dativischen ad- 
verbia hat Barack IV, 485 massenweise zusammenge 
stellt. Die Superlative finden sich gerne mit wunder 
gebildet: wunderholt 11,452; wundergail 111,76; wunder- 
karg III, 564. — gern I, 128. Auch ein volksthümliches 
bluetübel kommt vor II, 344. Zur neuhochdeutschen de- 
clination bietet die chronik manche belege; manches alte 
schleicht sich noch fort: herzer z. b. für herzen. Noch 
echt und gut ist Schwebischen-Hall 11,35 für unser 
heutiges falsche Schwäbisch -Hall. — Ein hauptmerkmal 
des alemannischen ist die partikel ald, alder (old) = oder: 
sie begegnet nur noch 3— 4 mal gleichsam in ihrer letzten 
Zuckung I, 195. 6. 352, 4. 403, 31. Dagegen fällt die di- 
minutive pluralendung -höslach 111,371 auf. Sie ist nur 



63 



Birlinger 



schwäbisch und als-ech, -ich, aber merklieb tonlos, frän- 
kisch und judisch. Vgl. augsb. wtb. 302. Die augsburger 
drucke von Geiler, z. b, der Pilgrim, lassen formen wie 
kneblacA, helzlncA, negelacA, stätlacA, rösslacA mit unter- 
laufen. Es lassen sich oft sogar reforraatioiisschriften von 
wenigen blättern, streitblätter , an solcher form erken- 
nen, die ohne jähr und druckort sind. Wer einen häufen 
belege haben will , schlage die beilagen zu prof. Brunnera 
beitragen zur gescbichte der markgrafschaft Burgau auf: 
29. 30, heft des histor. vereine von Schwaben und Neuburg 
1865 8. 106 ff. lehealach, höflach u. s. w. 

Una noch eines alten apezifisch augsburg. ausdrucke zu 
gedenken^ den die chronik auch als solchen auffQhrt, nenne 
ich Spinn eng techer; in meinem wörterb. 408 erwähnte 
ich dessen, war aber bis auf die Zimmersche chronik nicht 
recht klar darüber. Man verstand darunter die hausknechte, 
die zugleich gefügige auahelfer geiler hausfrauen sein mufs- 
ten: „do hat sie ain kleins kuechtlein, das bei irer niutter 
auch ein spinnenstecherlin gewesen, wie man dise ge- 
sellen zu Augsburg pflegt zu nennen". £1,465. 

Im folgenden will ich an meinen aufsätzen Zeitschrift 
XV, 191 ff. 257ff.; XVI, 421 ff.; XVIU, 41 ff.; XIX, 144ff. 
den alemannischen charakter unseres chroniktextes hinsicht- 
lich des Wortschatzes darzulegen versuchen. Zeitschr. XV, 
193 ff.; XVI, 424; XVIII, 41: Totenbaum. Chronik I, 
349,29: „er hat auch ain totenbaum, darin er nach sei- 
nem absterben gelegt zu werden begcrt, steetigs in seiner 
schlafcammer neben seinem bet steen gebapt". 1,447,22: 
„also in allen) graben de fand man tief im ertricb ain an> 
dem dodtenbaum — do ward vi! vom bäum geret — 
do war der under bäum den sie suchten hinweg oder 
verschwunden**. III, 92 ff. : „in dem aber, als mau den 
vermainten todten in den todenbaum gelegt, hat errich- 
ten und sich zu bewegen angefangen. ~ lasaent ine also 
in dem todten bäum ligen, uf das er morgens bei früer 
tagzeit begraben werde. — do fanden sie den knaben iu 
dem todtenbaum sitzendt und lebendig**. — Daneben eini- 
gemal todten bar I, 308; III, 222; letzteres bedeutete ur- 



> 



6S 



sprßnglich das gerQi*te, die trage, worauf der todtea- 
baum zu liegen kumint. Heute ist der unterschied ver- 
wisclit. Zeitscbr. XV, 197: Tobel, Dobel. Chronik II, 
469,8: ins Dalianloch, ist ain wüster dohel (Guetenstein). 
1,3.58,4: in demselhigen wilden und rauchen tobel blib 
die grefin etlich jar u. s. w. (Ida von Tockenburg.), Zeitscbr. 
XV, 196: klinge. Von einer tirolerlandschaft: „wie er 
nun lang im bürg ambhcr gangen, do ist in einer klin- 
gen oder finsteren tbele ein prdenmendle zu im kom- 
men". Zwei örtlichkeiten bei Eberstein und Müblbeim a. d, 
Donau heilöcn laut unserer chronik im „clingel", was 
schwerlich zu klingt» steht. Zu s. 198: Weithow. Der 
schon genannte Horbei wald IV, 238, 1. Zu 199: keib. 
„darauf (ward) gleich der abzng beschlossen und wer lust 
zum fechten, der meg mer lent holen, damit man den 
keiben stark genug sein könde". III, 380. Die Schram- 
berger wurden \"on den reisigen Rotweilern also genannt. 
Zu 2026". ucht bietet die chronik kaum etwas wichtiges. 
Ein name lichter erscheint 11,537. Uchtland 11,370; 
1,363. Zu 203: verweichen s. chronik 1,447: (ein to- 
tenbaum unter einem andern beim nachgraben) „do war 
der under bäum, den sie suchten allerdings hinweg oder 
verschwunden odfer doch znm venigaten inen dermassen 
verweicht und verendert, das sie ine nit sehen möchten". 
11,362, 35: „N. bat aber in ain küssen geredt und die 
stim also verweicht, das der glaser nit anders vermaint, 
dann der hausknecht geh im von fernem antwort". I, 
454, 13: „also hat er (einer mit bösen münzen) sich aber- 
mal verwelcbt das er nit leuchtl'ichen bat erkennt mu- 
gen werden* (also ^ sich verkleiden). 11,515,33: „er 
konte aber mit der handt die stim verheben und ver wel- 
chen, das der sehloaser vermaint, es het einer uf der an- 
dern aeite geacbrien". Zeitscbr. XV, 206 führte ich reu- 
tinen als alemannisch au; im fränkischen rode, zeitwort 
roden; niederrheiniach -rath in vielen orta-, flur- und 
Personennamen: Benrath u. a. w. Die Z. chronik hat 
dem entsprechend mehrere belege. 11,482,5: „und dieweil 
aber dozumal reuten uud stocken nit im prauch gewe- 



u 



BiHinfT'M' 



sen ** H, s, w. 1V,;U)4, 9; „daidurfh daau die landtsart. 
mer, dann in mentsclien gedcchtnus, ufgethoun und schier 
kein wiakel , auch in dea rewhesten weiden uad höchsten 
gepirgen, un aiisgereu t und unbewonet blibeii". 21: „also 
6eugeu dieselbigen an zu reuten und zu stocken, die al- 
ten felder und wisen widerumb — ufzethuen" u. s. w. Die 
chronik keifst dieses neue ausgestockte gebiet „Hardt oder 
Meuliskreut". Vgl, dazu ehristins-Reutinl, 191,32. — 
Die Ortsnamen mit -reut wie ,, Münchsgrenter Bühel" 
11, 107, 10 fiuden sich auch auf bairischem (Österreichi- 
schem) gebiete. — Dals sich Reutin heute als gemeinde- 
theil der bürger sprachlich festgesetzt, kommt daher: jeder 
neu aufgenommene bekam eine „wöate" strecke zum an- 
bau. Die aache fiel weg, das wort ist geblieben. — Zu 
laiten, laitfafs XV, '208 dürfte wohl schwerlich laidt- 
schiff chron. I, 54, 26 gehören, indem alemannisches lei- 
ten, anleiten, anleite, aieh Schmid s. v., hereinspielt. Zu 
2ei»schr. XV, 209 gehört Serbien chrou. II, 458, 26: 
„denn er wardt krank und serblet, das er in kürze her- 
nafh starb". — Spezifiech alemannisch kann es kaum ge- 
nannt werden. Hurst zeitschr, XV, 2 10 ff. erscheint chroD. 
IV, 8, 26; „hab er (Herzog Ulrich) den (Hütten) zu ross 
angesprengt und ellich mul umb ain hurst hinura gpjagt". 
Zu zeitschr. XV, 257: „wie der hirt vilmals fürgeben bette, 
wellte r-r den hosten ochsen in seiner rindermänoi daran 
zu bawstewr geben". — Zu krieaen := kirschen XV, 257 
gibt die chronik mehrpre belege ab. IV, 304., 32: im Krie- 
senloch, flurname zwischen Möfskirch und Siginaringen. 
I, .H03, 34flP. „bald darnach haben sie ain grofsen kries- 
haiim uf der alniut voller krieseu gehapt'' u. s, w. — 
Kriesenstein II, 411ff. Zn Zt. 259. Die Zimmerische 
ehr. in, 189 schreibt Aichorn; hat also längst die rich- 
tige ableitung nicht mehr gekannt; das Wäldchen bei Cnn- 
ßtanz Aiehborn 11, 283, 13 u. s.w., was mit cornii zu- 
aaramenhängt. — Rotten = besuche, z. b. abendliche, zeit- 
schr. XV, 259, ist wol nur weitergebildete bedeutung von 
den rotten chron. I, 9. 10 ^ häufen, abtheilung. — Zu 
Uuterzug XV, 261 aieh chron. IV, 265,22: »do wardt 



MIMIg«ll. 

nacb langem rathschachlageu bescblossca, das dem vcr* 
derpten und kurzen gebelk mit durch- uud und erzögen 
solt geboU'ea werden**. — Zu XV, 2(j2 (obetij wäh hat 
unsere chronik selbstverstäadlitih belege; wehe und hoche 
leute III, 28, b u. s. w. Zu meser XV, 261 hat die ehr. 
II, 2IÖ einen beleg: „do het sein herz ain gestalt, wie ain 
weseme rueben". Zu Haiingarten XV, 262 sieh ehr. 
II, 3;') 0, 4: „ein haini garten — also würt der lindengart 
dorin das bofgericht jedosmaU angefangen uud geendet 
wart, genant". — Zeitschr. XV, 264: holdschaft; 

das ich im ^ur selben stundt 

vor hol tschaft kain wort uit redeu kundt I, 5, 35ff. 
Zu XV, 264: Letze sieh chron. I, 420, 7: „die pess gegen 
dem Hegawjuud Madach mit letzineu, gesehlegen und an- 
dern» verwart". So uoch oft in der chronik. — Zu zeitschr. 
XV, 265: „hinüber geen Sauldorf in die speck, von der 
Rinderspeck die Ablach u'f in Egliua mili" u.s. w. Chr. 
11,140, 26. I, 422, 27. Zu XV, 266: rösch vergL chron. 
1,269,6: „dann demnach seine vorfarn gemainlich rösch 
und utifridlich und die mertails ire Sachen uf die faust 
setzten*' u. s. w. II, 288, 19: „mit forder röschen uud 
gengen pferden". Zu abkoren s. 266 sieh chron. Il,5tll3,6: 
„den beclagt ain junge dochter am corgerieht zu Basel, 
als het er ir die ce verhaisen" u, s. w. Zeitschr. XV, 267: 
zu Faulbiiche vergl. chron. 11,135,9: im Fnulbron- 
nen, eine örtliclikeit. — Zeitschr. 268: ferken. Chron. 
1,81: „darauf, so f'urderlich er möchte ferket er sie an- 
sehenlich ab mit harnasch, pferden und anderm" u. s. w. 
S. 302, tu: „feilten sie den sack mtt körn und fergketen 
den vogt widerumb ab". Zeitschr. 269: hotzeln Chron. 
I,439ff. : „sie ist dem edeluian in der schofs Aber sich 
gesprungen uud gehotzet, sprechend: ei er kfitzelt mich". 
Genau entspricht ihm 511, l: „sie hat dises schwanke 
mehrmals in der kirehen gelacht, das sie geschottlet **. 
Zu zeitsclir. XV, 266: almarei. Chr. II, 429, 13: „der ab- 
lafsbrief ligt oben in der Almareien, da die Schlüssel an 
dem ledlin sein". Zu zeitschr. XVI, 48ff. Unsere chronik 
gebraucht z. b. III, .iöS aglaster für elster: es betten die 
ZaiUchr. T. vgl. aprachf. XX. 1. ^ 



d6 



BirliiiBPT 



agiaater in am kemmet genist. (22). Zu zeitscbr, XVT, 
427; blangen. Chr. II, 7,29: 

Ich sich wol, das dich b lauget 
nach wein, der dir für die äugen hanget. 
Zu zeitschr. XIX, 14ii: vergleiche neben bachis, brätis: liefs 
das bachas steen IV, 2^1, 35. Ebenda zeitschr. 146: fet- 
chen. Chr. II, 526, 1 9 ff . „80 im dan N. ein ganz heniien 
förgelegt, hat er gemetnlich frawen Appolonien ein letgen 
darvon wellen fürlegen und mertails den fetgeti »oder 
disch fallen lassen". Zn zeitschr. XVIII, 43: auser. Die 
chronik 11,54.5,5 u. s. w. kennt „onser; der hat ain fle- 
schen mit wein und ain gueten bratuen esch in uinem 
onser mitgepracbt" und so öfter. S. 534, 13 steht waid- 
onser. Zu uns. zeitschr. s. 48 gehört das gevetterig 
^ patheii, in der chronik. III, 538, 9: gevettrig sein gPr. 
wesen abt Gebhart u. s. w. I, !48; II, 486. 452. 543. 549; 
IV, 17. — Eflht alemannisch ist die binne, benue ein mit 
bretterii eingeschalter dünger-, sand wagen, zwei- oder vier- 
rädrig. Chron. 1,459, 23: „als es aber sommers zeit und 
ganz haifs weiter, ward er mit grünem latib in der ben- 
nen bedeckt." III, 79, 2: „do ist irem furman, der sie in 
einer bennen geftlert, was not bescheben u.a. w." 

Zu isschmarren zt. XVIII, 45 bringt chron. I, 257 
Eisschemel. — Ein echt aleaiannisches wort gluffen = 
Stecknadeln gebraucht die chronik auch I, 32b, 1: mit den 
junkfrawen und megten zu spilen umb gluf'fen. S.3 ?4, II: 
„der heftet — die alb und das lang badbenibt mit ainer 
gluffen an ainandern". Ferner begegnet baschgen, wie 
in alemannischen Schriften oft, auch hier. III, 412, 35ff. : 
„es machten aber die weiber den argwou, die etwas laut 
waren und nit mochten gebaschget werden*. IV, 77, 23; 
„damit (simulierter plötzlicher krankheit) werde sie den man 
baschgen* d. h. dämmen, niederhalten, bezwingen. Heute 
noch üblich. Im Argen- und untern Schiiasenthal von den 
hirten gebraucht, die des viehes nicht mehr meister wer- 
den. Auch in den Westschwarzwiildthälern, im Rencbthal, 
ferner im stände SchaflPhausen, im Wisenthai (Hebel) lebt 
es noch beim volke Ein altes Tellenspiel (die sage von 



taBnigM. 



67 



der befreiuiig der vier waldstädte von W. Vischer, Leipzig 
I8t>7 s. 17Üfi'.) hat: 

Heiulz Vögely lieber Kneclit uieiu 
Ich hah bodadit ein guten Sinn 
Ob ich möcht meine Bawren paschgen 
Und bringeil ilir Gelt iu mein Kasten. 
Vgl. Grimm wtb. 1, 1152, wo der Hleinanni^cbe charakter 
auch dargethan ist. Wiederum alemannischer heimat gehört 
hauren „niederkauern" an; chron. IU, TiOO, 2: under den 
wcibern aber, die auch ini schiff, were eine uf dem boden 
gehanret. Um den Feldberg, im Breisgau, heute nie- 
derfaüra Im Haueusteinscheii (Hotzenwald) allgemein 
bekannt. Ueber die vermeintliche alte quantität des wer- 
tes sieh :dem. spräche 8. 78. — Grimm im wtb. IV, 2o3 
führt aus alemannischen qnellen ein fries, ein zeitwort 
friesen ^ feldgraben ziehen an; Schmid schwäb. wllt. 205 
ebeDso. Eraterer weifs mit der erklärung keinen besclieid; 
trennt aber sorgfältig das wort von dem in der baufarh- 
sprache. In der Baar, bei Tuttlingen, Spaichingen kennt 
jeder bauer fries für strafsengrabendohie. Die Zimmer- 
8che chrouik III, ßOfi gibt uns den anhaltspuukt bei erklä- 
rung. Die ersten arbeiter und künstler in diesem fache 
bei uns waren Friesen, jedenfalls Niederländer. »Ein 
Friesen, so die weir macht" 606.11. Mag sein, dafa 
jeder dieses geschäftes, sogar einheimische den naoieu be- 
kamen. — Chron. IV, 111. 8. 9: behameln: „von denen 
(baueru) wardt sie zuletzt in der frucbt — widerbehamlet" 
(eine durchgegangene). Vergl. meinen Felix Faber, pilger- 
büchlein 738: die lyt send sy behamlen, mit frevel gri- 
fents dran. Angab wtb. 218 a. — Das alemannische römi- 
sche torkel, dorkel III, 539, 16ff. wechselt mit trott, 
trottbaiim in andern alemanniBchen Schriften: „er hett 
ain dorkel im haus und die gerechtigkeit darzu erkauft; 
denselben dorkel liefs er verkaufen" u. s. w, — Das den 
Schweizern bekannte deichen, sc^hleichen, davon schlei- 
chen (Grimm wtb. III, 906) hat auch die Zimm. ehr. III, 
204,2: der muelst dann die mucken verborgt-tdich uJsIassn 
und wider darvon deichen. 11,401,5: „und muesten 

5' 



Birlinsef 



diesplb nacht ntie liechter heim deichen". — In unserin 
reuhtsrheinisch aleaiann. gebiete hört man gäpen, gopen 
= spielen von kindern, gleichsam wie junge liunde und 
katxeo (harren). Sfhmid 236 bringt es als schwarzwal- 
disch, also i\bereiagtiramend mit unsere grenzen. Die olrro- 
nik III, 279 ff.: iedoch dingen sie darbei ufs drei stuck, 
nemlich kinderspill, als wann die halbgewachsne kindcr 
mit ainandern sich paren und gaupen ii. s.w. — Hel- 
ling, kater, schrlte für einen geilen mönoh 13,4, '■■'>2. 174. 
ranilen 111,539. wur für wöhr, alemfinnisch geRprocheii 
wurr 11,521. windsgewehten III, 4a9; schwäh. gai- 
windeu (von gäh, jäh), los = nmtterschwein II, 148; 
mor kommt in der chronik nicht vor. mörlegrsu 11,269 
zu nierula: „'s Mörle findt's Beerle" ; zu zeitschr. XV, 26(i 
(oben). Noch heute ist iu der Balinger alemann, gegend 
urabaOat = zorn, aufregnng gegen jemand volkft blich, 
wie es schon Schmid 520 verzeichnet. Cbron. II, 2^1, 22: 
das die truchsefsen von etlichen jaren her ain iiesoudern 
Unwillen und urenbunst wider die graffen von Werden- 
berg u. 8. w, II, 211, 29: — hab er — manicbinal nCser 
haimlichem neidt und urenbunat one alle not verdarbt 
und verwüstet. — Echt alemanaisch ist sc hup flehen für 
falllehen cbron. 111,53: „nachdem aber ir voriger mann et- 
lich äcker und wisen von der herschaft zu sobupflehen 
gebapt, 60 fielen dieselbigen ledigclichen an die herr- 
scbaft". In den urbarien und Urkunden vom nördlich-öst- 
lichen Bodenseenfer heute not-h dem nainen naoh volküb- 
lich. — Echt aleiiiaDnisch sind die formen ker für kellor 
11,9; 1,345. jauchart IV, 1^)8 u. a. w. molle ^ aala- 
maader II, 781 ist heute noch üblich. 

Äuc:h für die liturgische deutsche spräche gibt unsere 
chronik manchen beleg. Die mit dem petret'aktischen fron- 
zusam mengesetzten Wörter sind bekannt: fronaltar, haupt- 
altar der kirche mit dem sanctissimum II, 251). 4t5; IV, 
252. fronfasten I, 3(17. „an unsere Herrgotz abendt" 
111,214, iO ist der tag vor dem fronleichnamsfest. Non- 
zeit 11,224,6: die zweite hälfte des vormittags. Weich- 
lege, weihelege — fridbof 1,309,29. 328, 35; II, 105,10; 



I 
i 

i 

I 



Hnzeij;«D. 



69 



III, 118, 36. — Der naine für hilfsgeistliche: Helfer, den 
Altwirtemberg noch hat, kommt öftere vor II, 32:^. iJ46. 490; 
m, 255. 319; IV, 298. Die namen Custor, Sigriet IV, 
217, Chorales lll, 4C3 begegnen desgleichen. Sigrist ht 
nur alemauniseb. Kelchbueb, schelte 11,340. i{46. Spren- 
geltauf IV, 103. Beichtpfeoiiig I, 257. Hailgengeld 
II, 480. 

Alles dieses ist ein zeHgois von dem grofsen reicfa- 
thum des uaafaDgreicbea Werkes, das nur deutscher fleifs 
«od deutsche ausdauer zu wege bringen konntet]. Dank 
dem heraiisgeber und iiofh besonders A. v. Keller, der 
I selbst wirksam band anlegte. 

^H BouQ, nov. 1870. Birlinser. 

k - 

^^^ Zu Benfttj: Uebur die entatebnng und vorwendun^ der im Saoakrit mit 

^^B r ADlaDCeDdeu personrUcDdangen. Göttiug»n 1870. 

In dieser an scharfsinnigen beobacbtiiugt-n reichen ab- 
handlnug sucht der verf auf s. 42 ff- oachzu weisen, dais 
die von ihm zu erklärenden personatendungen rant£, ranta 
nichts anderes seien, als dritte personen pluralis des präseus 
und imperfecta medii ?ou wz, ar. Diese verbalformen seien 
angetreten, wie diejenigen von i zur bildung des passivs, 
von as zu der des aoriata u. s. w Dabei wird die erklä- 
rung dieser formen im sanskrit-worterbuch vermil'st. 

Kann ich nun gleich ein argumentum ex silentio wie 
B. 43 nicht ftir alle fälle gelten lassen, weil dadurch einem 
Wörterbuch — zumal einem solchen, welches nothgedrun- 
gen den exegeten vorangeht — ku viel zngemutbet wird» 
wenn man von demselben lösung eigentlich grammatischer 
fragen und erklärung aller stellen und aller Schwierigkeiten 
erwartet, so mufs ich doch bekennen, dafs im vorliegen- 
den fall ein wirklicher maugel aufgedeckt ist. Vermutblicb 
wurde bei bearbeitung der wz. ar die form ranta, weil sie 
keine geeignete auknüpftmg fand, zu wz. ram verwiesen, und 
bei wz. ram erschienen wieilerum, nach öaniniluna aller da- 



10 



Roth 



ten, die beweise nicht zureichend. So mag es geschehen 
Bein, dafa ranta weder «nter der eiüen, noch unter der an- 
deren Wurzel unterkommen fand. 

Ich versuche uan nach neuer prOftm» die lüoke zu 
füllen und dem heimathlosen ranta zu einer stelle zu ver- 
helfen: indem ich es nicht mit Beiifey zu wz. ar, eonderu 
mit den commentatoren zu wz. ram , genauer zu wz. ran 
stelle. Die' drei strlten, um deren erklärung es sich dabei 
handelt, glaube ich übersetzen zu dürfen wie folgt: 

Rv. I, 61, II: asje "d u tveäaeä ranta sindhava; pari 
jäd vagrena slin äjalchat | — — - turvitaje 

gädhä ^- ka: jj Durch seine gewalt standen die flösse 
still, als er mit dem donnerkeil sie aufhielt (oder: traf) — 
filr Turviti machte er eine furth*). 

Das mehrmals erwähnte wunder, dals Indra den Turviti 
trocknen fufseß durch den ström führt, ist so gedacht, dafa 
der geworfene blitz das wasser staut. Diese auffassung von 
ranta wird, wie mir scheint, gegen jeden zweifei gesichert 
durch vergleiehuug der beiden paralleletellen: äramaja: sä- 
rapasas tärüja kä' turvr'tajü ka vajjaja ka srutim II, 1.'% 12. 
tväni mahfm aväni vi^vädhenä turvitaje vajjaja käüiantim | 
äramajö namasai 'gad ärna: IV, 19, tJ. 

Rv. VII, 39, 3; gmajä ätra vasavö ranta dev;i urav au- 
tärikäe margajanta ^uhhra: | arvak patbä urugraja; krtui- 
dbvä prulä dütusja gaginusö nö asjä H Auf ihren bahnen 
stehen dort die guten götter still, im weiten luftraum putzen 
sich die schönen: setzt eure wcge fort, weitfahrende, hört 
auf unseren boten, der zu euch kommt!*') 

Die Marut scheiueQ sich zu bedenken, oh sie zu den 
anrufenden herabkommen wollen, und werden aufgefordert 
der durch Atrni überbrachten einladunet zu fnltren. 

Rv. VII, rSB, 3: a vfttasja dhragato ranta itjfi aplpajanta 
dhenävö na Bt'idä; | mahd divä: s4dan6 g.4jam{in6 'kikradad 



*) Benfe}': Darob deeaen krafl allein setzten »ich die strdme in beire- 

rwg- 

*•) B«nfe7: Die bahn durchwmdelnd setzten .«ich in bswegunR (mach- 
len sich bieher auf") die guten gött(>r, e» gleiten Uiii die strahlenden im 
«aiten ftther. 



anzeigen. 



71 



vrsabhä: sasiiiinn odhan i Still stehen des Btrejohenden 
windes züge, es strotzen wie niilclikühe die brunnquelleo 
(d. i. «wölken); am grol'sen himinelshaiis ins leben tretend 
Itrüllt, tiocli im schoufs, der stier*). 

Das iet eine Schilderung der knrzen stillß vor dem 
losbrechenden gewitter: die winde, welche daa gewölk her- 
trieben, legen sich, die wölken sind zum bersten voll und 
df'r doüiier (Pargauja) grollt, gleichsam verborgen noch, vor 
dem ausbruch der blitzschläge. 

Wenn gleich in der letzten stelle Benfey's aiiffassnng 
nicht gegen die Wirklichkeit verstiefee, so wird man doch 
die vorgeschlagene erklärung — abgesehen davon, dal's sie 
durch den gebrauch des ranta in den beiden anderen etellen 
gefordert ist — treffender nennen mössen. Es iet leicht 
möglich, dafs auch \wr ranta präteritum iat, die Umschrei- 
bung des Padapätha aber durch rante nur die erklärung 
des biatiiB im sinn der späteren sandhiregel gibt. 

Wie ist nun die auffallende form ranta statt ramanta, wie 
die commentatoren umschreiben, zu erklären? Benfey zwei- 
felt, ob eine sjnkope dieser art in den veden sich nach- 
weisen lasse. Mir sind nur zwei ähnliche formen gegen- 
wärtig, obwohl vielleicht noch die eine oder andere sich 
finden mag, nämlich vanta 3. pl. von van Rv. I, 139, JO und 
liäkantu 3. plur. von kan I, 122, 14. Beide btidungen stim- 
men zu der unsrigen vollkommen, wenn wir statt wz. ram 
die nebeuform ran {s. WB. u. d. W. I. ran) darin suchen, 
welcher ebensogut als der anderen die bedeutung stille 
6t eben beigelegt werden kann. W^ie vanta für van anta 
80 stände ranta für ran-anta. Diese Vereinfachung oder ver- 
stOmmelung durch ausstofs einer der beide unmittelbar auf- 
einander folgenden silhen an ist eine etwas gewaltsame 
anfhebung unschönen gleichklangs — also unter das gesetz 
der sogenannten dissiriiilalioii fallend — oder praktisch be- 
trachtet eine nachlässige, fehlerhafte bildung, welche sich 
dadurch erklärt, dafs das obr in anta gleichzeitig das an 
des Stammes und das an der endung zu hören glaubte. 



*) Benfey: lieran kommeD des eilenden winde» gäng«. 



n 



Kuhn 



Benfey's hypntbese, weiche in ihrem ganzeD umfang 
zu beurtheilen nicht meine aufgäbe ist, wäre, wenn sie sich 
bestätigte, ein wesentlicher gewinn für die erklärunu der 
flexion. Gerade der scheinbarste theil der argiimentatiou, 
durch welche dieselbe gestützt wird, dürfte freilich durch 
den eben gegebenen nachweis hingefallen seiu. 

Tobingen, Oktober 1870. K. Roth. 



^^,. 



y' Di« Rublaer Mundurt dargMtelit von Kar] Riegel, 
und 814 8S. gr. 8. 



Weimar 1H68. VTII 



Zur kenntniTs der dcutscben dialekte haben die letzten 
drei jähre manchen werthvollen beitrag geliefert. Wir 
nennen anf oberdeutschem gebiete die neue ausgahr» des 
Schmeller''schen Wörterbuchs (Bayerisches Wfirterbiich von 
J. Andreas Schmeller. Zweite, mit des Verfassers Zu- 
sätzen vermehrte Ausgabe bearbeitet von G. Karl From- 
mann München iBBDff., bis jetzt 4 lieferungen), Anton 
Birlinger's Alemannische Sprache rechts des Rheins seit 
dem Xin. Jahrhundert. Erster Teil. Berlin lHli8, ferner 
da« bereits Zeitschr. XIX, 144 ß'. be»?prochene „Brot" imd 
die trefflichen monographien über zwei kleinere gebiete von 
K. J. Schröer (ein Ausflug nach Gottschee. Wien 1>^HH, 
ans den Sitzungsber. der Wiener Akademie) und I. V. Zin- 
gerle ( Lusernisches Wörterbuch. Innsbruck lSti9); dem 
thatsäehlichen materiale nach dankenswerth , aber vollor 
unnützer und nicht immer gründlicher gelehraamkeit ist Va- 
lentin Bühl er 's Davos in seinem Walserdialekt. Hei- 
delberg 1870 (bis jetzt 2 bändchon). Auf plattdeutschem 
gebiete sind y.u nennen ein brauchbarer nacbtrag zu dem 
altbekannten Bremischen wortprliuch, gröfsteiitheils ans dem 
handexemplar des längst verstorbenen herausgebers E, Ti- 
ling selbst (Versuch eines bremisch-niedersäcbischen Wör- 
terbuchs. Zweiter Nachtrag, enthaltend ZnsStj-e und Ver- 
besserungen. Bremen 1869. A. u. d. t. Versuch n. s. w. 
Herausgegebon von der bremischen deutschen Geseilschaft. 



■nseigeoi» 



78 



VI. Theil) imd die sorgfältige Grammatik des meklenbur- 
gischen Dialektes älterer und neuerer Zeit. Laut- und 
Flexionslehre. Gekrönte Preissrhrif't von Karl N erger. 
Leipzig 1869. Vor allem aber wollen wir fttr die leser 
dieser Zeitschrift — wenn auih verspätet — des in der 
Überschrift genannten werke» besonders erwähnung tliiin, 
da es in eingehender darstellung eines räumlich be- 
schränkten , aber durch hervorragende eigeathümlich- 
keiten ausgezeichneten dialektes aUeo arbeiten der art 
als muster dienen kann, 

Den allgemeinen charakter des Ruhlaer dialektes be- 
zeichnet der berr verf. auf a. 1 als den einer thüringisch- 
hennebergischen ubergangsmnndart. Er gibt zunächbt auf 
8. 2 — 78 eine grötidliche darstcllnng des lautsystemSj wo- 
bei besonders der eigenthiimlicb entwickelte vokidisroiis in 
den Vordergrund tritt. Interessant sind namentlich die viel- 
fachen analogien mit dem englischen, die mit bezug auf das 
hennebergische schon Reiiiwatd Idiot. I, VIIl f. II, 13 f. her- 
vorgehoben hatte. Der herr verf- behandelt diese analogien 
im lautsystena wie anderwärts mit besonderer Vorliebe: s. 
löff. : „Steigerung der kürzen i und n, und zwar wie es 
scheint lediglich iu abhängigkeit von einem nachfolgenden 
in positton stehenden m oder n zu äi und äu", s. 67: ent- 
wickelung von w aus g, s. 7.'): ^Übergang des nd um! ii t 
vor weggefallenen oder erhaltenen endsilben in ng"; s. '^'2: 
haseärt bafs, neid, groll = engl, hatred, allerdings wohl 
hinsichtlich <ler betonung mit „unklarer anlehnung" an frz. 
hazard (vgl. 149); vgl. noch s. ,'?.■). 64. 66. 162. 201. 25'x 
287. 3J2. Diese erscheinungen bilden nach s. 15 „eine 
stQtze fi)r die ansieht von einem uralten zusammenhange 
des thüringischen und des anglischen Stammes", für wel- 
chen bekanntlich das älteste zetignifs in der „lex Anglio- 
rum etWerinorunijhoc est, Tb uringor um" vorliegt. 
Zu den formen schrek, schrlk schrie, säik sei u. s. w. 
8. 70 vergleiche man siebenb. hockt, hockt, brockt = 
heute, haut, braut; krockt = kraut (Schuller Beiträge zu 
e. Wörterb. u. s. w. s. VI] u. 14, vgl. d. Zeitschr. XVII, 
152). Der laiitlehre folgen Wortbildung und wortbiegung, 



7t 



.Kuhn 



» 



aus welchen absditiitten wir die in eigentliümlicber weise 
entwickelte aeheidiuig des dat. vom acc. nom. sg. s. 87 ff-? 
sowie den dreifacben inflnitiv s. 100 ff. hervorheben. AI» 
vierter abschnitt folgt eine darstellung des eigeuthümlichen 
wortvorratbs, zunächst als eiiileituag eine lichtvolle etudie 
über den volksthttmliohen nusdruck des dialekts überhaupt, 
dinge, die man sieh sonst in den idiotikeu meistens müh- 
sam zusammensuchen mul's, uttd deren getrennte bebandlung 
ein äurserat glöckUcher gedanke ist. Von besonderer be- 
deutung ist die betrachtung der forinelbafteii ausdrütke 
8. 12Ö ff., bei welrher die fluche und Verwünschun- 
gen, dann die sprachlich noch lebendigen reste des alten 
volksglftubeng den scbluis bilden; hier kömmt ref. freilich 
die zurilekführung der ruhlaischen wälfir auf den gott 
Vali sehr bedenklich vor, wenn er auch ihren character 
als den einer ursprünglich heidnischen feier keineswegs 
in abrede stellen will. 

Es folgt von 8. 146—296 in alphabetischer anordnnng 
der lexicalische Wortschatz mit sorgfältiger vergleichung der 
anderen dialecte, voran die fremden elemente, von denen 
wir die slavischen den slavisten zu eingehender prüfuug 
empfehlen möchten, zumal der herr verf. auch den urtsnameo 
Kubla, die Ruhl selbst s. 157 treffend aus böhm. role 
u. 8. w., altsl. ralija riQoviHc, arvum zu erklären sucht, kla- 
massen uunöthige worte u. s. w. s. l5o erinnert doch stark 
an kal matsch in unverständlicher niundart reden u. s. w. 
B. 211, womit das in Berlin seit einigen jähren eingeltür- 
gerte klumpatsch unsinu, dummes zeug (z. b. mach doch 
kenen klumpatsch nich!) zusammenzuhängen scheint. Zu 
dann'nkü pL tannenzapfen, Schweiz, tannku h (sowie zu 
ähnlichen s. 142 f. behandelten benennungen) vergl. man jetzt 
Gradl in dieser Zeitschr. XIX, 58 f. Dafs -f laden als ex- 
crementum bouiu zu sL blato stercns gehöre, will ref. durch- 
aus nicht einleuchten, es scheint einfach eine echerzbafte 
benennung zu sein; am allerwenigsten kann kubläder 
eine bestätigung ffir jene annähme sein, dies gehört einfach 
zu dem auch^vom klatschenden niederfallen flössiger massen 
gebrauchten pladdern. Unter dem worte qua tscheu 





scheint dem hrn. verf. entgangen zu sein, dal's man das schrift- 
deutsche zwetschge mit einiger waLrecheinlichkeit aus 
sebastjca, sebasta abgeleitet hat (s. Schleicher Beitr. z. 
vgl. spr. V, 375). Zu redder sieb vgl. Zcitschr.XIV, 216 f. 
Bei zeder, hd. zeter wäre die ahbandluug Petersen'» über 
Zioter oder Tiodute (vgl. jetzt Hugo Meyer abhandl. über 
Roland s. 21) zu erwähnen gewesen, wo die zweifellos rich- 
tige berleitung aus ziotar, bäum des Ziu, gegeben ist. 

Dem Wortverzeichnisse folst ein kurz zusammenfassen- 
des sohlufswort und ein kleiner anhang von dialektproben, 
welche das eigenthümliche der mundart deutlich vergegen- 
wärtigen. 

Zum schlufs dieser anzeige wollen wir noch erwähnen, 
ilaJi? dr. H. Dun ■'er in Dresden mit einer Wissenschaft- 
liehen darstelliing des dialekte und der Volkslieder des Vogt- 
lands beschäftigt ist, aus der er in einem vortrage: üeber 
Dialekt und Volkslied des VogtlaudK. Plauen i. V. 1870 
einige interessante proben mittheilt. 

E. Kuhn. 



Pin^apitfyajna. d«a manenopfer mit kW»tn bei Jen Indem. Al)h«n'l- 
Inng ans dem V«discheti ritual von Dr. O. Donner. Berlin 187n. 
S. CalvHry u. Co. 36 aa. gr. 8. 

Der Verfasser hat sich durch diese kleine Schrift vol- 
len atispruch erwoiben auf die dankbarkeit aller freunde 
<le8 indogermanischen altcrtliums, dnui die genauere kcunt- 
nifs des vedischen grlija-rifunts ist in dor ihat die erste Vor- 
bedingung zu einer wissenschaftlichen bearbeitung dersämmt- 
lichen indogermanischen gebrauche. Ro hat denn auch der 
verf selbst schon mehrfach auf parallele gebrauche der ver- 
wandten Völker aufmerksam gemacht; wir verweisen bei.«pi<Is- 
weise noch auf Wucbsmutb das alte Griechenland im neuen 
s. 122 und auf das reiche raateriul bei Korhbolz dpiitschrr 
glaube und brauch I, 229 — 33ö. Mit dem schwarzen opfer- 
feil 8. 16 ff. vergleicht sich die kuhhuiit des schwäbischen 
allerseelcngebrauchs bei Menzel vorchriitl. imsterblichkeifg- 



76 



Kuhn 



lehreil, 321; inau sieht hier recht deutlich, wie eich die 
kirohe dem alten heideuthum anbequemte. Einige kleine 
irrtliQmer der DounerWhoQ schrift dürfen wir hier 
übergehen, können aber nicht verschweigen, dafs eine ge- 
nauere correctur zu wünschen geweeen wäre. 

E. Kuhn. 




Dae Fremdwort in seiner kultarbistoriscben £nt£tel:ung und Bedeotnog. 
Vortrag im MnseujiiB-iSaale de% Naaeaui^chen Alterthnnis-VereiDe zu 
Wiesbaden am 7. Januar 1870 gehaHen von August Boltz. Berlin 
1870. Verlag von Rudolph Gaertner. 34 88. B. 

Art und weise des verf. sind aus seinen früheren ar- 
beiten bereits bekannt (vgl. d, Zeitscbr. XVII, 449 ff). Wie 
ihm damals „die tiefere durchdriiigung und allseitige beherr- 
schting des Stoffes" abging, so auch noch heute: es fehlt durch- 
aus nicht an belesenbeit, aber auch nicht an irrthümerri be- 
denklifhster art, von denen wir nur die gleicbsetzung des 
knl. zelezo mit skr. piläga s. 13 und die herleitung un- 
seres silhcr aus skr. pubhra s. 14 erwähnen wollen. Trotz- 
dem läfst sich nicht läugnen, dafs der verf. seinen interes- 
santen Stoff im ganzen nicht ungeschickt dargestellt und 
gewils manchem seiner zuhörer den wünsch nach gründ- 
licherer belehrung über diesen gegenständ erwe<'kt hat, 
welcher allerdings durch die s. 24 und sonst angeführten 
werke nur zum theil befriedigt werden di'irfte. 

E. Kuhn. 



Kleine echrirten von Jacob Urimm. Vierter band. Auch unter dem 
tilel: Beceiiiiionen und vermischte anfsHUe von Jacob Grimra. Er- 
«ter theil. Berlin, Ferd. Dumnilerg verlagabuchJlandluiig (Harrwil* 
und GoumaDD). 1869. X. 467 as. 8. 

Die überfülle der in Zeitschriften und sonst zerstreu- 
ten aufsät/e, recensionen und abhaudlimgen Jacob Grimms 
hat nach dem vorwort dem herausgcber (K. Mollenh'iff) 



in**i|^ii. 



die aiiswahl einigermafseu erscLwert und dadurch das er- 
scheinen dieses bandrs {dpin noch ein zweiter folgen »o\\) 
etwas verzögert. Den liei der aiiswahl belolgten grundsatz, 
dieselbe vor allem auf solche stücke 7ai richten, „die für 
jeden fachgeuossen noch jetzt lehrreirh, erfreulich und brauch- 
bar, aber nicht jedem gleich zugänglich und erreichbar siitd'', 
kann man nur billigen, ebenso dafs unter die nicht leicht 
zugänglichen quelt(.*n die fachzeit8(;hriften nicht gerechnet 
sind. Dafs auch die vorreden, die Jacob Grimm zu df^n 
werken anderer gelehrten geschrieben, von der aufnähme 
ausgeschlossen wurden, ist gleichfalls nur zu billigen, ob- 
gleich vielleicht hier doch einigp ausnahmen erwünscht ge- 
wesen wären, wenn z. b, die vorrede zu Wuk Stepbano- 
witschs serbischen märchen (Berlin 10. juIi 1^53) aufge- 
nommen wäre, die einen passenden abscblufs zu den übri- 
gen hier aufgenommenen anxeigen über die werke dessel- 
ben Verfassers gebildet hätte 

Die so veranstaltete auswahl umfafst <i2 stflcke vom 
j. 1807 — 1826 reichend und zeigt in ihrer mannigfaltigkeit 
den ganzen umfang von Jacob Grimms thätigkeit auf dem 
gebiete nicht allein der germauistischen philologie sondern 
auch auf dem der spräche und poesie der meisten euro- 
päischen Völker. Ueberall tritt er uns mit seiner gründ- 
lichen gelehrsamkeit in stets anregender weise entgegen, 
die dem blick meist auch aussiebten über das von ihm zu- 
nächst behandelte gebiet hinaus eröffnet. Wir finden in 
diesen arbeiten vielfällig die keime, die in seinen späteren 
werken zur vollen und herrlichen entwickelung gekommen 
sind, aber wir finden in ihnen auch zuweilen das 
streben weit auseinander liegendes zn comhiniren, das ihn 
auch im späten alter nicht verh'efs, und nur durch gröfsere 
Sicherheit der methode und richtigere erkenntniJ's in engere 
schranken zurückgeführt wurde. Die aus dem jähre 1^13 
herrührenden „gedanken Ober mythos, epos und geschichte" 
(hier s. 74 ff. ) geben uns eine probe dieser weitgehenden 
cnmhinationen, und lassen dabei noch so sehr die später 
bei Jacob Grimm eo bewundernswerthe Sicherheit der ety- 
mologischeu deutung der nameu vermilsen , dass man faijt 



78 



Kuhn, Hnzcigan. 



versuL-lit sein uiöehte als ihren Verfasser pinen andern als 
den treä'liühen rneistpr grradc auf diesem gebiet der for- 
schung zu vermutLeu. AIIpIii so wenig Grimm selbst d^n 
nochmaligen abdriick des ganzen aufsntzes gebilligt haben 
würde, so nu8chätifb«r ist er doch für die entwinkeliings- 
gesehiobte desselben nnd Rr behält auch heute noch für 
vieles seinen werth in dem abschnitt, welcher die sage vom 
Teil behandelt (vgl, auch den ersten anfsatz s. 11, wo dor 
driH-kfehler Havold statt Harald stehn geblieben ist). Ven 
gröl'sercn aufsätzen, die noch heute mannigfache reiche be- 
Iphning bieten, nennen wir die anzeige von v. d. Hagpn 
und Büschings dentscben gedichten des raittelalters^ die 
verschiedenen über die Nibehincennotb, die über die 
Edden, über verschiedene Schriften Rasks und ober Grath: 
altbot'hdentgche präpositionen , über Klings bnider Bert- 
hold sowie die über finnische, keltiscbe, litauische, sla- 
vische, besonders serbische spräche und litteratur. Die 
kleinen anzeigen seien dabei nicht vergessen, z, b. die über 
Dorows denknmier s. 270 f , in welcher der später in die 
deutsche mythologie aufgenommene, neuerdings von Müllen- 
hofi' in seineu und Scherers deokmälern behandelte sprur-h 
^gang üt nesso" u. 9. w. zur besprechung kommt; ferner die 
über H. Hoffmanns (jetzt H. von faus) Fallcrsleben) alt- 
hochdeutsche glossen und über Graffs Dintiaka I. 1, .sowie 
die über den gothiscben kalender in der anzeige von Mai's 
Ulphilas 8. 125 ff, von Zeunes goth, sprachformen u. s. w. 
und Ca.stiglionis goth. cal. s. 377 ff". Alle diese arbeiten 
sind auch weiteren leserkreisen darum um so mehr zu emp- 
fehlen, als sie sich nicht allein auf den btoe kritischen 
Standpunkt stellen, sondern auch vielfach für den laien und 
anfanger sachliche und historische erläuternngen bieten, 
über welche die heutzutage etwas vornehm — oder sollen 
wir lieber sagen hochmüthig — gewordene germanistik laut- 
los hinwegzugehen pflegt. 

Der herausgeber bemerkt am schlnfs des Vorworts, dafs 
er das glück gehabt, die letzte arbeit für den druck und 
die ganze sorge für denselben hru. dr. W. Wilraanns 
als stell vertteter überlassen zu köoneo und dai's der fünfte 



Br^al, miscellen. 79 

band in kurzem nachfolgen werde; dieser ■wird auch ein 
möglichst vollständiges, chronologisches verzeichnifs aller 
scbriften Jacob Grimms und das register für alle bände 
dieser Sammlung bringen. Das letztere wird sicherlich eine 
sehr willkommene ergänzung der von Woeber und Andre- 
sen gelieferten register ausmachen. 

A. Kuhn. 



1) Fastus „der trotz". 

Corssen erklärt das wort fastus als ein geistiges prun- 
ken, und fahrt es auf eine wurzel bhSs „glänzen" zurdck 
(vokalismus I', 141). Dagegen läfst sich zweierlei einwen- 
den. Erstens ist die bedeutung des Wortes vorwiegend eine 
moralische, wie aus dem gebrauche der Schriftsteller zur 
genüge hervorgeht. Femer, was die wurzel bhäs anbe- 
trifit, so ist ihr vorkommen in den europäischen sprachen 
noch manchem zweifei unterworfen, wenngleich der ge- 
nannte scharfsinnige forscher in seinen lateinischen ablei- 
tungen einen vielfachen gebrauch davon macht. 

Fastus gehört, meiner ansieht nach, der wurzel dharä 
an. Dharä bewahrt bekanntlich sein a (t^paVog, tf^äorn)^, 
>^oa<Sv<;). Mit sufBx tu verbunden gab es farstus, welches 
sein r ebenso einbOfste wie wurzel tarl im participium 
'torstus, tostus. Fastus ist somit die selbstOberhebung, der 
trotz {ki TovTO ägätrsog ävrjxei. Herodot VII, 9) und ist 
dem sinn wie dem Ursprung nach mit dem deutschen 
dreist verwandt. 

Somit wäre die wurzel dhars (Curtius no. 315, Pott 
no. 776), welche auffallenderweise im lateinischen fehlte, 
auch ftir diese spräche belegt. 

Eine Verwandtschaft von fastus mit fastidium läfst sich 
nicht abweisen. Aber ein sufßz dium ist im lateinischen 
unerhört, auch wQrde die länge des i ein hindernifs dar- 
bieten. Was sollen wir nun mit dem schwierigen worte 
anfangen? Ich nehme die ausstofsnng einer silbe an, wie 
sie in antestari (ante-testari ), Stipendium (stipi-pendium), 



80 



Breal, miscellffD. 



semestris ^semi-uiestris) vorliegt. Fastidiuin steht also für 
fasti-tidiiim, faatu-taoduim. Solche composita Biod im alt- 
lateinischen nicht sehen: ich erinnere beispielsweise an 
usiieapio, mauipretiuin. Aus fastidinm entstand fastidire. 

2) Pectus. 

Das «kr. paksa (masc.) ^seite, flügel" hat sich aus 
pakta gebildet, wie man nach der analogie von rksa, 
naksa-tra, taksan scliliei'sen darf. Es gibt aber auch ein 
neutrum pakwas, welches wie rßtas, prötas, srötas durch 
ein primär-suffix tas gebildet iat (Beofey, vollst, gr. §.401), 
das sich auch im griech. xocctoi;, ffyvTvg, X*^i^°'' wiederfin- 
det. Diesem paksas, wek:he.s im Rik in der bedeutung 
„Seite" gebraucht wird, entspricht das Iat. pectus. Die 
ursprüngliche bedeutung dieses namens war also „seite, 
bni&tseite" und es hat der häufige gebrauch des phirals 
seine gute begründnng. 

Ich sehe, dafs diese etymologie von pectus schon durch 
prof. Hupfeld in der Zeitschrift (VITI, 375) angedeutet ist, 
dnch blieb dieselbe bis jetzt unberücksichtigt, 

Paria, 22. juni 1870. Michel Breal. 



Suffix -vyjj. 

Mit recht vergleicht Benfey Or. und Occ. I, 279 da« 
Suffix des gr. fuiQtioli'xtj mit dem skr. -üka der aus inten- 
siven gebildeten adjectiva wie gaiigapuka u. 6. w. Das 
gelbe Suffix, nur mit erweichung der tenuis (Curtius grnnd- 
zftge "^ 8. 4*^0 ff.), haben wir offenbar in den abstractis 
wie iiaoiiaQt<yr} u. s. w. mit ihren denomitiativen auf i'frrrw, 
-vCci und ein paar anderen ableituogen, die man bei Haine- 
bach de graecae linguae redupl. aufs. 5. 7. 10 f. verzeichnet 
findet Hinaichtüch des accents ist zu bemerken, daft« die 
skr. adjectiva und das bei der concreten bedeutung jxeblie- 
bene iwoiwXvxt] auch in der paroxytonierung de? aiiffixes 
zusammenstimmen, während ua/mnQvyfj u. b. w. der allge- 
meinen neigiing der abstraeta auf -j; zur oxytonierung (Bopp 
accent. syst. s. 23) gefolgt sind. E. Kuhn. 



Coriseu, eine umbrische geiHrsinschrift. 81 

Eine umbrische gefafsinschrift 

von Fossato di Vico. 

Im ambrischen Appennin zu Fossato di Vico im di- 
strikt von Foligno wurde im frtihling des vorigen Jahres 
eine umbrische inschrift aufgefunden, nach dem fiindberichte 
des berrn Marco Micheletti vom 29. mai 1869 eingeritzt 
in eine knpferplatte, die mittelst zweier krammen von blei 
an den oberen rand eiues gefafses von gebranntem thon 
befestigt war, dessen cylindriscbe form eine hinneigung 
zn der gestalt eines abgestumpften kegeis zeigte. Das bruch- 
stflck dieses geföfses mit der kupferplatte fand sich in ei- 
ner runden regelmäfsig in den lebendigen fels gehauenen 
grübe, an deren wänden noch spuren von kalkbewurf sicht- 
bar waren, der in form von mosaik bearbeitet war. Zu- 
gleich fand man in der grübe die zerstreuten knocben ei- 
nes leichnams, viele bruchstücke von gefäfsen von buntem 
glas und andere von gebrannten thongefafsen, sechs bruch- 
stücke cannelierter säulen von weifsem travertin und zwei 
andere mit zerbrochenen kapitellen, alle in griechischem 
kunststil. Die inschrift der kupferplatte behandelt der 
durch sein Corpus Inscriptionum Italicarum um die Samm- 
lung und erklärung der italischen Sprachdenkmäler wohl 
verdiente italienische gelehrte Ariodante Fabretti in 
seiner schrift: Sopra una iscrizione Umbra sco- 
perta in Fossato di Vico osservazioni di Ario- 
dante Fabretti. Torino, Stamperia reale 1869. Der 
herr Verfasser theilte mir schon im juni des vorigen Jahres 
eine abschrift der inschrift mit nebst einem bericht über 
den fund und seinen erklärimgen, und forderte mich auf 
ihm bemerkungen über die sprachlichen formen derselben 
zugehen zu lassen. Das ist denn auch geschehen; aber 
das verdienst, den siun der inschrift in allen wesentlichen 
pnncten richtig erkannt zu haben, gebührt Fabretti, Ich 
habe durch meine sprachlichen bemerkungen seine ansich- 
ten meist nur gestützt und bestätigt. Natürlich handelt es 
sich hier vorwiegend um die sprachlichen formen der 
Zeitacbr. f. vgl. spracbf. XX. 2. Q 




cvß^AR'MATReR'B;oeso 

OS£T0- CiSnü NO-N C-VV, 
iV-MAßO /^NTO Uli 



Die Inschrift lautet also: 

Cubrar matrer bio eso | oaeto eisterno n. c. 

JVIIII lau taaroDJito I V. L. Varie T. C. Fulonjpr 
Es liegt somit hier ein iimbrisches Bprachdfukmal in 
ßltlateiiiiecher achrift vor, und es läl'tt sich daher aus der 
form der buchstaben und der Schreibweise ein sühlufa ziehen 
auf das Zeitalter, in welchem dasselbe abgefafst ist. Alter- 
thftmlich sind namentlich die spitzwinkligen uod stumpf- 
winkligen formen der buchstabeu a, e, f, 1 (F. Ritschi, zur 
gesell, d. lat. alphab. a. 10 f. 22), unter denen insbesondere 
das sehr spitzwinklige 1 dafür spricht, dafa die vorliegende 
inechrift vor dem Zeitalter der Grauchen abgefafst ist (a. o. 
8. 3. Hitschl, Prise. Lat. moa. cpigr. p. 123). Die latei- 
nisch geschriebenen stücke der tafehi von Iguvium zeigen 
durchweg schon das gewöhnliche A, die rechtwinkligen 
buchstahenforuien E und F und ganz vorwiegend auch das 
rechtwinklige L, ebenso wie das osktsche gesetz der tafel 
von Bantia. Da nun diese Schriftstücke im Zeitalter der 
Gracchen jedenfalls zwischen 186 — 118 v.Chr. abgefafst 
sind (Verf. ausspr. II, 122 f. 2 a.), da ferner schon die schrift 
des seuatsbeschlusses über die bacchanulien mit wenigen aus- 
nahmen die buchstabenformen A, E, F aufweist, eo mufs 
man folgern, dafs die gefäfsinschrift von Foesato di Vico 
aus älterer zeit herrührt, das heifst also: vor dem Zeitalter 
der syrischeo und macedonischen kriegu niedergeschrieben 



eine nrnbrische gefilftiinschrift. 83 

ist. Dieser schlufs wird daöJnrcli bestätigt, dafs in diesem 
schriftstQek die consonanten nicht doppelt geschrieben sind 
in oseto neben lateinischem ossuarium und in Fulo- 
nie = lat. Fullonii, wie in den altlateiniscben Sprach- 
denkmälern vor Ennius die consonantenverdoppelung nicht 
gebränchlich war (Verf. a. o. I, 13. 14). Diese fehlt auch 
in den sabellischen sprachresten mit lateinischer schrif't, die 
sämmtlich aus der zeit vor den Gracchen herrühren (Verf. 
Z. IX, 135. XV, 254—256. Ausspr. II, 1 17 f. 2 a.). 

Die beiden ersten worte der inscfarift von Fossato di 
Vico sind oeuumbrische formen des genitiv sing., deren 
auslautendes s zu r geworden ist, und zwarCubrar vom 
stamme Cubrä-, eine geuitivform wie totar, Jovinar, 
vestisiar, Noniar, Prestotar, Tursar, Qerfiar, 
Miletinar, Padellar, und matr-er vom consonantischen 
stamme matr-, mater-, eine genitivform wie far-er = 
lat. farr-is, nom-ner = lat. nomin-is (A. K. umbr- 
sprachd. I, 111. 128. Verf. ausspr. I, 770. II, 722. 1, 771. 
II, 253). In Gnhrar ist inlautendes p vor r zu b erweicht 
wie in den neuumbr. wortformen abrof, cabriner, suhra 
neben altumbr. apruf, kaprum, supru und lat. apros, 
caprinus, supra (A. K. a. o. 1,89); also neuumbr. Cu- 
brar entspricht altumbr. 'Cupras und lat. Cuprae, mithin 
ist Cubrar matr er = lat* Cuprae matris. Der gen. des 
namens der gottheit steht hier wie in der inschrift eines gra- 
bes von Hispellum in Umbrien, C. I. Lat. I, n .1410: Deum 
Maanium. Die umbrische göttin Cubra mater entspricht 
jedenfalls der von Etruskern und Picentern verehrten 
Cupra dea. Da nun nach Varro's aussagen cuprum in 
der spräche der Sabiner bonum bedeutet (L. L. V, 159) 
und die sabellische form des steines von Crecchio kipern 
dieselbe bedeutung hat (Verf. Z. IX, 1.21 f.), so ist die um- 
brische Cubra mater eine bona mater und der lateini- 
schen Bona dea verwandt. Die form Cupra findet sich 
auch in den picenischen Ortsnamen Cupra montana und 
Cupra maritima, und von cupro- ist mit dem suffix 
-io weiter gebildet Cupr-iu-s in dem gottesnamen Mars 
Guprius and in dem Ortsnamen vicus Cuprius „das 

6* 



84 



CorssEji 



gote stadtvicrtd" im gej^ensfitz zu vicus Sceleratus, 
dein„ Verbrecher viertel" (Varro, a. o. vgl. Moniuis. iinterit. 
dial. 8. 35(1. Verf. a. o. Fabretti Iscr. d. Foas, d. V. p. 9). 
Wie sich weitpr hfiraiisstellen wird, ist der umbri^clieo gtit- 
liii Ciibra mater der aschentopf, it> welchen (lie kupTpr- 
tafd mit der Inschrift eingelassen ist, in dein grabe von 
F'oseato di Vico geweiht; sie mul's also doch 7M dem be- 
gräbiiiJ'a in irgend einer beziehung gestanden haben, eine 
todesgottheit gewesen sein. Im lateinischen sind von ma- 
-nu-s rio^i*" abgeleitet die namen der gottheiten Ma-n-es 
(di) die „guten" geister der verstorbenen, Ma-nadie ^gute'^ 
todcBgöttin, die zugleich Geneta „gebnrtsgöttiu" genannt 
wird, Ma-n-ia die „gute" geistermutter und larenmutter 
(Verf. luisspr. I, 431). Es ist also erklärlich, dafs auch eine 
nmbrtsche todesgöttin Cubra mater „gute unitter" genatiut 
wurde. Ebenso liegt in dem geheimen nächtlichen dienst 
der römischen Bona dea eine andeutung, daCs eine seito 
ihres wesens dem dunkel der unterweit augebörJe, wie dies 
bei der elen.sinischen Demeter und bei anderen gottheiten 
der fall war. 

Der umbrischen form os-e-to wflrde eine lateinische 
Stammform oss-e-to- entsprechen mit dem sinne osS'U-a- 
riu-m. Os-e-to ist eine bildung wie lat. arbos-e-tu-m, 
vimiu-e-tu-m, aru ndin-e-tu- ui, salic-e-tu-m, fru- 
tic-e-tu-m, d umic-e-tu-m, vepr-e-tu-m, aescnl- 
e-tu-m , bux-e-tu-m, iunc-e-tu-m, rub-etu-m, 
fim-c tu-in, pin-e-tu-mj vin-e-tu-m, sabul-e- 
tu-ni, dum-e-tu-m, aspr-ö-tu-m, citr-e-tu-m, 
cory l-e-tu-m, querc-e-tu-m, ros-e-tu-m, oliv-e- 
tu-tn. Diese Wörter eind ursprünglich neutrale participial- 
formen von verben der e-conjugation (Verf. ausspr. I, d{)-'li'. 
ll,'29!'l.831.2a,j. Also wurde zum beispielvom stamme fimo- 
„mist" ein verbum *fim-6-re „mit mist versehen sein" und 
davon fim-e-tii-m gebildet, das ursprünglich ^mit mist 
versehen" bedeutete, dann substantivisch „mit mist versehene 
Stätte, mietgruhe". So wurde vom umbrischen stamme os- 
„beiu, gebein" ein verbalstanim os-e „mit gebeinen ver- 
gehen sein" gebildet, und von diesem der p.irticipialstauim 



^oe uinbri;>che geftrsiiiischrirt. 



85 



os-e-to eigentlich „mit ireheiiieii versehen", dann „mit ge- 
b&iDen versehener behäller" imd dah^r aul' der kupferplatte 
des in rede stehenden topfes von gebrannteiii tbon „gehein- 
topf, aschentopf, aschpuurnp" lat. ossujiri ii in. Os-C-to 
ist also eil] neuer beleg dal'ür, dafs dei- iiujbiist'he dialekt 
eine e-coujupfation Latte wie der oskische und die lateini- 
sche spräche. Diese conjugationsklaisse ist hercits nachge- 
wiesen aus den umbriBchen verbalfurnieii hnbc = tat. ha- 
bet, hab6-tu = lat. babeto , ure-to = lat. [ad]-oleto, 
virsß-tu, a-virae-tu, part. perf. pass. vom verbalstatnme 
virse = lat. vidc- in vidö-re, ta^e-z ^ lat. taci-tu-s 
von tace-re (Verf. a. o. II, 732). Oa-ö-to ist, wie sich 
weiter unten herausstellen wird, der nomin. sing, neutr., 
der sein .siislautende.s in oiiigebülist liat wie die gleichen 
upuumftrischru noniinativtbrtnen der tafeln von Iguvium: 
screbto, purdttn, o rto, ätabnii to, muicto, tuderato, 
während datieben das m geschrieben ist in (b'n neutralen 
noininativformeu derselben Sprachdenkmälern ortom, pur- 
ditom, vasetom, daetom, frosetom, peretoni, pe- 
setoiu (A. K. umbr. sprachd. I, 1 IG). 

Auf oseto bezieht sich zunächst der nom. sing, neutr. 
eso des demonstrativen pronominalatammes eso-. Dieselbe 
form eso erscheint auch in den lateinisch geschriebenen 
Stücken der tafeln von Igiiviuru (Via, 8), und desselben 
Stammes sind die accusativforrnen eso, esu, eso-c, iao-c, 
esu-c, die ablativformeii sing, esu, esa, ptiir. es-ir, is-ir 
u.a. Zahlreiche formen desselben pronominiilstammee ei so-, 
eiso-, eizo-, eso-, iso-, weist der oskische dialekt auf, 
und auch in den sabellischen Sprachdenkmälern Enden sich 
solche von der sianimform eso- (A. K. umbr. sprachd. 
I, 13ö. Verf. ausspr. 11, His2. 1078. 1081 wortregist.) 

Wie eso bezieht sieh auf oseto das wort bio, das 
Fabretti pio gedeutet hat. Ich kann zwar kein beispie! 
beibringen, dais im nouumbrischon anlautendes p xu b er- 
weicht würde; aber da in diesem dialekte nicht blol's das p 
vor r zu b erweicht wird in abrof, cabriner, subra, 
sondern auch b zwischen vokalen in habina neben älte- 
rem bapiuuf und hapinaru (A. K. a. o. I, 88. 89), 80 



8« 



ConaeD 



ihirf man doch wohl aiim'hnipn. dulk Kii'h suicli das aalau- 
tend« p de» iiuibrisclieii staniiiics jjilio- in pih-a-fi, pih- 
-a-lii, pib-a-z, pih-aiie-r, pih-a-klii u.a. osk. pii- 
ho-, wo h lediglich zeiühini den vorhergebeuden langen 
vokale ist, eabell. pio-, peio-, tat. pio- (Verf. krit. bfitr. 
8. 391 f.) in der form bio zu b erweicht habe wie in (U-n 
lateiuiechen wortfoimeii biirrus, Burrus, buxus, biixi«, 
bibere, bua, bustum u.a. (verf. ausspr. I, 126 f. '2. a ). 
Dieser italische nominalstamm pio- iet ausgegaugen vuii 
d<>r wiir/el pu- „reinigen'', bedeutet daher eigentlich „rein", 
daher zunächst „heilig, gebeiligt", zum beispiet in den ver- 
biuduugen lat. far p i um , aal piiun, saltetl. piebio=^lat. 
pio bove (Verf. krit. beitr. s. 391—393. Z. X, 24). Diese 
bedeutung „geheiligt", sacrum, consecratuia palst für 
bio der iu rede stehenden umbriscben iiiKchrift, auf osetu 
bezogeu, so vortrefflich in den zuBaniurieiihang der ganzen 
inscbnit, wie sich das im verlauf dieser Untersuchung uneb 
klarer herausstellen wird, dale ich au der riehtigkeit der 
deutung Fabretti'a von bio = hit. pinm nicht zweifele. 
Ich fasse nun bio als prädiiat zu eso oseto, so dafs 
uiubr. est ausgelassen ist, oder die 3. ps. sg. conj. si = 
lat. sit oder die dem tat. esto, osk. estud entsprechende 
uinbr. form der 3. pers. sing, irnperat. von der wurnel es-. 
Die auslausung von est oder esto, suut oder siinto ist 
im lateinischen bei sacrum ganz gewöhnlieh, zum bei- 
spiel iu fonuclu von grabschriften und weihinschriften wie; 
Dia manibus sacrum; somno aeterno sacrum; deis 
inferum parentum sacrum; Devae Corniscas sa- 
crum; lapides profani, intus sacrum u.a. Also die 
bisher gefundene bedeutung für die Worte Cubrar tuatrer 
bio eso oseto -^ Cuprae matris sacrum [est] hoc 
ossuarium ist für die weihinschrift eiitea aschentopfes in 
dem umbriscben grabe von Foseato di Viuo ebenso passend 
wie die weihinschrift Dis manibiis sacrum auf römi- 
schen giabdenkmälern, 

Cisterno würde man für eine neutrale form des nom. 
sing, wie oseto halten, wenn derselben nicht lat. cisterna 
zur eeite stände. Diese wortform spricht dafür, dafg auch 



eise anibrincli« gSr 



iiinbr. cisterno nom, sing, fem, ist, entstanden ans 
cisterna, indem das auslautende a sich zu o abschwächte. 
Das iBt geschehen in neuumbr. suepo :^ lat. siqua, und 
für neuumbr, o steht altumbr, u in mutu = lat. muUa, 
et;»ntu ^ lat. tan ta, siiepu == siqiia (A. K. a. o. I, 1 10), 
und iu der oskisehen nominativforropn vio = lat. via, 
Vitelio = lat. Italia, niolto = lat. naulta, uruvo dem 
sinne nach lat. curva (Bruppacher, lautl. d. osk. spr. 8. IGJ. 
IHe abächwäebuug des auslautenden a zu o ist mitbin auch 
för cisterno ^^ lat. cisterna einleuchtend. Ich habe dieses 
umbrtsche wort früher auf die runde unterirdische grab- 
kamnipr bezogen, in welcher der aechentopf mit der in- 
schritt gefunden wurde. Fabretti will favissa, ffriaav- 
111)^ darunter verstehen (a. o. p. 11), also behälter filr tem- 
pelgeräthe und tempelachätze. Ich kann jetzt diese beiden 
ansichten nicht für richtig halten, da inschriften auf ge- 
fnfsen, wcibeinschriftcn wie grabschriftcn, sich immer nur 
auf die bestimmuug oder den inbalt dieser geföfse selbst 
beziehen. Mir ist nie ein gefäfs mit griet^hischer, lateini- 
scher oder etruskischer inschrifl vorgekommen, die eich 
auf den räum des tempels oder der grabkamraer oder ei- 
nen thoil der räume bezöge, in welchem das gefäfs stand. 
Es liegt ja auch in der natur der Sache, dafs mau eine 
inschrift, welche sich auf einen solchen festen räum bezieht, 
nicht auf einen beweclichen freffeustand achreibt, der zu 
jeder zeit aus demselben entfernt werden kann. Cis-t-er- 
-n.a ist eine Weiterbildung von cis-ta mit dem doppelsufBr 
-cr-na, das sich in cav-er-na, luc-er-na, Lav-er- 
-na u. a. zeigt (Verf. ausspr. I, 235 f. anm, 2a.), und beide 
Wörter stammen mit umbr. osk. cas-tru, lat. cas-tru-m, 
ca-sa, cas-si-8, cae-sita, squa-ma von viz. skad-, 
yidecken, bergen" (a, o. I,'646); cis-ta, cis-ter-na bedeuten 
also „bergende i^egenetände, behälter", sei es von eckiger oder 
voti runder form. Demnach kann umbr. cis-ter-no jeden- 
falls auch einen aschenbehälter von cylindrischcr form be- 
deuten, iu dem man die gobeine eines todten „birgt", eine 
olla conditiva, den aschentopf mit der obigen inschrift. 
Noch ist das syntaktische verhättuifs von cisterno zu 



88 



Corssou 



oseto iii lit'tracht zu xiehen. Es ist eine fitrenthiimlich- 
keit der uinbrischeu Satzverbindung, substatiliva iu deinael- 
beo fasuB ohne verbiudiingsiuirtikel neben einander zu stellen, 
z. b. in fol spenden aprachstückea, Tab. Ignv. VI a, 29 f.: Di 
ü rahovie, pihatu ocr«^r Fisier, totar Jovi iiar tioirie, 



nerf, arsuio, veiri 



peqi 



eastriio, fri: piliatu. f'i 



tu fo8, pacer pase tu :i oere Fi si , tote Joviiic, erer 
nomne, erar nomne; dsis ist lateinisch: Die Grabovic 
piato collis Fisii, civitatis Iguvinar" noiiien, p rin - 
cipes, -OS, viros, peüua, pracdia, segetes (?); piato, 
esto volena, propitiiis pace tiia colli Fiaio, ci- 
vitati Iguvinae, eius (iiollis) nomini,einö (civita- 
tis) nomiiii (A. K. a. o. 11, 156 f. 162). Solche nebenein- 
anderstelliiiigeii von Substantiven kehren namentlich in 
den gebeten der tafeln von Iguviiun Läufig wieder. Auch 
im altlateiüisehen Sprachgebrauch sind sie ganz gewöhnlich 
in fornieln wiepopulus Romanus, Quirites; Triutn- 
viri auro, argeuto, aere flando, teriuudo u, a. So 
kann also in der umbrischen inschrift des gefäi'ses von 
Fossato cliVico oseto, cisterno stehen in der bedeufung: 
oseto eno cisterno = lat. ossuarium et olla in der 
form eines h> äiit d'volr für ossuaria olla (Grut. luscr 
p. 626, 6: ollae ossuariae). 

Die auf cisterno folgenden initialen iiud Zahlzeichen 
n. c, J^ Villi hat Fabretti richtig gedeutet: n'unimis col- 
latis L Villi, und ich habe die beiden aufangsbuchstaben 
n. c, gestützt auf die wortformen numer = lat. numniis 
und ar-fer-tur, ars-fer-tuTj dem sinne nach : sacerdos, 
qiii adfert, ergänzt zu n[umer] c[oinferter| = lat. 
Qummis collatis (Fabr. a. o. p. II). 

Von den beiden auf das Zahlzeichen folgenden wer- 
ten SU raarooato ist su die präposition sub, die vor 
dem anlautenden consonanteu des folgenden wortes, mit dem 
es enklitisch zusammengesprocheu wurde, das auslautende 
b eingebfifst hat wie das Sit- im ersten compositionsgliede 
vor consonaiitischenv anlaut de.s zweiten compositionKgliedes 
in su-tentu, sti-feraklu (A. K. a. o. II, 419, Verf. 
ausapr. II, 87l.2a.j. Su schwindet das auslautende b der 



^^^monSwie g(!flir«iiucliri<t. 



89 



lateinischen präpositioti ah vor eonsonantischeni anlaiit des 
folgenden wertes in don (Miklitiscben totiverbindungpii 
ainätre, aaceteris, aVärio, aquo ii. a. wie in den com- 
positen amittere, amovere, avehere, avpllorp, avcr- 
rere, avocare u. a. Mar-on-a-to ist eine bi!diin<j vom 
stamuie mar-on- wie lat. eu ri-on -a-tii-s von tuiri-on- 
mit dem suffixe -a-tii, derselben art wie princip-atu- s, 
con 8ul-a-tu-8 , deccmvir-a-tu-s , tribun-a-tu-s , 
dcron langes ä ursprünglich der charaktervocal der a-con- 
jugation ist (Verf. krit. beitr. 8.339; ausspr. I, 304. 2 a.) 
Neben m.nr-on-a-tü erscheint mar-on-a-tei in einer 
umbrischen insohrift, die im j. 1742 zwischen Bastia und 
Assiäi gefunden wurde und sich im öflFeotliehen mnseuin 
zu Perugia beündet. Sie lautet mit einer ergäuzung: 

Ager cmp 8 et 

tenunaa oht [retie] 
C. V. Vistinie Ner. T. Babr. 

maronatei 
Vois. Ner. Propartie 
T. V. Voiaiener. 

Sacre stahu; 
das ist: Ager ejnptns et torminatus auctoritate 
C. V. fil. Vistinii, Ner. T. fil. Babrii, curatura 
Vois. Ner. fil. Propertii, T. V. fil. Voisieni. Sa- 
crura sto (A. K. umbr. sprd. II, 390 f. Fabrett. a. o. p. T). 
Fabretti folgert mit vollem rechte aus mar-on-a-to der 
Inschrift von Fossato di Vico, dafs mar-on-a-tei kein 
eigenname sein könne, wie Kirchhofi' annahm, sondern ein 
aint bezeichne, wie schon Hu&ehke aufstellte (Rhein, Mus, 
^I, 846. Iguvin. taf. s. 509. 693, der das wort durch cu- 
ratione übersetzte. Mar- on-a-t-ei ist abl. sing, des 
u-sfauimes mar-on-a-tu- wie arputrat-i vom stamme 
afputratu-, tref-i, inan-i von den stammen trefu-, 
manu-, da das auslautende ci von niar-on-ii-t-ei einen 
mittellaut zwischen e und 1 bezeichnet, und der umbrisclie 
dialekt vielfach schwankt zwischen e, ei und I (Verf. ausspr. 
I, 790. 2 a.). In jenen umbrischen ahlativform<^n ist -u-i, 
-u-ei zu -i, -ei verschmolzen (A. K. a. o. I, 12.1. II, 402. 



90 



Cor»sen 



Verf. a. o. I, 203. II, 54 anm.**). Da nun raar-on-a-t-ei 
alilativ ist, so kann mar-ou-a-to, obwohl es von der 
präposition SH[bJ abhängig ist, nicht ebenfalls eine ahlativ- 
f'orui sein, zumal sich sonst in den unabrisobeii sprarli- 
dßukmälern kein beispie! einer auf o aufilaui enden ablütiv- 
form von einem u-starame findet; das wort muls vif-lmehr 
eine nenumbrische form dea acc. sing, vom stainiüo n>ar- 
-on-a-tu- sein, die das auslautende m abgeworfen bat wie 
trifo vom stamme trifu- = lat. tribu- (A. K. a. o. J, 
125). Es ist allerdings auffallend, dals in der verbin<hing 
SU marouato die präposition su[bj mit dem aeeusaliv 
constmiert ist, aber doch nicht auffallender als dals die prä- 
position neuumbr. post, altumbr. pue den ablativ regiert 
in Verbindungen wie altumbr. pu 8 veree Treplanea =ncii- 
urnbr. post verir Treblanir, das ist lat. post portain 
Trebnlanam, und ebenso die oskische präposition post 
(A. K. a. o. I, läfij. Der ablativ mar -on-a-t-ei und 
der acousativ mar-ou-a-to vom u-staninie inar-on-a-tu- 
sind also von dem grundstamme mar-on- gebildet wie lat. 
curion-a-tu-8 von curi-on-. Von diesem stamme mar- 
-on - findet sich der uom. plur. zur bezeichuung von städti- 
schen beamten in einer latfinischen Inschrift von Assisi 
(C. I. Lat. I^ 1412. Fabrett. a. o. p. 5)^ die mit einigen er- 
gänzuugen folgendermafseu lautet: 

PoHt[umu8] Mimesius C. f., T. Mimesiua Sert 
[oris] f., Ner[o] Capidas C. f. Kuf[u8]., Ner[o] 
Babrius T. f., C. Capidas T. f. C. n., V. VoUienus 
T. f. marones murum ab fornice ad uircum et 
fornicem cisternamqfue] d[e] 8[enatii8j 8[enten- 
tia] faciimdiim coiravere. 

Fabretti weist nach, dafs in dieser inschrift das wort 
marones nicht ein zuname sein könne xu den drei vorher- 
gehenden namen der genannten sexviri nach detn xnnamen 
Ruf US, die drei niänuer aus verschiedenen geschlechtern 
bezeichnen, dafs marones vielmehr ein den sexviri ge- 
meinsamer beamtentitel und mit Huschke: curatores zu 
erklären sei. Nachdem der beweis geführt ist, dafs umbr. 
mar-on-a-tu- ein amt ist wie lat. curi -on-a-tu-, so- 



eino umbrische gefursinschrifl. 



mit iirnbr. mar-on- o[n heamtcr wie lat. curi-on-, kann 
darüber kein zweitH mebr obwalteü^ dals die fotoi mar- 
-on-es in der vorstehanüen lateinischen insclirift nom. plu- 
ralis des unibrischen boart>tentitels mar-on- ssei. Es fragt 
siub nur noch, ob sieb die bedeutung curatores ffir ma- 
rones und curatione oder cnraturä für maronatpi, 
curationem oder curaturam ftir maronato auch ety- 
mologisch rechtfertigen lälst. Ich leite diese wortformen 
mit gr. iik^-fiijo-a ^ fii()-i-arci sorge, fiT(}-ftc(i(>-M, !'f(.>~ 
-uijQ-i^ü) Borge, lat. me-mor, me-mor-ia, me-raor- 
-a-re her von der wiirzel smar- gedenken (Cnrt. gr, et. 
n. 46G. 3 a.), so dafs also der umbrische beamtentitel tnar- 
-on- den ano;t'föhrteii griechischen Wörtern in der lu'deu- 
tUDg am aächöton steht und curator, procurator be- 



deutet, daher mar-on-a-tu- 



cnratio, euratiira. 



Das snfEx -on ist in mar-on an die verbalwurzel gefügt 



wie in den lateinischen bildung* n ed-on-, err-ou- 



-on-, vol-on-, maud-on-, com-bib-on-, con-ger- 
-on-, ad-scd-on; dasselbe sufilx iu der altumbrischen 



gestalt -un ist an eine verbalwiirzel gefügt und mit dem 
aufBx 'a weiter gebildet in dem uamen der luubrisuheu 
göttin Ves-un-a, der mit lat. Ves-ta von wz. vas- rgl^n- 
zen, brennen" stammt. In dem lateinischen beamtLMititil 
curi-on- ist hingegen das suffii -on an einen nominal- 
slamm gefßgt wie in resti-on-, pelli-on- Capit-on-, 
Front-oü-, Nas-on-, neunmbr. Vofi-on-e und altumbr, 
-un in Viifi-uQ-e, Petr-un-ia (vergl. Verf. ausspr, I, 
.'i74. 575. 577. 580 f. II, 194). Der umbrische beamtentltel 
luar-oH- erscheint als zunamen verwandt in der aiifsclirjft 
eines aschentopfea der vigna S. Cesario, C. I. Lat. I, 
'127; M. OrueulefiueJ Maro a. d. VI. k. Dec. (Fa- 
brett. a. o. p. 6), und von Maron- sind mit dem dimi- 
nutivsiiffix -lo, -la weiter gebildet die zunameu Mar-iil- 
-lu-8, Mur-ul-la, von denen dann weiter der familien- 
namen Mar-ui-1-iu-s ausgegangen ist (Verf. ausspr. 11, 
149. 2 a.). Der zunam*- Maro erscheint etrnskisob in 
der gestalt Marn in der roth aufgemalten insclirift auf dem 
oberen rande eiues zerbrochtucn Sarkophags von rtiaruior, 



92 



CornÄL'ii 



der im april dieses jahres auf dein Monturozzi bei Corneto, 
der nekropole von Tarquinii, bei de« ausgrabungon der ge- 
brüder Marzi zu Corneto io einem grabe gefunden worden ist. 
Itih babe von dem in einem magaziii der genannten berrii 
befindlichen original der iüscbrift am 2. mal 1^7(1 eine 
steichnung aufgenommen, die folgenden text bietet: 

Scurnas. M. A. Marii in. t. z. p. t. rit XXXXV, 
In dieser grabscbrift ist Sc urnas familienname, eine un- 
minativforra wie Vipinas in der Verbindung Caile Vi- 
piuRS — lat. Caelius Vibenna (Fabr. C. I. Itul. ii. 
2165. 2166), Velthurnae = lat. Voltiiriiius (Co- 
nestab. Monnm. di Periig. P. IV, n. 64 p. 78) u. u, und 
wie lat. paricidfts, hosticapas (Verf. ansspr. I, ?Ki. 
588. II, 43. 44. 231. 398. 424. 425); M. ist sigle des Vor- 
namens, zu ergänzen zu M[arce1 = lat. Marcus oder 
zu M[aniJ = lat. Maniua. Der vorname ist hier nach 
dem familiennamen gestellt wie in den etruskischen 
insühriftcn , Fabrett. C. I. Ital. n. 950.- Arria Thana, 
n. 867, 2 h: Marcni Larth Arii[nt]nii n. 2102^: Ca- 
lea L[ar]th L[ar]th Vala; n. 2137: Sentinei Lartbi; 
n. 2418: Crisu Aule die vornainen Thana, Larth, Lar- 
thi, Aule den familiennamen folgen. Ebenso steht der 
vorname nach dem familiennamen oder geechlechtsuaraen 
in den altlateinischen inscbriften, C. 1, Lat. I, 3Ü: Cor- 
nelius Lucius Scipio Barbatus; I, 831: Alfenos 
Luci[o8]. Die zweite sigle der obigen etruskischen in- 
scbrift A. bezeichnet den uamen des vaters des verstor- 
benen Al^uleJ; dieser ist aber im geoitiv zu denken mit 
der bedeutung Auli filiiis. Maru ist also der zuaame 
des Scurnas. G-anz dieselbe folge und bedeutung der 
einzelnen namen für die lienenming der pereon zeigt die 
angeführte grabschrift: Cales Lth. Lth, Vala, nämlich 
den familiennamen, die sigle des nachgcatellten Vornamens, 
die sigle des im genitiv zu denkenden vatcrnamens und 
den Zunamen. Der nach Maru folgende theit der sarko- 
phaginscbrift von Corneto kann hier dahin gestellt bleiben. 
Nach allem gesagten erweist eich meine früher aufgestellte 
abjeitung des namens Mur-o von wz. mar- glänzen (aus- 



eine iimbrUclie geDiriiiiMCbrift. 



93 



spr. I, 404. 2 a.) als irrij^; dersnlbp atammt vielmehr mit 
umbr. mar-on-, mar-on-ti-tii, mar-on-a-t-ei, ptnisk. 
Mar-ii von wz. »mar- ^gedenken, sorgeu". Der beain- 
tpiititel ist im lateinischen und Ptriiskischeo zum zunampii 
gewürden vfie zum bpispicl dio amtstitol augiir undpon- 
tifex maximii» in den beaeiinungenr Q. Mucius Suaf- 
vola Aiignr und: Q. Mucius Scacvola Pontifex 
[II ax im 11 s. 

Auf maronaJo folgen in der gefäisinsclirift von Fcis- 
sato di Vico die namen der beiden marones, der cura- 
toros, während deren aintsfilhning der besagte asciientojif 
der todesgöttin Cuhrar niat er geweiht worden ist. Diese 
namen sind alao alle genitivformen, und zwar sind die bei- 
den faniiliennamen Varie und Fulonie gen. sing, von den 
stfirninen Vario-, Fiilonio-, die anrh in den römischen 
formen Variu-8, Fnlloniu-s enthalten sind. Die goni- 
tive Varie und Fulonie stimmen (iberein mit den ge- 
iiitivt'ormpn der urabriaehen insclirift von Bastia: Vestinie 
und Propartie in der abwerfiiog des auslautenden s des 
genitivauffixee wie in altumbr. katle = lat. catuli, (^^erfc, 
Kastnu^iie, neuumbr. agre = lat. agri, Tlatie, P'isie, 
Fisovie (A, K. I, 116). Also lassen sich die namen der 
beid<;p umbrischen marones folgendermafsen ergänzen; 
V[ibie] L[u€ie] Varie, T[iteJ C[;üeJ Fulonie, und 
sind von Fabretti richtig ins lateinische übersetzt Vjbii 
Lucii fil. Varii, Titi Caii fil. Fnllonii (a. o. p. 9). 
Nach der vorstehenden Untersuchung lautet nun der 
text der umbrischen gefäfsinscbrift von Fossato di Vico 
mit den nachgewieseneu ergännungea der nicht vollständig 
ansgeschriebeneu wörter folgendermal'sen: 

Cuhrar matrer bio eso oseto cisteruo n[u uierj 
e[omferter] 1, Villi su maronato V [ibie[ L[uoin] 
Varie, T[ite] C[aie] Fulonie; 
das bedeutet also: 

Ciiprae matris pium (i. e. sacrum est) hoc ossu- 

ariuai [et baec] cisterna (i. e. olla conditiva) 

nfum mis] ^[ollatrs] L Villi eub cn ratura V [ibii] 

_ L[ucii] fil. Varii [et] T[iti] C[aiijfil. FulJonii. 



94 



Cowsen 



Wir Laben also vor uns <Hp weiheinselinft eines be- 
hältnisses für die goheiiie eities lodten, durch welche das- 
selbe der todesgöttiu Ciipra mater, die als ciue „gute 
luutter" bezeichnet ist, geweiht wird. Da es mm für das 
Wesen der suche gleichgültig ist, ob pin solches behältnils 
eine grabkaininer mit einem Icichenbette, die niscbe eines 
gesarnmtgrabes, ein Sarkophag, eine aschenkiste odor ein 
ascbentopt ist, so hat die behandelte inschrift dieselbe sach- 
liche bedeutung Hlr die bestattungsweise der todten und fQr 
die religiou der Umbrer wie bei den Römern die weihein- 
sch ritten auf grahdenkinälern: diis Man ihn 8 sacriim, 
de um Maaium und äbulicbe. Die gefälsiuschrift von 
Fossato di Vico ist keine grabschrift; denn sie nennt den 
uameu des verstorbenen nicht, der in dem ascJientopf von 
gebiunutem thon mit der bestjhriebeneii kupferptatte beige- 
setzt war, wie das wort ose to=lat. ossuarium lehrt. Viel- 
leiclit war neben der weiheinschrift der name des todten 
iu den gebrannten thon des aschentopfes mit dem metalle- 
nen öchreibgriffel eingerit/.t. Solche grafütinschrifteu sieht 
man häufig auf den thöueruen aachentöpfen der Etrusker, 
niid aui den aschenkisten derselben finden sich nicht sel- 
ten zwei versebiedene Inschriften, die eine auf dem deckel, 
die andere auf dem kästen selbst. Zahlreiche lateinische 
Inschriften auf römischen grabdenkmalen bestehen ja ans 
zwei ihrem weseu nach verschiedenen iheilen, der weihein- 
schrift wie: diis Maoibus sacrum, deum Manium, 
deitj inferuui pareutum sacrum u. a., und der eigent- 
lichen i'rabschrift mit dem namen des verstorbenen. Aehn- 
liches kann auch auf dem besprochenen umbrischen aacheu- 
topfe stattgefunden haben, von dem uns nur bruclistilcke 
erhalten sind, wie der fuudbericht angiebt (Fabretti 
a. o. p. 4). 

Für die culturgeschichte der Umbrer stellen sich aus 
der erklärten gefäfsinschrift von Fossato di Vico besonders 
i-^wei ergebnisse heraus. Nach dem fnndberichte sind mit 
dem aschentopfe die knochen eines leichnams gefunden 
worden (gli ossami sparsi di un cadavere, a. o. p. ^); das 
kann mau doch nicht verstehen von rosten verbrannter 



eine ambrische gefäfsinsclirift. $)5 

knocheu, sondern nur von den gebeinen eines unversehrt 
bestatteten leicbnams. Daraus ergiebt sich, dafs bei den 
Umbrern die griechische sitte des verbrennens der todten 
und die einheimisch italische der bestattung des gan/.en 
leicbnams neben einander bestanden wie bei den Römern, 
Etruskern (Verf. Z. XVIII, 199 f. 201) und, wie die folgende 
abhandlung über kürzlich gefundene osk. grabschriften er- 
geben wird, auch bei den Völkern oskischer zunge. Aus den 
bruchstocken von säulen griechischen Stile, die in der gruft 
von Fossato di Vico gefunden worden sind, erhellt ferner, 
dafs griechische kunst nicht blofs in Unteritalien, Latium 
und Etrurien eingewandert ist, sondern auch zu den Um- 
brern ihren weg- gefunden hat, wie das auch die bronze- 
statue des nmbrischen Mars von Todi iu dem Museo 
Gregoriano des Vatican jedem beschauer beweist, und ein- 
gedrungen ist bis in die gräber tief im binuenlande des 
umbrischen Appennin. Immer deutlicher treten die kenn- 
zoicben und merkmale hervor, wie tief und weitgreifend 
der einflufs griechischer bildung auf kunstftbung, sitte, glau- 
ben, sage und spräche der italischen volksstämme schon 
in alter zeit gewesen ist. 

26. novemb. 1870. W. Corssen. 



Zum oskischen dialekt. 
I. Oskische grabschriften. 

Indem ich beabsichtige einige neuerdings gefundene 
grabschriften in dieser abhandlung zu erläutern, schicke 
ich die von mir schon früher in dieser Zeitschrift be- 
sprochenen grabschriften voraus mit dem kurz zusanimen- 
gefafsten ergebnifs meiner Untersuchungen über dieselben, 
damit hier alle bisher gefundenen oskischen grabschriften 
beisammen sind und bequem übersehen werden können. 



96 



Coraaen 



1. Grabschi'ift von Sorrento. 
Virineis. 

Diese grabsr.hrift, deren original, auf einem einfachen 
rechteckigen stein nnit grofsen bucliataben gescbrieben, ich 
im juni dieses Jahres im Museum zu Neapel gesehen 
und abgezeifihnet habe, ist der faniiltenname des ver- 
storbenen im genitiv vom stamme Virino-, dessen noiiii- 
uativ Virins lautet. Zu dem genitiv des namens des ver- 
storbenen ist osk. raemnim = lat. mo nu mentum zu er- 
gänzen. Die abfassung dieser grabsehrift fällt etwa in die 
zeit von 421 bis 3;]8 v. Chr. (Verf. Z. XVIII, 187 f. vgl. 
XI, 338. :h59). 

2- Grabschrift von Anzi. 
Diese mit griechischen btichstaben in der giebelspitze 
eines grat;steine8 von der form einer aediuuta über dem 
relief des verstorbenen gesehriebene bei Aiizi in Basilicata, 
dem alten Anxa in Lucanien, gefundene inschrift lautet: 
lltui f u'Kkoj. iAii a <j I) (ijr to a siv, xaTidiToau Kitj-ai^ 
AeiXEir, y.w. a)fiotji ?.ioxnxsiT aj uu sanr ßfjaroj u 
M ii€ittxva[i]; 
in lateinische scbrif't übertragen: 

Pot vollohom sorovom ein. kapiditoni Kahas 
leikeit, ko. acherei liokakeit s v am esotbratom 
M ei aiana] i]. 
(Z. XVIII, 189. 1H(H). Meine Übersetzung dieser grab- 
sehrift nach dem sprachgebraiiche lateinischer grabsehrirten 
lautet: 

Qu od exatruere cinerarinm et ollariuni Cahaa 
pollicitus est, in co....o collocavit sie hoc 
Votum Meiaianae. 
Im anschlnJs an die etyniologie der oskischen Wörter habe 
ich den iufinitiv vollohom durch vallare, die acciisa- 
tivform sorovom durch praeditum ^'^oo^ (sepulorum ) 
und die aecusativform kapiditora durch praeditum ca- 
pjde (sepulcrum) wiedergegeben (a. o. 245). Diese iu- 
schi'itt lehrt, dafs die oskisuh redenden Samniten Lucaniens 



zum o»kigclien dialekt. 



97 



dift gripohieche sitte des vprlirpnnens der Ipichname und 
der bestattung überhaupt angenommen hatten. Die griechi- 
sclip Schrift, die Orthographie, die alterthümlichen und 
spraohgeschiuhtlich wichtigen formen und die einfacheu 
nanipii der personeu sprechen übereinstimmend dafür, daJs 
die grabscLrift, von Anzi achon vor dem beginne der Sain- 
niterkriege abgefafst worden ist (a. o. 249 f.). 

3, Grabschrift TOn Cumae. 

Diese inscbrifl habe ich schon früher einmal bespro- 
chen (Z. XI, 325 a, wo das dritte wort derselben Salavs 
im drucke ausgefallen ist), aber erst kürzlich durch eigi-ne 
anschauung des Steines im mnseiira zu Neapel die Über- 
zeugung gewonnen, dafs dieselbe eine grabschrift ist. Ii'li 
gebe hier das facsimile des steines nach meiner im juni 
dieses Jahres angefertigten Zeichnung desselben: 



J3ITRTZ 
Z 3 N U 



Dieser stein hat also die form einer aedicula, eines 
kleinen hausgiebels, wie der grabstein von Anzi; die in- 
Hchrift steht aber nicht in der giehelspitzp, sondern in dem 
portal des grabhäuscliens. Ich habe die inschrift Obersetzt: 
StstiuB Silius SaWins, so dals vornamen, familien- 
namen und zunamen des verstorbenen im nominativ sti-hen. 
Dagegen ist neuerdings die ansieht aufgestellt worden, 
Statie sei der familienname des verstorbenen, Silies ge- 

Zeitachr. f. vgl. spmchr. XX. 2. 7 -' 



9g 



Corisea 



nitiv des vornaineDS des vaters uad Salavs der z^iiQame 
des verstorbeneu, der vorname desselben aber sei wegge- 
lassen wordea (G. de Petra, Giora. d. scavi d. Ponipei, nuov. 
eer. I, p. 240). För diese meimmg wird geltend gemacht, 
einmal dafs es auffallend wäre, wemi iu einer und derselben 
ioscbrift drei verscbiedene nominativformen auf -ies, -ie 
und -8 von stammen auf -io vorkommen sollten, zweitens 
dafs auch die inscbrift eines Leimes von Palermo : i'ye^t^,- 
r. Ji'effrEs äsSsT = lat. Trebius G. f. Sestiua dedit 
(Z. XVIII, 250. 253 f. 256) erst den familiennamen des ge- 
bers, dann den genitiv des Vornamens des vaters und drit- 
tens den Kunanaen des ersteren veriteichnet, den vornainen 
desselben aber ausgelassen habe. Ich kann diese erkläning 
nicht für richtig halten aus folgenden gründen. Da die 
Stämme von eigenuamen auf -io im oskiseheu den nomina- 
tiv singularis in elf verschiedenen formoa aufweisen, näm- 
lich auf -iu-s, -iu, -ie-s, -ie, -if-a, -ii, -ii-s, -ii, 
-i-9, -i, -8 zum beispiel in Plator-iu-s, Herenn-iu, 
Pompt-ie-8, Stat-ie, Pont-ii-s, Pap-ii,« Staf-ii-s, 
Pap-ii, Heirenn-i-s, Paap-i, Upil-s (Momms. 
Unterit, dial. s. 229. Gloss- Verf. Z. SI, 325. 339f. 401 f. 
XVIIl, 254 f. Ausspr. I, 289 f. II, 605. 718. 2 a.), so ist 
es begreiflich, dafs einmal drei verschiedene nominativ- 
formen dieser art in einer personenbenennung sich bei- 
sammen finden können, wie zwei verschiedene Tgsßg = 
Trebius und ^EOTsg = Sestius in der genannten helm- 
iuschrift neben einander stehen. Die iwrgleichung dieser 
helminscbrift mit der in rede stehenden grabschrift ist in- 
sofern nicht zutreffend, als iu jener auf den familiennamen 
des Sohnes der blofse anfangsbuchatabe des vaternamens 
folgt, in dieser aber nach der obigen ansieht der ausge- 
schriebene name des vaters im genitiv folgen soll, während 
der voruame des verstorbenen, der hauptpersoD, um die es 
sich in der grabschrift handelt, fehlen soll. Für diese be- 
zeich mmgsweise bieten die oskischen inschriften sonst kein 
beispiel. Der narae Siliea in der vorliegenden grabschrift 
von Cumae kann nicht als vornamen erklärt werden, wei 
in einer anderen oskischen inschrift von Cnmae: G. SiUi 



zum oskischen dialekt. 



9d 



I 



G. = lat. Gaiiia Silliiis Gai fil. (Verf. Z. XI, 325. Fa- 
brctt. C I. Ital. n. 27t)ü) derselbe naroe als familiennamen 
erscheint, weil in den lateinischen insthriften Campaniens 
lind Unteritalieus Silius nur als familiennamen vorkommt 
(Momms. Inscr. E. Neap. Ind, noiti. viror. et mutier.) und 
sich auch sonst nirgends ein vorn amen Silius findet (vgl, 
Fabrett, Gloas It. p. 1660. l(i()l). Man mufs also auf 
diesen thatsacben fulsen , nicht möglichkeiten nachgehen, 
und Silies anch in der grabschrift von Cumae als fami- 
liennamen fassen, und dann kann es nur nom> sing. sein. 
Dazu kommt endlich, dal's ein sicheres beispiel eines os- 
kiachen genitiv sing, auf -i-es von einem stamme auf -io 
nicht erweislich ist, wie sich im laufe dieser Untersuchungen 
herausstellen wird. Personeubenennungen ohne erwäbniing 
des vaters finden sich auch sonst im oskischen, zum bei- 
spiel Momms. untcrit. dial.VIII: Tanas Numeriis Frun- 
ter; XXXII, b: Pupdiis Stenis; XXXIII: Pakis 
Tintiriis. Meine erklärung der personenbenennung Sta- 
tie Silies Salavs^ lat. Statins Silius Salvius stü^t 
sich durchweg auf erwiesene thatsachen und ist einfach; 
ene abweichende ansieht nimmt eine ausnahmsweise per- 
sonenbenennung an, eine nicht erweisliche genitivendung 
und einen voruamen, der sonst immer farailiennamen ist. 
Ich muis demnach bei meioer erklärung verharren. 

4. Grabschriften von S. Maria di Capua, 

im erbbegräbnilfl der familie Minies. 

Die ausgrabungeu der herreii Qallozzi und Doria zu 
S. Maria di Capua auf der stelle der alten stadt Capua 
haben neuerdings ein grofses unterirdisches grab aufgedeckt, 
über welches der italienische gelehrte G. de Petra im 
Giornale dei scavi di Pompei, nuov. ser. I p. 235 f. berich- 
tet Das grab, dessen wände aus grofsen ohne mörtel ver- 
bundenen tufsteinen zusammengefügt sind, besteht aus ei- 
nem torraum oder vestibulum und einem hinteren räum, 
der durch eine senkrecht auf der hinterwand stehende scliei- 
dewand in zwei zellen getheilt ist, stimmt also im grvmd- 
rifs vollkommen überein mit dem im j. 1863 von Douiinico 

7* 



100 



Corasen 



Golini aufgf'deekten etruskischeii L'rabe bei Orvipto, dessen 
wände mit waudgeiuäldeu und iiis^h ritten liedeckt sind. 
Das dach des oampaniscben grabes ist spitzwinklig nnd 
stützt sich niif dif scheidowand der zellen, deren wände 
mit weilBPm rotii nnd schwarz verziertem kalkbewurf be- 
kleidet eind. lu der rechten zelle wurden zwei leichenbetten 
aul'pfefunden mit brnchstßcken von in-sehriften und eine 
prrabschrift auf einem stück gesims, das auf die erde ge- 
fallen und zerbrochen war, nnd wahrscheinlich zu einem 
dritten noch nicht aufgedeckten leichenbette gehörte. In 
der linken zelle fand man drei leichenbetten, das eine mit 
vollständig erhaltener grabschrift, während von den in- 
schnrten der beiden anderen nur noch ein einziger buch- 
stabe sichtbar war. Bis jetzt sind also zwei vollständig 
erhaltene grabscliriften und drei brucbatßfke von solchen 
zu tage gekommen. Vielleicht finden sich deren noch mehr, 
da nach dem fundberichte noch uicht der ganze räum der 
grabkammern aufgedeckt war. Als ich im juni dieses Jah- 
res nach S. Maria di Capua kam, fand ich dieselben wie- 
der zugeschüttet, nachdem die beiden vollständigen grab- 
schrilten mit dem gesteiu und kalkbewnrf herausgenom- 
men und in das magazin des mnseum zu Neapel ge- 
achaff't worden waren. G. de Petra hat von allen diesen 
insiihriften sorgfältige abfichriften genommen nnd dieselben 
in einer eingehenden und scharfsinnigen abhandlung be- 
sprochen (Giorn. d. scavi di Pompei a. o.}. Durch die 
fmmdlichkeit dieses gelehrten, der meine epigraphischen 
arbeiten im niuseum zu Neapel in der zuvorkommendsten 
weise gefördert und erleichtert hat, war es mir vergönnt, 
von den originalen der beiden genannten inschriften, die 
mit rother färbe auf den weifsgelben kalkbewnrf aufgemalt 
sind, eine Zeichnung aufzunehmen. Seit G. de Petra die- 
selben abgeschrieben, hat die beschadigung der einen dnrch 
das abbröckeln des kalkbewurfes mit theilen der bnchstaben 
weiter «in sich gegriffen; aber die reste der buchälaben 
lassen noch unzweifelhaft erkennen, dafs die ahechrift des 
italienischen archäologen vollkommen richtig ist. Die an- 
dere grabschrift ist noch ganz imversebri erhall nn. Ich 



ZDm ogkiscbcn dialckt. 



101 



gebe hier die abblldungen der beiden iuschrifteu uacih inei- 
tiea Zeichnungen mit ergäüzungen der abgebröckelten biich- 
staben durch punctierung. 



a. 



jjjlH H m ^ 't (^ n .h/fj fiu V 

Dieselben lauten also: 

a. Upfals Sataviis Minies. 

b. üpfals patir Miinieis. 
Zwischen diesen beiden Inschriften findet in schrift 

und Orthographie ein bemerkbarer unterschied statt. Die 
zweite derselben weist eckige formen der bnchstaben f p 
ntid a auf, ähnlich denen der im Zeitalter der Samiüter- 
kriege abgefafsten weiheinschrift von Agnone (Verf. aus- 
spräche II, HO), während die erste grabschrit't mehr ab- 
gerundete formen derselben bnchstaben erkennen lälst. 
Jene sind die älteren, diese die jüngeren buchstabenfor- 
raen. In der zweiten grabachrift. findet sich die Schreib- 
weise Miinieis. Diese entspricht den schreibweieeu in 
älteren oskischen Sprachdenkmälern piihoi, piistioi, lii- 
mitii, Viinikiis, Melifssaii[a] (Momma. unterit. dial. 
s. L'ia. 278. 273. 260. 270. 270J. Wie in der altoskiechen 
schrift die länge des vokals vielfach durch das doppelte 
schrifltzeichen desselben bezeichnet wurde, so wurde auch 
langes l durch die buchstabeu ii oder ii ausgedrückt. (Verf. 
auBspr. I, 16 f. 2 a.). Schon in den jüngeren Sprachdenk- 
mälern mit oskischer schrift, zum beiapiel in den verfluch- 
uugeformeln der bleiplatte vouCapua findet sich diese scbreih- 
weiee nicht mehr (Verf. Z. XI, 338. Äusspr. a. o.) und na- 
türlich auch nicht in der lateinischen schrift der noch spä- 
teren tafel von ßantia. Wenn nuu an der stelle von Mii- 
nieis der zweiten die erste der obigen grabfichrifteu Mi- 
nies bietet, so mufs man jene Bchreibweise für die ältere 



102 



CorsBen 




einheimisch oakische halten, diosf fitr die jüngere. Schrift 
und Orthographie weisen also darauf hin, dafs die zweite 
grabschrift früher abgefafst ist als die erste. 

Beide inachriften beginnen mit dem namen Upfals, 
den G. de Petra ale familiennaraen erklärt, indem er meint, der 
römische gentilaame Off'iliuB nach der Schreibweise bei 
Gruter (I. p. 645, n. 6) sei aus *Upfaliu8 dnrch assimi- 
lation des p zu f und abschwächung des a zu i entstan- 
den (a o. p. 237). Aber man vergleiche die Schreibweisen 
folgender namen in wohlverbürgten inschriftlichen texten: 

Aufillius, OfilliuB, 

Ofilius, Obilius, 

Aufellius, Ofellius, Obellius, 

Aufidius, Ofdius, 

Ofinius, Obinius 
und dazuOfius, Ofoni., Ofanius, Ofatulena (Momms. 
I. R. Neap-Ind. Nom. viror. et miilter. C. I. Lat. I. Ind. ver- 
bor.). Diese vergleichung lehrt erstens, dal's die achreib- 
weiae Offilius mit doppeltem f bei Gruter fehlerhaft ist, 
zweitens dafs die vorstebenden namen mit f, alle auf ehe- 
mals oakischem Sprachgebiet gefunden, ihr oskisches f be 
ihrer latiuiaierung gewahrt haben, wie die einheimisch os- 
kieche form Ufiis (Verf. Z. XI, 324), hingegen die na- 
mensformen mit b das ursprüngliche f zu b umgelautet ha- 
ben, wie dies gewöhnlich im inlaut lateinischer wörter der 
fall ist, drittens dafs in den obigen namen das anlautende 
ö aus dem diphtbongen au getrübt ist. Mithin kann der 
oekische name üpfals mit dem gentilnamen OfiUius, 
der übrigens auch als vorname erseheint (Liv. IX, 7), nicht 
gleichen Stammes und gleicher bedeutung sein. Die no- 
minativform Upfals kann nicht entstanden sein aus *Up- 
falua, denn oskieche nominalstämme die ein 1 vor dem aus- 
lautenden o haben, werfen nach schwinden des o (u) im 
uominativ das s desselben ab; so Aukil ^ lat. Aucelus, 
Mutil = lat. Mutilus, Firal = *Firaulu8, MitI = 
lat. Mitulus, famel = lat. famulus (Verf. Z. XI, 324) 
wie die lateinischen Tiorainativformen famul, con-8ul,ex- 
-sul, prae-8ul, sub-tel, figel, mascel und umbr. ca- 



zum Oükischcn dialcKt. 



103 



tel =: lat. catulus (Verf. aiisspr. 11, 60i. 2a.). üpfal-s 
mufs also vor dem s des nominativs das ganze snffix -io, 
-iu eingebüfst haben wie die oskischen nameii Upil-s ^ 
tat. Opilius, Heiren-s ^ lat. Herennius, Treb-s = 
lat. Trebiiis, Salav-a ^ lat. Salavius, S al vius (Verf. 
Z. XI, 324 f. Ausspr. a. o.). Auch im lateinischen ist das 
suffix -io, -iu vor dem 8 des nominativs geschwunden in 
den compositen quiuc-unx, dec- um, sesc-uux für 
*quinc-uiiciu-s u. s.w. von uncia (a. o. II, 593). G. de 
Petra hat jedenfalls recht, Up-fala als compositum zu 
fassen, und es ist nicht unwahrscheinlich, dala das erste giied 
desselben die oskische präposition op = lat. ob ist; aber 
deshalb kann Up-fals doch vorname .«ein. Auch der zu- 
sammengesetzte namenU-pil-s = lat. O-pil-iu-s neben 
lat. o-pil-io, u-pil-io (a. o. I, 211), griech. oio- 
-nöl-o-i und lat. Pal-es (a. o. II, 429) ist ja als Vor- 
namen verwandt, und ebenso lat. 0-piter (C I. Lat, I, 146) 
für *avi-piter wie o-pil-io für "ovi-pil-io (Verf. aus- 
spr. I, 211 anm. II, 858). Da nun der name üpfals in 
beiden grabschriften von Capua voransteht, so mufs man 
schliefsen, dafs es der vorname des verstorbenen sei, so 
lange kein zwingender grund vorliegt, hier die in der os- 
kischen personenbenennuDg nur ausnahmsweise vorkommende 
weglassung des voruaraens anzunehmen. 

Auf den vornamen Upfals folgt in der ersten grab- 
schrift die namensform Sal av-ii-s, eine nominativbüdimg 
wie osk. Adir-ii-8, Babb-ii-s, Gaav-ii-s,Mak-dii-a, 



Maakd-ii-s, Met-ii-s, 
Popid-ii-s, Pupid-ii-8, 



Muluk-ii-s, Niumer-ii-s, 
Pupd-ii-8, Staat-ii-8, 



Slab-ii-s, Tintir-ii-8, Treb-ii-s (Momras. Unterit. 
dial. Gloss. Verf. Z. V, 89), Uf-ii-s, Mah-ii-s, Pur- 
-ii-8, Sta-ii-8 (a. o. XI, 324. 327. 328. 329, vgl. a. o. 
36'i) Sint-iis, Pont-ii-s (FiorelliiMonum.Epigr.Pom- 
pejan. p.5, n. 1. tab.I. Fabrett. Gloss.Ital.), Vaaviis (Fabr. 
C. J. Ital. 2802, 2a,) Virr-ii-s, Virri-ii-s, Opp-ii-s, 
Hellev-i[i]-8, Gav-ii-s, Stat-ii-s (Verf. Z. XI, 338f.). 
Da nun Salav-s in der grabschrift von Cumae als Zu- 
namen erscheint, so ist mau berechtigt auch Salav-ii-s 



104 



Consen 



als solchen ZU fassen, wie auch G. do Petra annimint (a. 
o. p. 'iii?), falls er sich an dieser stelle io diesem sinne 
nach der oskischen benennnugsweise rechtfertigen läfst. 

Zu dieaem zwecke inul's zuixächst die form des auf 
Salav-ii-s folgendeu namens Minies und seine bedeu- 
tuug untersucht werden. Die lateinische form desselben 
Minius erscheint zweimal sicher als vornamen (Momms. 
ünterit. dial. e. 270. 285. G. de Petra a. o. p. 241. Fa- 
brett. Gloss. Ital. p, 117t)), aber öfter als gentilname; so 
in piner iuschrjft von ßeneventum, I. R. Neap. Monims. 1668: 
Minio Felici, Ton Herculaaum a. o. 2338, d: Ä. Minius 
Januar ins, von Allifae, a. o. 4771: Sex. Mini o Se[x]. 
fil. Ter. Sil Vau o, also auf ehemals oskischem spracb- 
boden, und auf einem steine von Caere, C. I, Lat. I, 1548: 
C. Mini. M. L. 1. Artenio. Derselbe familiennamen ist 
enthalten in den etruskischen formen Menis, Meina, Mei- 
n ei (Fabr. Gloss. lt. p. 1147. 1 JS.'V), Minies kann nicht gen. 
sing, vom vornamen des vaters des verstorbenen (G. de 
Petra a. o. p. 239 f) sein, da die oskischen stamme auf -o 
den gen, sing, stets auf -eis, -eis bilden (Verf. ausepr. I, 
629. 7(.i**.), und Silies oben als uom, sing, nachgewiesen 
ist, campaDisch-etruskiscbe namensformen auf -ies in 
etruskiseben schnftstfieken aber hier gänzlich aus dem spiele 
bleiben mQsseD. Demnach ist Min-ie-s nom. sing, vüm 
familiennamen des verstorbenen und entspricht den oski- 
schen nominativformen Sil-ie-s, Pompt-ie-s, Ma- 
Ta-ie-s, Afar-ie-8, So-ie-a, den sabellischen Al'ie-s, 
(Verf Z.IX,170}, Pont-ie-s (Verf. Annal. d. Inst, arch. T. 
XXXVIII, p. 113f. 118), den volskischen Cosut-ie-s, 
Tafan-ie-8, Pakv-ie-s (Verf. de Volscor. ling. p. '). 
Z. XVIII, 254 f.). 

Wenn nun nachgewiesen ist, dafs in der ersten grab- 
achrift von Capua UpfaJs nom. sing, des Vornamens, Sa- 
laviis uom. sing, des zunameus und Minies nom. sing. 
des fauiilieunamenä ist, dann bleibt noch darzutbun, dafs 
nach owkischer benennungsweise der KUnanie auch vor dem 
familiennamen stehen kann. In oskischen inschrifleu fin- 
det sieb diese Stellung nicht, wohl aber in den von Livius 
Qberlieferteu oskiech-samnitischen namen Taurea Jubel- 



ama ouuich«D dialukt- 



105 



Hu8 fXXVI, 15) und Br II tu Ins Papiue (VIII, ^^^. vgl. 
Momms. Unterit. dial. 8. '210. 24.')}. Da diese voranetellung 
des zunanieDS vor den gentünamen des uiantieB nicht alt- 
lateiniscb ist, sondern erst iu der kaisorzeit imch Aui,'ustu.s 
vorkommt, so unü's dieselbe in jenen namen eine ofkineh- 
samiiititiche beoennnungsweise sein, die sich bei der lati- 
nisierung derselben erhalten hat. Also wie die zunanien 
Taurea uud Brutulue so steht in der vorliegenden In- 
schrift der Zunamen Salaviis %'or dem geschlechtsnamcn. 
Die grabscbrift Upfala Salaviis Minies bezeichnet 
demnach einen manu aus dem geschlechte der Minies, 
denen das bei S. Maria di Capua aufgefundene erLbegräb- 
nifs gehörte, mit vornaraen Upfala und mit zunamen Sa- 
laviis. In der zweiten grabscbrift von Cumae ist natür- 
lich Upfals Vornamen wie in der ersten; patir = lat. 
pater verglichen mit osk. pater-ei hat e zu i verdünnt 
wie die paseivform lamatir (Momms, Unterit. dial. b. 272, 
vgl. Kirchh. stadtr. v. ßant. 8. 21. Z. III, 215. 2(>y. Brup- 
pacher, lautl. d. osk. Spr. s. 76f. ) nebeu den paseivformen 
vincter, sakarater, äakahiter, comparascuster 
(Verf. ausspr. II, wortverz. Osk. 1079 f. 2a.). Miinicie ist 
gen. sing, wie Niumsieis = lat. Numisii, suveis = 
lat 8ui, lovfreiö = lat. liberi, sakarakleia ^ lat. 
sacelli, minstrcis =^ lat. miniatri (dem sinne uarh 
minoris), kombennieis, senateia, Herekleis, eiseis, 
eizeis (a. o. I, 7ö8), und zwar ist auch hier Miinicifl 
familiennamen, nachdem sich Minies der ersten grabsi'hrift 
alß nominativform eines solchen ergeben hat, kann also 
nicht bezeichnen Minii filius, da die abstatnmung vom 
vater durch den gcnitiv des Vornamens desselben brzeicli- 
net wird. Ein sprachiicbes bedenken kann demnach nicht 
obwalten, die oskische peraonenbenennuug; Upfals patir 
Miinieis zu erklären: *Upfalius pater Minii. Aber 
gegen diese erklärung ist ein aachliches bedenken von 
G. de Petra geltend gemacht und eine andere auslegung 
aufgestellt worden , die berücksichtigung verdienen (a. o. 
p. 241.). Derselbe sagt, da sonst in cier oskis<-hen perso- 
nenbeni-unung der geuitiv drs viiteriiiiinens zur genaiierru 
be&timmuDg der peraon hinzugefügt würde, so mtlsse man 



106 



Coraiien 



diese auadruoksweise auch in iler vorlicgcuden inaclirift an- 
nehmen; es aei nicht glauhlicb, dafs hier patir mit dem 
genitiv des aohneanamens zu diesem zweck verwaiuU sei; 
Mi inieis mfiese der name des ascendenten, nicht des 
deaceDdenten sein, also Minii f'ilius bedeuten, mithin sei 
patir ziiaame wie im lateinischen Paterculus. Es ist 
richtig, dafs in oskischen spraehdenkraälern eine personen- 
bezeichnung mittelst des descendeiitcn wie patir Mii- 
nieia = pater Minii sonst nicht vorkommt; aber bei 
der geringeti anzahl der oskischen grabachriften , die wir 
bis jetzt kennen, schliefst dieser umstand die berechtigung 
zu der annähme derselben nicht unbedingt aus. Diese er- 
hält dadurch eine stütze, dafs in einer faliskischen grab- 
scbrift die verstorbene person durch angäbe des Verwandt- 
schaftsverhältnisses zu einem descendenten genauer be- 
stimmt wird. Dieselbe lautet: 

Vipia Zertenea loferta 

Marci Äcarcelini 

mate he cupat, 
und ist von Mommsen unzweifelhaft richtig öbersetzt wor- 
den: Vibia Sertinia liberta Marci Acarcelini 
raater hie cubat (monatsber. d. akad. d. wiss. z. Berl. 
1860, 8. 451 f. vgl. Verf ausspr. II, wortregiat, Falisk. 
8. 1077). Hier ist die verstorbene freigelassene Vipia Zer- 
tenea, die einen mann aus der farailie der Acarcelini 
gehelrathet haben mnfs, genauer bestimmt durch die an- 
gäbe ihres sohnes Marcus Acarcelinus, also eines de- 
scandenten. Es ist demnach glaublich, dafs in der oski- 
schen grabachrift: Upfals patir Miinieis dieselbe nä- 
here bestimmung der verstorbenen person durch die be- 
zeichnung ihres sohnes und descendenten voriiegt. Die an- 
nähme, dafs patir hier zunamen sei, erhält durch das beispiel 
Pater-cii-Iu-s keine haltbare stütze, denn in diesem Zuna- 
men ist gerade das doppelte dimiuutivsuflHx für die bedeutung 
deasellien wesentlich, da es ihm den Charakter eines ge- 
müthlichen liebkosungswortes verleiht. Das gnindwort pa- 
ter findet sich weder im lateinischen noch in einem der 
verwandten dialekte Jemals als ziiname. Wohl aber wird 



Eum oikitdien dialskt. 



107 



gattungswort pater mehrfacb zu der personenbenenuung 
biüzugeeetzt, um den vater von dem söhne zu iinterscheideu, 
wenn beide gleiche voruamen hatten; so in einer altlatei- 
nischen inschrift von Rom: 
C. 1. Lat. 1, 1020: M. Aebutius M. 1. Macedo pater, 

M. Aebutius M. 1. Callistratua f[i- 

1 i u s] . 
lind in einer iuachrift von Montesarchio nicht vreit vun 
CaudiuD) und Abella, also auf ehemals oakischem äpmch- 
boden: 
a. o. I, 1224^1225: L. ScriboniusL.f. Libo pater 

L. Scribonius L. f. Libo fil. 
patroDei turreis ex d[ecreto] d[ecurionum] f[aciea- 
das] cfurav eriint]. 

Auch im oskischen dia!ekt wird durch den zusatz pa- 
tir ein Cipius rater unterschieden von Cipius eohn in 
einer pompejauischen ziegelinschrift (G. de Petra, a. o, p. 153. 
241, not. 1), von der noch vreiter unten die rede sein wird. 
Man darf hiernach achliefaen, dafs in der oskiachen grab- 
Bchrift von Capua: Upfals patir Miluieis das wort 
patir denselben zweck hatte wie osk, patir, lat. pater 
in den angeführten inschriilen, dafa es also einen Upfals 
Miinies vater, der auf dem leicbenbette im htntergrnnde 
der linken zelle der kryyte bestattet war, unterscheiden 
sollte von einem Upiais Miinies söhn, der vermuthlich 
auf einem der beiden leichenbetten zur rechten und zur 
linken band von jenem vor oder nach dem tode des vaters 
seine riihestätte fand. Vielleicht ist der buchstabe V, der 
sich auf dem leicbenbette rechter band erhalten hat (G, 
de Petra a. o. p. 237) der anfangabuchstabe zu dem Vor- 
namen Upfals eines Miinies söhn. Aber mag dieser söhn 
auch nicht an der Seite des vaters bestattet worden sein, 
(»lag der buchstabe V einem anderen namen angehört ha- 
ben, jedenfaUs ist einleuchtend, dafs in der vorliegenden 
grabschrift die genauere bezeichnung des verstorbenen mit- 
telst angäbe des descendenten, welche auch die angeführte 
faliskiscbe inschrift aufweist, den zweck hat, einen vater 
1 einem gleichnamigen söhn zu unterscheiden, mag nun 



108 



Carmen 



dieepr oder jener eher gestorliea und in dem orbbegräbnifa 
l'f'i Capua beigesetzt worden sein. Da beide densptben fa- 
lailiennamen hatten, so war es flQr den sachlit-hen sinn gleich- 
gültig, ob man nach Upfals patir den genitiv Miini eis 
setzte, also sagte: üpfals der vater des [Ujitals] Mi- 
II ins, oder den nominativ Miini es schrieb, so dals der 
sin» der henennung {gewesen wäre : üpfals der vater ein 
Minius. Man wählte den genitiv des sohuesnamenB wie 
man den genitiv des vaternamens so häufig scbrieb, wo es eich 
nicht um unterscheid img gleichnamiger personen handelte. 

Von den bruchstöcken der inschriften auf zwei leichen- 
betten der rechten zelle des grabee von Capua, die mir 
nicht zu geeicht gekommen sind^ lautet das auf dem er- 
sten todtenbette vom eingange her nach G. de Petra 
a, o. 236: 

c. Min. V ... . 

Hier ist Min. wahrscheinlich abkürzung des familien- 
namena Minies. Ob V der aufangshuehatabe des Vor- 
namens des Vaters Upfals ist oder eines zunameus, kann 
man nicht wissen. Ebenso niufs dahingestellt bleiben, ob 
der Vorname dea verstorbenen vor Min. weggelassen ist 
wie in der helminschrift von Palermo, oder ob die sigle eines 
Vornamens vor Min. einstmals vorhanden war, aber ver- 
blichen ist. 

Das bruchstück der inachrift des zweiten leichenbettes, 
G, de Petra a. o: 

d. Kluv .... 
kann der rest des vornamens eines Min ins sein. Eine 
terracotte von Captva zeigt auf der einen eeite einen behelm- 
ten köpf mit der aufachcift: 

K ] u V a D i u V i a daran, 
auf der anderen ein laufendes scbwein mit der inechrift: 
Kl» vi damuse Diu via. 

Mir sind auch jetzt noch die wortformen damu, da- 
muse dieser schon froher besprochenen inschriften dunkel 
(Z. XI, 322); aber so viel ist ersichtlich, dafs Kluva, 
Kluvi in denselben die stellnng von vornamen haben. Auch 
wird eine Capuauerin Cluvia genannt (a. o.) 



xnm oskiselien dia 



109 



Das briK hfitiick der uiscluiCt eines leicbeubettes «ler 
linken gralr/elJe: 

e. V . . . . 
ist schon oben erwiihnt worden. 



k 



Verschiedene oskische inschriften. 

1. Stempelinech rift eines ziegels von Pompeji. 

Bei den ausgrabungen in Pompeji fand sich am 22. afiril 
1869 eine oskische iuschrift, die mit einem Stempel auf 
einen kurzen naassiven ziegelstoin eingeprägt ist, der als Uau- 
material in einem hause der zweiten abtheilung des ersten 
Stadtbezirks verwandt ist. Ich habe die iuschrift bei mei- 
nem atifeiithalt in Pompeji im juni vorigen Jahres leider nicht 
gesehen, da das heft des Giornale degli scavi di Pompoi, 
ntiov. ser. Vol. I, p, 153 f., in welchem G. de Petra dieselbe 
erklärt, mir noch nicht zu gesiebt gekommen war, ich auch 
sonst keine künde von dem funde erhalten, überdies dort 
vielerlei anderes zu seben und zu lernen hatte. Der italie- 
nische gelehrte giebt die inschrift folgendermarseu wieder; 



/// vn.anFin.t->* 

UV 



und bemerkt dabei, dafs in der ersten zeile zu ende links 
ein stück des ziegels ausgesprungeu sei, auf deni für zwei 
bnchstaben platz war, und dafs in der zweiten zeile ftlr V auch 
N gelesen und das noch sichtbare schriflzeichen T zu 
n ^ p oder zu n :^ V vervollständigt werden könne. 
In der sigle des ersten namens Ki. sieht G. de Petra den 
oskischen familiennamen Kiipiis in der mit rothen l)ucb- 
sfabeii auf den tufstein gemalten inschrift eines pfeiiers der 
ciisa di Pausa zu Pompeji (Momms. Unterit. dial. XXIX d) 
= IhL Gipiua, ebenfalls iu einer pompejauisclieii inschrift, 
gewifs mit vollem rechte, da der vornamen ja fehlen kann. 
Patir steht neben dem oben bcsprocheuen patir wie 



110 



Coriaen 



pJd neben pid, idik np^-'ii idik^ ini'm liehen inim, 
likitud aeben licitud u. a. (Bruppacli. lautl. d. osk. spr. 
9. 25 f.), indem das oskische i nur einen mehr nach e hin- 
neigenden laut des vokals i bezeichnet. Unsicher ist die 
lesung und ergänzung der folgenden schriftzüge. G. de 
Petra ergänzt die auf patir folgenden buchstaben Po . . 
zu Po[iup.], das er flir die abkürznng von PofnipaiiaisJ 
„zu Pompeji* erklärt. Ich würde hier den nom. eing. des 
einwohnernameQs Pompaiians ergänzen statt des stadt- 
naraens, weil jener in einer pompejaniseheu inachrift 
zweimal wirklich vorkommt in den Verbindungen kvaisstur 
Pompaiians und Tcreiiai Pompaiianai (Momms. a. 
o. 138, XXIV). Für eine von einem Porapejaner her- 
rührende zu Pompeji gefundene Inschrift hat diese ergän- 
zung doüh mindestens einen hohen grad von Wahrschein- 
lichkeit fiär sich. Sind aber die bisherigen erklärungen 
richtig, dann ist auch die leaung ops. der buchstaben 
der zweiten zeile und ihre ergänzung zu op8[ed], die G. 
de Petra vorschlägt, anaprecheud und einleuchtend, s^umal 
dieselbe abkürznng ups. für upsed (MoniiuB. a. o> s. 171. 
IV. Verf. Z. XI, 32.'^) sich auch in der iaschrift eines mar- 
mornen tischfui'ses aus Samnium, jetzt im museum zu 
Neapel, findet, und ops. für opsannam auf einem öamni- 
tischen tempelfries (Verf. Z. XI, 329). Op-s-e-d, up-s- 
•e-d, etymologieuli genau entsprechend lateinischem *op- 
-er-avi-t wie op-s-anna-m lateinischem op-er-an- 
da-m (Verf. Z. XIII, ISnf. Ausspr. I, ig."}. .^54. 11,911. 
912, vgl. wortregist. Osk. s. 1079. 1080), konnte ebenso gut 
von einem pompejanischen ziegelbrenner mit seioem fabrik- 
steinpel auf einen ziegel geprägt, wie von einem samniti- 
scben steinhauer in einen marmornen tiscbfufs eingehauen 
werden, da ja auch im lateinischen operari, opera, ope- 
rariiis gerade viel von handwerkerarheit gesagt wird. Ich 
hin also in allen wesentlichen punkten mit G. de Petra's 
erklärung der vorstehenden inschrift einverstanden, nur 
würde ich nicht öbersetzen; Cipius pater Pompejis 
fecit, sondern aus den angegebenen gründen: Cipius 
pater Pompejanus operatus est. Der ziegelbrenner 



tum oskischen dialcfct. 



111 



CipiuB zu Poiiippji wurde also durch den zusatz patir 
von einem eohnc gleiches nameua uaterBchiedeii. 

2. Weiboinschrift von Molise. 

Im bezirk von Molise, einer kleinen gemeinde der 
provinz gleiches namens zwischen Campobasao und Pie- 
trabbondante wurde im jähre 1868 oder etwas froher ne- 
ben der kirc^he S. Maria del Piano ein weifser k»lk&tein in 
form eines parallelepipedon gefunden, der in der genannten 
kirche eine zeit lang als altar gedient hatte. Auf der vor- 
deren senkrechten langseite desselben läuft längs des obe- 
ren raiides eine einzeilige oskische inscbrift hin, während 
auf der oberen wagerechten fläche sich eine aushöblung in 
form eines mörsers befindet. Der italienische archäologe 
Ainbrosio Caraba erliielfc von der inscbrift durch die 
herreii Alfonso und Niecola di Jorio erst eine abschrift und 
diiiin einen papierabklatsch , und giebt auf gruud dessen 
eine erklärung derselben im Giornale degli seavi di Pom- 
pei, nuov. aer. I, p. 209 f. Da die stereotype oskische schrift, 
in welcher das Giornale diese und andere oskischen in- 
achrifteo ahdruckt die cigenthümlicbkeit der buchatabeii for- 
men im original nicht erkennen läföt, der text der inscbrift 
aber unzweifelhaft richtig ist, ao gebe ich die Inschrift von 
Molise hier gleich in lateinischer schrift wieder: 
Bn. Betitis Bn. meddis proffed. 

Jeder sachkundige sieht auf den ersten blick, dafs 
dieae inscbrift die gigle eines voruamens, einen familienna- 
men, die sigle des Vornamens eines vatera im genitiv, 
einen vielfach vorkommenden beamtenlitel und ein ebenso 
bekanntes verbum enthalt. Caraba vergleicht die sigle 
Bn. mit dem abgekürxt geacbriebeneu vornaaien Ban. ei- 
ner lateinischen inscbrift des Samniterlandes, deren anfang 
lautet: C. Fladius Ban. f.; Ban. aber erklärt er aus 
griech. ßävvag nach Hesych.; Bävvaq ßaüikevs naQu 
Iruhwrati^, oi ()i f.tkyi(iTUii »^ixiZv^ gleich ßdvct^, jräva^, 
äva^. In osk. Bn. = äol. ßdvvag scheint hiernach 
oskisches b neben dem griechischen jr von jc«i'«^, das 
lateinischem v gleich lautet, zu stehen wie oskisches b Ja 



112 



Corssen 



l'i'uus t , ko Ol -bell cd, ku m-bomiieis in^bon lateinischem 

V JD vencrit, con-ventus. Aber da iii diesen Wörtern 
osk. b und lat. v aus nrsprüngliuhem gv entstanden sind 
(Bruppacb. laiitl. d. osk. spr. s. (»4), hingegen in anderen 
Wörtern anlautendes v ^ griech. ^r im oakisc-hen und im 
lateinischen übereinstimmend erscheint, zum beispiel ju oak. 
vio ^ lat. via, osk.^eptXfjpEi t^ lat. Versori, osk, vor- 
8U8 = lat. versus, osk. vollohom = Jat. vallare, osk. 

V in et er ^ lat. viucitur u. a. (a. o. s. 70), so mufs man 
folgern, dai's der vorname Bannas nicht einheimiscb sam- 
nitisch-oskisch ist, da er sonst das ursprflnglieh anlautende 

V :^ /■ gewahrt haben würde, das aus der griechischen 
form^rti'«! erhellt, sondern von den Italioteo, das heifst 
den Griechen ünteritaliens, zu dei Samniteu gelangte. 
Die nominativform Bannas konnten diese unverändert 
lassen, da sie ja nominativformen auf -aa von männlichen 
auf -ä auslautenden stammen hatten in den nanien wie 
Taua-s, Mara-s, Kaha-s, die den altlateinischen nomi- 
nativformen paricida-s, hosticapa-s entsprechen (Verf. 
Z. XVIII, 2'i2f. Ansspr. II, Wortregister 2 a.). Jeden- 
falls hat also Caraba die oskische aigle Bn. durch die la- 
teinische Ban. und das italiotische gattnogswort ßävvag 
^könig, fürst, obprater" antreffend als Bannas erklärt. 
Die sprachliche möglichkeit, für die zweite sigie Bn. die 
form des genitiv 'Bannai für den vornamen des vaters an- 
zusetzen, XU dem das dem lateinischen ftlius entsprechende 
oskische wort zu ergänzen ist, ergeben die lateinischen ge- 
nitive wie parieidae, scribae, popae, scurr ae, scnl- 
nae, naccae, lixae, advehae, convivae^ collegae, 
perfngae, indigenae u. a. von männlichen auf -ä aus- 
lautenden (Stämmen (vgl. Verf, ausspr. I, 2^;%. 588 f. 11, 43- 
'-'a ). Der auf ehemals oskiscbem sprachboden erscheinende 
fainilioiinaincn Bann-in-s (Momms. T. li. Neap. 63 1(1, 41), 
den Caraba nicht anführt, vom stamme Bannä- mit dem 
suflß.^ -io woiter gebildet, giebt der erklärung des italieni- 
schen archäologeu eine neue stütze; nur bleibt freilich noch 
die möglichkeit, dafs der oskische vornamen gleichlau- 
tend war mit dem familionnamen Banuius, da im osk]- 
scben eine ganze anzahl von namen , die mit dem sufBz 



oskischen dialakt. 



IIS 



•io gebildet sind, zugleich als Vornamen und als familien- 
namen auftreten (Momms. unterit, dial. s. 243). Der fa- 
milieDname Betitis ist natürlich lat. Betitius, Betutius^ 
ein gentilname der nicht nur zu Aeclanum häufig war, son- 
dern auch sonst auf ehemals oskischera spraehbodcn sieb 
naehrfach findet (Momms. a. o. 6310, 42. ind. nom. vir. et 
mulier. p. 418, col 1). Betitis ist eine nomiDativform, die 
vor dem nominativzeichen s in zn i verschmolzen hat wie 
osk. Heirenis, Niumsis, degetasis, Stenis^ Ohta- 
TiB, Asis, Bivellis, Viibie, Luvkis, LuvikiSjKa- 
ünis, Caisidia, Pakis (Verf. Z. V, 89. XI,338f. 401 f. 
XVIII, 254. 257), sabellisch Poleenis (Verf. IX, 133, 149), 
Alpis, Apidis (Verf Annal. d. Inst. arch. T. XXXVIII, 
113f. 118), umbr. Tr utitis, Atiersir (a, o. A.K. umbr. 
sprachdenkm. I, 116. II, 309. 393 f.), lateinisch Brutia, 
Pulvis, Veotinaris, Aureus, Anavis, Caecilis, 
Clodis, ßagonis u. a. (vgl, Verf. auaspr. I, 289. II, 
718f. 2 a.). 

Die form med-di-s-s der inschrift von Molise ist 
nom. sing, wie auf dem opfertisch von Herculanum im 
museum zu Neapel (Momms. unterit. dial. s. 179, XVIII), 
also aus *med-dik-8 entstanden, wie die formen me-dik- 
-ei, fiiS-Sei^ n. a. zeigen. Wenn A. Caraba die falsche 
ahleitung dieses compositum von gr. fujöuiicii wieder vor- 
bringt (a. oJ), so hat er weder kenntnifs genommen von 
der altoskischen form met-d [ik-s] oder met-d[i8-8], 
met-d|i-8], noch von der längst gegebenen erklärung, dafs 
der erste bestandttheil dieses compositum der oskische 
stamm roe-ti- ist, der dem griech. uij-ri-, skr. mä-ti-, 
entspricht, das zweite glicd desselben, deik-, di'k-, ein no- 
minidstamm gleichen Ursprungs mit lat. deic-ere, dic- 
-ere, osk. deic-um, dafs mithin *meti-deiko-s die 
grundform des oskischeo beamtentitels ist und „rathsprecher" 
bedeutet wie lat. iu-dex „rechtsprecher" (Verf. Z. XI, 
331 f AuBspr. II, 381 f. vgl. wortregist. Osk. e. i079. 2a.). 
Die verbalform prof-fe-d ist natürlich in der obigen 
inschrift 3. pers. sing. perf. entstanden aus *prof-a-fe-d 
= lat. prob-a-vi-t (A. K. umbr. sprd. II, 160 anm. 

Zeitichr. f. vgL eprichf, XX. 2. 8 



lU 



CortBen 



Verf. Z. XIII, l«5f. Ausspr. I, 195. II, 911. 912). A. Ca- 
raba behauptet gegen diese nach laut und sinn gerecht- 
fertigte erklärung ohne ein wort der Widerlegung, besser 
sei die herleitung dieser perfektform von pro-ficere oder 
von pro-ferre. Die binfälligkeit dieser verbesserungs- 
vorscbläge erhellt aus der thatsaehe, dafs im oskisehcu 
weder k, c noch r spurlos ausfallt (Uriippaeh. osk. lantl. 
8. 57 f. 76 f.). 

Die Weiheinschrift von Molise: Bn. Betitis Bn, 
med dies proffed ist nach dem gesagten zu übersetzen: 
Bannas [Baiinius] Betitius Baunae [Bannii] filius 
meddix probarit. Caral)a meint, der stein auf dem 
diese Inschrift geschrieben steht, sei ein altar und die 
mörserartige auahöhlung auf der Oberfläche desselben zum 
auffangen des blutes der opferthiere beatiuimt gewesen, Ist 
das richtig, so hat also ein sainnitischer beainter den bei 
einem steinhauer bestellten aitar in euipfeng genommen 
und gutgehei fdcn , wie auch seine aufstdlung in einem 
tempel bestätigt, und thut dies in der inschrift desselben 
kund und zu wissen. 



3. Die inschrift eines censors von Bovianum. 
(Pietrabbondante.) 

Die bei den ausgrabungen von Pietrabbondante au der 
Stätte der alten Samniterstadt Bovianum befundene inschrift, 
welche von der amtathätigkeit eines censors daselbst hau- 
delt, habe ich schou frtiher in dieser Zeitschrift, besprochen 
(XI, 402), indem ich den text zu gründe legtCj der sich 
aus dem von Menervini im Bulletino Neapolitano (nuov. eer. 
VII, 1. tav. I) gegebeneu facsimile des steines ergab, iu 
welchen die inschrift eingehaueu ist. Denselben text wie- 
derholt auch Fabrefti (C. I. Ital. n, 2873, 3). Ich habe 
von der inschrift im museum zu Neapel am 14. Juni 1870 
eine Zeichnung aufgenommen, und da diese zu dem ergeb- 
nifs führte, dafs der bi.shcrige text derselben an mehreren 
teilen unrichtige lesarten enthielt, so habe ich von allen 
stellen, die ich abweichend lesen mufste, oder die zu ir- 



116 



Corssen 



Dafs an der rechten seite dieses Steines am anfaDge 
der Zeilen der von rechts nach links geschriebenen inschrift 
mindesteus ein schmaler streifen der Itaute fehlt, wahrschein- 
lich weggehauen wurde, um den stein zu irgend einem bau- 
lieben zwecke zu benutzen, zeigen die unvollständigen oder 
den rand berührenden buchstaben und die verstümmelten 
oskiachen wortformeu zu anfang mehrerer zeilen, die sich 
durch hinzufügung je eines buchstabens leicht herstellen 
lassen. Mit diesen ergänzungeo lautet der text der inscbrift 
also folgendermarsen : 

1. . urtam liis 

2. ? [e]d Safinim eak 
3' ? • upam lak oin 

4. im keenzstur 

5. Aiieis Maraiieia, 

6. [p]aam essnf ombn. 

7. [a]vt postirie esidu 

8. [m] uunated fiis 

9. njm leigoss samii 
"• 10. [IJovfrikonosa fif. 
Also die berichtigten lesarten sind z. 6 statt pam: 

aam, z. 7 statt et: vt, z. 9 statt samil: samii. Meine 
ergänzung zu z. 6 ist gerechtfertigt durch paam ^ lat. 
quam, acc. sing. fem. des relativpronomens in der inschrift 
eines quästora von Pompeji (Momras. unterit. dial. s. 183, 
XXIV); z. 6 durch avt ?== lat. autem, das in der inscbrift 
dea cippua von Abella fünfmal zu anfang des satzea wie- 
derkehrt (Verf. Z. Xin, 161f. 241f. Fabrett. C. I. Itaf. 
n. 2783). Z. 7 ist die ergänzung eines m zu dem esidu 
am ende der vorhergehenden zeile gerechtfertigt durch die 
formen esidum, fsfdum = lat. idem (Verf, Z. XI, 329. 
330. Ausspr. I, 386. II, 339. 388. 915. 2 a.), z. 10 die er- 
gänzung des 1 durch lovfreia = lat. liberi und lou- 
fir[ud] = lat. libero (Momms. nnterit. dial. s. 273. 
Verf. Z. XI, 416 f. Ausspr. wortregist. Osk. s. 107.2a.). 
Durch diese textberichtigung werden zweifelhaft die frfdier 
augenommenen wortformen sa-kupam (Verf. Z. XI,4l2f.) 
und ombn[et] (a. o. 414); doch ist in jeuer jedenfalls ein 



zum oikischen dialekt. 

acc.fem. euthalten und o mbi). wahrscheinlich eine abirekürzt 
geschriebene verbalform wieops. ups. für opsed iipsed. 
Der syntaktische Zusammenhang der aus zwei hauptsätzen 
bestehenden Inschrift, der erste derselben mit einem rela- 
tiven Zwischensatz, bleibt so, wie ich ihn früher angegeben 
habe (a, o. 406 f.). 

Indem ich auf meine früheren erklärungen der Qbrigen 
wortformen der inschrift verweise, gebe ich, was ich von 
der inschrift verstanden Labe, durch folgende lückenhafte 
Übersetzung wieder: 

-am -it Samnttium -am bac universorum cen- 
eor Aieius Maraieius, quam — — it (?). Äutem 
posterius idcm unavit in templo legitimes (?) 
simul liberigcnos — . 

Ich verstehe jetzt von dem ersten aatz mir, dafs der 
censor Aieius Maraieius eine aratsbandlung vornimmt, 
die alle Samniten von Bovianum betrifft, also aller Wahr- 
scheinlichkeit nach einen censua, eine Schätzung, wie sie 
zu Rom der censor mit dem lustrum, dem sühnopfer, 
in einem von augur geweihten räum oder bezirk, dem 
templum, auszuüben pflegte. Der zweite satz besagt, 
dafs derselbe censor spc'Lter nach der ersten amtshandlung 
die freigeborenen Samniten, also mit auescblufs der frei- 
gelassenen und sklaven, in das templum zugaramenbe' 
rufen habe. Man darf also vermuthen, dafa die im ersten 
satz bezeichnete amtshandlung des censors die bestimmung 
des censua mittelst anfertigung der steuerrollen war, und 
dafa im zweiten satze von dem lustrum oder sühnopfer 
des censors im templum für die freigeborenen Samniten 
die rede ist. 

1. decemb. 1870. W. Coreaen. 



118 



Zevfä 



Erörterungen aus dem gebiete der italischen 

sprachen. 

1. Ueber das umbrische prinuvattis s. prinuatiir. 

Wie sich in der älteren umbrischen spräche in eini- 
gen Wörtern aus dem vokal i vor einem vokale der ilim 
verwandte consonant j entwickelt hat, der in der spä- 
teren spräche auafiel, wie tri ja = lat. tria und triju- 
per(ter) gegenüber späterem trioper beweisen, ebenso hat 
in der älteren umbrischen aprache in mehreren Wörtern der 
vokal u vor einem vokale den ihm verwandten consonan- 
ten V angenommen, der auf gleiche weise in der späteren 
Sprache ausfiel, wie älteres tiiva (dno) und tuves (duo- 
bus) gegen jüngeres duir (duobus), älteres kastruviif 9. 
kastruvu =^ jimgerera castruo, älteres vatuva s. va- 
tuvu == jüngerem vatuo und der localis raanuve (in 
mann), welcher aus manu-eme entstanden ist*), zeigen. 
Derselbe Vorgang fand im oskischen statt, indem sich auch 
hier in der älteren spräche aus dem u ein v entwickelte, wel- 
ches in der jüngeren wieder ausfiel, wie aus einem vergleich 
des älteren eitiuvü mildern jCingereii eituo hervorgeht. 

Doch fiel dieses v in der späteren umbrischen spräche 
nicht immer aus, sondern erhielt sich sogar, nachdem das 
ihm vorangehende u sich in o verwandelt hatte. So fin- 
den wir von dem pronom, possess. der zweiten peraon den 
abl. sing. fem. einmal tuvä (Vl.a, 42)**), dagegen dreizehn 
male tuä, und den gen. sing, neutr. zwei male (VI. b, 30) 

*) Aufrecht und Kirchhoff. welchen es umbr. uprachd. bd. I p, 125 un- 
klar ist, ob maniive „mit der hand" oder ^in der band" bedeute, alao ob 
es ab], oder localis sei, eutscheiden alcL bd. 1 p. 100 und bd. IT p. 349 mit 
recht beBtiiumt fUr das letztere, indem sie das auslautende e tlir den rest 
des caaiissuffiKes erklären, für daa sie fretlicli irriger weise tid. 1 p. 100 
einem und bd. U p, 349 ejnan halten. Auch haben sie, withrend ea ihnen 
bd. 1 p. 60 fälechlich schien, daf» daa u in manave aus dem folgeoden v 
sich heiau.ientwicfcolt habe, bd. I p. 100 und bd. II p. 34.& richtig gesehen, 
dal's vielmehr umgekehrt aiin dem auslautenden u de» thcma mnnu «ich 
vor dem vokal des antretenden casus-suffixes ein v entwickelt hat. 

**) So wenig -wir grund haben, das zwei male sich findende tover, 
was Aufrecht und Kirchhofl' umbr. aprachd. bd. I p. 63 möglich siheint, filr 
fehlerhaft zu halten, ebenso wenig ist ein solrhcr vorhanden, das nur einmal 
sich zeigende tuva mit Aulredit and KirchhoH', die dieses sogar im te.xto 
in tUB ver&ndert haben, bd. 11 p. 42? für irrthilmlichc Schreibart aniu- 



erörteraiigea ans dem gebiete der iulischen sprachen. 



119 



tover, dagegen sechs male tu er geschrieben. Aus dem 
älteren tuvo, welches indeesen in der späteren sprathe, wie 
VI.a,42 deutlich zeigt, uicht völlig schwand, entstand also 
sowohl mit ausf'all des v tuo, als auch mit beibehalLiiiig 
desselben, aber mit Übergang des u iu o tovo. Mit tnvo 
sind zu vergleichen sowohl die oskischcn formen des pron. 
possess. der dritten persou, der gen. sing. masc. suvois 
(Cipp. Abell. 9. 35) und der abl. sing. fem. suvad (Momm- 
sen unterit. dial. p. 171. IVj als der auf einer älteren latei- 
nischen inachrift (Corp. Tnecr. Lat. Vol. I, 1242 J sich fin- 
dende dat. sing, suvo, sowie mit tovo die auf älteren 
lateiiiisfbciu iuschrifteu sich zeigenden formen dts prou. 
possess. der dritten person, der abl. sing, sovo (Corp. I. L. 
VoJ, I, 1007), der gen. plur. so vom (Corp. I. L. Vol. 1, 
588), der dat. plur. soveia (Corp. I. L. Vol. I, J9-, 
50. 1258) und der abl. plar. soveia (Corp. L L. Vol. 
I, 1297)*). Auf gleiche weise hat sich das aus frflbrreni 
u entwickelte v erhalten, das ti aber ist in o übergegan- 
gen iu dem älterem pnrtuvetu s. purtuvitu entspre- 
chenden jüngeren purdovitu, einem mit der praep. pur 
gebildeten compositum, dessen auch iu den lateinischen 
formen dnim, duis, diiit, duint sich zeigende winzel 
du ^ da (geben) im umbrischeu vor vokaüsch anlauten^ 
der cndung v annahm. Vergl. noch das von Juv (Jovis) 
abgeleitete adjectivura, welches in der älteren spräche Jii- 
vio, in der jüngeren Jovio, und das von dem namen der 
Stadt Iguvium gebildete adjectivum, welches in der filte- 
ren spräche Ikuviuo a. Ijuvino, in der jüngeren dage- 
gen Ijovino 8, lovino lautet. 

*) Wahrend Aufrecht und Kirchhoff umbr. »praehd, bd. I p. 68 fUr da» 
nmbtische anneiiraen, dafs au3 tuus, indem sich aus dem u vor folgendem 
vokal ein V entwickelte, aich zuerst tuvae und später tovas gebildet habe, 
behnuptcn sie bd, 11 p. 221 in -widereprach hiemit, dnfs dies wob) die ent- 
stehungHweiso der oskisclien tonnen suvei's und suvad sei, dagegen 
(vergl. auch Aufrecht und Kirchhoff umbr. spraehd. bd. 1 p. 5G und bd. II 
p. 171) in dem umbr. tover und latein. aoveii der gruud des v darin 
liege, dufa dieseB ov aus iirspraugliohem av hervorgegangen vfilre, so dafs 
das v jener oskisclien rormen mit dem v dieser urabriBchen and lateinischen 
nicht sehlecht>*eg identiileirt wcrdftn dürfe. Ich kann dieser Scheidung nicht 
beitrelen, da mir diti analügic zu fordern scheint, dafs die entstebung des v 
in diesen Übereinstimmenden formen iu allen drei fiprachec dieselbe eei. 



130 



Zeyfs 



Hierher gehört aucb prinuvatns, wofür wir in den 
jiiDgereu tafelu PßINVATVR geschrieben finden, welches, 
da V auf diesen sowohl den vokal u, als den consoiaanten 
V bezeichnet, weon wir das bisher vorgetragene nicht be- 
rticksichtigeQ , sowohl prinuatur als prinvatur zu lesen 
gestattet. Beachten wir dagegen die angeführten beispiele, 
80 kann es nicht zweifelhaft sein, dafs ihnen analog pri- 
nuatur zu lesen ist, wie Grotefend und !Newman gelesen 
haben, während Lanzi, Aufrecht und Kirchhoff, Corssen 
(in d. zeitschr. bd. 111 p. 284, über ausspräche, vokalismus 
und betoouüg der latein. spräche 2. ausg. bd. l p. 714. 754. 
780, bd. 11 p. 125 und 910) und Huschke es vorzogen 
prinvatur zu lesen, aller Wahrscheinlichkeit nach dazu 
durch die lautähnlichkeit mit lateinischem privati, durch 
welches sie dieses umbrische wort wiedergeben, veranlafst. 
Dieser Übersetzung stehen indessen mehrfache bedenken 
entgegen. Zuvörderst verschwindet diese lautähnlichkeit, 
wenn, wie es dem obigen nach erforderlich ist, prinuatur 
gelesen wird. Dann vermuthen Aufrecht und Kirchhoff 
nmbr. sprachd. bd. 1 p. 60 und bd. II p. 246 in rücksicht 
der bilduug des wertes prinuvatns, dafa sich das in 
desBeii' zweiter silbe stehende u nur aus dem folgenden v 
heraus entwickelt habe; allein diese vermuthung kann we- 
der durch die behauptung gerechtfertigt werden, dals das- 
selbe in der sechsten und siebenten tafel in diesem worte 
regelmäfsig weggelassen sei, da hier nicht prinvatur, 
sondern prinuatur zu lesen ist, noch durch die für eine 
solche entwickelung des u beigebrachten beispiele. Wenn 
sie unibr. sprachd. bd. I p. 60 dafür manuve gegen mani 
anführen, so haben sie, wie ich oben in der ersten note 
bemerkt habe, an anderen stellen mit recht gerade das ge- 
gentheil behauptet. Was aber die anderen von ihnen da- 
für angeführten beispiele betrifft, das umbrische aruvia 
gegen arvia, das römische Pacuviua gegen Paquius 
und das marsische Pacviea, und Veeuvius gegen Ves- 
vius, so erscheint die annähme doch wohl natärlicher, 
dafs die kürzeren formen aus den längeren, als dais diese 
aus jenen hervorgegangen seien. Das n endlich änden bei 



'aSrtenmgai ku dem gAiete der iUlüebaa sprachen. 



121 



• annähme, dals mnbr. prinuvato = römisch, privato 
und osk. preivato sei, Aufrecht und Kirchhoff selbst mit 
recht unerklärlich und ebenso erscheint ihnen mit recht 
noch bedenklicher, als dieses, der umstand, dafs seihst im 
umbriecben das primitiviim von privatus, das römische 
privus, V. a, 13 und t8 prevo lautet, also jenes n nicht 
aufweist. Corssen dagegen (in d. zeitschr. bd, 111 p. 284 
und über ausspr., vokal, und beton, der lat. spräche 2. ausg. 
bd. I p. 780) meint, indem er gleichfalls umbr. prinuvato 
= r5m. privato hält, dafs an pri zunächst die endang 
nu und an diese die endung vo gesetzt und von dem so 
entstandenen stamm ein causales verbum der a-conjngation 
gebildet sei, dessen partic. pri-nu-v-a-tus sich nur durch 
die erste endung nu vom lat. pri-v-atus unterscheide. 
Hier hat Corssen zunächst übersehen, dafs das v in pri- 
nuvatus nicht der hinzuftJgung einer endung vo seine 
existent verdankt, sondern, wie in manuve, sich aus dem 
vorhergehenden u vor dem folgenden vokal entwickelt hat. 
Sodann ist die zweite silbe von prinuvatus nu, wie ihre 
form zeigt, nicht, was Corssen will, dieselbe, mit der pro- 
-nu-6, de-ni-que, super-ne, po-ne gebildet sind. Siehe, 
was ich über die mit dem sufüx ne gebildeten italischen 
Wörter in d. zeitschr. bd. XIX p. 163 — 175 gesagt habe. 
Vielmehr ist dieses nu ganz von derselben art, wie das 
nu in manu, insofern prinu und manu auf gleiche weise 
von den wurzeln prin und mau abgeleitete u-stämme 
sind; denn, was das letztere betrifll, so ist es jedenfalls 
mit dem altnord. mund (band) zusammenzustellen. Die 
einfache wurzel ma, die sich im griech. fiäouai (tasten, 
noch etwas greifen) zeigt, erscheint also in beiden, in dem 
lat. manus und altnord. mund, ebenso durch n verstärkt, 
wie durch r im griech. //«pjj, das nach Schol. Ven, zu IL 
XV, 37 bei Pindar band bedeutet, und in BX'fictQrj^ =: 
evxiQ^g, deren wurzel mar (nehmen) sich noch im alba- 
nesischen erhalten hat*). Schon hieiaus geht hervor, dals 



*) Wenn dagegen Corssen in d. zeitschr. td. III p. 300 und über aui> 
»pracfas, rokalismaa und betonuog 2. ausg. bd. I p. idl daa lat. manus 



122 



Zevfs 



das pri in prinuvatus von anderer art ist als das pri 
im lat. privus und privatus. Dazu komoit aber nooJi 
folgendes. Während Aufrecht und Kircbhoff umbr. sprachd. 
bd. II p. 41t) utnbr.prevo und lat. privus für ans pro- 
-IV o entstanden halten, erklärt es Corssen in d. zeitsohr. 
bd. III p. 284, krit. beitrage zur lat. formenlehre p. 433, 
Ueber aiisspr., vokaliem. und betonung der latein. spraßbe 
2. ausg. bd I p. 780 für gebildet aus dem localis pri und 
der endung vo. Nach beiden erklärungeu soll also umbr. 
prevo = lat. privus eigentlich „hervorragend" und da- 
her „einzeln, gesondert" bedeuten. Dem steht aber nicht 
nur entgegen, dafs die nach jener ableituug zwar natür- 
liche bedeutuog hervorragend durch keine stelle erwie- 
sen werden kann, sondern auch, dafs, wenn auch ein her- 
vorragen eine gewisse Vereinzelung und sonderung ist, wir 
doch schwerlich annehmen können, dafs dieser einfache 
begriff der trennung aus jenem hervorgegangen sei. Weit 
natürlicher erscheint die von Benary röm. lautlehre p. 293ff. 
gegebene erkläruug, nach der lat. privus aus prth-vus 
von der skr. wurzel prth (separare) entstanden ist. Doch 
bemerkt gegen diese Ebel in d. zeitschr. bd, V p. 239 mit 
recht, dafs dem skr. prth sich viel eher lat. part ver- 
gleicht als *prit, welches vielmehr prith statt prth vor- 
aussetzen würde. Gesetzt aber, dafs privo wirklich, wie 
Corssen will, aus pri und der endung vo gebildet sei, so 
steht der ableitung des umbrischen prinuvatus von die- 
ser praep. doch entgegen, dafs jenes an eämmtlichen stel- 
len mit i geschrieben ist, während das umbriscbe die prae- 
position pri gar nicht kennt, sondern neben der untrenn- 
baren praep. pro die sowohl trennbare als untrennbare 
praep. pre, ja dafs selbst das dem lat. privus entspre- 
chende umbrische prevo durchgängig mit e geschrie- 
ben ist. 

Wenn Kuötel in seiner abhandlung „das sühnfest von 
Iguvium", Grofs-Glogau 1862 p- 13 prinuvatus durch 



von der »kr. wurzel mfi (metiri) ablpitet, »o dafs dieees wort die band als 
nmessende" bezeichne, so ist diese erklHrung zu iinnatdrlich , ala daCe sie 
einer Widerlegung bedurfte. 



erörtemn^ea ana dem gebiete der itaüaclien spracbBii. 



123 



„vornebme" übersetzt, so scheint er an daa lat. principea 
gedacht zu haben. Auch diese erklärung ist durchaus ir- 
rig; denn, ganz abgesehen vom zweiten theiie des wortes 
prinuvatus, ist erstens in princeps das m von pri- 
miis nur wegen der folgenden gutturalis c in n fiberge- 
gangen, ein öbergaiig, zu dem in priuuvatua, in welchem 
keine gutturalis vorhanden ist, durchaus kern grund vor- 
handen war Dann aber steht auch der vokal o, da dem 
lat. primus im umbrischen promo entspricht, dieser er- 
klärung entgegen. Schlimmer aber noch als diese ist die 
von NevFiaan in seiner iuterpretation der iguvischen tafeln 
p. 21 gegebene. Während er nämlich prinu durch priti- 
ceps übersetzt, denkt er bei vatus an vatuva, welches 
er p, 4 mit dem kymrischen und armorischen gwad (san- 
guis) zusammenstellt und daher durch sauguis wiedergibt. 
Prinuvatus soll demnach eigentlich princeps sanguifl, d.h. 
proceres, patrioii bedeuten. 

Durch das bisher vorgetragene glaube ich dargetban 
zu haben, dafs sämratliche bisher von prinu vatus gege- 
bene erklärungeu — Grotetends Übersetzung kann hier uifht 
in betracht kommen — falsch sind, dafs auf der sechsten 
und siebenten tafel nicht prinvatur, sondern prinuatur 
gelesen werden mufs, uud dai's dieses wort einem verbum 
nominale, das von einem u-stamme, prinu, gebildet ist, 
angehört. Offenbar ist es auch, dais prinu vatus s. 
prinuatur nom. plur. des partic. perf. pass. eines causalen 
verbura der ersten abgeleiteten conjugation ist. Die be- 
dcutung desselben aber läfst sich natürlich so lange nicht 
bestimmen, als sich zur bestimmung der bedetitung des 
Domen prinu kein anhält bietet. 



Ueber die umbrischen Wörter maletu, kumaitu s. 
kumultu = comoltu und kumates ^ comatir. 

Maletu, welches wir nur II. a, 18 finden, wo die 
Worte lauten: „Huntia fertu katlu, arvia, etnisla, fikla, 
pune, vinu, salu maletu, mantrahklu, veskla snata asnata, 
umen fertu", kann seiner form nach sowohl imperat., als 



124 



ZeyfB 



partic. pf. pass. sein. Auch scheint die Verbindung, in wel- 
cher dieses wort steht, jede dieser beiden autfassungeu zu 
gestatten. Wir sehen daher, dafs, während Aufrecht und 
Kirchhofi umbr, sprauLd. bd. II p. 384 es als imperativ auf- 
fassen und salu male tu durch salem molito übersetzen, 
andere erklärer es für den acc. sing, halten, indem Huschke 
iguvische tafeln p. 361 und 366 es durch salem moli- 
tum und Newmau in seiner ioterpretation der iguvischen 
tafeln p. 10 dnrch sal (ac) molam wiedargibt. Für jene 
erklärung könnte man allerdings anführen j daf8, wenn 
maletu nicht imperativ wäre, das hinter umen stehende 
fertu überflüssig sein würde; allein nicht nur wird, wie 
hinter jedem zu opfernden gegenständ häufig fetu, z. b. 
VI. a, 58—59. VI. b, 1-2. VI. b,3. VI. b, 19—20, ebenso 
bei jeder zum opfer zu bringenden eache auf eben dieser 
tafel n. b, 14 — 16 fertu gesetzt, sondern es erscheint auch 
an und für sich unwahrscheinlich, dafs zwischen den he- 
fehl, verschiedene dinge zum opfer zu bringen, der befehl 
salz zu zerstofsen oineeschoben sei. Natürlicher mufs es 
vielmehr erscheinen, dafs schon zerstofsenes salz unter den 
zu bringenden gegenständen genannt werde. Ich mufs mich 
daher für die aiiffassiing des wortes maletu als part. pf. 
paas. entscheiden und übersetze demnach salu maletu, 
wie es Huschke gethan hat, durch salem molitum. 

Für dasselbe verbum in der Zusammensetzung mit der 
prsep. kum s. com halten Aufrecht und Kirchhoff umbr. 
sprachd. bd. II p. 411 dasjenige, dessen imperativ auf den 
älteren tafeln theils kumaltu (II. a, 9. 41. IV. 28), theils 
kumultu (I. a, 34), auf den jungem dagegen comoltu 
(Vi. b, 17. 41. VII. a, 39. 44. 45) geschrieben ist. Sie mei- 
nen daher umbr. sprachd. bd, I p. 49. 60. 68. 92. 142. 154. 
bd. II p. 206. 411, dafs dessen einfaches m als verdoppelt 
zu fassen sei, und übersetzen, wie schon Lanzi Saggio di 
ÜDgua Etruaca. Tom. I p. 377. Tora. II p. 675. 741. 815 
dieses umbrische verbum für identisch mit dem lat. com- 
molere hielt, diesen imper. durch commolito. Dieselbe 
Übersetzung gibt Corssen über ausspr., vokal, und beton. 
2. ausg. bd. I p. 207. bd. R p. 17. 27. 430. 546. 585. 910. 



erörterungen aua dem gebiete der iCaliacIieii sprachen. 



125 



911. Dreierlei steht indessen dieser erklärung entgegen. 
Erstens nämlich gehört daa einfache mal etil, wie dessen 
e zeigt, der zweiten umbrischen vokaliechen conjugation, 
dagegen das zusammengesetzte kumaltu, kumultu, co- 
moltu der consonantiscben conjugation an; unwahrschein- 
lich aber ist es, dafe dasselbe verbum iu der zuäanimen- 
setzung einer anderen classe als in sniner einfachen gestalt 
angehöre, und siwar auf derselben tafel, indem II. a, 18 
maletu, II.a,9 kumaitu steht. Zweitens aber, wenn auch 
mit der Übersetzung commolito wenigstens grammatisch 
sich die stellen vereinigen, in denen bei diesem imper. der 
acc. zeref (I. a, 34) s. serse (VI. b, 17. 41) steht, so ist 
dieses docli, da commolere ein transitives verbum ist, 
an allen übrigen stellen (II. a, 9. 41. IV. 28. VII. a, 39. 
44. 45), an denen weder dieser noch ein anderer acc. .sich 
findet, nicht der fall. Zwar sprechen Aufrecht und Kirch- 
hofl" umbr, sprachd. bd. II p. 20ß die vermuthung aus, dafs, 
da VII. a, 39, wo derselbe ritus wie VI. b, 17 beschrieben 
wird, das dort befindliche serse fehlt, anzunehmen sei, 
dafs an allen jenen stellen, wo dieses verbum ohne objekts- 
angabe erscheint, der acc. aerse stillschweigend hinzuzu- 
denken sei; allein schwerlich gestattet commolere, zer- 
mahlen, zerstofsen die ergänzung eines Objektes, das 
im vorhergehenden gar nicht genannt ist. Drittens endlich 
pafst kumaitu, kumultu, comoltu, worauf Huschke 
iguvische tafeln p. 172 mit recht aufmerksam gemacht hat, 
da es an allen stellen die vorletzte, nur IL a, 41. IV, 28. 
VII. a, 44 die drittletzte opferbandlung ist, in der bedeu- 
tung von commolito nicht in den zusammenbang. Aits 
eben diesem gründe ist es zu verwerfen, wenn Newmau, 
während er II. a, 41 und VI. b, 17 diesen imperativ eben- 
falls durch commolito übersetzt, in Widerspruch hiemit 
für I. a, 34 = VI. b, 41. II. a, 9. IV, 28. VII. a, 39 die 
Übersetzung molfl conspergito gibt. Ueberdies würde 
die praeposition eines diesen sinn ausdrückenden umbri- 
schen verbum doch wohl der des lateinischen immolato 
entsprechen. Die Übersetzung Grotefends dagegen durch 
cumulato und die Huscbkes durch aequato bedarf 



126 



Zeyf» 



schwerlich einer widerleguiig. Die bedeutung dieses Wor- 
tes ist noch zu ermitteln. 

Den abl. plnr, kumates (IL a, 42. IV. 28), wofür 

I. b, 37. 38 und II. a, 9 uiit ahfall des s kumate und 
l.a,34 mit ausfall des e kumats steht, = comatir {VI. b, 
17. -41. VII. a, 39. 44. 45) halten Aufrecht und Kirchhoff 
umbr. sprachd. bd. I p. 68. 92. 147. bd, II p. 207 und 4H, 
indem sie amiehuien, dafs in ihm 1 vor dem t ausgefallen 
sei, fÖr dem part. pf. pass. desselben verbum angehörig, 
dessen imperativ kumaltu, kumultu, comoitu lautet, 
und übersetzen ihn daher durch commo litis. Zur be- 
grQnduog dieser ansieht führen sie zweierlei an. Erstens 
nämlich sagen sie, dafs kumultu (I. a, 34) auf der zwei- 
ten (II. a, 9. 41) und vierten (IV, 28) tafel regelmäfsig ku- 
maltu laute, und zweitens, dafs die phrase kumates 
pesnimu = comatir persnimu sich immer nur nach 
einem vorangegangenen kumaltu ^ comoitu finde, wie 
denn dieser imperat. jen^r II. a, 9. VI. b, 17. VII. a, 39. 44 
und 45 unmittelbar vorhergebt, während zwischen beiden 

II. a, 41 — 42 noch die worte kapire punes vepuratu, 
antakrce und IV. a, 28 — 29 die worte arkani kanetu 
stehen, wie I. a, 34 zeref = VI, b, 41 serse. Nur I, b, 
37. 38, wo vor kumate noch antakre steht, gebt kein 
kumaltu vorher; allein an der entsprerhcnden stelle VII. a, 
44. 45 findet sich ebenfalls unmittelbar vorher comoitu 
und VI. b, 41 folgen auf arnipo comatir pesnis fust 
unmittelbar die worte seree pisher comoitu, serse 
comatir peranimu. Obgleich nun aus deo angeftihrten 
beiden umständen nicht nothwendig das folgt, was Auf- 
recht und Kirchlioff behaupten, so ist ihnen doch Schwei- 
zer-Sidler in d, zeitschr. bd. XVI p. 131 beigetreten^ und 
auch Huschke iguv. tafeln p. 173 und 690, dieser Jedoch 
darin abweichend, dafs er, wie kumaltu durch aequato, 
so kumates durch aequatis übersetzt. Es stehen aber 
dieser behauptung drei gewichtige umstände geradezu ent- 
gegen. Erstens nämlich ist, wie Aufrecht und Kirchhoff 
umbr. sprachd. bd. II p. 207 selbst bemerkt haben, kein 
gruud zu finden, aus welchem das I vor dem t im impe- 



erörtertmgen atit dem gebiete der itAlisclicn sprachen. 



127 



fStiv stehen goblloben, dagegen in dem partic. desselben 
verbum ansc:efa!lcn e-ein sollte. Zwcitene, und auch dieses 
haben Aufrecht und Kirchhoff bd. 11 p. 207 bemerkt, ist 
nicht piiiziisphen, wie der vokal desselben etamm'es a sich 
im partic. auch auf denjenigen tafeln behauptet haben eollte, 
auf denen er im imper. in u (I. a. kun^ultu) und o (VI. 
und VII. eomoltu) übergegangen ist, dergestalt, dais 
nach kumwltu und comoltii sich auf denselben tafeln 
knmatee 8. comatir findet. Dazu kommt drittens. I. a., 
33 — -34 steht „zeref kumiiltu , zeref kumat[e]8 pe- 
snimu" und an der entsprechenden stelle VI. b, 41 ,,8er8e 
pisber comoltu, serse comatir persuima''. Offen- 
bar gehört hier, wie der erste acc. pl. zeref s. serse zu 
dem imper. kumultu s, eomoUu, so der zweite zudem 
imperat. pesnimu. Wäre nun kumat[e]8 s. comatir 
part. pf, pass. desselben verbum, dem der imper. act. ku- 
multu 8. comoltu angelfört, so müfste dieses partieip. 
durchaus ebenfalls im acc. pl. stehen; denn es ist ebenso 
unmöglich nach dem accus, zeref 8. serse zu dem abl. 
kumat[e]g s. comatir noch den ablativ eben jenes aub- 
stantivums zu ergänzen, als, wie Aufrecht und Kirchhoff 
umbr. sprachd. bd. II p. 230 wollen, kumat[e]B s. co- 
matir ohne bestimmte beziehung auf zeref s. serse als 
neutralen ausdrnck in dem sinne von „nachdem commolirt 
worden" zu fassen, da in diesem falle durchaus der ablat. 
sing, erforderlich wäre. Diese umstände sind zu gewich- 
tig, als dafs sie Au frech ts und Kirchhoffs erklärung von 
kumatea = comatir zuJiefsen. Richtig haben daher 
Grotefend (Rudiment, ling. umbr. Partiell, 21 und 32] 
und Newman kumultu s. kumultu = comoltu und 
kum ates= comati r, wenn schon sie in der Übersetzung 
dieser Wörter gefehlt haben, verschiedenen stammen zuge- 
wiesen. Endlich raufs dieses letztere, wenn es auch daa 
ausscheu eines part., pf, pass, hat, doch ein eubstantivum 
sein, wie daraus klar erbellt, dafs II. a, 42 ihm das adj. 
antakres (integris) beigefügt ist, wofür I. b, 37 und 38 
mit abfall des scblielsendeu a antakre kumate steht. 



128 



Zeyfs 



3. Ueber das umbrische courtast. 

Dafs courtust (VI. a, 6) aus covortust etitstanden 
sei, hatte schon Grotefend Kudiment. ling. unibr. Partie. 
JI, 19 und 30 richtig gesehen, obgleich er theilü darin 
irrte, dafs er diese form für zweisilbig hielt, theils sie Par- 
tie. VI p. G ganz falsch übersetzte. Aufrecht uod Kirch- 
hoff dagegen halten umbr. sprachd. bd. II p. 59 und 410 
courtust für irrthümlich und haben es daher auch im 
textein covortust verändert, obschon sie einräumen, dafs 
sich die nothwendigkeit und richtigkeit der änderung nicht 
streng beweisen lasse. Allerdings finden wir dafür VII. 
a, 39 covortus, womit zu vergleichen sind I. b, jl ku- 
vurtua und VI. b, 64 covortuso, und läugneo läfst sich 
nicht, dafs die änderung in covortust sehr leicht ist, in- 
dem sowohl u als V in der lateinischen schrift durch V 
bezeichnet wird, mithin nur ein o einzuschieben ist. Fra- 
gen wir dagegen, ob es nothwendig sei die lesart des Ori- 
ginals so zu ändern, so läfst sich schwerlich in abrede 
Stelleu, dafs neben der vollen form covortust recht gut 
die kürzere courtust habe bestehen können. Mit recht 
haben daher diese Huschke iguv. tafeln p. 63 und 602, 
Knötel das sühnfest von Iguvium, Grofs-Glogau 1862 p. 16, 
Newman thc text of the Iguvine Inscriptions p. 30 und 
Corsscn über ausspr. , vokal, und betonung 1. ausg. bd. II 
p. 3.'>3. 2. ausg. bd. II p. 912 und krit. beitr. zur lat. for- 
mealehre p. 582 beibehalten. Doch wenn Huschke und 
Coresen die entstehung von courtust aus covortust da- 
durch erklären, dafs, wie in lat. prorsus, suraum, rur- 
SU9, der wurzel vokal o des zweiten compositionsgliedes 
ausgefallen und nun das v vor dem folgenden consooanten 
zu u geworden sei, so kann ich nicht beistimmen. Viel- 
mehr ist, wie im eanskrit häufig {Bopp vgl. gramm. l.ausg. 
p. 564J aus va dadurch, dafs sich das v mit dem a zu 
einem laut vereinigte, u wurde, was wir auch im lateini- 
schen wahrnehmen, wie in dem aus quatio hervorgegan- 
genen cutio (iu concutio), ebenso im lateiuisclien aus 
vo, indem sich das v mit dem o zu einem laute verband, 



«rStterangcn aui dem gebiete der italiacheti sprichen. 



129 



II entstanden, und zwar nicht blos nach q, wie in den aus 
f[nojns, quor, quom hervorgegangenen cujus, cur, 
cum, sondern auch in auderen fallen, wie älterea Toxor 
üu uxor und si voltis zu si ultis und dieses durch 
contraction zu sultis wurde. Vergl. Herrn. Ad. Koch in 
seiner abliandlung „VOXOR = YXOR" in den o.jahrb. 
f. pbil. und päd. 1870. 1.ahth. p.283— 28Ö und p. 685-687. 
Ganz auf dieselbe weise nun ging das umbriscbe courtnst 
aus covortust hervor. 



4. Ueber die umbrischen Wörter urfeta und kren- 
katrum ^ cringatrom. 

In bezug auf ein dem Jupiter, der II. b. 24 Jupater 
SaÄe angeredet wird, darzubringendes opfer wird II. b, 
22 ■—23 gesagt: „Pune seste, urfeta manuve ha- 
be tu", d. h. Quum (Jovi patri vitulum) siates, orhitam in 
manu habeto; denn dafs hier urfeta der form nach genau 
dem !at. orbita entspreche, haben Aufrecht und Kirchhoff 
umbr. Bpracbd. bd. I p. 91. bd. II p. 349 und 422 richtig 
bemerkt. Freilich ist die bedeutung wagengeleise hier 
ganz unstatthaft, der Zusammenhang dieser stelle fordert 
vielmehr einen gegenständ, welcher in der band gehalten 
werdeu soll. Urfeta, von dessen bildung ich de vocabul. 
Umbric. fictione. Particul. III p. 18 gehandelt habe, steht 
also hier in der bedeutung orbis s. rota, welche deutlich 
aus der von Huschke iguv. tafeln p. 336 beigebrachten 
stelle des Schol. zu Cic. Verr. II, I, 59 hervorgebt: „Or- 
bita duas rea significat: uam orbita et rota ipsa intelligi- 
tar et vestigium in molli solo". Die beziehung aber, welche 
die urfeta bei diesem dem Jupiter Sancus darzubrin- 
genden opfer hat, ist oflenbar dieselbe, welche die orbes 
im sacellum des Semo Sancus hatten, von denen Liv. 
VIII, 20, 8 sagt: ^Äenei orbes facti, positi in sacello Sanci 
adversua aedem Quirini". Die bedeutung ist nämlich eine 
sinnbildliche, dieselbe, welche das rad in dem cultus der 
Inder, der anhänger Buddhas in Mittelasien, der Scandi- 
uavier und der Angelsachsen, ja auch der Semiten (Daniel 

ZeiUcfar. t. vargl. tpr&chf. XX. 3. 2 



130 



Zejta 



Vn, 9 ) hat. üeberall ist es das ayroho] <ler ewigen Weltbe- 
wegung, des kreislaufes der scliopfung, dos ewig wieder- 
kehrenden, wie der ewigen bewegung der biminlischeu ge- 
stirne, so des fortwälirendcn weclisels der jalireszeiteu und 
des beständigen wechseis von tag und nacht. Dazu pafst 
auch der name des Jupiter, insofern, wie der griecliische 
aus Jtev-s hervorgegangene name Zev-g, eo der latei- 
nische Diov-is mit dem ekr. djäu-s (coelnm) zusainmen- 
zuatellen ist. Vergl. meine abhandl, de vocabul. Umbric. 
fictione. Partie, II p. 6"). 

Wie die urfeta beim opfcr II. b, 22 — 23 in der band 
gehalten wird, ebenso soll das krcnkatro a. krikatro 
= cringatro genannte Werkzeug II. b, 27— 29 beim opfer 
testre euze gehalten werden. Die worte lauten hier: 
„Pune anpenes, krikatrn testre enze habeto; ape ape- 
lus, mefe atentu. Ape piurtuvies, testre enze habetu 
krikatru". Aufrecht und Kircbhoff meinen nun umbr. 
sprachd. bd. II p. 3;i2, indem sie mit dieser stelle VI. b, 4 
„mandraclo difue destre habitu" und VI. b, 50 ^i Erihont 
aso destre onse fertu", i. e. Idem (arsfertur) aram dextra 
aasa ferto, vergleichen, dafs, wie difiia einen tbeil des raan- 
draclom (vgl. Aufrecht und Kircbhoff umbr. sprachd. bd. II 
p. 190) und onsa einen tbpil des asos (vgl. Aufrecht und 
Kirchhoff umbr, sprachd. bd. II p. 245), ebenso euza, von 
dem euze der localis ist, einen theil des krikatmm be- 
deute. Natürlich erscheint dieses allerdings, wenn wir nur 
diese beiden stellen vergleichen; eine andere möglichkcit 
aber ergibt sich, wenn wir mit II. b, 27— 29, wie es mit 
recht von Hnachke iguv. tafeln p, 338 geschehen ist, VI. 
b, 49, wo dasselbe Instrument cringatro erw."ihnt wird, 
zusammenstellen. Wenn nämlich hier gesagt wird: „Ape 
angia combifianpiuat, perca arsmatiam anovihinm, crin- 



•) Wenn dagegen Lonrenüus Lydus de mens. IV, 58 p. äSO ed. Roe- 
ther. über den namen Saticus sagt: , rti ^äyrrn; öm/ia ni' (ine nv aij- 
jirtivft n] 2aii(i-wr yXmruT;/^ so mt tjiese behaiiptuiig, wie Gratefond Rudi- 
ment, ling. nmbr, Partie. IJI p. 26 und Mommsen iinterilal. dial. p. 364 ge- 
zeigt haben, offenbar aus einem mifsverstündnifa hervorgegangen. Vgl. Auf- 
recht und KirchbofiT umbr. aprachtl. bil. H p. 180. 



er6rtermig«D aus dem gebiete der itiuuSfie^Tprachen. 



18t 



gatro hatu, destrarae scapla anovihimu", i. p. Qmim — 
consppxerit, -am -am -itor, -atrum teneto, in dpxtrain sca- 
pulam -itor, so ist es offenbar, dafs als objekt r.um zwei- 
ten auovihimii entweder das cringatrom allein oder beide, 
die perfa und das cringatrom, binzuzudeuken sind, nicht 
aber, was Aufrecbt und KircLhoff umbr. spracbd. bd. II 
p. 242 ffSr allenfalls möglich halten, die perca allein; denn 
dieses verhindert die Stellung der worte „destrame scapla 
anoTihimii" unmittelbar hinter ;,cringatro hatu". Jedenfiills 
also soll in dieser stelle das cringatrom auf die rechte 
Schulter genommen werden. Ebenso aber kann II. b, 27 — 29 
das, wo das cringatrom gehalten wird, die rechte euza, 
der haltenden person zukommen, was um so wahrschein- 
licher wird, als an beiden stellen, II. b, 27 — '29 und 
VI. b^ 49 vom cringatrom die rede ist und an beiden stel- 
len, dort die rechte schutter, hier die rechte eiiza, wo das 
cringatrom zu tragen ist, genannt wird. GewiTs ist 
dies freilich nicht, da es sich gleichwohl mit der eur.a so 
verhalten kann, wie Aufrecht und Kirchhoff angenommen 
haben. Da aber auf diese weise die bedentun» von euza 
ganz ivnklar ist, so gewinnen wir durch dieselbe nichts für 
die bestimruung der bedeutung von cringatrom. Diese 
ist vielmehr auf anderem wege zu suchen. Dal's unter 
cringatrom ein Werkzeug zu verstehen sei, zeigt die en- 
dung tro. Vergl. meine abhandlung de vocab. nmbric. 
fictione. Partiell p. 16. Krenka aber b. cringa ist ein 
mit znsatz eines a von einem uominalstamm abgeleitetes 
verbalthema, dessen zweites k durch den erweichenden ein- 
flufs, welchen daa n auf eine folgende inlautende tenuis 
in der jüngeren umbrischen spräche ausübt, in dieser, wie 
in dem aus ursprünglichem ivenka hervorgegangenen 
ivenga (juvenca) und in dem lat. Sangus (Fest. p. 317 M.) 
fürSancus, zu g geworden ist (vgl. Aufrecht und Kirch- 
hoff umbr. sprachd. bd. I p. 96), während eben dieses n 
in der älteren spräche auch ausfiel, so dafs, wie iveka 
späterem ivenga, ebenso neben krenkatrum (I. b, 11) 
krikatru (IL b, 27. 29) späterem cringatro (VI. b, 49) 
gegenübersteht. Vgl. Aufrecbt und Kirchhoff umbr. eprachd. 

9* 



132 



Zeyf» 



bil. I p. 97. Der nominalstamm aber, von welclieDi krenka 
s. cringa abgeleitet ist, miils mit den von liuschke oak. 
und sabell. sprachd. p. iMI und iguv. tafeln p. 219 vergli- 
ebenen ahd. bring und nhd,kring-el und den von mir 
in der abband!, de vocabul. unibric. fictione. Part. II p. 11» 
angeführten slawischen Wörtern krank und krong (cir- 
culus) zusammengestellt werden. Wie ferner das tmibri- 
Bche krenkatrum in der älteren spräche auch ohne n 
erscheint, ebenso fehlt dieses in dem griech. xplxog, so- 
wie im griech. y. t ^ y. ti i^ und lat. cireus, in denen zugleich 
das r versetzt ist. Siehe über diese Versetzung des einem 
couBonanteu im anlaut folgenden r an den scblufa der silbe 
Ritscbl im fünften, achten und siebzehnten der plautjni- 
schen excurse im rhein. mus. VII p. .'in.Tff., p. 561 ft'., VIII 
p. 150 ff. und ebendaselbst IX p. 478 ff. Das unibrische 
verbaltheraa krenka s. cringa ist demnach identisch mit 
dem des ahd. bringjan und lat. eiroare (Ilildebrand 
Glossar, latin. p. 53), d. h. xvx'/.6m. Krenkatro s. kri- 
katro = cringatro mufs also von urfeta verschieden 
sein und ein instnunent zur bescbreibung eines kreises be- 
zeichnen, nicht „circuliis, ring, reif"*, wie Mnschke osk. 
und sabell. sprachd. p. 90 und iguv. tafeln p. 218. 22(1. 334. 
336 und 691 will. Ich übersetze es daher durch iciny.ivog, 
circinus. Wie aber die urfeta eine sinnbildliche bedeu- 
tung hat, ebenso wird auch die des krenkatrnm eine 
sinnbildliche sein, die wohl als eine ähnliche gedacht wer- 
den kann, schwerlich aber näher zu bestimmen ist. 



5. Vasce, 

Die auf einem trinkgefiifse bei Jos. Kamp in seiner 
Schrift „die epigraphischen anticaglien in Cöln", Cöln I8t!9 
sich findende aufschrift vaace ist weder für ein unbekann- 
tes wort, noch mit dem recenaenten dieser Sammlung in 
Zarncke's literar. centralblatt 1870 no. 1 1 p. 285 für ver- 
derbt zu halten. Vielmehr ist vasce abgekürzt für va- 
lesce geschrieben^ wie fia für filia Corp, Inscr. Latin. 
I, 1347. Mithin ist die» ein ähnlicher trinkzuapruch, wie 



fSrterungen aus dem gebiet« der italischen Bpracben. 



133 



die aufachrift vires, d.h. ich wünsche dir vires, weiche 
ein anderes trinkgeföls derselben Sammlung darbietet. 



6. Alternip. 



Im 



rali 



liest för alt( 



Carmen fratriim 
4a und b steht, 4c Mariui alternip, welches, wenn es 
richtig wäre, weil unverändertes p im auslaut lateinischer 
Wörter nur nach abstol'sung des auslautenden vokals, und 
zwar nur in dem apokopirten volup s. volop för vo- 
lupc, sich zeigt, für alternipe gesetzt und mit ipsippe 
bei Fest. p. 105 M. zu vergleichen sein würde. Allein der 
richtigkeit dieser lesart steht nicht blos entgegen, dafs das 
itdjectivunj alte raus nirgends mit der verstärkenden par- 
tikel pe verbunden erscheint, sondern auch, dals Momm- 
sen Corp. Inacr. Lat. I, 28 p. 10 über alternip bemerkt: 
„ita fere tabula; litterae tarnen deformatae magis sunt 
quam permutatae". Die herauegeber des Carmen haben 
daher kein bedenken getragen, wie 4a und b, so auch 4 c 
alternei zu lesen, obgleich es leichter scheinen könnte, 
alternip mit Veränderung nur eines buchstaben in das 
bei dichtem und prosaikeru häufige alterais, als mit 
Veränderung zweier buchstaben in alternei zu verwan- 
deln. Wenigstens könnte man dagegen nicht anführen, 
dafs alternei, weil es 4a und b stände, auch 4c stehen 
müfste; denn für sins, wie 2a und b gelesen wird, i. e. 
sinas^ findet eich 2c aers, i. e. siris a. siveris. Gleich- 
wohl erscheint weder alternei noch alternis bei erwä- 
gung des folgenden richtig. Mit ausnähme von 1 a. b. c, 
wo die Lares angerufen werden , ist das ganze Carmen an 
den Mars gerichtet; dessen Zusammenhang würde aber of- 
fenbar unterbrochen, wenn, was an sich eine ungeheuer- 
liehe annähme ist, 4a,b. c advocapit für advocabitis, 
wie man mehrfach gewollt hat, zu fassen wäre, dergestalt, 
daft diese worte gar nicht in bezug auf den Mars stän- 
den, sondern von den fratres zu einander gesagt würden. 
Vielmehr, wie 2a. b. c Mars angeredet wird, ebenso ge- 
schieht dies 3 a. b. c, wo ich mit den meisten herausgebern 



134 ZejCa, erorterungeii aus dem gebioto der ttaliscLen nprsclieu. 

lese; Satur furere, Mars, Urnen sali, eta Berber 
und mit PreJler (in der recension von Klruiseii de carm. 
fratr. arval. in der Hall, allgem. L. Z. 1841. September 
no. IGt) sali und ata transitiv und als simplicia pro com- 
positiü nehme, so dai's also timeu sali durch limeu äu- 
pcrsili uüd sta herber durch siste verber zu erklären 
ist. Der zusaminenhatig würde also, wie Preller mit recht 
sagt, dieser sein: „Satt des rasens kehre im kriegestauze 
zur(k"k ober die schwelle tind lafs ruhen die geifael", und 
der gegensatz der aus den earceres seines haines mit dem 
kriegs-wagen hervorstörzeude Mara, von dem Ovid. Metam. 
XIV, 820 sagt: „Conscendit equos GradivuB et ictii Ver- 
beris iucrepuit". Daran achliefst sich nun v8. 4, in wel- 
chem, wie advocapit zeigt, mit Grotefend (in der recen- 
sion von Klausen de carm. fratr. arval. in der zeitsehr. f. 
die alterthumswissenach. 1837 no. 13) alternei in alter 
nei aufzulösen und zu construiren igt: nei alter advocahit 
cunctus Semones. Nei ist hier nach alterthilmlichem 
Sprachgebrauch ^= non und für alter worden wir nach 
gewöhnlicher redeweise alius erwarten. Der sinn ist also: 
Nicht soll ein anderer sämmtliche Semones zu unserer 
hfilfe herbeirufen, sondern hilf du uns. So reiht eich pas- 
send der schlnfa vs. 5 an, in welchem Mars nochmals 
mit den werten: Enos, Marmor, iuvato! augerufen 
wird. 

Zeyfs. 



B eine ikun gen über den urspnuig der lateini- 
schen Suffixe clo, culo, cio; cla, cula, cra; 
cino, cinio; ciindo. 

Im lateinischen werden durch das priniärsnffix clo 
oder gewöhnlicher culo neutra gebildet, welche ein Werk- 
zeug (mittel, ort) zu einer handlung bezeichnen. Seltener 
sind entsprechende feminina auf cula. Wenn ein 1 vor- 
hergeht, wird der dissimilation wegen die suffixform cro 
vorgezogen. 



Bugge, Int. safflxa clo, culo, <to; cIb, ciila, crs etc. 



135 



Ebel war nieiues Essens der eratp, welcher (in dieser 
zeitscBr. XIII, 296) die verniuthuag änfserte: ,, Vielleicht 
eind lat. -er um und -dum nichts als euphonische ver- 
wandlungea des -trura und -tlum". Dieselbe meioung 
wurde voo Leo Meyer (vergl. gramm. II, 356 ff.) bestimm- 
ter ausgesprochen und von Ascoli in einer eigenen abhand- 
lung (s. d. zeitschr. XVII, 146—150), welche ich nicht ge- 
sehen habe, ausfiihrlicih begrOndet. Dagegen wurde diese 
erklärung von Corasen als entschieden fehlerhaft zurück- 
gewiesen j B. ausspräche 2. ausg. namentlich 1, 39 f. 16^. 
Ich bin vou der richtigkeit der genannten erklärung, die 
ich selbständig gefunden hatte, fest überzeugt und werde 
sie hier zu stützen versuchen. 

Mit dem lat. c(u)lum hat Lottner (zeitschr. VII, 48f.) 
unzweifelhaft richtig das lit klas maec. verglichen. Hier 
ist isuerst daran zu erinnern, dafs das neutrum im litaui- 
schen aufgegeben ist. Neben -kla-s erscheinen -kla 
und -kle (aus kljä) fem. Die lettische spräche hat -kls 
masc. ^= lit. -klas, -kla f. = lit. -kla, -kle f. = lit. 
-kle; aufserdem noch -kli-s masc. (statt klja-s), was 
im litauischen selten ist. Die genannten italischen und 
baltiscbeti suffixe stimmen in der anwendung genau über- 
ein. Sehen wir zuerst die ableitungen im verhältnifs zu 
den Stammverben. (Die litauischen werter sind nach Nessel- 
manu oder Schleicher, die lettischen nach Bielenetein ge- 
geben.) 

Durch das genannte lat. sufßx werden von einsilbigen 
vokalischen verbalstämmen substantiva gebildet: po-culum, 
ob-sta-cuhnu. Ebenso lit. duklas futterkorb, diVklfe 
abgäbe (dü'ti gehen); uz-stokle Vertretung (ui-stöti); 
stäkles plur. taut. Webstuhl (würzet sta). 

Von verbalstämmen der dritten conjugation: fercu- 
lum, involucrum. So lit. irklas rüder (irti rudern), 
ginklas wehr (glnti wehren). Häufiger im lateinischen 
mit i (aus e) vor c: vehiculum, praefericulum. So 
lett. mett-e-klis zoll (mest werfen), tin-e-kÜB fleoht- 
werk (tit winden). 

Von verben der i-conjugation: redimiculum, perl- 



136 



Bugg« 



ciilum, pavicula. So lit. wystyklas windel (wystyti 
wickeln); gauyklä weide (gatiyti hüten). Mit schwin- 
den des charaktervokales i: sarculum von sarire; vgl. 
lett, giineklia Viehtrift vou gaiiit hüten, 

Von Verben der a-conjugatiou: oraculiim, piaculum. 
So lit, medzökle jag d ( me dz öti jagen), apwynoklis 
ni. bandage Ness. (wynöti, bei Schleicher und Kurschat 
wyni 6ti wickeln). 

Selten von verben der e-conjugation: aediculum = 
sedile Fest, apud Paul. p. 336, torculum {wenn statt 
torc-culuüj) von torquere. Auch im litauischen und 
lettischen nicht sehr häufig: lett. kaweklis faindernifB von 
kawet aufhalten. 

Die entsprechenden feminina sind im lateinischen nicht 
so bänfig, und selten schwankt bei einem und demselben 
werte das geschlecht zwischen neutr. und fem.: terricula 
und terriculum, verticula, spätlat. ver ticul um, vgl. 
ital. sonaglio (d. i. sonaculum}, franz. sonnaille (d. i. 
sonacula). Im litauischen und lettischen werden viele 
Wörter fem. gen. gebildet, und nicht selten schwankt bei 
einem und demselben worte das geschlecbt. 

Von Seiten der bedeutung ist merkwürdige Übereinstim- 
mung, wie aus der folgenden Zusammenstellung hcrvorge- 
heD wird. 

Lat. redimicülum, vinciilum (wenn statt vinc- 
-culnm), subligacnlum. So lit, wystyklas gewöhn- 
lich phir. wickelband, apwynoklis bandage. 

retinaculum. So lit. kybeklas fischerhaken (vgl, 
kabeti hangen). 

perpendiculum. So lit. tesykife senkblei, richt- 
schnur (vgl, testi ausspannen). 

miraculum. Lit. stebiiklas wunder ( steh e'tis eich 



wundern). 



spectaculum. Lit- regykle Schauspiel (rege'ti 
schauen). 

terricula, terriculum; ital. spaventacchio u.s.w. 
schrecknifs, grundform *expaventaculum. Lit. baidy- 
kla Bcheuchpuppe (baid^ti scheuchen). 



Ut. »ufTis« cIq, cnlo, cro; clo, culft, cra etc. 



137 



propugnaculum , spätlat. tut ac ulum, prov, de- 
fenaaih schutzweA, gruudform 'defensaculmu, Lit. 
ginklas webr. 

Spätlat. signaculiim. Lit. zenklas zeichen (vergl, 
zinöti wissen), 

jentaculum. Lit.walgyklas speise (walgyti essen). 

obstaculum. Lett. kaweklis hindernifs. 

verticiila. Lett. lüzeklis giied, gelenk (vgl. luzit 
beugen). 

Span, acertajo, acertijo räthsel, grundform 'ad- 
certaculum {acertar errathen). Lett. mikla räthsel 
(mit ratbeo). 

babitaculum, C4ibiculum. Lit. buklas aufcot- 
haltsort, wobnung Ness. (bi'iti sein); lett. dfiwüklis Woh- 
nung (dfiwüt lebeUj wohnen). 

jaculum (weuQ statt j ac-culum). Lit. ezaudykle 
geachofs, pfeil (szaudyti scbießsen). 

ferculum. Lit. neszykle trage (vgl. n&szti tragen). 

specula. Lit. sargykla warte, wachthaus (vgl. Ber- 
ge ti wache halten). 

sarculum. Vgl. lett. gräbeklis barke (gräbt harken). 

Einige lateintscbe und baltische Wörter decken sieb 
ganz, indem auch der stamm derselbe ist. 

Lat. eubücula, indüciila entsprechen, wenn wir 
von sub-, ind- absehen, ganz dem lett. äukla, vergl. lit. 
aiikle, fufsbinde. Das stammverbum lat, 'uere ist iden- 
tisch mit dem lit. aüti fufsbekleidung anlegen, wo nur die 
bedeutung specieller gefafst ist. ücula ist aus oucia, 
au da entstanden. 

Lat. saecjulum, saecluni ist, wie Lottner zeitschr. 
VII, 49 sah, vom lit. scklä f. saat nur in betreff des ge- 
schlechts verschieden. Formell ist diese erkiäruug unan- 
fechtbar: ae kann hier „das scbriftzeichcn eines langen 
nach n hinlaufenden e '' sein wie in scaena, saepes (vgl. 
Corssen ausspräche P, 325 f.). Auch für die bedeutung 
ist diese ableitung zutreffend: in der älteren spräche be- 
deutet saechiin geschlecht, generation, welche bedeutung 
sich natörlich erklärt, wenn sero, sevi, satum säen, 



138 



Bugge 



zeugen (vgl. seminium ) das etammwort ist. Synonym ist 
yst'Sr'e: npÖQwv ysverj wurde gesagt v/^ hominum sae- 
cla; auch die weitere bedeutungsentwickelung ist für ye- 
veä fast dieselbe wie für Baeculum: menscbenalter, Zeit- 
alter, grofserer Zeitraum. Und wie saeculuin von wz. 
se, sä, 80 ist )'sv(« von wz. yev erzeugen gebildet. Leo 
Meyer (zeitöchr. VIII, 24D) hat für die bedeutungsentwicke- 
lung auch got. inanasejjs loenschheit, eig. mens€bensaat 
verglichen. Corssen ausspräche P, 377 greift ohne noth 
zu einer wurzel, die sieb im lateinischen sonst nicht fin- 
det; bei seiner deutung von wz. si binden scheiut mir die 
bedeutungsentwickelung wenig natürlich. 

Fast vollstündig d^pken sich auch lat, sediculum = 
sedile Fest, apud Paul, und lett. sedeklis sitz. 

Nath dem hier entwickelten darf ich die Identität 
dier lateinischen sulßxe clu-ni, culu-ni, cru-m, cula 
mit den lit. kla-s, kla als bewiesen ansehen. Nun läfst 
sich das lit. kla-s, kla mit Sicherheit auf eine ältere form 
zurückführen, wie dies von Wenzel Burda (beitr. VI, 245) 
nachgewiesen ist. Er macht auf das altpreufs. ebsen- 
tliuns assei „du hast bezeichnet aufmerksam; daraus 
geht hervor, dals lit. zen-kla-s zeichen aus zen-tla-s 
entstanden ist und dasselbe suffix wie gr. ^v-t^o-v enthält; 
rko ist aber unzweifelhaft eine Variation von tqo, tra. 

Diese erklärung wird durch viele andere Wörter be- 
stätigt. 

Lit. arklas pflüg (von ariü, ärti pflügen) steht statt 
artlas = ksL orale statt ora-dlo, poln. ra-dlo, altn. 
ar-ffr, lat. ara-trum, kymr. ara-dyr^ griech. a^o-rnor. 
Die stammerweiterung, welche cansative bedeutung giebt, 
ist in dem litauischen und altoordischeD worte weggefallen. 

buklas, aufenthaltsort, wohnuog, höhle eines thieres 
(auch existenz; nebenformen bukla, bukle) statt bu- 
-tlas (von biiti sein) = böhm. by-dio n. wohnung, alt- 
sächs. (bodel oder bodal masc.) plur. bodlös haus und 
hof, grundbesitz, ags. bold n. gebfiude, Wohnort, statt 
bodl, daneben botl, s. meine bemerkungen in der scan- 
dinav. zeitschr. f. philol, VllI, 291. 



lat. euffixe elo, cnlo, cro; cla, cuIb, cra. etc. 



139 



irklas rüder (von iriü, irti rudern) statt irtlas = 
skr. aritra m. n., ahd. ruodar, uhd. rüder. 

Lit. aükle f., lett. aukia f., auklis lu. = altbaktr. 
aotbra o. scbub, 

Lit. düklas m. futterkorb, dükle abgäbe = skr. 
dätrü n. geschenk (M. Müller Rig-Veda-Suuh. transl. 228); 
altbaktr. dätbra d. gescheuk. 

Lit. gerkle f. giirgel, Schlund (von gerti trmken), 
gurklys m. kröpf der vögel, adaragapfel, vgl. ksl. grulo 
(Collum, guttur) statt grudlo, böhm. brdlo. 

Lit. a.tminklaa merkzeichen (atminti gedenken), 
paniinklas muster, denkmal, vergl, lat. luonstrum eig. 
anzeige (davon: muster). 

Dieser lautübergang läfst sieb in den baltischen spra- 
chen auch sonst nachweisen. Sxyrwid bat lit. turklelis 
turteltaube, das aus turtlelis entstanden ist. Gum ana- 
log ist gl statt dl im lett. segli pl. sattel ^ sedli (Bie- 
leustein I, 150). Umgekehrt tr statt kr im altpreui's. yt- 
troy Wade, vgl. lett. ikri, poln. ikra (Pott in beitr. VI, 
117). So stellt auch Pauli in beitr. VI, 44Ö altpreufs. 
addle tanne, poln. jodia zu lit. egie. Bei der äuderung 
von tl in kl ist vyahrscheinlich, wie Ebel (xeitschr. XIII, 
296) meint, dissimilation mitwirkend getvesen, denn t ist 
näher als k mit i verwandt. Vgl. Benary in d. zeitscbr. 
I, 77. Wie nahe die physiologischen bedingungen für die 
lautwäudelung tl in kl (dl in gl, tu in kn, tr in kr) 
fast überall liegen, wird die folgende Zusammenstellung aus 
verschiedenen (sogar unverwandten^ sprachen zeigen. 

Aus einem böhmiseben dialecte weist Burda (beitr. 
VI, 245) anlautendes kl statt tl nach. 

Im finnischen: karel. niekla, nekla nadel, statt 
netia aus got. nepla (Thomseu den gotiske sprogklasses 
indflydelse paa den finske, s. 68). Karel. siekla sieb, 
selbe, statt sietla, erklärt Thomseu aus dem slaw. ce- 
dilo, leb sehe darin vielmehr ein lehnwort aus dem ger- 
manischen: altu. säld D. sieb steht statt sädl, wie ags. 
bold, seid (sessel) statt bodi, sedl, aus einer wurxel 
sä, die wir im griech, aäw, d\Ow wiederfinden, säld 



140 



Bugge 



wfirde im gotischen sedl liuiten, und dies sonst verschol- 
lene got. wort findet sich beachtenswerther weise im fion. 
stekla, bewährt. 

Im zigeuo schuklo, schiikalo sauer statt schutlo 
aus Schutt essig = pukta; kokii achcere statt katli 
^ skr. kartri, s. meine bemerkungen beitr. I, 154. 

Im ennskrit: äsita schwarz, fem. äsikui statt asitnl 
(hilft dies asiknT uns got. azgö, stamm azgön, asche 
erklären?); palitä grau, fem, päliknT statt palitni. So 
steht wohl nÄkra m. ein gewisses wasserthier, in der spä- 
teren spräche nakra m. krokadil statt nä-tra von v/z, 
snä sich baden, hit. na-re schwimmen; vgl. lat. natrix 
wasserschlange, ir. nathir, got. nadrs, natter Vgl. auch 
skr. valtaknü beredt mit ärugatnü zerbrechend, pljatuü 
höhnisch. 

Im nord.: dän. ögle^altn. e.' la, eäfla ^;^i5j'«; umge- 
kehrt altn. trana, trani vgl. ahd. chranuh, gr, yinavo^. 

Im vorhergehenden habe ich nachgewiesen 

1) dafs die latein. sufßxe ciiliim, clii-m, cru-m und 
cula mit den litauischen kJa-s und kla identisch sind; 

2) dals lit. kla-s, kla aus tla-s, tla entstanden sind. 
Folglich sind lat. eulu-m, clu-m, cru-m, cula aus 

tlu-m, tru-m, tla entstanden. 

Wir haben schon gesehen, wie weit verbreitet der 
öbergang von tl in kl und die damit analogen lautwao- 
delungen sind. Es mufs aber hier hinzugefügt werdenj, 
dafs sie auch in Sprachgebieten, die dem lateinischen sehr' 
nahe liegen, häufig hervortreten. So im romanischen oft 
er, gr statt tr, dr: prov. cremer, franz. craindre = 
lat. tremere; span. crem a = ro/]««; katalan. pogre statt 
podre aus einer grundform potcre habeo, roman. ca- 
tegra = cathedra, und mehr bei Schuchardt vokatis- 
mus d. vulgäriat. I, 158 f. III, 8o. Noch näher hegt uns 
hier, dafs die romanischen sprachen den Übergang von in- 
lautendem tl (gewöhnl. aus lat. tül entstanden) in cf vor- 
ausBPtzen: ital. vecchio setzt nothwendig veclus ^ ve- 
tulus voraus. Der meiuung Corssens (ausspr. P, 39), es 
sei hier suföxvermenguug, nicht phonetischer lautübergang, 



lat. surfize clo, culo, cro-, da, ruia, cra etc. 



141 



ümehmeii, kann ich, wie Ascoli, nicht beitreten. Erstens 
ist ä'H'hP. aaiialuijo unnothig, da pliorietisc-hor lautübergang 
von t (z. b. in der verhlndnug tr) Id c in den roman. spra- 
chen sonst nicht selten vorkömmt und da phonet. lautüber- 
gang von tl in kl in vielen anderen sprachen nachgewiesen 
ist. ZweiteQs palst diese erkläriiog nicht flür alle HLlle, denn 
Übergang von tl in c\ kommt im rouiaiiischen auch da 
vor, wo von siiffix vermengung keine rede sein kann; 50 
rbätorom. inclegie r = in teüegere (Ebel zcitschr. XIII, 
296), Barclamiu = Bartholomaeus (Scliuchardt vo- 
kaliaraus III, 82j. Die formen mit cl statt tl, tiil, welche 
von den romanischen forniPn vorausgesetzt werden, kom- 
men in spätlateinischen handschrifteu liäufig vor: veclus 
= vetulus, capiclum =^ capituluni, sicia (neugr. 
isixXa) = situla, seacla = sextula u. s.w., s. Schu- 
chardt vokal. I, 160 f. 111,82 f. Diese formen gehören nicht 
nur unwissenden Schreibern, sondern wurden im volksmunde 
gehört, Der lautübergang, der in vorgeschichtlicher zeit 
in den lat. aufllixen culu-m, cru-m, cula statt thi-ni, 
tru-m, tla eingetreten ist, wiederholt sich in epätlat. und 
roman. formen wie veclus, vecchio; raschiare d.i. 
rasciare gegen lat. rastrum. 

Auch in der römischen litteratnrsprache lassen sich 
einige beispiele nachweisen, anclare statt antlare. Cors- 
sen krit. beitr. 357 sagt: »Die [von Paul, excerpt. Fest. 
gegebene] crklärung des alten verbum anclare durch hau- 
rire ist eine irrige und lediglich aus der Zusammenstel- 
lung desselben mit griech. di'Tkfer entstanden". Es ist zwar 
richtig, dafa das ecbtlat. anclare, anculare = raini- 
strare vom griech. rh'T'/.Hf ursprünglich ganz verschieden 
ist. Allein auch oci'Ti.Biv (d.i. haurire) wurde im latei- 
nischen in der form anclare gebraucht. Bei exanclare 
weisen die bedeutuugen, wie die zusammenaetziing mit ex, 
ofi'enbar auf ^^«rrAeti', nicht auf anclare = mi nistrare 
hin; die form exanclare mit c findet sich (in der bedeu- 
tung ex haurire) iu den besten handscbriftcn, so Plaut. 
Stich. I, 3, 116 in allen unseren handschriften , sogar im 
Ambros., auch bei Nonius; nur in der anftohrung dieser 



US 



BuR^e 



stelle bei Sergius mit t. Auch in X . VIR.SCLIT . IVD . 
Momms. inscr. r. Neap. n. 314 (= STLIT.) hat man kein 
recht einen Schreibfehler zu sehen, denn im genannten titel 
war die alterthümliche wortform lange geläufig, nachdem 
sie im soustigen gebrauche versehwundeii war. 

Die hier angenommene entsteliung der lateinischen Suf- 
fixe culu-m, clu-m, cru-m, cula kann nicht dadurch 
widerlegt werden, dafs ein siiffix tiilo, tula, wenn auch 
sehr beschränkt, und bäuBger tro, tra daneben im ge- 
brauch war. Dies kann nur zeigen, dafs der lautiVhergang 



tl, tr in cl 



er nicht durchdrang, so wenig wie im litaui- 



schen der Übergang von tl in kl (spetkis, tutlya, put- 
lus u. m.). 

Von den zwei lateinischen formen clu-m und cu- 
lu-m ist also clu-m die ursprünglichste. In cuin-ra 
ist u zwischen c und I eingeschoben wie in Hercules 
aus '//poz//]i,', Aesculapius aus yicrxlijTTiug. 

Wahrscheinlich gieng tlu-m {mit der ira lateinischen 
überhaupt unbeliebten lautverbindung tl) früher in clu-ui 
als tru-m in cru-m über, Wir dürfen hier von culu-m 
(clu-m) ausgehen, weil es weit hätifger angewendet wird^ 
da es einmal immer gewählt wird, w^ r im worte vorher- 
geht, ferner wo weder r noch 1 vorhergeht, zuweilen sogar 
wo 1 vorhergeht (subligaeulujn, clunaculum, umbr. 
ehvelblu), während er um nur gewählt wird, wo l vor- 
hergeht, und sogar da nicht immer. Wenn dei Übergang 
von truni in er um somit durch die analojiie von elum 
statt tlum herbeigefülirt wurde, kann der umstand, dafs 
tr im lateinischen eine gewöhnlic'ie lautverbindung ist, die 
hier gegebene erklärung nicht widerlegen. 

Diese läfst sich auch durch lexikalische Übereinstim- 
mungen stützen, welche ich hier {grüfstentheila nach As- 
coli u.a.) zusammenstelle, poclum, poculum statt po- 
lom = skr. patra-m (worin vielleicht zwei Wörter zu- 
sammenflössen). DazQ verhält sich Tcortjoiav^ wie ßuxrt^- 
QtGv zu ßdxTQDv^ nfiauT t'jQioi' zu periculum. 

vehiculum statt vehetlom=^ gr. o^srAoi', kircLensl. 
vezlo rüder statt vezdlo, skr. vahi'tra-m sofciff. 



lat. Buffixe cIo, cnlo, cro; cla, cula, cra etc. 143 

baculam wohl statt bac-culum (wie jacnlum wohl 
statt jacculum), bac-clum,.bac-tlom = ßaxxQov (ge- 
wifs nicht = skr. gätra). 

in«volücrum statt volutrom = 'Hvtqov', vgl. skr. 
varütra-m oberkleid. 

lavacrum vgl. AosrpoV. 

(ind-, sub-) ücula vgl. altbaktr. aothra n. schuh, 
8. oben. 

lucrum darf nicht mit skr. lötra-m beute identifi- 
ciert werden, wenn dies ans löptra-m entstanden ist. 

fulcrnm ist kaum mit skr. dharträ-m stütze völlig 
identisch, sondern wohl aus fulccrum entstanden. 

In ferculum, praefericulum, feretrum stehen 
verschiedene formen desselben Suffixes neben einander. 

Wenn ich darin recht habe, dafs das lit. kla-s, kla 
die entstehung der lat. suffixe clu-m, culu-m, cru-m, 
cula aus thi-m, tru-m, tla sichert, so ist die erklärung 
aus einem nominalstamme cero = skr. kara damit wider- 
legt. Diese erklärung scheint mir auch an sich unwahr- 
scheinlich. Da die wz. kar im lateinischen nicht als verbum 
gebräuchlich ist und nur in ableitungen wie cerus = Crea- 
tor spuren (alle mit r, keine mit I) hinterlassen hat, müfste 
auch bei dieser erklärung die entstehung der genannten sufSxe 
weit zurückgesetzt werden. Man sollte dann in den ver- 
wandten sprachen entsprechende sufBxe erwarten. Nir- 
gends werden aber in diesen uomina von verbalstämmen 
durch das suffix kara gebildet; die skr. und altbaktr. Wör- 
ter auf kara sind alle entweder mit einem nominalstarame 
oder mit einem casus eines nomens zusammengesetzt, z. b. 
skr. bhajankara furchtbar, altbaktr. maSghö kara wol- 
kenbildend*). Ein wort wie päkara-m (aus wz. pä -4- 
kara aus wz. kar), welches Corssen für pocnlum vor- 
aussetzt, würde nach einem principe gebildet sein, das in 
der älteren entwickelung der japhetischen sprachen nicht 
sehr oft befolgt ist. Schliefslich sei erwähnt, dafs einige 
lateinische adjectiva durch die primärsuffixe culo oder 
cro und cri gebildet sind. Diese adjectiva verhalten sich 



*) Skr. puSkara, paskala, farkarä sind nicht sichere ausnahmen. 



144 



Bugge 



ZU den neutralen eubatautiven anf culu-m, cru-m, wie 
z, b. adjectiva auf brOj bjri (creber, alehris) zu den 
neutralen Substantiven auf brum: ridiculu-s steht also 
statt riilitlo-s; ludicer, ludicrus statt loidetro-s; 
volucer, volucris statt volutri-s. Man vergleiche akr. 
adjectiva auf tra: göhtitra laut rufend; pavitra (nicbt 
in der vedasprache) reinigend, rein; gr'iech. läh/i^^Ui; ge- 
acbwätzig. Wie ridiciilus, ludicer, die im neutr, oft 
substantivisch gebraucht werden, von ridere, ludere, so 
lett. sinikls spafs von snilt lachen*). 

bri ist sowohl secuiidäres als primäres suflSx, daher 
scheint mir wie Corssen das suffix in anniculu-s, mas- 
culus, vernaciiluB mit dem suffixe in ridicalus iden- 
tisch. Vergl. lett. jäuneklis jüugling von jäuna jung, 
widduklis uiittelstöck von widdus mitte. Die beden- 
tung zeigt, dafs aoniculus, vemaculns nicht durch das 
diminutivsuföx culo gebildet sind; auch werden nicht di- 
mintitiva von masculinis auf a mit beibehaltung dieses vo- 
kals durch das suffix culo gebildet. 



Da im lateinischen inlautendes c vor I und r oft aus 
t entstanden ist, dürfen wir dieselbe sporadische lautwan- 
delnng auch bei der Verbindung des t mit anderen konso- 
nantcn suchen. Das lateinische secundäre suffix cTniu-ra 
entspricht in der anwendung genau dem griechischen (tivij. 
Man vergleiche 

vaticinium mit uttvToaiivij^ 

latrocinium mit yÄtTTToavvi}^ 

patrocinium (st, patronicin.) mit äsffnotivvtj^ 

tirocinium mit dovlomiv)}. 
Wie ratiocinium von einem abstraeten subst. abgeleitet 
ist, 80 mehrere auf avvt]^ z. b. naKctifffiüavv}] ^ xtQäonvvj]. 
Wie latroci nium, lenoc, tiroc, ratioc. von stammen 
auf ou gebildet sind, deren n vor dem antretenden sufßxe 
ausfällt, so auch im griech. yvwfioiyvv}] ^ itvijuoavvr} und 
viele andere. 



*) Steht diacipulua der dissimilAtion halber statt diaciculn»? An- 
ders Pütt et. loräch. 1. au»g. I, 193; Coissen auaüpracbc 2. ausg. I, 3C3. 



lö, calo, cro; cla, cula, er« "t 

yaticinium ist zunächst von vaticinu-s gebildet; 
dies läl'st sieb mit f^arrodwog vergleichen. So müäseu wir 
auch *patrocinu-8, *tirocinu-fl u. 8. w. vorauaaetzen, 
wie wir im griech. äsßnüffvvog, äovkoavvoi; u. e. w. haben. 
Von vaticinu-8 ist auf der anderen seite vatieinari 
gebildet; so setzt sermocinari ein 'sermocinu-s 
voraus. 

Eine erklärung dieses Suffixes cino aus c-f-ino oder 
aus CO, ka-hno, na scheint mir wenig anspreuheud, da 
sie sich von Seiten der bedeutung nicht durch naheliegende 
analogien aus den verwandten sprachen stützen läfat. 

Aufrecht (zeitachr. I, 481 — 483) hat mit den bilduu- 
gen auf avvt} statt ri;i'); zuerst skr. neutrale abstracto, auf 
tvana verglichen: patitvanä, ganitvanä gattenschaft, 
ebeverbindung u. s. w. Im altbaktrischen werden ebenfalls 
neutrale abstracta durch das secundärsuffix thwaua ge- 
bildet; näirithwaua von näiri weib '). 

Durch die grundform tvana läl'st sich, wie ich glaube, 
das lat. Suffix cinu-s mit dem gleichbedeutenden a;riech. 
<rvvo-Q vermitteln, tvana wurde nach meiner vernauthung 
zuerst kvana und dies später mit Verdrängung des v 
(vgl. lat. canis = skr. ^.van} cino. 

Die lautverbindung tv ist im lateinischen (wenn wir 
von einem zweisilbigen quattuor bei dichtem absehen) 
überall aufgegeben; es ist aber unzweifelhaft, dals uisprüng- 
Jich in den japbetischea sprachen überhaupt diese lautver- 
bindung nicht selten war, also auch für ein älteres Stadium 
der italischen sprachen vorauszusetzen ist. Wie uraprüng- 
Hches tv in der lat. spräche verändert wurde, läfst sich 
nur durch vergleichung mit den verwandten sprachen be- 
stimmen (vergl. Grafsmann zeitscbr. IX), Im lateinischen 
blieb gewöhnlich das erste dement der ursprönglichen Ver- 
bindung tv unverändert, v wurde entweder in u vocaliaiert 
oder fiel weg: quattuor == skr. katväras, te = skr. 
tvü. Allein aus solchen beispieleu darf natjUrlich aicht 



*) Dias 9T]ffix tvana wuchert auch in den Tienindlsclien sprachen, so 
im mahrattischen (Bopp vgl. gramm. III, 263) uod in der Eig«anurgprache, 

Zaitachr. f. vgl. iprachf, XX. 2. \Q 



146 



Bugge 



gefolgert werdeu, dafs jede andpre umwandelung des ur- 
sprihiglichen tv unmöglich wäre. Meine vermutluiüg, dafs 
das secundärsuffix tvana in einem vorgeschicLllicben Sta- 
dium der italischen sprachen zu kvatia verändert wurde, 
läfst sich durch analogien aus den verwandten sprachen 
stQtzeD. Einige altdeutsche quellen (z. b. die Bogentinnten 
glossae Keronis) haben im anlaut zuweilen qu statt des 
gewöhnlichen zu: quei, quifalt, queou u s. w., und 
dieser laut Übergang muls noch ehe tw ku zw wurde ein- 
getreten sein (Holtzmann altdeutsche graram. I, 276). Noch 
liegt qu aus ursprünglichem pv vor in neudeutschen for- 
men wie quirl, queble, quer u. s. w. Derselbe laut- 
übergang kommt im nordischen vor, bei wenigen Wörtern 
schon im altnordischen, bei mehreren in neueren schwedi- 
schen dialecteu. Altn. kvisl f. zweig, flursariu statt *tvi&l 
= ahd. zulsala; kvistr m. zweig statt *tvi8tr ist mit 
dem deutschen zwist dasselbe wort. In Hall and, Upland, 
Södra Möre härad, Finnland wird oft anlautendes kv (qv) 
statt tv gesprochen (s. Rydqvist Sveneka spräkets lagar 
IV, 278 und Rietz): kvivia, kvii u. s. w. Vergl. auch 
proveaz. poguetz = potuistie, katalan. pogne s= po- 
tui (Schuchardt vokal. I, 1 58 f). Der besprochene laut- 
Obergang ist im germanischen nirgends durchgedrungen, 
und ebenso war der Übergang von tv in kv im voritali- 
schen nur sporadisch. Wie altn. tveir, tvistr (adj.) die 
erklärung kvistr, kvisl statt *tvi8tr, *tvi8l nicht wi- 
derlegen können, ebensowenig können lat. quattuor ^ skr. 
Icatvüras, te :^ skr. tvä meine erklarung von cinu-s 
(in vaticinu-s) als aas kvana statt tvana entstanden 
widerlegen. 

Wie das lat. sufBx cifDiu-m (aus tvanja-mj gegen 
skr. tvaaa-oi durch ja erweitert ist, so auch das slaw. 
sufSx o8-tyni (blagostyni göte), wenn tynj, wie Wen- 
zel Durda beitr. VI, 193 meint, aus tvanjfi entstanden ist. 

Meine erklärung der lat. sufSxe cino, cinio in va- 
ticinus, vaticinium wird vielleicht auf andere lateini- 
sche Suffixe licht werfen. Das primärsuffix cundo in 
iracundus u. s. w. ist bisher nicht flberzeupceud erklärt. 



tat. snfflxe do, culo, cro; cla, cula, cra etc. 147 

Die vermutbung, dafs der guttural in cundo von dem 
nominalsuffixe co, ka nicht verschieden sei (wie sie Leo 
Meyer zeitschr. VI, 380 mit einigen zweifeln, Corssen krit. 
beitr. s. 43. 128; ausspr. 11% 309 ohne zweifei ausspricht) 
liegt freilich nahe; 'allein diese vermutbung fflhrt zur an- 
nähme bedenklicher formen. Ein adjectivum iräcu-s vom 
verbalstamme irä hat, soweit ich sehe, im lateinischen 
keine analogie (es müfste wenigstens iräc wie voräc lau- 
ten); und iracundo als ableitung von einem adjectiv- 
stamme iraco bat sehr schwache analogie. Jedenfalls ist 
diese erklärung des Suffixes cundo nicht so sicher, dafs 
man sich nicht nach einer andern erklärung umsehen dürfte. 
Nur als frage stelle ich folgende combination auf. In der 
vedasprache sind nominalstämme, welche von verben durch 
das sufHx tvan gebildet sind, sehr häufig; in der bedeu- 
tung stehen sie den participien auf ant nahe (s. z. b. Leo 
Meyer vgl. gramm. II, 365):. krtvan hervorbringend, be- 
wirkend, thätig; itvan (in Zusammensetzungen) gehend; 
vi-bhftvan träger; äprajntvan achtsam. Entsprechende, 
bildungen kommen im altbaktrischen vor: kerethwan 
bewirker; daneben in derselben bedeutung thwant : vl- 
beretbwant sich verbreitend, vgl. skr. vibhrtv&n; ^te- 
rethwant niederwerfend; vielleicht auch hieber hi- 
thwant schnell. In Verbindung hierait kann bemerkt wer- 
den, dafs im altbaktr. thwana als primärsuffix vorkommt: 
ä^taothwana n. lob. Gehört das lateinische sufBx cundo 
mit skr. tvan zusammen und ist c hier aas tv ent- 
standen ? 

ühristiania, im december 1870. 

Sophus Bugge. 



io' 



148 



BirliDger 



Zur deutschen Wortforschung. 

1) schleipfen ^ pelzen, oculiereo. 

Ich mache hiermit auf eine bedeutuiig des wortes 
schleipfen aufmerksam, die unsere Wörterbücher nicht 
kennen. Bairisch gibt es pelzen (bäume), schwäb. a(em. 
impteii, impfen für ein ganz ähnliches gescbäft des 
baumgärtners. Wir haben eine reihe ausdrücke iu der 
i,üeu eröffneten Schatzkammer verschiedener nalur- und 
kuostwunder" u,8.w. 8. Nürob. 165)4 s. 533 ff. Des „kropf- 
fens oder peltzens erste art ist zwischen die rinden und 
das holz, eo sonderlich zum kernobst dienlich, da soll der 
stamm zu der zeit, wenn der saft in die rinden kommt, 
wann er grols etwas höher, wenn er klein etwas niederer 
abgesäget, hernach glatt bcechiütten (wt^rden) u. s. w." »Die 
andere art vom peltzen oder impffen heifaet man in 
den Spalt oder auf dfn kern und ist die beste vor das 
Steinobst u. s. w." ^Die dritte art zu peltzen wird ge- 
nennet in geifafufs, wann das stämmlcin also klein, dafs 
es nicht zwei reiser erleiden kann, da ee danu wie eine 
pfeife beschnitten und nur obeaher, da man das reifslein 
einsetzen will, ein wenig abgeschnitten und verebnet wer- 
den mufs." a. 53d. „ t)'^ vierte gattuug geschieht ins 
creutz, wenn man nemlich auf dicke stamme vier reiser 
setzen will.'* »Die fünffle art von peltzen wird genannt 
das verhey rathen, wann nemlichen das reifslein am 
bäum gelaisen — auf einen pflanzenstock in den spalt ge- 
peltzet and dann erst abgeschnitten wird, wann das reifs- 
lein eingewachsen und schössen bekommen", b. 535. »Die 
sechste art nennet man das aüglen — wenn man starker 
neuer schössen aflglein nimmt und solche auf junge pflanz- 
stöcklein setzt", a. a. o. „Die siebende art nennet man das 
röhrlein oder pfeifflein, wie auch das schleipfen — 
da mufs man zwey schofs, die man hierzu brauchen will^ 
von einer gröfse und ähulichkett erwählen, die pfeifflein 
von den besten schössen, so de8sell)en Jahres gewachsen, 
nehmen und sie auf gleiche neue schoss setzen; zu ablö- 
sung des robrleins am untersten theil des neuen schöfslings 



znr deutschen «ortforaotiung. 



149 



etwanu zwei zwerchfinger lang die rinden rund umber auf- 
Bchopiden, solche allgemach reiben und immerdar auf eine 
stelle umdrehen, anbey aber der äugen flelfsig verschonen; 
wann die rinde gelafsen das pfeiffiein völlig ablösen und 
gegen der Bpitzen vollend abziehen; hernach das reifslein, 
darauf man es stecken will mit etlichen geraden ritxen 
aufschlitzen, die rinde wie kleine rieuilein herabziehen, das 
röhrlein an das ledig abgescheite reifalein so lange, bis es 
wol ausgefüllt ist und platt auflieget; also dafs sich etwas 
weifses saftes obenber sehen läl'st, daran stofsen ; hernacher 
die abgestofsne rinden unten her an dem pfeiffiein nicht 
durchaus demselben gleich, sondern etwas höher abschnei- 
den, das obere blofse theil aber hinab bis auf das röhr- 
lein schaben und etwa zwei zoll hoch über demselben ab- 
schneiden, auch an beiden orten, damit kein waaser darzu 
kommen möge, mit etwas baumwachs säuberlich verstrei- 
chen uad endlich wieder die Sonnenhitze (ob des Schat- 
tens) oben an der spitze breite blätter stecken", s. 537. — 
Darauf folgt noch eine art pelzens: das einlegen = äste 
krümmen und wie reben einlegen d. h. gebogen, s. 538. 



2) Eyspersbeerlin, ribes rubrum. 

Bei Schmid im schwäb. wtb. 162 steht: Eiaperbeer, 
Eieperbsbeer fflr Johannisbeere; Augsburg, Kaufbeuren 
In meinem Augsb. wtb. 142 b und 152b habe ich das wort 
ebenfalls aufgeführt. So viel ich bis jetzt gesucht, so konnte 
ich sonst nirgends etwas Über dasselbe fiaden. Aus einer 
gegend, wo rein alemannische spräche ist, zwischen Walds- 
hut und Schaffhausen, theilt mir mein Freund Heckmann, 
badischer Grenz-ObercontroUeur, ein dem ende des Ib.jahrh. 
angehöriges handschriftliches kochbuch mit. Ich fand aber 
alsbald, dafs der Schreiber nicht dort, sondern in der 
schwäbisch- alemannischen grenzgegend bei Kempten und 
Kaufbeuren zu hause gewesen sein mufs, ohne Schmids 
bezeichnung des ortes zu kennen. Ich führe wegen der 
bisher geringen anzahl von belegen mehrere stellen aus 
dem genaunten kochbucbe an: Ilüener iu weisea Eys- 



150 



Birlinger 



perbeerlin einziiemaehen. nimbt fleisch oder hüener wan 
selbige sauber bereit siudt, so lassts in einer suppen sie- 
den, bii's das er gleich gar gesoten ist; thuet dan ein theil 
brüe darvon, tbuet eia haiidtvoll weise Eyaperbeerliu 
darein, die stibl sollen sauber darvon sein ii. s. w, Bl. 53 a. 
Bl. 111b: Eysperbeerli n safft. zoppf't die beerlin ab 
und truckts durch ein leines säcklin wol aus und nimbt 
zu 1 uaafa saffl ein seidien klerten zuckher und giefats 
ander einander, lafsts sieden, bifs dafs nit mer fast rinnt 
oder flpuftt, so thut in herab, hat genug u. s. w. Bl. 17 b: 
ein pasteten von vögleu und hHenern; so nimb vögel und 
büener, die sauber bereit seien, legis in ein pasteten, thüt 
darein sflhnizlen und lemonie und ein gueten theil weise 
Eyspersbeerlin u. s.w. Bl. !b: Dortten von weiespn 
Eisperl'sbörlin. nimb zeittige weisse Eispersbörlin, 
schneid die stile darvon, mach dan ein teiggle mit ayer 
meel und schmalz, auch wasser u. s. w. 

3] Geger ^ caaula. 

Im bergisrhen hiefs noch vor drei Jahrzehnten die vor- 
nehmere frackart mit grofaen glänzenden vergoldeten oder 
eitel goldeuen knöpfeu und kurzen sehöfsen: geger spr, 
Jäger, Nun kommen in bergiacheu, düsseldortischen kirch- 
lichen sehatzverzeichniesen, inventarien die geger ebenfalls 
schon vor in der bedeutung von (iasuJa, inel'sgewand, niiss- 
achel, mcBsachel (miseahahul), was also dem fracke 
noch haften gebliebener uralter uame ist und zu altem 
gageo, gageren, balancieren, auf beiden seifen herabhängen 
gehört. Ich theile hier eine reihe stellen mit, die ich 
einem inventar des kirohschmuekes des Düsseldorfer Ma- 
rienstiftes von 1397 im Staats- und proviuzialarchiv da- 
selbst entnehme, primo, de ornamcntis feetivaiibus sunt: 
alba, tihoricappa, eyn witke chorecappe van fluelen*) 
(noch holländisch) mit eynem overgueden kroupe, ind bort 



*) Ein Inventar deseelben Stifts 143~: 1'. I30b ejusd. cod. omamentum 
inisfine ni^im de Bcrico elevato s. flüecl. — integmm ornamentum mis- 
•Rle de »erico nigro elevato diclo FlUeel a. a. o. 



zur dentschen Wortforschung. 151 

myt eynem gansen myssgeger de selven kunnes. — item 
eyn ganc royt guldener geger mit twSn gülden roden 
cappen — ; item eyn bla guldengeger mit eyner kappen — ; 
item eyn gans geger van rödem kampkot; item eyn 
gans geger van rodem kampkot*) mit den wölken be- 
stroQwet — ; item eyn gans geger, swart kampkot mit 
gülden lysten**) sunder beilde — ; item eyn swart ge- 
ger, gestrouwet myt silver mit der wäpen van der Horst 
inde Wynkelhusen — ; eyn gans swart harres***) (Arras- 
stoflF) geger to der berschap memorie • — ; item eyn gans 
geger blä mit güldenen sterren besäet (besetzt); — item 
eyn gans roide geger van onsser vrauwen, item eyn gans 
groyn geger zor seilmessen, item eyn gans flueel ge- 
ger gestrewet mit wyssen blomen; item eyn gans swartz****) 
fluelgeger mit lysten — ; item eyn akoleyen geger 
mit roiden wilden dierken — ; item eyn roit kampkot 
geger mit wilden dyren — ; item eyn dunker blä geger 
mit gülden XI geger. 

Aus dieser mittheilung ersehen wir deutlich die band, 
die des hochdeutschen sich befleifsen will und die noch 
des unverschobenen lautbestandes gesetze wahrt. Aehn- 
liche Vorgänge sind ftr die geschichte der neuhochdeut- 
schen Sprache am Niederrhein sehr beachtenswertb , wo 
bekanntlich erst am Schlüsse des 16. jahrb. nicht ohne er- 
heblichen einflufs des Bonner protestantischen gesangbu- 
ches das hochdeutsche so recht in die höhe kam. Der 
Düsseldorfer rath liefs seine protocolle noch c. 1550 ganz 
platt- und niederrheinisch abfassen. 



*) Inr. 1437 f. 140 a: integram omamentiuii missale com omnibns 
suis attinentiis mbrum kampkot. — rttbram ornamentum de kampkot. 

**) Inv. 1437: in oririis dictis lysten. cnm oririis aareis in- 
sertis. 

**•) Das Inv. v, 1487 hat: de panno harres. 

****) So hat dieselbe handschrift: mit syden strypen und das neuere 
stryfen. Bl. 2b. BI. 8a: eyn wyt omament gespart mit wifser syden. i 
neben ei fttr T nebeneinander; und en, ey für iu desgleichen; twSn ne* 
ben zwen und dat. — Ganz mundartlich bouk, buch, versenbo.uk, ver- 
sikelbuch der klosterfrauen in den boren, zwey methenbonk u. s. w. 



152 



BirÜDger 



4) Struot. 



Zu zeitschr. XIX, 3l3ff. 

Gleichzeitig mit XIX h. 4 dieser Zeitschrift erschieDen 
auch die deutschen Virgilglossen im I. hefte des dritten 
bandes neue folge der Haupt'schen Zeitschrift. Einen wei- 
tern beleg bringt der Herausgeber Steinmeyer aus Altswert 
8.226: «wie grulich was die atrut und auch des meres 
freis". Hpt. zt. s. 108, zeile 42. 180, nachtrage. Nun hat 
mir auf meinen artikel oberlehrer Waldmann in Heili- 
genstadt, Eichsfeld, die bestätigung meiner sätze, die För- 
stemann geahnt, MüUenhofF als wahrscheinlich vermuthete, 
geschrieben. Ich entnehme dem sehr dankeuswerthen Het- 
ligenstädter gymnasialprogramme Waldmanns von 185B: 
„Ortsnamen vonlTeiligenstadt" folgendes: „Strutborn d.h. 
der brunnen in der Strut. Struot übersetzt Grimm R. A. 
8. 635 mit Silva, GrafiF 6, 751 läfst es unentschieden, ob 
es wald, gebüsch, kothiger buech oder flufs bedeute. Das 
sehr häufig bei uns vorkommende wort bezeichnet jetzt von 
dem allen bald dieses bald jenes. Schon im jähre 1162 
war es hier ortename geworden: Guntherodt cum aylva 
Strotb. Wolf p. G. 1 Urkunde s. 11; so heifst die ge- 
gend noch heute. Strut s. 1273. — Eichstruth sind 
die bekannten dörfer, Strut heifst im thüringer watde ein 
bach und das dorf an demselben (L. Storch, wanderbuch 
1851). So viel ich übersehe werden hier vorzugs- 
weiee sumpfige und nasse gegenden so genannt. 
Die Unstrut, alt Onestrude, wird daher die Strut 
sein, aus der die One kommt. One ist eiu' bachname, sie 
fliefat bei Kalmerode. Die Unstrut hätte demnach ihren 
namen von der gegend bekommen, in der sie entspringt, 
während sonst umgekehrt die namen von flielsenden gewäa- 
sern auf die gegenden übergehen, die sie durchschneiden, 
z, b. Pferdebach, Eichbach. " Dazu schrieb mir W. noch 
namen wie Striet, offenbar dasselbe. 



xxu (lBuUch«n wortfoHchung. 



153 



5) Jöuchen, jöucken. 

jöucÄen, jöuc&en (sp. heute jaicAen, denn das iimge- 
lautete öu wird vom Alemannen und Schwaben wie ai ge- 
sprochen, als ob es von ei herkäme) bedeutet jagen, trei- 
ben, hetzen: abejaicha, uffejaicha, 'räjaicha, 
'noufsjaicha, futtjaicha. d'bftra ufs 'm laud ufsi 
jaicha, ein allpfäiiisches bubenspiel, sonst geigerle ge- 
nannt. Im SchwarzwaJd hört man jaicha ganz wie am 
obem Neckar gerne für vieh vom garten, verbotenem laude 
treiben; hennen wegjagen vom frisch gesäeten banffeld u.s.w. 
Fedor Bech bespricht in Pfeiffers Germ, X, 403 unser 
wort, das weder vom mittolhochd. wörterb. I, 773b noch 
von Haupt z. Nithart verstanden ward und sagt: „es ge- 
höre, nach den beigebrachten beispielen zu ur- 
theilen, vorzugsweise der alemannischen niund- 
art an". — Grieshabers altd. predigten J, 125. 11, 42. 
I, 6 bringen die form jochen „jochet si" zerjochet von 
den fuchsen Simsons; ich stelle statt o ein ö, ou auf, 
was mir die richtigere lesart däiicht; oder aber der um- 
laut des ou ist frohe zu ö geworden, was uubezeichnet 
gelassen ist. Die Mon. Zoll. 15. jabrh. bringen jöchen. 
In Geilers ev. buch 176b: wann zwen gejaucht werden 
von jren freunden. Ein Vocab. Indp. bei Zarncke, Brant 
hat jauchen vulgariter jagen, fugare, insequi, venari. 
322a a. a. o. sind noch mehrere stellen. Oheim, Eeicben- 
auer ehr. jöucken: ward Pirminiua von Theobaldo us 
der insul verjöckt 12. eine» vertribenen und verjöck- 
ten man. ibid. von der apptye verjöcken 8.43. — Die 
chronik der Edlibacher, antiq. gesellschaft, Zörich IV, 
41, 78ff. : jouktend der von Zürich hund wider hinder 
sich. Die Auleodorfer handschrift von Thalhofers feoht- 
buch 15. jahrh. hat geychen „so man ju geycht". Die 
Günzburger Statuten 16. jahrh. jachen. 

Schmeller führt ein unbestimmter gegend eigenes 
jauken an, verweist auf Stalder 11,71.72 und bringt 
aus dem vocabnl. v. 1429 jachen, fugare. Vergl. augsb. 



154 



Birling^, zur deutschen Wortforschung. 



wb. 251. Frisch I, 483 b. Oberlin 736. Scbmid 2fl4, der es 
mit jeit, jaget zusammenhält. — (juk» jii'k? jank und 
davon jaukjan = springen naachen). 

Ueber die Ortsnamen mit jiukan s. J Griniai in Ilaiipts 
zeitechr. VllI, 8 ff. 

6) Aerrachen u. s. w. 

Aerrachen, -er, pl. neutr. ein in dieser Schreibung 
spezifisch bodenseeiseh-lindauiscbes wort: pfalwerke im see, 
eine art pCalhilgel, unweit von der Stadt, in der fist:he- 
rei sehr ergiebig und darum nur statutenmäfsiges erlaub- 
tes fischen möglich ist. Die fischer legten dort reisigbü- 
schel ein, biengen ihre netze aus. In den alten fischer- 
ordnungen unzähligemai erwähnt. „Doch (soll) dabei dm 
Viechern die Grälsling Erracher haben dieselben zu ge- 
brauchen — erlaubt spin." „Sonder die, so eigene Aera- 
cber haben, mögen solche Körb in dieselbigen legen und 
sonst an keinen andern Ort. 4) sol hinfüro kein burger Vi- 
scher noch anderer keinem anders bei seinem Aerrach 
weder daruff noch darneben mer zockhen" u. s. w. «Der 
Erracber halb den burgern anzumachen und aufzunemen 
— sol frei sein" u.s. w. In einem dortigen aktenstück heifst 
es aus dem Ki.jahrh. „habe ir man, e er gesturb mit in 
überkommen, daz sie jren sun ffirea nnd der Gewinn ain 
rittail messen; darum hab er jneu geben iugemaiu ein eigen 
Aeraeh und die andern Aerach, die halb hin weren zu 
drittailen gemacht; woii sy nu von der sach gangen eigen, 
den kuaben in der vasten au das land geleit; ocb den 
winter, so die Aerach gewinnig sind davon nutz werden 
lal'seu; so begert die Frow yr aigen Aerach und die ge- 
meinen halben Aerach mit dem drittail der gewin wider 
volgen zu lafsen und herufszugeben das ärach bim Thor 
si Rudolfs vater gewesen" u. s, w. 

Man unterschied innere und äufsere Aerrachen, Der 
volksmimd kannte den plur. neutr. -er nicht. 

Bei Stein am Rhein waren ebenfalls Aerrachen. 
Schmid 170 bat Erich, Erken aus Ulm für flechtwerk 
zum fisehfang im wasser ausgespannt und befestigt. 1501 



Spiegel, die 3. ps. plur. des perf. red. med. im altbaktrischen. 155 

den fiscbem Erich schlagen verboten, ad 1527 soll der 
abt von Wiblingen seinen Erch in der Hier ausziehen 
u. s. w. Schmid bringt noch mehr belege. 

Vergl. D. WB. s. v. arche. Schmeller 1, 103. 
Bonn. Birlinger. 



Die dritte person plur. des perf. red. med. im 
altbaktrischen. 

In der mir eben zukommenden abhandlung : Ueber die 
entstehung und Verwendung der im sanskrit mit r anlau- 
tenden person alendungen ( abhandlungen der Göttinger ge- 
selle, der Wissenschaften XV, 71) sagt Benfey: „Beiläufig 
bemerke ich, dafs Spiegels altbaktrische grammatik p. 247 
Irrig äonhaire mit kurzem a giebt; Yt. X, 45, die einzige 
stelle, die Justi dafQr citirt, hat wenigstens bei Wester- 
gaard ohne eine Variante äonhaire mit langem a". Wenn 
ich dieser bemerknng gegenüber erkläre, dafs die form 
äonhairg keineswegs durch einen druckfebler oder sonsti- 
ges versehen in mein paradigma gekommen, sondern vor- 
sätzlich in dieses aufgenommen worden ist, so geschieht 
dies nur, um daran einige weitere bemerkungen zu knüpfen, 
welche bei einer so selten vorkommenden form nicht ohne 
interesse sein werden. Es ist zwar ganz richtig, dafs die 
stelle Y9. X, 45 die einzige ist, in der eine 3. ps. pl. des 
reduplicirten perfectum im medium vorkommt, auch wüfste 
ich keine Variante zu jener stelle namhaft zu machen, 
welche uns den text zu ändern erlaubte; freilich sind die 
Yasbthandschriften meines erachtens nicht von sehr hohem 
werthe fßr die endgültige feststellung grammatischer for- 
men. Es mufs aber für unsere form noch eine andere 
stelle zugezogen werden,' an welcher dieselbe zwar nicht 
in den texten aber in den Varianten steht, diese stelle ist 
Y9. IX, 74 (IX, 23 W.) und lautet: Haomö täopkit jäo 
kainlnö äonhare d. i. Haoma (giebt) denjenigen, welche mäd- 
chen sind (oder : als mädchen dasitzen, nach der tradition) 



Spiegel 



u. S.W. Zu äonhare bemerkt Weatergaard: Corrected; 
äonhäiri K. 5, äonhairi K. 4, äoühaire K. 6. Ich bin We- 
atergaard in meiner ausgäbe mit dieser correctur gefolgt, 
für welche die lesart äonhare im bombayer Vendldäd-eäde 
eine gewisse stütze bietet, aber als varianteo giebt auch 
meine ausgäbe äonhairi in AC und äoiihairi in bcd. Schlie- 
fsendea i und e wird in den handschriflen so gewöhnlich 
vertauscht, dals man ohne bedenken das eine für daa an- 
dere corrigiren darf, wenn die grammatik es erfordert. 
Der grund nun, warum ich mit Weatergaard äonhare lese, 
liegt in den anfangsworten von §. 73: baomö taekit yöi . . . 
aonhenti. Hier ist daa activ äonheriti ausgezeichnet be- 
zeugt und GS ist schwer zu glaubeu, dafs der Verfasser 
dieses atilckes in dem einen satze eine activforra, in dem 
andern eine medialform in ganz gleichem sinne gebraucht 
haben sollte, zumal da das geaus des verbiim im altbaktri- 
schen nicht in so willkürlicher weise wechselt wie etwa 
im epischen sanakrit, und die Ähnlichkeit der formen fion- 
hare und iionhaire erklärt es, dafs die eine fornn leicht an 
die stelle der andern treten konute. Hierdurch verlieren 
Jedoch die lesarten zu der stelle nichts an ihrem wertbe 
und man wird auch äoühare an unserer stelle nicht auf 
ah, seiu, sondern auf äoiih, sitzen mit der tradition zu- 
rückführen müssen. Unsere haudschriften geben nun die 
medialform statt des active äonhare und diese mediatform 
würde man auch jedenfalls in den text setzen müssen, wenn 
man im §. 73 äonhente statt äonheriti lesen wollte; dies 
thut nun Burnouf und bei ihm Unden wir demgemäfs auch 
die lesart äonhaire bereits in den text gesetzt. Seine grfiode 
fllr die wähl dieser leaart hat er (Etiides p. 295) folgender- 
mafsen angegeben: Je lis äonhaire avec le numero IH S, 
quoique la lepon la plus ordinaire de nos mauuscrits soit 
äonhairi, ou, ce qui revient au meme, Tionhäiri, äonhari 
et enfin äonhare (Mannscr. de Londres et l'edition de 
Bombay p. 48). Ce qui rae decide en faveur de la pre- 
mi^re lepon, laquelle ee trouve appuyee en partie par l'or- 
thographe fionharae qiie donne un manuscrit de Londres, 
c'eet ridentite visible de cette desinence are ou aire, avec 



die 8. ps. plur. des perf. red. med. im altbaktrischen. 157 

la terminaisoD re des parfaits moyens en sanscrit. II im- 
porte, eo outre, de remarquer que ies manoscrits coofon- 
dent souvent Ies deaz voyelles e et i, de sorte que la 
le^oD äonbairi revient sans peine k oelle de äonbaire. Wir 
glauben, es wird keines beweise» bedürfen, dafs äonbaire 
und nicbt äoübäirg die form ist, welcbe man nach analo- 
gie des actiys äonbare und der entsprecbenden sanskrit- 
form erwartet; mittelbar spricbt für sie ancb noch die 
form aonhairyö. Will man äonbäire lesen, so wird man 
zur erkläruug dieser form nur sagen können, äire sei eine 
debuung fQr aire, wie dies Scbleicber (Comp. §. 282) be- 
reits getban hat. Mir scheint aber diese dehnung, welcbe 
das a in manchen handschriften erfährt, nur eine ortho- 
graphische Schwankung, wie deren im altpersiscben (meine 
keilinschriften p. 141) und im altbaktriscben (m. altbaktr. 
grammatik §. 15) öfter vorkommen. 

Fr. Spiegel. 



Die Oberdeatschen FamiUennamen. Von Dr. Ludwig Steub. Manchen 
1870. 8. X und 216 8. 

Ludwig Steub (und ähnlich wie er sein freund 
Adolf Bacmeister) ist auf einem ganz andern wege 
zur namenforschung gerathen als wir übrigen. Die deut- 
schen Alpen mit ihren almen und halden, ihren firnen und 
tobein sind es, woran sein herz hängt und wonach seine 
seele sich sehnt. Sie hat er in frischem frohsinn ofl durch- 
wandert und mit offnem äuge alles beobachtet, was ihm 
die grolse natur und die von dem heutigen wilden erden- 
leben abgeschlossene menschenweit dort darbot. Daraus 
gingen bOcher hervor wie sein bairisches hochland (Mün- 
chen 1860), seine Wanderungen im bairischen gebirge (Mün- 
chen 1862) und seine altbairischen culturbilder (Leipzig 
1869). Die beobachtung der orte und der leute aber führte 
ihn ganz von selbst auf das, was deren eigenstes und feste- 
stes besitzthum ist, ihre namen. Und zwar ist Steub 



\r,& 



Fdr»teraanii 



nicht erst, seit gestern auf dieses fach gerathen; seine ur- 
bfwohner Rhätiens (MiiachcM 1843) und sein buch zur rhä- 
tisclien ethnologie (Stuttgart 1854) gehören recht eigent- 
lich der naiLienkunde an und bekunden, dals es ihm mit 
diesen dingen hoher ernst ist. So veröffentliclite er auch 
im September und october 1B69 in der Augsburger all- 
gemeinen Zeitung eine reihe von aufsätzen über deutsche 
und besonders bairisohe familiennamen, die dann auch 
sofort in Augsburg in besonderem abdrucke erschieneu. 
Diese kleine schrift in vielfacher erweiterung und nanient- 
licli in ausdehnvinff über das ganze südliche Deutschland 
bis nach Frankfurt hin ist ku dem hier anzuzeigenden buche 
geworden. Sich das gebiet noch mehr zu erwreitern und 
auch über Niederdeutschland zu erstrecken, vermied er in 
erwägung der bisher dorn norden schon in viel höherem 
maCse zu tbeil gewordenen Ibrschung (s.. 4). Aufaerdem 
hätte ihn Ans auf Studien gefiWirt, die ihm fern liegen, und 
er wollte das buch rasch bcFudeii (a. VII), denn es sollte 
eine poputere sclirift bleiben (s. 1) und deshalb beansprucht 
sie auch eine billige kritik (s. VIII). Mit einem worte, 
das buch will nicht dadurch die Wissenschaft fördern, dafs 
es die bisher gewonnene kenutnifs erweitert, sondern da- 
durch, dafs es diese erkenntuifs möglichst vielen mittheiJt, 
die ihr bis jetzt noch fern standen. Und das hat seine 
hohe berechtigung und der kritik erwächst die pflicht, da- 
nach ihren Standpunkt zu nehmen. Glücklicherweise kann 
sie das aber auch, ohne in schwäche zu verfallen, denn 
hinter diesen fast spielend mitgetheilten Wahrheiten liegt 
doch ein ganz ernstes stock arbeit. Wenn Steub (s. VII) 
mein altdeutsches namenbuch das föllhorn nennt, das er 
immer in den armen gewiegt und aus dem er ohne unter- 
lafs geschöpft habe, so mufs ich ihm die volle Wahrheit 
dieses auaspruchea bezeugen und bedaure nur, dafs dieses 
füllhorn (ich meine den ersten band) seiner zeit nicht besser 
gefüllt werden konnte, da für eines menschen schultern 
beide gebiete, das örtliche und persönliche, zugleich zu 
tragen zu schwer war, zumal da ich noch viel anderes zu 
tragen hatte. Ich erwähne dies auch deshalb, weil in die 



anzeigt. 159 

Untersuchung Über unsere heutigen familiennamen erst dann 
ein rechtes gedeihen kommen kann, wenn erstens der erste 
band meines namenbuches von neuem bearbeitet und zwei- 
tens ein (etwas anders anzulegendes) namenbuch Qber die 
Personennamen mindestens des 12. und 13. Jahrhunderts 
wird erschienen sein. Steub fühlt auch selbst, dafs wir in 
vielen dingen hier noch völlig im dunkeln sein mössen und 
spricht sich darüber mehrfach in harmloser ironie aus (z. b. 
Seite 68, 87, 116). Aber in dem, was wir schon wissen 
können, steht diese schrift hoch über fast allen neuerdings 
in 80 grofser zahl erschienenen namenbUchlein und es ist 
z. b. nicht mehr davon die rede, dafs Gundo grade von 
Gundobald, Volko grade von Volk mar abgekürzt sein 
müsse (das richtige verhältnifs wird auf seite 34 dargelegt); 
auch geht der Verfasser mit vollem rechte weit mehr als 
selbst Pott und Vilmar von den alten namen aus (seite 
123). Eine grofse vorsieht und ein höchst gesunder sinn 
legen ihm die vielen Schwierigkeiten bei diesen deutnngen 
oflFen dar und er vermeidet es nur um der lesbarkeit des 
buches willen, den lesern alle die zweifei und fragen auf- 
zutischen, die uns hier überall aufstofsen (s. 42). Manche 
einzelne namendeutungen wie die von Scbafhäutl (s. 7), 
von Milbiller (s. 141) und andere waren mir neu und ha- 
ben mich erfreut; bei einigen andern möchte ich etwas mit 
dem Verfasser rechten, so zum beispiel bei Tassilo (s. 41), 
Seidel (s. 62, 64); woher weifs er, dafs die Liubisaha (der 
flufs Loisach) von Liebhart (s. 15) oder Berchtesgaden (s. 35) 
von Perahthari kommt? auch Sparagildis (s. 28) ist wol 
falsch gedeutet. Mit den sogenannten koseformen ist in 
neuerer zeit allerlei unfug getrieben worden, und wer die- 
ser wilden lehre ganz anhängt, von dem möchte ich sehn, 
wohin er wol in einem namenbuche solche formen einord- 
net; auch ist hier noch manches schärfer zu bestimmen, 
so z. b. scheinen mir die formen mit doppelconsonanz 
vor dem -o des nominativs grofsentheils durch assimilation 
des sufßxanlauts (ich denke an urdeutsch -jan, nom. -ja) 
entsprungen zu sein. Auch Steub ist hier nicht frei von 
zu grofser kühnheit (z. b. seite 53, 65, 66) ; warum soll 



100 



Förstemann, anzeige. 



denn Poppo giade aus Potpert (s. 99) entaprungen sein? 
Dafs in Adulberga quae eoguominabatiir Ava letzteres schon 
im frOben mittelalter aus ersterem als koseform entsprun- 
gen sein soll (s. 90), glaube ich durchaus nicht, halte viel- 
mehr sprachlich beide formen für eben so unabhängig wie 
in Ludovicus, qui cognominatur Steub. Anch in der gleich- 
setzung verschiedener vocale ist mir der Verfasser für die 
alte zeit mehrfach zu kühn (s. 14, BO, 115, 124). Doch 
nuD genug mit diesen mäkeleieo, die fQr ein solches buch 
eigentlich gar nicht passen und die nur deshalb laut wer- 
den, weil ich es io einer Zeitschrift der streogen schule 
zu besprechen habe. 

Die anordnung der schrift ist so, dafs ihr kern von 
vier verschiedenen capiteln eiugeDommen wird, welche die 
vier wichtigsten klassen unserer familienuamen behandelu, 
je nachdem diese entweder von den alten eigennameu aiis- 
gehii oder die eigenschaftcn oder den stand oder die her- 
kunft der uameDträger anzeigen. Nur die erste klasse, 
weitaus die wichtigste und schwierigste, ist ausführlich be- 
handelt, die andern sind kurz abgethan, doch nicht ohne 
auch hier vielfach zu belehren und anmuthiges darzubieteQ. 
Eine mit dem gegenstände der schrift nur in loserem zu- 
sammenhange stehende herzensergiefsuug gegen den ultra- 
moutauismus schliefst sich an die eigentliche abhandlung 
an. Das ganze wird beendet durch ein reichhaltiges re- 
gister, welches aber bei einem solchem buche nicht voll- 
ständig sein kann. 

Wir scheiden von der liebeoswßrdigen schrift mit herz- 
lichem danke gegen den verfasset, der den männem des 
faches eine wohltliuende erfrischung, den lernbegierigen 
kräftige anregung damit geboten hat. 

Dresden, d. 14. dec. 1870. 

£. FörstemaoD. 



Pick, alynologUche b«itrB^c. 



161 



Etymologische beitrage. 
1. 

Lat. iuvltiia, itivltare; skr. keta; preul's. qnaita, 
lit. kvgsti. 

Keiner der bisherigen versuche, lat. invitns ungeru, 
wider willen und das, wie icb »leich hier bemerke, davon 
unzertrennliche invitare einladen za deuten, kann ffir völ- 
lig befriedigend gelten. Ich glaube einer kritik dersel- 
ben überhoben zu sein, weil ein glücklicher ziifall mir 
die, wie ich meine, einzig ricbtige deutung in die band 
gegeben hat. In-vitu-s, in welchem das negativpraefix in- 
nie verkannt worden, braucht durebaua kein particip zn 
sein; es kann vito- eben so wobl ein Substantiv sein, wie 
&tmo in in-ermi-8, freno in in-frenu-s. Dies selbe Substan- 
tiv erkenne ich in in-vitare, einem denominativ des.selben 
mit der praeposition in. Gelingt es uu», in einer verwand- 
ten spräche ein nomen aufzufinden, welches den lauten 
nach mit diesem vito ursprünglich eins gewesen sein kann, 
und aus dem zugleich ungezwungen die bedeutungen der 
auf den ersten blick gar nicht sehr nahestehenden in-vitus 
und in-vitare sich herleiten lassen, so scheint mir, schon 
das spiel gewonnen. Bedenken wir jetzt, dafs im latein 
in einer nicht ganz geringen zahl von fällen c und g vor 
-V im anlaute abgefallen, wie in vapor für evapor, vlvus 
fttr gvivus u. a., so wird man die möglichkeit zugeben 
müssen, dafa vito aus cvito erwachsen sei. Ferner kann I 
regelrecht die gunasteigerung von i darstellen, wie in vl- 
nu-m =: foivo, grundform vaiuo, so dafs wir also eine 
grundform kvaita- erhielten. Mit dieser grundform deckt 
sich nun skr. keta m. ein vedisehes wort mit der bedeu- 
tung: verlangen, begehren, absieht; auffordernng, einla- 
dung. Von diesem worte wird gebildet Ijßtaja ketajati 
auffordern, einladen, wovon wieder ketana n. aiiflforderung, 
einladung. Man sieht jetzt, wie in-vTtus und invltare zu- 
sammenhängen. in-vUu-s heilst: kein verlangen, kein be- 
gehr habend von kaita verlangen, begehr, iu-vitare ist de- 

Zcitschr. f. vgl. sptacltf. XX. 3. } | 



162 



Fick 



nominativ von kaita anffordnrting, einladung imd heilst 
demnach wie skr. ketaja einladen. — Es bkibt noch ein 
bedenken. Das v, vor dem wir regelrecht c abfallen lie- 
fsen, zeigt sich nicht im sanskritworte; wer giebt uns also 
das recht, eine lat. griindform cvito, oveito anzusetzen? 
Nun ist freilieb bekannt, dafs auch in andern füllen dieser 
art das sanskrlt die beiinischung eines solchen v nicht 
zeigt, so Hegt ja lat. vivua neben skr. glva, vi-a neben 
skr. gi, allein in eben diesen fällen läfst sich meist in ir- 
gend einer europäischen spräche, zunächst im griechischen 
ein ebenso verstärkter anlaut oder dessen Wirkungen nach- 
weisen. So deutet /?fo-g auf yß^fo^ graecoitalisch gvivo, 
ßia gewalt auf graecoitalisch gvi bewältigen, und im go- 
thischen entspricht dem lat. vivua ein qiva- wie dem lat. 
ven-io ein qara. Es wäre demnach zur völhgen sicherstel- 
lung unserer combination erwünscht, dafs wir einen reflex 
unseres kaita kvaita in irgend einer europäischen spräche 
eben in dieser letzteren form kvaita nachweisen könnten. 
und da finden wir denn im altpreufsJschen katechismus 
ein in vielen formen überliefertes verb quoit wollen. Es 
geniige hier auzuföhren: quoite er will, quoitümai wir 
wollen, quoitä sie wollen, po-qooitlton ast ea ist begehrt 
worden; an nominalbildungen : po-quoiti-sna-n acc. ge- 
lüste. Das verb ist ein deuominattv von dem ebenfalls 
uns überlieferten quaita- im nom. quäit-s, acc. quäitan, 
quaitin m. der vpille, wovon ui-quait-iiig-s unwillig (wie 
in-vitu-s). Hier haben wir kv im anlaute, luid entspricht 
prenfs. quaita- m. wille ganz genau einmal dem skr. keta 
m., andererseits dem als grundform für vito- von uns an- 
gesetzten cveito-. Jetzt wäre noch willkommen, fänden 
wir in einer andern spräche unser wort in der bedeutung: 
einladung, Aufforderung, wie im skr. keta einladung, ketaja 
einladen und lat. in-vitare. Auch dieser wünsch kann be- 
friedigt werden: lit. kvSczü kves-ti heifst eiuladeu, davon 
kves-lys fem. -le' hochzeitbitter, -bitterin u. a. Lit. kveczu 
ist =^ kvet-ju, e ist Steigerung von i, also gleich altem 
ai, das verb, wie sein praesensthema mit -ja zeigt, ein 
denominativ von kvaita- einladung ^ skr. keta einla- 



«che beitrSge- 



163 



<lung. — Herkunft untl {'ainilie unseres kaita laseeu wir 
dahingestellt sein; una genögt es hier, ein indogermanisohee 
urvrort „kaita vorlangen, begehren; anftbrdernng, eintadung" 
erwiesen zu haben. 

2, 

alto. örr n., skr. artis n. 

Ahn. örr n. narbe, schramme, wovon Örr-ottr narbieht, 
Bchramroicht, steht iu den germanischen eprauhen ganz 
vereinzelt und ohne erkennbare ableitiing da. Hierdurch 
wird schon wahrscheinlich, dafs es eine uralte bilduug, ein 
rest einer altern Sprachperiode sei. Dies bestätigt eich, 
wenn wir die grundforna des worts herstellen. 5 ist Um- 
laut von a, bewirkt durch folgendes u, rr kann in unserem 
falle nur aus rs erwachsen sein; so ergiebt sich mit noth- 
wendigkeit als grundfortn: arusa n. Hiermit stimmt ofien- 
bar skr. arus n. wunde, ala adj. wund. Der tibertritt der 
tbemen auf as, us in die a-declination ist bekanntlich im 
deutschen regel, vgl. goth. riqiza- n. Hnsternifs = skr. ragas 
u. dasa. Abzuleiten ist arus von ar in der bedeutung 
feindlich angehen, schädigen, die sich /.. b. im skr. ärta 
(ä + rta) angegriffen, geschädigt, dutjitbvo^ mitgenommen 
uQd andern ;<:eigt. 



und skr. ralcana n. 



^H^ Goth. ragina- n. meinung, ratb, rathschlufs, bcschluJ(s, 
^^ wovon ragin-oi-s (d. r. ragin-ja-s) n. rathgeber, vormund, 
ragin-on regieren, Statthalter oder landpfleger sein, hat ein 
besonderes iuteresse erregt, weil das wort nach ausweis 
der übrigen deutschen dialecte frühzeitig eine religiöse be- 
deutung gewann, indem ea vorwiegend für das walten der 
götter und aehicksalsmächte verwendet wurde. An. heifsen 
nämlich regin (rögn) g. ragna n. pl. die rathschlagenden 
und beschlufs fassenden göttlichen gewalten, as. findet sich 
das wort im gen. in regino giscapu n. pL beschlösse der 
rathenden, göttüchen gewalten, götterschluls, schicksalß- 

11* 



1G4 



Fick 



schJufs, alid. ragia-, regio- in einer menge von oigeniiamen 
eodlicb hat man unser wort selbst noch im neuhochdeut- 
schen nachgewiesen in Verbindungen wie rein-blind, rein- 
toll, eigenthch durch götterscblui's blind, toll. Mit dem 
detitschen ragina- deckt sich völlig skr, raliana n. und -ü. f. 
das ordnen, anordnen, einrichten, betreiben zu rali anord- 
nen. Weiter gehören diesem stamme zu ksl, rokti m. be- 
stimmte zeit, ziel und rac;(, raciti wollen; im deutschen 
noch goth. rahnjan rechnen und ga-reh-sni, f. bestimniung. 
Die griuidbedfütung scheint sammeln, zusammenthim, we- 
nigstens Wülste ich nicht, wie man lit, jiiik-ti sannneln, 
lesen, ranka f. = ksl, rqka I'. band (als samnaelnde, zu- 
gleich aber auch ordnende, einrichtende) von dieser wurxel 
trennen könnte. 

4. 

xpttSdoi und an. brata. 

Kouddoi und xoaöait'o) schwingen, schwenken, med. 
schwanken, werden gewils richtig zu skr. kürd kürdati 
(grundform knrd) springen gestellt; näher noch steht an. 
hrata schwanken, neigen, sinken, vornüber fallen. Aus 
xoadäoi und diesem hrata läfst sich ein europäisches kra- 
däja oder kardlija schwenken, schwanken recoastruiren, 
denn wenn auch sehr wahrscheinlich, dafs kard für ur- 
sprüngliches skard steht (vgl. mhd. scherz ra. sprung, hops; 
äufserung fröhlicher launc, scherz; scherzen springen^ scher- 
zen), so ist doch wiederum kein grund abzusehen, warum 
nicht zur zeit der <!uropä,iBchen, ja selbst schon der indo- 
germanischen Spracheinheit ein kard neben skard soll be^ 
standen haben. 



0. 

lat. clandus, lit. klau da. 

Die beliebte Zusammenstellung von lat, claudus hin- 
kend, lahm mit goth. halt-s, ahd. halz, die ich leider auch 
adoptirt, ist lautlich unmöglich, was bei den jetzigen an- 
forderungen der Wissenschaft keines beweises bedarf, da 



etymologiscbu beitittgt'. 



165 



lat. au eben nicht aus a werdeo kaun, ebeuso wenig wie 
goth. a auH au. Viel näher liegt dein lateinischen worte 
lit, klauda f. nach Nesselmaun ein körperlicher fehler, ge- 
t)rechon, klaud;) pailaryti in tler art possen treiben, dal's 
man sich r.. b. lalini stellt; dazu klaude f. gleicher bedeu- 
tuDg, kland-iiiga-s mit einem kürperlichen fehler bebailet. 
Was die ableitiirig betrifft, so ist Zusammenhang mit lat. 
eluüdcre schlielsen gar nicht unmöglich. Das europäische 
klu khid heifst eigentlich aohängeu, hängen bleiben, wie 
das lit. kliu-ti deutlich zeigt; lit, kludyti heiTet hängen 
bleiben; sodann auch im wegc stehen, hindern, klaudyti 
aufhalten, hindern, klau-te f. hindernils. Danach ist cluu- 
dus ein gehinderter, im gehen gfliemniter, lit. klaiidu ein 
(körperliches) hiudenaHs (an der freien bcwegung). Diese 
Übertragung scheint nicht sehr kühn; nehmen wir zusam- 
nienhang zwischen dem lat. und lit. worte an, su hätte 
sich diese eigcnthümliche Verwendung des verbs khid schon 
in der zeit der europäischen spracheiuheii ausgebildet. 



Ü. 

lat. gernten u., preufe. kernicn. 

Der versuch, lut. germen n. sprosse, keim ujit ig. ghai, 
"woraus eine menge Wörter iu der bedeutung grün, gell> 
sein beräielsen, speciell mit zend. zaremaja das grün, lit. 
zehnen- m. sprosse, schöfsling zusammenzubnügeu, ist mit 
recht aufgegeben, da urspri'iogliches gh im anlaut nicht 
durch lat. g reflectirt wird. Dagegen scheint es möglich, 
germen aus 'cermen zu deuten. Wie leicht das aulau- 
teode c zu g ward, ist bekannt, speciell für unsorn fall 
erinnere ich an die ältere und jedenfalls ursprüngliche na- 
mcnsforui Cermalns für das spätere Gernialus. Von ger- 
meu stammt unzweifelhaft germ-änus leiblich von geschwi- 
stern, indem das siiftix -änus au den verkürzten stamm 
germ- aeitrat. Es läfst eich nämlich mit höchster wahi- 
scheinlichkeit erweisen, da(s schon die indogermanische Ur- 
sprache die Wörter auf man in der Wortbildung wie ihemen 
auf ma behandelte, wenigstens stimmen mehrere der best 



166 



fick 



conservirten sprachen in dieaer eigenthümliclilteit überein. 
So bildet das eanskrit 2. b. karm-ika von karmau, ayai-Tja 
von apman , arjara-ja von arjaman (beispielc liefsen sich 
leicht ZH hunderteu häufen), das griechische bildet ^etu-iii 
von ^Eiftav-, ädrjfio-avtni von cid'ijuuv- 11. s. \f. und entwik- 
kelt sogar eine menge nebenthemen auf fw neben fiar. 
Sonach ist gertn-änu-s ganz regelrecht von germen gebil- 
det, wie ja auch hüm-rinus von homon-, und braucht ein- 
stiges germin-äous gar nicht augenommen zu werden, so 
wenig wie bomin-anus, denn die länge in homänus braucht 
auf solche zusammenziehung nicht zu deuten, so wenig 
wie in häm-iti-s von humue ^ ig. ghama. Zu der bedeu- 
tuQg von germaniis stimmt nun merkwürdig altpreufs. ker- 
men leib, körper, wovon kermen-iska-s leiblich, welches ich 
mit germen för identisch halte und welches demnach eigeut- 
lieh „gewachsenes", sodann mit der leichtesten Übertragung 
von der weit „wuchs" = leib des menschen bedeutete. 
(Ueber kermen = kermen s. unter 8.) Sehen wir »na 
nun für das angesetzte *cer-meu wuchs nach anlehnung im 
tatein um, so ist sogleich deutlich, dai's cer- in eer-men 
die primäre form des weitverzweigten verbs cr6- crfi-scere, 
cre-vi wachsen ist, wie cer- in cer-no sichte die urform 
zu cre- in dia-cre-tus u. s. w. Mit welcher der „wurzeln" 
kar wir nun am besten cer-, cre- wachsen zusammenstel- 
len, soll hier nicht verfolgt werden, erinnert werde nur an 
skr. kar-ira u. rohrschölBting, das auf 3 kar des petersb. 
wörterb. pra. kirati weist. — Nimmt man diese Zusammen- 
stellung an, so darf man ein europ. karman gewäohs, wuchs, 
leib ansetzen. 



an. vökr zu vyouig uvcre. 

In i/y-iiü-^ nal's, feucht und lat, uvere nals sein ist mit 
recht eine basis ug erkannt worden, von der skr. uks vaks 
uetzeu durch s- allgeleitet ist, welche sccundärfonn in den 
europäischen sprachen nur durch die ableituog uksan ochse 
repräsentirt wird, das wiederum nur bei den Germanen 



etymologisclie (»eitrilgp. 



167 



sicii erhalten hat. Wie schon das abgeleitete uks ^ vaks 
zeigt, ist als grundforai zu ug vag anzusetzeu, und dieses 
vag ist wieder zu erkeDoen im an. vök-r gruadfortn vakva- 
feucbt, vrovon vökva, -aöa nafs sein, vökva f. und vökvi 
in. grundform vakvan- nässe, feucbtigkeit, Die entwick- 
lung von V hinter k = ursprfingliohem g im nord. vakva- 
eutspricht genau dem lat. Ovo- für ugvo- in üvere, und 
haben wir hier wieder ein beispiel dafür, daliä lat. gv aus 
ureprüngücheni g eich auch in andern europäischen spra- 
chen reflectirt findet, ao dal's man berechtigt scheint an- 
zunehmen, dals schon in der europäischen eiiiheitsperiode 
wenigstens die neigung sich bildete, ein v hinter den gut- 
turalen zu entwickeln. Uebrigens sei noch bemerkt, dals 
vag ug nafs, feucht bcin eigentlich mit vag ug stark sein 
(augere, wachsen) ganz dasselbe ist; grundbedeutung bei- 
der verba ist: frisch, saftig sein, woraus sich der begriff 
des gedeibeus, der stärke ebenso (eiuht entwickelt, wie der 
des netzens, sprengen^, anfeuchtens. 



creda fc vices, preula. kerda zeit, ahd. herta f. Wechsel. 

Im preuisischen katecbismus kommt ein wort kerda-D 
acc. in folgenden verbiuduugeu vor: en kcrdan zur zeit, 
en stan kcrdan zu der ;;eit und prei swaian kcrdan zu 
seiner zeit. Es dient also zur wiedergäbe des deutschen 
„zeif*, und danach hat Nesaelmann dem worte die bedeu- 
tnng „zeit" beigelegt. Man sieht jedoch, dafs es uicht 
gerade „tempus" bedeutet zu haben braucht; mau käme 
in den angeführten Verbindungen auch z. b. mit der Über- 
setzung durch lat. vice aus, Was zunächst die form des 
Worts betrifft, so beruht das e auf einer neigung des preu- 
fsischen, den vocal vor doppelconsonanten zu dehnen; so 
lesen wir auch er-derkts vergiftet, po-dingan gefallen, 
dlnkaut danken, drüktai fest (= lat. forc-tu-s, skr, drdba 
für drh-ta), güntsan ganz, klrkis kirche, kermen leib, län- 
kinan feiertag, mergan magd (ht. merga) und anderes; 
jedenfalls hat die debnung keinen etymologischen wertb, 



168 



Fiek 



und ist als wahre form kcrda anzusetzen. Mit diesem 
kerda, dem wir oben die mutbiuafaliche bedeutung vices 
gabeu, stimmt nun ganz genau ahd. hBrta 1". Wechsel, dat. 
plur. hertou und bi h&itöii adv. wechselweise, alternatinj, 
vicissim. Lautlich deckt sich dioses herta mit ahd. hCrta 
^ goth. hairda f. heerde und auch preufs. kerda vices 
deckt sich mit lit. *kerda heerde, das wir mit Sicherheit 
aus lit. kerdzu-s [= kerd-ju-s) hirt erachliefsen köonea. 
Aber wie verniitteln sich die bedeutunceu? liier führt uns 
das slavische einen s<!hritt weiter, indem ksl. creda beide 
begriffe ausdrückt. Man vergleiche nur Miklosich unter 
6reda: vices diariae, vices uud grcx, pascuum, nsl creda 
grex;. series, ordo, po credi, russisch cereda vices; grex, 
kurz das elavisohe wort vereinigt beide bedeutungen in 
sich, uud da wir nun gezeigt haben, wie die reflexe des- 
selben Worts auch im preul'sischo» und deutschen aufser 
„heerde" auch „vices, Wechsel" bedeuten, so müssen wir 
annehmen, dafs das wort kardha schon io der zeit der 
slavodeutschen einheit sowohl „hoerde" als „Wechsel" be- 
deutet habe. Auf arischem gebiete entsprechen skr. ^ar- 
dhas, ^ardha n. stärke, macht; schaar, heerde, zend. 9a- 
redha, altpers. tbarda m. arj, gattung. 



9. 

ai/yy, tui-avytjq zu skr. ögas, lat. augu8-tu-s, 
ksl. ngü. 

Die indischen grammatiker geben dem skr. worte ögas 
n. die bedeutungen: kraft, gSanz und danach nahm luan 
früher keinen anstand, auch ctvyrj f. glänz, strahl und 
avytg- in Ln-ctüy/j^ mit diesem werte zu identificiren. Nun 
haben jedoch Böhtliugk uud Roth im petcrsb. lexicou ge- 
zeigt, dafs in allen vedenstcllen mau mit der bedeutung; 
körperkraft, tüchtigkeit, lebeusfriHche auskommt, und da- 
durch ist die hierhcrgehörigkeit von ai/yij etwas bedenk- 
lich geworden. Dagegen ist jedoch zu sagen, dafs kraft, 
frische und glänz sich eng berührende begrifle sind, vergl. 
K. b. skr. tegas uud varkas kraft und glänz, dals ferner einj 



etymologlsclu' beitrüge. 



169 



reflex von skr. ögas selbst, nämliob lat. aitgus- in aiigus-tii-s 
erhaben , majestätisch doch auch sehr nahe aa den begriff 
^glanz" heranstreift, endlich Jal's die lüder selbst in spä- 
terer zeit diesem woite den sinn „glänz" beigelegt haben, 
wie z. b. aus der, wenn auch späten bildung äugasa n. 
gold, von ögas glänz durch seciindäres a erhellt. Deshalb 
dürfen wir an der gleichsetzung von «i;;'«c; mit skr. ögaa, 
lat. augus-tu-s festhalten. Nebenbei bemerkt, läfst sich für 
die gemeinsam arische periode die ältere form augas (mit 
g etatt g) nachweisen im zend. aoganh hülfe. Hiervon 
stammt zend. aogaz-däo hölfrcich (snperl. aogazdap-tema 
hülfreichst), welches genau dem ved. ögödä ^ ügaa-hdä 
kraft verleihend, stärkend entspricht. Im sanskrit findet 
sich ebenfalls eine spur der älteren form mit g im com- 
parativ ögljäs, womit sich wieder zend. aogjäo kräftiger, 
sehr kräftig deckt, wie dem skr, ögistha stärkst (in xend. 
aogista stärkst, dem skr. ögasvant kraftvoll ein gleichlie- 
deutendes zend. aogönhvant zur seite steht. — Das grie- 
chische avyr} glänz, strahl erkenne Ich wieder im ksl. iign 
m. Süden, als region des glanzes, ohne diese gleiuhsetzung 
beweisen zu können; es spricht dafür die form, denn ksl. 
iigQ kann nnr auf eine gruudfonn auga- zurückgeführt 
werden, und die leicUtigkeit der Übertragung. Doch wäre 
es auch möglich, an aug im sinne des sicherhebens zu 
denken, vgl. lett. aug-ja- hoch, lit. auk-SK-ta-s hoch, und 
ugü als „Sonnenhöhe" = mittag ^ Süden zu deuten. 

Kl. 
fivXij f. mil'sgeburt zu c(fißi.irjxm. 

Mv^ti mifsigeburt, ein wort, das der natur seiner be- 
deiitung nai;h nur bei den ärztcn, Hippocrates und späte- 
ren vorkommt, und als mola, mola uterina auch ins latein 
überging, findet sich in uuaern Wörterbüchern unter fii'Jirj 
mühle, milhlstein untergesteckt, als wäre oa dasselbe wort, 
Dur in einer besondem weise verwendet. Nun liegt aber 
auf der band, da& zwischen „mühle, müblstein" und „uiifs- 
geburt" nur mit hülfe der ausgelassensten phantasie eine 




170 



Fick 



vermittelung herzustellen ist, so dafs jeder ausweg will- 
kommen heilsen iniil's, welcher, das wort auf natürlicbere 
weise deutet, um so mehr, da gerade im griechischen die 
bedeutungsübergänge immer von raarshaltender phantasie 
zeugen und nie ins abeutheuerlicbe verfallen. — Das gleichlau- 
tende ftvh} mfihle geht zurück auf einen stamm ^U'A, der wie 
das lat. mol-ere, inol-a xeigt, noch auf gräcoitalischer stufe 
mol lautete und erst auf griechischem boden sieb zu fAvX 
trübte, wie z. b. auch nvX-rj thor neben ;iJA-is, welche bei- 
den Wörter durch das skr. pur, pura, puri wehr, feste, bürg 
(vgl. skr. gü-pura stadtthor), grundform par para pari, re- 
flectirt werden. Nehmen wir demnach ^ivh} mifsgeburt 
ebenfalls ftir nol-ti, so gewinnen wir die ansprechendste, 
natürlichste ableitung des worts. auß'k-iay.m fiit. uftßkoj-atu 
heifst abortiren, eine fehlgebart thun. Wie die erweite- 
rung ttaßX(>)- zeigt, raufs in dem stamme ursprünglich ein 
o gesteckt haben, da der erweiternde vocal im griechischen 
sich stets nach dem inlautenden richtet: vgl. cf^« aus dotjH, 
{fvtt aus rVßf, ßkixt-Gy,ü) aus jUoÄ, ß^ta- in ßi-ß^M-exta aus 
ßou, xho-ö^u} aus xoX lat. col-us, und so fort. Sonach 
gilt es die lautgruppe dußl^ durch u zu spalten und zu- 
gleich einen einsilbigen verbalstamm zu erhalten; dies geht 
aber nicht anders, als indem wir nach vielfältiger analogie 
« als Vorschlag vor /t erkennen, und ß als eiuschub zwi- 
schen u und i.. Sonach erhalten wir {ä)-fi-{ß)-i, und mit 
eiubringung des o: {ä)_u(ß)o*}i, oder juoA und für cifißi.ui-{<jui) 
die regelrechte erweiterung dieses poX zu /,ii.u). In ^wo^, 
fto?Mi>, ßX(ö-(Jx(/), fti-ußho-xa haben wir fast denselben pro- 
cels, der in unserm falle nur durch das vorgeschlagene « 
neben der ausdrängung des wurzelvocals im praesens noch 
etwas complicirter wird. Von diesem so gewonnenen woA 
abortiren ist nun, behaupten wir, ftvi.)} f. abortus, milsge- 
burt eine regelrechte bildung, wie p^vhj mUhle von ftuX 
molere, was weiter keines beweises bedarf. — Das so er- 
schlossene /loÄ fehlgebären, stellt sich zu lit. mela-s lüge, 
mili-ti sich verfehlen, sich irren, weiterhin zu mar in 
juwQ-og, ü-uaQT-dvui u. s. w. 



etymologische beitrage. 



171 



11- 

f.iuo<f:7j und forma; fiiQOip» 

Oie viel TorBiichten Wörter ftofjifij und forma scheinen 
luir durcbaus nicht zusainuietiKiihängen ; ich lialte sie für 
junge bildnugen, die itiuerbalb der einzelspracben^ denen 
sie angehöreu, vollzogen und demgemäls aus diesen her- 
aus zu deuten sind. 

Ciirtius hat die identität von ^agii- fassen und ß^jax- 
faseen erkannt. Es gehen von diesen beiden stammen aus: 
ßfiä^iti' ovKXaßüv bei Hesych. ^ ftä^^pc<i, ßgay.-üv avvit- 
vai begreifen, Övtt-ßüäx-avof <hi(jxaTctv6iiTov schwer be- 
greiflich, ebenfalls bei Hesych.; von fiagn- fiagn-TM fasse, 
ergreife, aor. i-fianov, ^i-^an-ov mit ausdrängnng des p, 
und udgti-Tt-g räiiber. Wenn wir nun die gemeinsame 
grundform dieses ßgay.- und ttcwn- aufsuchen, so werden 
wir, wie mir scheint, mit nothwendigkeit auf ftctQx- ge- 
führt. Aus (.(CCQX wird durch Umstellung fiofty. und daraus 
nach griechischen lautgesetzen ßgax, ebenso leicht wird 
aus pagy. durch assimilation des analauts an den labialan- 
laut f^ngn wie z. b. ^cct aus _fny., grundform vak. Zur 
annähme einer grundform ^tcgx, welche Curtiua aufstellt 
und zur anlehnnng an eine wurzel skr. vrk, die unbelegt 
ist und falls sie berechtigt wäre, nichts sein könnte als 
eine gestalt der bekannten wurzel vraplc zerreifsen, stören 
(vgl. vrka (zerreilser =) wolf, a-vfka harmlos; sicher) ver- 
mag icli keinen gruud abKuseben, wie ich überhaupt kein 
beispicl kenne, dals ursprQngliches und skr. v durch u re- 
präsentirt würde (aufser vielleicht in einigen dialectischen 
Wörtern). Für die grundgestalt ftctgx- tinden wir nun den 
schönsten reüex im skr. mftr9 mr^ati berühren, streichen; 
fassen, packen; auch mit dem geistigen organe fassen, be- 
trachten, prüfen, untersuchen, mar{;ana n. das berühren, 
aufasseu; das prüfen, untersuchen. AJso bat das skr. marp 
wie das griech. ftagn- und ßgax- die bedeutung „fassen'' 
auch wie lat. capere und unser „fassen" auf das ergreifen 
mit dem geiste übertragen und decken sich beide warte 
in ihrem sinne demnach vollständig; ja es liefse sich z. b. 



172 



Fick 



eiü skr. dur-iuai(?ana Itildfu, welrlie» mit Sixt-ßtfny.caxiv in 
form und iiibalt völliir ftbereiiiatiminte. " Das lat. mulc-ere, 
welches, wie Rotb in diesen blüttern bemerkt, ebenfalts 
biorber gehört, spiegelt mehr die bedeutung „streichen" ab, 
welche das skr. raarp ebeotalls hat. Von ftaon- stammen 
nun mehrere bildungen. Zunächst fifuoTi- bomeriscbes bei- 
wort des luenscbea und zwar »im seine geistige begabuog 
hervorzuheben verwendet. Die form aotaogend steht iibqojt 
zu jnaoTiy wie (fikjon blitxend {arsoont'j blitz) zu arftcin-rirj^ 
ä-GTocin-Tu}, grundfbrm (Traitn blitzen, ist also untadelbaft 
gebildet, die bedeutung ergiebt aicb leicht aus den oben 
angeführten ß()nxüv begreifen, Övü-ßfidy.uvov schwer be- 
greiflich, ftioorfi ist demnach der „begreifende, geistig auf- 
uehmende" mensch, eine jedenfalls höchst passende be- 
zeichnung. BerOcksichtigen wir, dafs nach den oben ange- 
führten Wörtern uaon auch das sinuliche ergreifen und packen 
bezeichnet, so kann es uns nicht wundern, auch funojr- 
in der bedeutung „ergreifer, packer* zu finden. Diesen 
sinn möchte ich in uigoTi- erblicken, wenn es zur bezeich- 
nung einea vogels, des immenwolis, verwendet wird. — 
Ferner erkenne ich unsere wurzel in pntQfp) gestalt. Das 
o in dem worte ist durchaus regelrecht; ea ist ja bekannt, 
dafs in den Wörtern mit dem suföx (ursprünglich) a der 
wurzelvocal, wo er auf einstigem a beruht, durchweg in o 
umschlägt, wie in Tnön-oQ von T^ina, rooif^jj von rgiffiu 
u. s. w. Was ferner r/ statt n betrifft, so läfst sich fast 
die behauptung aufstellen, dafs wurzelauslautende tenuis 
im griechischen ebenso oft zur aspirate gewandelt als bei- 
behalten wird. Oft wechseln tenuis und aspirate selbst 
bei demselben stamme, wie in te(}ti ergötzeu ursprünglich 
gleich mit ryey sättigen, Öex empfangen neben Jfj, tu^ in 
Tct%-v^ laufend schnell neben Tax zerlaufca, zerflielsen. So- 
nach bietet das (f nicht die geringste Schwierigkeit. Die 
bedeutung anlangend haben wir, von tiafjTt fassen ausge- 
hend, dem Worte tioivft] den ursprünglichen sinn „fHssung" 
beizulegen, was mir eine äul'serst nahe liegende und pas- 
sende bezeichuung der gestalt zu sein seheint. Dafür be- 
rufe ich mich auf das deutsche wort „fassung" selbst, wel- 



otyniologiiche beitragt». 

chps ja durchaus heiderloi sinn in stfli verpinigt, ferner 
auf das kel. tvorü ;^estalt, welches ebenfalls figentlicb „fas- 
sung" bedeutet vermöge seiner Herkunft von einem vcrb 
tvar ^ lit. tver-ti fassen = ags. ge-thveran compingere. — 
Wo ffpilich eine so starke Wandlung der nrsprfiiigliclien 
verbalbedeutung in oinem derivat stattgefunden, läfst sich 
der stricte beweis für die herkunft dieses derivats nicht 
mehr führen; man muCs sich mit der darlegung der mög- 
lichkeit begnügen, was, wie ich ghuihe, hiermit gesche- 
hen ist. 

Lat. forma ist, wie mir scheint, ebenfalls ans dem la- 
tein selbst zu deuten, es bedeutet „achlag, tvttu^" und 
stammt von fer in fer-Ire schlagen, welches in seinen deut- 
schen reflcxen an. herja, ags. berian, ahd. perjan, mhd. beru 
nach Schade aufser schlagen auch kneten, foniif» bedeutet 
(beispiele hierfür kann ich für jetxt nicht beibringen). Für 
die ühertragiuig der bedeutung habe ich mich schon an- 
deutungsweise auf das deutsche „schlag" = art, weise 
und Tvnog eigentl. schlag, gepräge, sodann characteristi- 
sche gestalt und sodann gestalt überhaupt berufen. Be- 
weis für diese ableitung ist wieder nicht zu führen, ahor 
die möglichkeit ist nachgewiesen, aus den niitteln des la- 
tein selbst forma zu erklären. 



12. 

«xOi, n. heilung. 

äxog n. heilung eraeheint im griechischen als ein Stamm- 
wort, das keine ableitung in dieser spräche hat Es stammt 
daher rixio-uai (für cexiff-jottar) f'ty.fG-dcu'd^m heilen, flicken, 
von Blessen stamme «zsff- dann erst wieder tty.i-ßi-q (ftlr 
ama-ai-q) f. heilung, äxsa-fta n. dass., axEn-rij-g und äxBG- 
-r»;p, i(XE<i-T(>}{} m. heiler, c(xi(f-Ti^cc f. nadel (axioucu flicke) 
abgeleitet sind, neben denen ein einmal vorkommendes ho- 
merisches axt]-fia n. heilmittel auf ein "rexem, fjf»ö> und da- 
mit vielleicht auf einstiges 'riz-rj neben rtxog n. weist. Neh- 
men wir axDi^ für jaxot;, was wenigstens möglich ist, da 
bekanntlich anlantendes / im griechischen spurlos ausfallen 



174 



Fick 



kann, so finden wir einen reflex des griechischen worts 
iu den cnltischen sprachen. Nach Ebel üraratnatica Cel- 
tic» 8. 49 ist nämlich irisch ic, icc f, gen. fcce heil, hei- 
lung, davon icc-the salvatus, sanatus, aus jacca entstanden, 
wie au9 cambr. jach samis, jech-yt sanitas, aremor. jachet 
sanatus erhelle, An der Zusammengehörigkeit von «xo-; 
mit diesen Wörtern wird wohl nicht zu zweitein sein, und 
darf man demnach, falls man die Gelten den Graecoita- 
likern zugesellt, ein södeuropäisches jakas, jakä heilung, 
heil anset7.cn, dessen Zusammenhang freilich mit andern bil- 
dnnaren sich nicht nuchweisen läfst. 



13. 
H als Vertreter von ursprünglichem v. 

Die Zurückweisung unberechtigter lautübergänge ist 
fast eljeuso wichtig, wie die aufstelhmg und begründiing 
der wirklichen lautvertretungen, denn jede falsche annähme 
dieser art zieht einen schwärm von irrthfmiern nach sieb, 
denen selbst der besonnene forscher verfällt. — Indem ich 
im folgenden die möglichkeit der Vertretung eines ursprüng- 
lichen V durch griechisches /( betrachte, lege ich die aus- 
gezeichnete darstellung dieses Übergangs von Curtins grund- 
zflge* 5390'. zu gründe, indem ich mir darin von ihm ab- 
weiche, dafs ich den beregten flbergang, der von ihm mit 
grofser umsieht schon auf sehr enge grenzen beschränkt 
ist, für das gemeingriechische vollständig glaube läugnen 
zu dürfen, und nur für dialectisehe und „besychische" Wör- 
ter die in rede stehende Vertretung statuire. Es ist also 
meiue aufgäbe, die wenigeu gemeingriechischen werter, wo 
Curtiua u für j: annimmt, aufa neue zu untersuchen.-. 

Was zunächst die analogien ans andern sprachen für 
unsern lautwecbsel anlangt, so kann ich lit. vidti-s das in- 
nere nicht zu ig. madhja medius stellen, da das dem litaui- 
schen so nahe stehende slavische in seinem meiida = medja 
mitte das alte indogermanische wort ganz unverändert be- 
sitzt; lit. vidüs wird ganz angemessen zu skr. vidh vjadh 
durchdringen, durchbohren zu stellen sein; ebenso wenig 



«^mologiscbt! beitrftg«. 



175 



tJarf 
ma-8 
parvj 
dere ; 



mi 



man 
setzen 
a der vordere, 



t Seltif^iolifr ksl. prüvM der erste 
da pnivu auf das schönste dem 



anscl 
ürva 



= lit. pir- 
en parva. 



vor 



he 



rige. 



erste entspricht (skr. pürva der vor- 
attß, pürvja 



der vordere, erste, zead. 



paourva, altpers, pariiva der vordere, frühere, zeud. paour- 
vja" der erste), Ebenso wenig liegt irgend ein zwang 
vor, ksl. crüvT ni. wurm mit skr. krmi, lit. kirmi-s wurm 
zu identiiiciren. Da im lit. kreiva-s ^^ ksl. krivii kruniHi 
(grundforin kraiva) ein reflex des lat. (;urvu-s krumm vor- 
liegt, aus dessen nrrundform knrva- zunäcbat kriva, dann 
mit vocal Steigerung kraiva entstand (vergl. (ffpolyäin aus 
anaqyciw), 3o dürfen wir das'thema karva krumm der sla- 
volitauischen Spracheinheit unbedenklich beilegen; aus die- 
sem karva ist aber ksl. örtivT = karv-ja-s regelrecht her- 
vorgebildet, und mit crüvr der wurm als der sieb kriioj- 
inende sehr angemessen bezeiehnet. — Wenden wir uns 
nnn ku den fallen der Vertretung von v durch n im grie- 
chischen, so kann äurö->,' lamm eben so wob! mit lat. ag-nu-a 
lamm, ksl. agn-ici lamm, und weiter skr. agina = ksl. 
jazTno d. vliel's, fei) wie mit lit. avina s = ksl. ovTnu m. 
Widder zusammengestellt werden, da ß fQr / im grieclii- 
schen wirklieb vorkommt, aus urapriingliobem äyvo also 
wohl äßt'i) werden konnte. Aber nimmt man auch fflr 
äuvo entstehung aus äf-vo an, so beweist das, wie Cur- 
tius sehr richtig hervorhebt, für den Übergang von _f ia fi 
gar nichts, da wir zunächst Vertretung von ß durch ,'?, 
(wie ßo?. = joX u. s. w.) also nß-vn anzunehmen haben, 
woraus dann regelrecht, wie (tm-vü ans ai-ßro, äuvö wurde. 
Sonach wäre äuvo^ nehmen wir es = lit, »vina, beispiel 
von Vertretung des ^f durch ß, nicht aber des ^ durch u. 
Dialdfstiscbo wörter ausschliel'send, gelangen wir s. 541 zu 
jnaXlos zotte, wollflocke. Curtius läiat es für „höchst 
wahrscheinlich" gelten, dafa ua?Lk6-g ti\rj:alXo-g steht, und 
allerdings liegt lat. villu-s zotte, indogerm, varnä, europ. 
valnS, wolle nahe genug. Und doch ist auch hier keinerlei 
nöthigung vorhanden , fialhn als jaXXu zu fassen. Lit. 
mila-s heifat woUstotf, lett. mila f. grobes (wollenes) baucr- 
gewand, altpreufs. (vocabular) mila-n acc. sg. gewand, zeug. 



Lit. mila steht für mala, ftnÄXo-i; vcrmuthlich filr ftrtk-jo-g, 
beide Wörter stimraeu vortreHlich nach form uud sinn und 
lassen sich anüh sehr gut ableiten voti europ, mal reiben, 
woher viele Wörter in der bedeiitung „weich" herstammen, 
wie ä-fiielu-^, lat. niollia, altlat. mal-to- und viele andere. 
Unl>efangene pröfuog wird die gröfaere Wahrscheinlichkeit 
auf der seite /ita?iko = lit. mila-s, als in der zus»ammen- 
stellung von tiaXlo mit lat. vülu-s erblicken. — ftäpTT-Tio 
in seiner Zugehörigkeit zu skr. marp ist unter 11 behan- 
delt worden, wohin ich verweise; die „Zwischenstufe /^prez" 
(nämlich zwischen ^anx und »ßorr), welche nach Curtina 
Zusammenhang mit (vrk) vark deutlich machen soll, er- 
klärt sich boi unserer annähme einer grundform /itapx 
durchaus der analogie gemäls aus ttoax, — Weiterhin weist 
CurtiuB 8. 542 die zuBaninienstellung von iilro-g faden mit 
vi viere durchaus mit recht zurück. Anderer möglichkei- 
ten zu gescliweigen, würde ich das wort auf indogermniii- 
schea mat (skr. math) torqiiere beziehpn. Das i \a utTO-s 
steht, wie fioTo-g wollfaden, charpiefaden zeigt, für ur- 
sprüngliches a, wie niT- fallen = ntt aus pat, m'r-i'Aoi,- 
das fliegen zu ntr = pat fliegen, und vor allem wie mitte, 
stamm mit, werfen zu litauisch und slavisch mat, inet wer- 
fen (skr. math torquere). Lit. mes-ti beifst nun speciell 
das garn, den faden „werfen", ap-meta-i m. pl. die auf- 
zugsfRden, das aufzugsgarn; mit diesem -meta-s scheint es 
unbedenklich fiiTu-g und fiöro-s gleich zu setzen. — Mit 
recht wird weiterhin die identität von oa-yoi^^ auch wayiig- 
xA«(5üs' ätiTTtkoL' y.ccTcey.aoTiog mit pädj^oi^ sprofs, zweig, ru- 
the in abrede gestellt. Halten wir den von Curtius ange- 
deuteten Zusammenhang mit ü^ug für öüf^og !^ goth. ast-s 
ast fest, so kann auch das etyoion dieses worts näb^ be- 
stimmt werden. Sanskritisch as werfen schliefsen mit sei- 
ner Jüngern nebenform iä gleicher bedeutung läfst sich 
auch, wenigstoua in ableitiingen, auf graecoitaliscbem bo- 
den nachweisen. Lat. ensi-s ist längst als reflex von skr. 
asi erkannt worden, wie lö-g pfeil zu skr. isu pfeil gestellt 
worden ist. öiCrd-t,- pfeil scheint für ü<fioTo zu stehn, und 
sich mit lat. arista (für asista) halm = schufs zu decken. 



elytuulogisch« beitrüge. 



177 



Desselben starames ist öa-Su- ^ goth. as-ta- ast, ebenfalls 
eigentlich „schuls, schörsling**. Dafs auch im sanskrit as 
und is schiefsen von dem „aufschiefsen** der pflanzen ge- 
sagt wurde, läfst sich aus islkn^ isiku, isikä f. rofir, binso 
scIiHefsen, ja dieses iäika, isikft gleicht auf seine grund- 
form (asika, äsikä, niasc. asaka, iisaka) zurückgeführt dem 
griech. Öa^o^ uxrya auf ein haar, fxöayo-^ Jielse sich zu 
lat. muscn-s, deutsch raoos stellen, wenn in diesen Wörtern 
u aus ursprünglichem a hervorging, was noch zweifelhaft, 
oder zu lit. mazga-s keim, äuge, sprofe. Die Zusammen- 
stellung des gleichlautenden fiön^os mit vacca ist durch- 
aus mit CurtiuB abzuweisen, um so mehr, da lat. vacca 
(för väca) sein deutliches Spiegelbild im skr. vaqä f. kuh 
iindet. Die länge in vaca erklärt sich aus der abstam- 
muog von skr. vä^ brüllen, welches durch /■j/;^ in ^^tj, ij/m, 
durch lat. väg in väg-Ire, väg-or reflectirt wird. EndJich 
die vergleicliung von iioct^og mit skr. ukaan deutsch ochse 
weist Curtius mit geuügeudeti gründen zurück. 

Der völlig überzeugenden kritik, mit welcher Curtius 
die übrigen fiille, worin fibergang von/- iu /( statuirt wor- 
den, al.s nichtig aufweist, wüfste ich nichts von belaug hin- 
zuzufügen. 

Sonach kämen wir denn zum resnltate unserer nach- 
Untersuchung, welches wir dahin zusammenfassen; Wäh- 
rend Curtius zu dem crgobuiase gelangt, „dalä der Über- 
gang von jf in ti im griechischen nur för eine ganz kleine 
zahl von Wörtern Wahrscheinlichkeit hat", möchte ich dies 
urtheil dahin verschärfen: der Übergang von/- zu ,u ist in 
keinem gemeingriechischen, ja nicht einmal bei schriftstel- 
lerisch bezeugten dialectischen Wörtern nachzuweisen, son- 
dern^nur bei einigen wenigen von den alten lexicographen 
überlieferten Wörtern möglicherweise zu statuiren, Wörtern, 
von denen niemand sagen kann, wann, wo und ob Ober- 
haupt sie je lebendig gewesen sind (wie fid^iVQOV Cur- 
tius 541, fi eldöuivoi^ ehendsi, ftoXnii^' ilni^ s. 542, ftoväv- 
Aei'w 8. 543 u. a.). Naturlich gelten solche urtheile immer 
nur vorläufig, für den augenblicklichen stand der forschung; 
wird mit schlagenden gründen das gegenlheil nachgewie- 
Zeitichr. f. vergl, iprachf. XX. 3. 12 



178 



Fiuk 



sen — desto besser. — Ein klpinos liedeiiken gegen obiges 
resiiUat könnt« erregen, dafs der vogel pfoo^f* nach guten 
Zeugnissen von andern Griechen (den Böntern) lanoip (das 
kann dotti nur «>c«rtot//, /-{(»oi/f sein) geuaant wurde. 



14. 
lit, brauua f. und an. brün f. 

Au. brun g. brf^nar pl. bryn f, heii'st, wie skr. bbrü, 
öifOXK und abd. prawa zunächst augeivbraue, sodann aber, 
wie auch uifov^ den raud, besonders den bergrand bezeich- 
net, rand, kante; das abgeleitete bryna (= brun-ja) beifst 
(kantig machen) schleifen, wetzen, davon bryni n. Wetzstein, 
bryning f. { wetzung) adhortatio. Mit dieser bedeutung 
stimmt auffallend lit. braunä f. der rticken des messere, 
der sense, der pflugscbaar; der rand eines kesseis, topfes; 
der kiel eines schilt'es. Es scheint danach, als dürften wir 
fßr beide Wörter eiue slavodentsche grundform ansetzen, 
die entweder bhrünfi oder bhraunä lauten müfste, je nach- 
dem man die nordische oder die lit. form als die primäre 
ansieht; besser scheint der ansatz bhrüna, weil die vocal- 
steigerungen im litauischen oft Becnndär erfolgt sind, deut- 
sches ü aber der regcl nach nicht auf au basirt, sondern 
verbliebenes altes ü ist (wie in niüa maus). Wegen des 
pl. brjn braucht man sicher keinen ursprünglichen i-stamm 
anzunehmen, da im nordischen der allen deutschen spra- 
chen 80 geläufige übertritt alter a-stämnie in die i-decli- 
nation (vgl. nhd. ströme, alt: tbema strauma, därme, alt: 
thema tharma u. s. w.) schon ziemlich häufig auftritt, auch 
spricht für alten a-stamm mhd. brüne st. f. eunniis, wel- 
ches dasselbe wort in eigenthündicher Verwendung ist_ und 
eigentlich rand, leiste bedeutet. Ob auch die neuhoch- 
deutsche nicht echriftgemäfsej aber oft gesprochene neben- 
form „die augen-braunen" statt „brauen" auf alter bildung 
beruhe, ist nicht zu ermitteln; dip altern quellen unserer 
Sprache bieten diese form nicht. 



otymologijclie heitrilge. 



17!> 



15. 

XTtiofiai lind xti^m. 

In des verf. wörterbuche sind leider s. 53. 54 einige 
Wörter unter dem verzwickten anlaute ks stehen geblieben, 
welche ich mir im folgenden zu berichtigen erlaube. 

Der sanskritische anlaut ks reflectirt sieh im altper- 
siachcn als kLs, im zeud als khs ; es ist daher evident, dafa 
er schon in der gemeinsam arischen periode bestand; die 
sichern reflexe der auf arisches ks anlautenden Wörter zei- 
gen dagegen in den europäischen spruchen sk oder Ver- 
treter dieses anlaute, die im griechischen, welches leider 
oft ganz allein die betreuenden biiduugen bewahrt, sehr 
raaunigfach sind, besonders häutig sind xr, ^ und (f&. So 
entspricht dem ekr. ksan part. käa-ta griech. xtbivw i-xra^ 
deutsch schaden, dem skr. ksura m. echeermesser griech. 
^voövi dem skr. kai schwinden griech. f^öi-. 

Fassen wir skr. käa-tra u. herrschaft und kää f. wohn- 
statt, sitz iu ihrem verhältnifs zu kai käeti, käijaii weilen, 
wohnen, ü-Usi in besitz kommen, sein und ksi ksajati be- 
sitzen, verfügen ins äuge, so wird deutlich, ilaCs die grund- 
form dieses verbs ksi wohnen, besitzen ksa, ksü gelautet 
hat. Dies wird durch das griechische bestätigt, wo wir 
XTci-ofini, xf-xT}]-fiat erwerben, pf. besitzen finden, welches 
selbstverständlich kein denominativ ist, so wenig wie ndo- 
uat, Tte-rrü-fuu, und ganz deutlich auf eine grundform xrä- 
weist, von der auch xTFj-fta besitz, xt'^-pos n. besitz, vieh, 
xrrj-fft-g f. besitz regelrecht gebildet sind. Aus der ver- 
gleichuDg von skr, käajati mit xTcioiicti ergiebt sich ffir 
dies alte verb das präsenstheraa ska-jati und so haben wir 
ska, skä skajati als indogermanisches verb mit der bedeu- 
tung: in besitz bekommen, iu besitz haben (vgl. skr. ä-k»a- 
jati kommt in, ist in besitz) anzusetzen. Zu diesem verb 
ska gehört nun offenbar ksl. sko-tü ra. pecus, pecunia (vgl. 
xrij-vo^ besitz, vieh), woraus goth. skatts (schätz) geld 
vermuthlicb entlehnt ist. Da nun aber auch das jün- 
gere thema sanskr. ksi dem griech. xti'-^oj, xrl-ftEVO-gf 
nfifft-xri-ov-eg entspricht, so ergiebt sich als ebenfalla in- 

12* 



180 



Pick 



dogcrmaniacli ein verb ski (skijati = /.tilbi für XTtjet?). 
Beachten wir, dafs ekr. Lsi hesouders bedeutet: nibig, 
friedlich, ungestört weilen, so werden wir Pott recht ge- 
ben, wenn er '/.ti-ko.; zahm zu diesem verb stellt. Auch 
skr. Khö-ka zahm gehört hierher und ist insofern von In- 
teresse, als es in khi :^ ski den alten anlaut zeigt. Sehen, 
wir weiter, wie in ableitungen wie skr, käe-ma wohnlich, 
behaglich, ruhe und Sicherheit gewährend, m. ruhe, Sicher- 
heit, frieden die bedontung des behagen« und ruhens ganz 
vorwiegt, ao werden wir im zend. ekjü, «ä erfreuen eine 
Weiterbildung von ski durch fi leicht erkennen. Von die- 
sem skja stammt altpera. äijäti behagen, annehmlichkeit == 
zend. säiti f. freude und mit diesem skjäti ist lat. quieti- 
f. ruhe ganz dasselbe, also auch lat. quie- ruhen = zend. 
skjä, Sa erfreuen, quietu-a ruhig, behaglich = zend. skjäta, 
äätOf erfreut. Was die scheinbare bedcutungsverschieden- 
heit anlangt, so erinnern wir an käema behaglich, ruhig, 
an skr. rata erfreut, liebend und ruhig; die weitere be- 
gründung dieser ableitung würde hier zu weit führen , es 
sei nur noch bemerkt, dafs auch ksl. po-cijq po-citi sammt 
po-koj ra. ruhe, frieden nicht ku skr. fl liegen, sondern zu 
ski == akr. kai ruhig weilen, wohnen gehört, sowie dafs 
das thema lat. -quilo- in tran-quillu-s sich im goth. hveila 
f. weile wiederfindet. Nahe zu dem hier behandelten ska, 
ski gehört auch skr. ksam ruhig ertragen, es verhält sich 
zu der urform ska, wie dam bändigen zu da binden, wie 
gam gehen zu ga, oder wie nam beugen zu na im part. 
na-ta. 

Zu skap nacht, dunkel {so ist statt ksap zu lesen) 
verweise ich für die griechischen rettese auf Curtius grund- 
zDge s. 487, das wort findet sich auch im slavischen, näm- 
lich im ksl. atipi m. Verfinsterung, eklipse. sti'pif steht re- 
gelrecht für skjapi. 

Für ksura ^vqÖv ist skura, für ksvaks sechs svaks zu 
lesen, vielleicht kommt man auch mit saks aus. 

Am Schlüsse mich zum anfange zurückwendend, mufs 
ich nach reiflicher Überlegung meine schweren bedenken 
gegen die unter 1 mit so grofser gewifsheit gegebene deu- 



•PrmolügUche beitrüge. 



ISl 



tiing von invitus Jiussprechen. Wenn bei der berleitung 
aue einer grnndform cveito- aticb, so weit icb sebe, gegen 
keine anerkannte lautregel verstofsen ist, so scheint doch 
der allgemeinen analogie nach invitus ein parücip zu sein. 
Ist 03 dies aber, so bleibt es bei der von Benfey gegebe- 
nen deutung, welcher -vltu-a mit dem 6kr. vita, part. von 
vi lieben gleiohaetzt, wobei man dann freilich -vitus acti- 
visch als liebend, gern habend zu verstehen hätte. — Kun- 
diji;ere mögen entscheiden, 

Göttingen, 15. april 1871. Fick. 



Ei'örteriingen aus dem gebiete der italischen 
sprachen. 

1. Ueber daa pacliguische Söbt. 

In der iiaelignisuheu Inschrift , welche Momiusen im 
Corp. Inscr. Lat. Vol. 1 p. 555 mitgetbeilt bat: „St. Pou- 
ties N. Poüties V. Alpia. Tr. Apidis. loviois pu- 
clois sest. a. plcua", verbindet er das a mit dem fol- 
genden plene zu aplens, welches er wahrscheinlich fiir 
lateinischem im jilcvcruiit entsprechend hält, während 
amgekehri Beigk im halliacb. lectiunscatalog für den sotn- 
mer 1864 p. III das a mit dem vorhergehenden sest, 
wie Mommsen aus sust richtig hergestellt hat, zu sesta 
verbindet, welches er mit dem folgenden plcns durch 
„istam (nämlich „mensam sacram, in qua pocula, quae 
dedicaverunt quatiiorviri illi, collocata eranf*) replent* 
(ibersetzt. Allerdings würde eine pronouiinalform seSta 
ihrer bildung nach, wie Bergk wiil, mit dem vou Ennius 
(Ann. 372) und Pacuv. (324) bei Fest. p. 325 M. fiir ipsa 
gebrauchten sapsa zu vergleichen sein, insofern, wie der 
erste bestandtbeii jenes pronomen der pronomiualstamm i, 
so der erste bestandtheil dieses pronomen der pronominal- 
stamm Bo, sa ist; keineswegs aber würde jene form, wie 
Bergk meint, auch mit suapte zusammenzustellen sein, 
da dieses nirgends, vrie Bergk behauptet, för sapsa oder 



182 



Zeyfs 



ipsa stebt, sondern an allen stellen prononi. possesiv. mit 
der bedeutung sein eigen ist. Irris; ist es aucb, wenn 

OD O ' 

er dieses eesta von einem dem so, ea gleichen pronomi- 
nalstamm si ableitet, da die conjunction ei und das si iu 
sireinpse s. siremps, welche er dafür anführt, vielmehr 
der casus localis des oben angeführten pronominalstammes 
so sind, und ebenso unrichtig ist es, wenn er, sesta mit 
dem umbr. esto und lat. isto zusammenstellend, der an- 
sieht ist, dal's diese den anlaut s verloren hätten, da sie 
vielmehr von dcra pronominalstamm i ausgehen, in sesta 
demnach nicht nur dieser, sondern auch ein mit s anlau- 
tender pronominalstamm enthalten wäre, eine häufung, zu 
der kein grund vorhanden sein würde. Wenn er endlich 
die pronominalform sesta durch die vermuthung zu stützen 
sucht, dal's ihr im lateinischen sista bei Cato de R. ß, 
c. 160 entspreche, so hat er übersehen, dafa die werte 
der dort angeführten formel ista pista sista längst Gro- 
tefend Eudim. ling. Umbr. Partie. IV. 12 sehr ansprechend 
durch istam pestem sistam erklärt hat. Ist nun aber 
die existenz eines proiiomen sesto, die sich durch keine 
stelle erweisen Jäfst, nach dem vorhergehenden höchst un- 
wahrscheinlich, so werden wir es auch in der obigen pae- 
lignischen inschrift nicht zu suchen haben. Auch an das 
verbiuu sisto ist bei sest. nicht zu denken, da dieses 
weder wegen des verb. finitura des satzes plens und des 
dazu gehörigen abl. pl. puclois das verbum finitum, noch 
ein zu diesem ablat. gehöriges partic. pf. pass. sein kann, 
indem ein solches theils keine rcduplikation hat, tbeils we- 
gen plens hier ganz überflüssig wäre. Da hinter u. nun 
ebenso, wie hinter sest. ein punkt steht, so ist der ver- 
such, dasselbe mit sest. oder mit plens zu einem wortc 
zu verbinden, gleich gewaltsam und daher zu verwerfen. 
Noch gewaltsamer und daher noch weniger zu billigen ist 
das verfahren Corssens, der aus den drei Wörtern sest. 
a. plens über ausspr., vokalism. und beton. 2. ausg. bd.II 
p. 250*) das eine wort sestattens (statuerunt. vgl. Cors- 



•) Leider habe ich Autial. li. Inst. arch. Rom. I8GR p. 113 fT., worauf 
sich Corssen an der oben migefllhrten stelle bezieht, aiclil nachsehen können. 



erörUrun^vn auSue^^ebiete dur iUliavhcn «{iiacltou. 



183 



Ben de Volsuor. ling. p. 5 — 6) bildet, welcliea freilich an 
und für sich, wenn unter loviois puclois, wie er eben- 
das. bd. I p. 489, bd. II p. 79 will, sonst nicht bekannte 
sabellische „Poculi (dii), trankschafleude (gottheiten)" zu 
verstehen wären, gauz passend sein würde. Natürlich hält 
Coraseu das überlieferte sest. a. piens für irrthümiich, 
da er wohl beglaubigte formen, die seiner ansieht widerstrei- 
ten, wie tribjipu über aij^spr., vokaL und betou, bd. II 
p. 16, Petninjapert a.a.O. bd. II p. 377, frateer a.a.O. 
bd. II p. 504 und mehrere wortformen der epäteren lati- 
nität a. a. o. bd. II p. lülO, für Schreibfehler erklärt. Dals 
diese art der beweisführung die leichteste und bequemste 
ist, wird niemand bestreiten; schade nur, dafa ihr die be- 
weisende kraft fehlt, die sie auch durch den wegwerfenden 
toD, den sich Corsseu erlaubt, gewifa nicht gewinnt, Ge- 
rathener ist es vielmehr, wie an andern stellen, so auch 
hier, eine hinJäuglich verbürgte iesart, wenn sie anders 
einen passenden hinn gibt, unverändert beizubehalten. Wir 
werden daher pleus, welcbeg mit volsk. sistiatiens 
(statueruut), osk. profattcns (probaveritnt), teremnat- 
teus (terminaveruut), uupsens (operati sunt) und sabell. 
amatens zu vergleichen ist, für die aus ple-ens entstan- 
dene dritte pcrs. pl. pf. des einfachen verb. pleo zu halten 
haben, dessen sich nach Fest. p. 230 M. in früherer zeit 
auch die Römer bedienten. Befremden kann dieser aus- 
druck hier nicht, da es vier niünner sind, welche trink- 
gefiiitie darbrachten, und vielleicht keiner von ihnen seine 
gäbe auf ein exemplar beschränkte. Das zu plens gehö- 
rige objekt ist das durch die abbreviatur a. ausgedrückte 
asum (tab. Rapin. 8), i. e. aram. Dai's aber die vier im 
anfaug der inschrift genannten männer pocnla geweiht 
haben, ist durchaus uicht auffallend, da dieses wiederholt 
geschah. Oft wurden solche Irinkgefalse auch mit dem 
nameu der gottheit, der sie geweiht waren, versehen. Siehe 
übrigens über diese und ihren gebrauch Bergk a, a. o, 
p. VI — VII. Die an unserer stelle genannten poeula wer- 
den nun näher bezeichnet durch das ebenfalls abbreviirt 
geschriebene adiect. sesi., welches sestentasiois, i. e. 



184 



Zeyfs 



sextantariia, zu bedeuten scheint; deuu, dafs dieses ein zu 
puclois passendes epitheton ist, lehren hiulänglich stel- 
leu, wie MartiaL V, 64 „Sextantes, Calliate, duoa iofunde 
Falerni." und Sueton Aug. 77 „Qiioties largissime se invi- 
taret, senos sextantes non excessit, aut, si excessiseet, re- 
iiciebat". lieber die form sestentasiois aber vgl. tab. 
Iguvin. III. 2 — 3 „seatentagiam urnasiam". So bleibt 
noch lovioia übrig, wekhcs sowohl Bergk als Corsseu, 
mit dem darauf folgenden puclois verbunden bat, indei 
jener es als ablat,, dieser (iber ausspr., vokalism. und be- 
tonung 2. ausg. bd. I p. 489 als dativ faist. Allerdings 
könnten die trinkgefäfsc, wenn sie nach Bergks erklärung 
dem Jupiter geweiht würden, deshalb lovia genannt wer- 
den; alteia an unserer stelle würde diese bezeichnuug aus 
dem gründe nicht passend sein, weil man hier statt der- 
selben TJelmehr den dativ des namens der gottheit selbst 
erwartet, der sie dargebracht wurden. Dazu kommt noch 
ein äufserer, doch keineswegs unwesentlicher umstand. 
Wie nämlich jeder der vier dedicanten seinem praenomen 
und nomen nach in einer besonderen zeile genannt ist, 
ebenso steht lovioia in der fünften zeile allein, getrennt 
von dem in der sechsten zeile folgenden puclois sest. a. 
plens. Es Bcheiot demnach loviois nicht mit dem abl. 
puclois zu verbinden, vielmehr als der dativ der gott- 
heiten, denen die pocnia dedieirt wurden, zu fassen zu 
sein. Demnach werden, wie tab. R.apin. 7 die dem Jupi- 
ter verwandte göttiun elufach blofs lovia genannt wird, 
80 hier mehrere jenem verwandte götter durch loviois 
allein bezeichnet, wobei, was keiner erklärung bedarf, deis 
zu ergänzen ist. Freilich ist nicht darzuthuu, welchen 
göttern die Paeligner diesen namen gaben; jedenfalls aber 
sind darunter hohe, dem Jupiter nahestehende götter, zu- 
mal da der namc eigentlich coelestes bedeutet, zu verste- 
hen. Dieser erklärung zufolge würde die ganze inschrift 
zu übersetzen sein: Statins Pontius, Numerius Pon- 
tius, Vibius Alpius, Trebius Apidius Joviis (deis) 
poculis sextantariis aram pleverunt. 



eMrtcrungen aue dum gebiet« der italUcbon spraeuen. 



185 



2. lieber die imiLriscLe partike! bunt 8. hont, das um- 

brisobe adrerbiuiQ buntak a. buntta und das uoibriscbe 

pronomen seso. 

Dem iimbriachen eigenthümlich ist die enklitische par- 
tikel, welcbe vollständig in den nmbrisch geschriebenen 
tafeln huut, in denen mit lateinischer schrift hont, nach 
einem kousonanten dagegen mit einbuJ'se des b dort unt, 
bier ont geschrieben ist und auch apokopirt in der form 
bu und o erscheint. Sie schliefst eich an die casusformen 
der demonstrativen pronominalstämme i (if-ont==: ibidem; 
nom. siog. masc. er-oiit = idem, eur-ont = iidem), ero 
(nom. sing. masc. eri-hont *) :^ idem, eru-hii = codem, 



*J Anfrecht und Klrtibhoff Bchwanken in ilircr uiBiciit Über «rihont; 
denn, wäbrcnd sie en umbr. epraulid. bd. [ p. 136. bd. H p. 317 und 245 
auf den pronominalstamm ero enrUckziifilhren (geneigt sind, ziehen sie es 
bd. II p. 404 , trenn auc-h niiht mit entEctilc^denheit, 7.nm prononiinitlstamm 
i s. s. Eine von dieecm Rtomtne nun gebildete partikel kann erihont of- 
fenbar nicht sein, da eine solche vielmehr ihont oder eliout lauten murste. 
Der annähme nber, dafs eri eine vom stamme ero ebenso, wie este (ita) 
von egto und ise (in iaec mit der bedeutung item) vom stamme iso, ge- 
bildete Partikel sei, steht entgegen, dafs, da die vom pronomitialstamme eso 
8. iso mit dem snflix bunt gebildete partikcl niiUt isehunt, sondern 
isiint (ibidem) laatct, der Analogie gemtirü eino vom pronominalstamm ero 
mit demselben suffix gebildete partikel erunt lauten mllfste. Ist demnach 
erihont heiue prunominale partikel, su kann es nur casus eiuea pronomen 
sein, und zwar, T^'ie der zuBummeuhang von VI. b, &0 es erfordert, nom. siug. 
Ziehen wir es nun zum stamme i, so würde erihont in er-i-hont zu zer- 
legen sein. Freilieh könnte dieses nicht, wie Aufrecht und KirclihofT umbr. 
sprachd. bd. II p. 246 mit recht beniorkcn, als aus tr (is) und dem vermit- 
telst des biudevokals i autrctcndcu hout entstanden crklUrt werden, da das 
suflix hont an cousonaiitiscb auslauteude pronomiualformen nicht vermittelst 
eines bindcvokiils, sondern unmittelbar antritt, indem es nnr das anlautende 
.h aufgibt, dergestalt, dafs aus er und hont eront (idem) VI. b, 24 wird; 
wohl aber könnte man meinen, dafs eri in erihont aus er und demselben 
i, miltelüt dessen der nom. des pronom. relat. poi gebildet ist, bestcbo. 
Auch könnte man dem einwand, dafs dann für den nom. aing. masc, zwei 
formen von demselben pronominalstamra , eront und erihont, neben ein- 
ander beständen, durch die bemerkung begefmen, dafs der mittelst des i ge- 
bildete sich von dem andern durch verstBrkung der hjiizeigenden kraft un- 
terscheide. Gleichwohl würden wir zu dieser annähme nur dann unsere Zu- 
flucht nebmeu müssen, wenn kein andrer ausweg otTen stünde. Wenden wir 
uns also zum pronominalstamm ero. Allerdings kommt der iiom. sing. masc. 
von diesem stamme obne suflix nicht vor; die erklttrung aber, wie aua ero 
and dem sufßx hont der nom. sing. masc. eiibont gebildet sei, kommt 
mir nicht so schwierig vor, wio sie Aufrecht und Kiichbofl" umbr. .sprachd. 
bd. H p. 245 crselieint. Zuvörderst ist erihont mit demselben sulTix i vom 
stamme ero gebildet, wie der nom. aing. masc. des [>run. relat. poi (poei, 



186 ^^^^^^ Zcyfs 



abl. masc. erir-oiit ^ ilsdem; femin. erar-unt = eius- 
dem, era-biint = cäderu, eraf-oat*) :=: easdem, abl. 
fem. erer-uiit ^ üsdem), eso (is-unt === itidem) und an 
die conjuDCtiOQ *sur (sur-ont)**) 8. Sürur (surur-ont 



poc;) vom etauime po. Dann entbehrt eri'hont auf gleLciie weise wie 
|ioi des ncminativzcichcru). Dieser analogie zufolge haben wir also als ur- 
sprünglichen nom. »ing. masc. vom stamme ero ero-i auziuiehmen , in vei^ 
biudung mit hont demnach ero-i-hont. Au« dieser form Rber ging zur 
Vermeidung ilirer schwerniUigkeit durch versehmelzung *3cb o mit dem i 
eri-hont hervor. Ganz eheiiso eut.'stanilen im lateiniacben aua quo-i und 
aua ho-i-c die nom. sing, qui und hi-c. "Was Coraaen über ausspr., vo- 
Icaltsm. und beton. 2. ausg. bd. I p. 785 Über die prononiinalstttmme Ist. ho 
und quo und den diesem entsprechenden umfar. p o ricliüg bemerkt, dafs das 
i früh/.eitig mit ihnen so verwachsen sei, dafs es mit demselbeu zusammen 
im Bprachbewiifstaeiu als ein neuer -wortstamra betrachtet wäre, au den 
nun auch ca.^uesurtixe träten, gilt auch vom umbriachcn pronominal.^tajnm 
ero. So vereinigt sich mit dem in eri-hont entbaltenen com. sing, eri 
der altlateinische aec. sing, erira in der schon von Grotefend Eudimeut. 
Jing. Uinhr. Partie. IV, 8 mit dem stamme ero zunanimengefitcllten glosae 
des Fest. p. 162 und 163 M. „nee erim = ncc cum". Schlierslich würde, 
wenn, wie Aufrcclit uud KlrchholT umbr. iiprachd. bd. I p. 137 wullen, poi 
eine Verstümmelung von pos-i wäre, wohl anzunehmen sein, dafs auf gleiche 
weise ero-i-liont aus eros-i-hont hervorgegangen whre, nicht sibsr, dafs, 
wie dieselben bd. I p. 79 vormuthon, „in erihont der endconaonant des 
ersten pronoraen gewichen sei"; denn hätte hinter eri ursprünglich ein oon- 
sonant gestanden, m würde nicht dieser, sondorn daa h von hont ver- 
schwanden sein. 

*) la des sich entaprecbenden stellen I. b, 23 und VT. b, 66. VII. a, 1 
findet eine verschiedene ausdrackaweise statt, irie Aufrecht und KircbholT 
umbr. sprachd. bd. 11 p. 217 und 273 richtig geschii babeu, dort erahunt 
vea = eSdem via, hier erafont via = easdem vias. Es ist daiier iveder 
die vermuthung anzunehmen, die sie bd. I p. 79 und bd. 11 p. 273 ausv- 
sprecben, dafs in erahunt der accusativcharakter von ernf abgefallen und 
dann zur Vermeidung des hiatus (Ina ursprüngliche anlautende h des sufllxea 
hunt, das nach conHonant«n abfallen mufste, wieder eingetreten sei, noch 
die vertnuthnng, die sie bd. H p. 27-1 äufaern, dafs erafout für erahont 
verschrieben sei. Wenn sie hier zur Unterstützung der letztem vennuthmig 
nnfUhren, dafs die pronominalstUmme i und ero sich gegenseitig in der art 
zu ergänzen schienen, dafs von einem jeden nur gewisse casus im gebrauch 
wären, die dem andern abgingen, und deren maugel bei dem einen durch 
formen des anderen ersetzt würde, da die bcdenlung beider nicht wesentlich 
verschieden gewesen zu sein schiene, so spricht gegen diese ansieht, welche 
Bngge in d. zeitscfar. bd. V p. 2 und bd. VIII p. 33 thcllt, nicht nur, dafs 
erafont auch VII. a, 1 steht, wo die worte von VI. b, G5 wörtlich wie- 
derholt werden, sondern auch der zum stamme oro gehörige nom. sing, 
erihou t. 

**) Da dem snrur s. suror surur-ont zur seito steht, so Ittfst sich 
aus dem vorhamlenscjn der form sur-ont Bunehmen, dafs, wenigstens ur- 
Bprllnglich, auch einfaches sur vorhanden gcwtisen »ei. Daraus, dafs dieses 
in den uns zu geböte siehenden denkniHlern nicht nachweisbar ist, folgt 
weder, dafs dasselbe uie cxistirt habe, noch dafs suront, wie Aufrecht 



«rorteruDgcu aus dem gebiete der ilalischvii üpractien 



187 



und siirnr-o) und hat die bedeutnng des enklitischen la- 
teinischen -dem = oskiscben dum. Kicbtig habeu nun 
Aufrecht und KirchhoflF umbr. sprachd. bd. I p. 136 gese- 
hen, dafs wohl zwischen dieser umbrischen partikel hunt 
[ e. hont und dem lateinischen demonstrativstämm HO ein 
L zusainmeuhang stattfinde, dafs sie aber nicht nait dem go- 
^^V tfaiscbeu hun, welches gleich dem skr. kana aus den pro- 
^H Domiuibus, denen es angehängt wird, indefinita schaM, zu- 
^H sammcuzustellen sei. Verbietet. dieses die ganz verschie- 
^^B dene bedentuug dieser suiHxe^ so liegt es dagegen nabe^ 
^H das umbrische hunt s. hont mit dem celtischcn pronom. 
^V dcmonstr. huu, hon, hyn (ia, ea, id) und dem cejtischen 
r adverb. hwnt (illic) und hont in hen-hont (alle), houn- 
^H -hont (Itia), worüber s. Zeuss Grammatic. celtic. Vol. I 
^B p. 398 — 401, zu vergleichen. Nehmen wir nun hinzu, dal's 
in engem zusammenbaDgc mit hunt s. hont die zwei ad- 
verbialformen hiiutak und huntfa stehen, so wird es 
wahrscheinlich, was liugge in d. zeitschr. bd. 111 p. 36 — 37 
erklärte, dafs ein demoustrativstamm huno s. hono mit 
dem demonstrativstamm to, den wir im umbr. es-tu, lat. 
is-te, griech. av-roi;, lit. szi-ttas finden, zum pronomi- 
nalstamm hunto 8 honto zusammengesetzt sei. Gerade 
durch diese zuaamraensetznng zweier denionstrativstiimme 
wird die demonstrative bedentung stark hervorgehoben und 
so konnte jene füglich zur bezeichnuiig, dafa von einer 
schon erwähnten person oder sache etwas neues ausge- 
sagt werde, gebraucht werden. Dieser, dieser wurde 
gesagt, um derselbe auszudrücken. Vergl. das altlatein. 
emem = eundem bei Paul. Diac. Excerpt. p. 76 M, und 
das daselbst von Müller angeführte avTavTov im sicilisch- 
griechiachen. Von diesem prouominalstamm hunto s. 
honto kommt nun sowohl die durch apokope entstandene 
Partikel hunt s. hont her, ursprünglich ueutr. eing., als 
die adverbialform huntak und huntia, ursprünglich ab). 



und Kirchhoff umbr. spradid. bd, II p. 113 und 419 wollen, lllr suroront 
vcrschrichen sei. Dieses ist nicht raüglich, da Buront cilfnial auf der «echs- 
ten und siebenten tafcl 'sich findet. AulVeclil und Kirchhull" hilttcn d«h«r 
diese« nicht im texte Überall in sururont verändcru aoUcii. 



188 



Zeyf» 



sing. fem. Beide einJ nicht, wie es Aufrecht uud Kirch- 
hoff umbr. sprachd. bd. I p. 136 und Biigge a. a. o. zu 
fassen acheinen, verschiedene adverbien, sondern nur zwei 
formen eines und desselben adverbium , indem jene nur 
durch das demonstrative k vermehrt, in dieser ebenso, wie 
im volskischen sisfciatiens (statuerunt) und osk. eitiu- 
vam und tiurri (turrim), worüber 8. Corßsen de Volscor. 
ling. p. 5 — 6, hinter t ein i eingeschaltet ist. So schwin- 
det die Schwierigkeit, welche Bugge a. a. o. in dem i des 
hunti a üind. 

Wie dem lateinischen mihi uud tibi im umbrisehen 
mehe und tefe entsprechen, ebenso mul's man vermuthen, 
dafs für sibi die ümbrer sefe gesagt haben, zumal da 
derselben analogie gemäls dieser dativ im oskischen sifei 
und im paelignischcu seffi lautet. Dagegen finden wir 
tab- Iguv. VI. b, 51 , wo der sinn der stelle durchaus den 
dativ des reflexlvpronomen der dritten person erfordert, 
seso. Aufrecht uud KirchhofF übersetzen daher umbr. 
sprachd. bd. I p. i'3'X bd. II p. 248 und 418 dieses durch 
sibi, obgleich ihnen die form desselben dunkel erscheint, 
80 dafa sie es für möglich halten, dafs es verschrieben sei. 
Dieser vermuthung haben indessen Bugge in d. zeitscbr. 
bd. m p. 34 und 36, Huschke iguv. tafeln p. 2*29. 230. 
566. TOlj und Newman in seiner ausgäbe der iguv. tafeln 
p. 43 mit recht nicht räum gegeben und ebenso richtig 
haben Bugge und Newman seso vielmehr durch sibimet 
übersetzt. Bugge zerlegt nun seso in ses-o und sieht in 
o eine Verstümmelung des Suffixes hont, welches hier den 
sinn des lat. -met habe. Dafür läfst sich allerdings an- 
führen, dafs fTir eruhunt auch eruhu uud für sururont 
auch sururo sieb findet und dafs das celtische htm uud 
hunan (unan) s. honon, worüber s. Zeuss graramatic. 
celtic. Vol, I p. 409 und 410, ipse bedeutet; allein, wenn 
Bugge mit ses das goth. sis vergleicht und meint, dal'e 
sich das s hier, wie in pisi, aveis n. a., behaupte, so 
steht jener vergleichung entgegen, dafs die form des go- 
thischen dat. sis der umbrischen sprach« völlig fremd, und 
dieser ansieht über das s, dals gerade vor dem sufBx unt 



«rörtening«n bub dem gebiete der itnlischrn sprachen. 



189 



8. ont das den casus einos pronomen solilielsende s regel- 
; mäfsig in r übergegangen ist, wie eur-ont (iidem), erir- 
|-ont (iisdcra) beweisen. Wenn dagegen Huscbke in be- 
'trefl" des schliefsenden o Bugge bei|jflichtet, eca aber, wie 
ideu lat. acc. nnd abl. sese, für eine Verdoppelung des dat. 
lae hält, so daft seso aus Be-B(6}ont entstanden wäre, 
und wenn Newman seso mit sueso (VII. b, IJ, welches 
er durch suaemet flbereetzt, zusammenstellt und von der 
zweiten gilbe so meint, dafs sie ein um brise hea isao (ipso), 
welches nicht vorhanden ist, s. esso, wie er VI. a, 2 das 
urkundliche eso ändert, verberge und daher lateinischem 
pte (in siiäpte culpa) oder pse (in reapse) gleich sei, so 
ist es überflüssig, solche ansiebten zu widerlegen. Ich 
sehe vielmehr in dem se von eeso das veretümmette eefe 
und in dessen zweiter silbe so dasselbe pronomen so, das 
sich im umbrischen eso, e-su-k, e-su-f findet und von 
dem sich im lateinischen bei Enniiis die acciisativformen 
sum, sam, sos, sas erhalten haben, das der letzte be- 
standtheil von i-p-sus imd i-p-se ist und doppelt er- 
scheint in aa-p-sa. Siehe darüber Corssen über ausspr., 
vokaliBm. und beton. 2. ausg. bd. II p. 847. Wie in dem 
lateinischen eu.m-p-8e, eam-p-se und ähnlichen formen 
die casusform dieses pronomen abgestumpft ist, ebenso ist 
dieses mit dem so in se-so der fall. Se-so bedeutet 
also eibi ipsi s. sibimet. 



3. Ueber tarnen. 

Das lat, tarnen hat man auf die verschiedenste weise 
zu erklären versucht. Bopp leitete es früher vgl. gramta. 
1. ausg. §. 343 von dem ekr. local. ta-smiu her, indem 
dessen s, wie im litauischen tarne, unterdrückt sei; spä- 
ter dagegen, in der 2. ausg. der vergl. gramm. II, 132, er- 
klärte er es für eine Zusammensetzung des acc. plur. neutr. 
des demonstrativen pronominalstamm ta mit einem der 
griech. Partikel uiv entsprechenden lat. -men, dergestalt, 
dafs ta-men dieselben pronominalstämme, wie in umge- 
kehrter reihenfolge fiiv-rot, enthielte. Dagegen meinte 



190 



z#vrR 



Max. Schmidt itomincntat. de pronom.gr. et lat. p. J)l, tlal's 
tam-cn, aus tarn und der [>ri"ip. in Kusammengesetzt, fflr 
tarn-in stände, aus tam-en aber durch abwerfung des u 
die alte form tarne flir tarn hervorgegangen wäre, Pott 
wiederum stellt etyniol. forschungen tli. II p. 136 ff. zwei 
vermuthungea auf. Einmal nämlich erklärt er das en in 
tam-cti für ein umgelautetes an^ griecb, «j', durch wel- 
ches der gegensatz bestimmter hervorgehoben werde, wo- 
nach die eigentliche bedeutung Ton tam-en sei: „so sehr 
(tarn) andrereeita (an)". Dann meint er, die mögliche kür- 
zung von en zugegeben, sei daa en in tam-en das hin- 
weisende en, 80 dafs tam-en eigentlich „sieh nur, in eben 
dem grade" bedeute, O. Ribbeck findet sogar beitrage 
p. 27 ff. in dem en von tarnen die interjektion c. End- 
lich bat, während Ritschi Plaut. ProL Trin. p. 14 niul 
Rhein, mus. XIV p. 399, Aufrecht in d. zeitschr. bd. I 
p. 85 T Schweizer-Sidler in d. zeitsclir. bd. IV p. 304 und 
bd. VIII p. 234, Curtius in d. zeitscbr. bd. VI p. 84 und 
93^ Lottoer in d. zeitschr. bd. VIl p. 163 und Schuchardt 
vokaliamus des Vulgärlateins 1, 117 behaupten, dafs tarnen 
zuerst zu tanie und dann zu tarn abgestumpft sei, Cors- 
aen krit. beitr. p. 279 und Ober auaspr., vokal, und beton. 
2. auag. bd. II p. 223 und 604 tarn für eine feminine ac- 
cusativform des prouominalätämmes ta erklärt, zu der in 
tam-e e als form des localis <ies pronominalstammes i 
getreten sei, so dafs tam-e „so da" bedeute (krit, beitr. 
p. 275 und 279, über ausspr. , vokal, und beton. 1. ausg. 
bd. U p. 266; 2. ausg. bd. H p. 842 und 1027), tam-en 
aber (krit. beitr. p. 278—279, über ausspr., vokal, und be- 
ton. 2. ausg. bd. II p. 642} in Übereinstimmung mit Pott 
für eine enklitische tonverbindung des pronominalaccusa- 
tiv8 tarn mit dem hinweisenden loealen adverbium e-n 
(„daselbst, siehe da"), einer form des localis vom prono- 
minalstamme i, durch welche die hinweisende kraft des 
demonstrativpronomens verstärkt werde, so dafs tam-en 
eigentlich „so da, so eben'^, also eben dasselbe wie 
tam-e bedeute. Aehnlich äufsert sich Ebel in d. zeitschr. 
bd. XIV p. 400, indem er tarn ab acc. fem. aing. auffafst 



erürterangen ann dem gebiote Jer iUliKclien Fprftrhen. 



191 



und in tarne den antritt ehms vorstärkciide» o (ursprüng- 
lich e oder ei), wie in umbr. pisi und poci, in lat. qiii 
und in golli. saei, annimmt. Alle diese erklärungen sind 
so unwrihrscheinlicb, dafs ich einer Widerlegung derselben 
mich glaube enthalten zu können, und um so auffallender, 
als Wtlllner über Ursprung und Urbedeutung der sprachli- 
chen formen, Münster 1831 p. 208 — ^211 bereits der, wie 
es mir wenigstens scheint, richtigen erkläning sebr nahe 
gekommen war, indem er ta-me-n aua ta-ma-na ent- 
stehen liefs, d. h. aus dem demonstrativen pronomen ta, 
einem ursprönglichen ma, wofür die alte form ta-me, die 
für späteres aus ihr verstümmeltes tarn stände, spräche, 
und ans demselben na, welches ira skr. vi-nfi (sine), im 
griech. 'i-vSy im ahd. ä-na (ohne), vo-na (von), hi-na 
(hin), da-na (dann), hua-na (wann), und zu ne abge- 
schwächt im lat. si-ne sich zeigte. 

Offenbar ist, wie in qnam der relative pronominal- 
staram quo, eo in dem entsprechenden tarn der demon- 
strative pronominalstamm to enthalten. Von jenem stamme 
wurde nun vermittelst derselben lokalendung me, der wir 
im umbrischeu bei aubst. und adject., wie toteme lovine 
(VI. B, 26) und toteme lovinem (VI. a, 46) und auch ira 
litauischen bei adject. und prouominibus begegnen, cnmc 
gebildet, aus dem durch abwerfung des e cum hervor- 
ging. Terent. Scaur. p. 22til P. Antiqui pro hoc adverbio 
(nämlich quom) cume dicebant, ut Numa in Saliari car- 
mine: Cume tonas Leucesie". Ebenso ging mittelst der- 
selben endung me von dem feminin, jenes demonstrativ- 
stammea tarne, woraus durch abwerfung des e tarn ent- 
stand, mit Übergang der localen in die modale bedeutung 
(während die temporale sich in tan-dem erhielt) hervor. 
Fest. p. 360 M. „Tarne in carmine (nämlich Saliari) po- 
situm est pro tam**. Durch hinzufügung des suffixes ne 
aber. Über welches sowie über die mit ihm gebildeten ita- 
lischen partikelo ich in d. zeitschr. bd. XIX p. 163 — 175 
gehandelt habe, .in tarne entstand tame-ne, welches 
durch abwerfung des e, wie do-ne-que ku do-uec, zu 
tarnen ward. Ohne abwerfnng des e hätte, nach dem 




192 



Graill 



gesetz der lateiniselicu sprachp, dafa jedes kurze schluls-c 
in der composition mit einem consonantisch anlautenden 
Worte IQ i umlautet, wie aus do-ue-que do-ni-que, so 
aus tame-ne tami-ne entstehen müssen, eine form, die 
sich allerdings bei Plaut., und zwar sowohl in der bedeu- 
tung 8 (Mil. 628), als in der bedeutuiig dennoch {Most. 
1168) findet j allein in dieser ist das schlielsende ne inter- 
rogativ. S. über diese form H. A. Koch im rhein. mup. 
1870 p. 618- Es geht aber aua ihr hervor, dafs tarne 
sowohl die bedeutung so hat, als auch, wie das aus ihr 
entstandene tarn, als partikel des gegensatzes im sinne 
von tarnen gebraucht wurde. FOr tarn beweisen dieses 
sowohl stellen im Plaut., wie Stich. 44, wo, wie Schweizer- 
Sidler in d. zeitschr. bd. XIII p. 311 bemerkt, der Ambr. 
tampol im sinne von tarnen hat, und 472: „Locatast 
opera nunc quidem: tarn gratiast", als auch die gleiche 
bedeutung von tatnetsi und tarnen etsi und die glosse 
bei Fest. p. 360 M. mit den von ihm aus älteren dichtem 
daftir angeffiihrten beispielen. 

Zeyfs. 



Zur kiuide deutscher mundaiten. 

Beiträge i:um pronomen. 

1. 

Der dual, der in den älteren perioden der germani- 
schen sprachen für das pronomen der ersten und zweiten 
person vollständig entwickelt war, erscheint im gegenwär- 
tigen Stande der niundarton nur noch in lückenhafter ge- 
stalt. Es zeigen ihn schwedische mundarten, das norwe- 
gische und färöiscbe, das oordfriesische, einzelne westphä- 
lische und niederrbeinische mundarten, das bajoariache und 
ostfränkieche; eingedrungen ist der dual in folge äufserer 
Ursachen (angräozung, politische Vereinigung) in striche 



ztir knnde dcnUcher raundarten. 



des weBtfrätikischen und in den scblesischen dialekt des 
17. Jahrhunderts. 

Diese erhalteneu dualformen, die meist plurale Bedeu- 
tung haben ( — von den südgermanischen mundarten weist 
blo9 das nordfriesische die formelle bedeutuag auf — ), 
lauten *): 

schwedisch: I, 1: vit (wir beide; Westbothn.); 2. okar 
(Upland^ Westmannld). Vergl. Grimm gramm. 1', 
814, 35. Ihre schwed. wb. unter vit und okar. 
norwegisch: 1,2: aakons (kons), 3.4. aakon; 

II, 2: dekan oder dokkers, 3. 4. dekan. Vgl. Hallager 
eiöl. z. norweg. wb. XII. 
färöisch: I, 1: vit (Grimm a.a.O.: vft), 2. okkara, 3. ok- 
kum (Grimm: okkun), 4. okkur (Grimm okur); 
II, 1: tit (Grimm: tit), 2. tikkara, 3. tikkum (tikkun), 

4. tikkur (tikur). 
Vgl. Rask veiledn. p. 277. Heyne gramm. I, 322. 
Die altnorweg.-isl. formen sind: I. vit, okkar, okkr, 
okkr; II. it (daneben thit), ykbar, ykkr, ykkr. (Rask: 
vidh, thidb). 
nordfriesisch: I, 1: wet, wat; 2. unker, onker; 3. 4. 
unk, onk. 

II, 1: at, jat, jet; 2. Junker ( — o — ), 3. 4. junk jonk. 
Vgl. Grimm gesch. d. d. spr. II, 97ti. Johansen uord- 

fries. epr. 60. 61. Firnaenicb Germ, völkerst. 
Altfriesisch ist der dual unbelegbar. 
weslfölisch (westlich vom Hellweg; als fundorte kenne 
ich: liecklingbausen, Wattenscheid, Essen, Hattingen, 
Schwelm, Hagen, Bochum. 
n, 1: it, jit, git^ 2. inke, enke, (önke); 3. 4. ink, enk, 

(önk). 
Vgl. Firmen, 
niederrheinisch (niederbergisch, in Neviges, Barmen, El- 
berfdd, Lüttringhausen): 

•) D«m herrn verf. sind die Zusammenstellungen Dnggci ühcr die akan- 
din&Tischen dualformen (d. xeitschr. IV, 247. 264 f.) sowie die Aasens über 
die ftonvcgischen im besondern (Norali Gramm. 179 f.) unbekannt geblieben, 
auf vrclche wir deshalb znr rervollstündigimg des hier vorgetragenea yerwreisen. 
Anm. der redaction. 

Zeitoclir. f. vgl. spracbf. XX. 3. 13 



Gradl 



11, I : jet jött gött gätt; 2. enke, (öuke) ; 3. 4. enk, (önk). 
Vgl. Firm. 

Die 2. peis. im altsächs.: git, iuoer (incero), ine, ine. 
bajoarisch: II, 1: es (allg-; auch ös geschrieben, sowie 
die aachstebendpn formen önker, öuk und tlicilweisc 
öliger, ölig), des (käriit., vgl. Lexer in Fromm. II, 244), 
is (giüiidoeriscb, Firm. UI, GSO au8 SchniöUnitz); 
2. enkcr (allg), enger und (südböliin.) ainke' ; 3.4. 
enk, eng, (eödböhni., vgl. Fromm. V, 410, IT) aink, 
Weinh. bair, gramm. §. 358; Scbmeller gramm. §. 718. 

721. 910 anni., wb. I, HHfg. 134; Bavaria I, 20S. 

Schöpf 109. Thaler in Fromm. III, 452. Lexer 87 

und a. a. o. Ilöfer I, [87. 188. Tschisehka 267. 

Noe in Fromm. V, 315. Fromm. II, 244. IV, 501, 1. 

VI, 252, III. 
ostfränkisch (die (Ibergangsmundart an derPegnitz(nfirnb.) 
ausgenommen); 

I, 2: unkiV (Egerlaud, westl. Mitteleger; Kohl in 
Fromm. VI, 171 uad Födisch aue dem nordwestl. 
Böhmen s. 7); (die formen uoaä', uiinä' sind jedoch 
die bei weitera häitfigcr gebrauchten) 

II, 1: fez (Regen), es (Eger, Stadt, aus dem bajoari- 
schen ciageschleppt?), fäz (westl. Mitteleger, Fö- 
diseli a. a. o.), dez (Regen), diz (Oberoslnab), diäz 
(Oberegor, Mitteleger, Mies-Radbusa, ßösla), enk 
(Unternab; Neuhaua bei Peguitz s. Bav. III, 228), 
enks (Oberwestnab); 2. enk5'; 3. 4. enk (allg., 
auch Oberegor, wo daneben noch) enks (Ober- 
westnab). 

westfränkisch (nur in einzelnen östlichen strichen aus 
dem ostfr. oder baj. eingedrungen): 
II, 1: §8, öS (Baireutb, Bavaria III, 192,3), enk (Ans- 
bach, ebend. III, 228): 2. enka' ; 3. 4. enk. 
scblesisch (17. jahrb.) z. b. es (bei Schcrffer s. 611). 
(Nach Weinh. a. a, o. in folge politischer Zugehörig- 
keit au8 dem österreichischen eingedrungen). 
Mhd. formen: ez (esz, es, ees, öa), 'öncher (gen. un- 
belegbar), ench (euk, euck, enkch), euch (enk). 



mr künde dentschar mundarten. 



195 



WackerQ. wb. 62 a. Im althochdeutschen findet sieh 
auch noch ein rest des duals I. pers. im gen. unker 
(Otfried 111,22,64: uuker /weiö). 
Anmerkungen, t) lieber die bildung der gerraa- 

nischen dualen pronoiuinalfbrmeti vergleiche man Scherer 

zur geechiclite d. d. spräche 253. 

2) Ein eigenthümliches s erscheint in der form enks, 
die wohl ursprüngüch nur einem obliquen kasus (dativ?) 
angehörte, nun tiber in einzelnen ostfränkiachen gegeuden 
auch als uooiio. fungiert nach bekannter assin^ilation der 
kasus, wie sie in zahlreichen falten beiin pronomen vor- 
kommt. Vergleichen llefse sich zunächst das s der got. 
formen unsis, igqia oder mit besserem gründe das t der 
angelsächsischen accusative uncit, incit { wonach enks ab- 
schwächuDg aus enkfs wäre). Am wahracheinlithsteu kommt 
mir jedoch die annähme vor, es sei diese s-bildung eben 
eine unorganische uenbilduug jüngeren Ursprunges, Es 
drang wohl die form enk zufolge der kasusangleiLhuug in 
den nom. und nahm später, als neuer stamm auftretend, 
in folge einer reaction, den nom. von den obliquen kasus 
zu scheiden, das s der form es an sich, worauf eine dritte 
motiou diese seltsame form neuerdings in die obliquen ka- 
sus brachte. Belege für diesen scheinbar complicierteu 
Vorgang finden sich beim pronomen häufig (vergl. der-en, 
dess-en, deu-en, wo die formen der, des, den als stamme 
fungieren und eine neue schwache biegung mit -en anneh- 
men). Die einfachere form enk ist oben als uom. belegt. 

3) Häufig ist auch der Vorschlag einer deutalmuta. 
Die obigeu dialekte geben: d-ekau, d-okkera (norw.), t-it 
(faröiach; norw. d und färöisch t nach den Verhältnissen 
beider mundarten = altnord. th), d-es (kärntisch J, d-ez, 
d-Iz, d-iäz (üstfränk.). Die erscheinung ist altj schon im 
altnord. steht neben dualem it ein thit, wie neben plur. er 
ein ther (färöisch t-ajr). Im plurale zeigen diesen vor- 
sehlag noch weitere muridarten, z. b. dje (raundart von S. 
Truijen in Limburg , Firm. III, 642 f. gegenüber gewöhn- 
lichem gij, gi, ge, gä niederländischer dialekte); nordthü- 
riagisch: di, di, de (Nordhausen, Hohenstein, Heiligen- 

13* 



196 



Gradl 



Btadtj Müblbausen), deu (Erfurt), derr (Manasfeld), vergl. 
Firm. II, 191—208. 179- i87. HI, 280 — 300; pfälzisch 
dir, der (Trier, Birkenfeld) vergl. Firm. III, 549, 18. 30; 
luxemburgisch dir, vgl. Firm. I, 537 fg. ; bajoar. (aur in suf- 
figierteo formea?) der, vergl. Weinhold bair. gramm. 3.Ö8; 
schwäbisch dier der (neben ier er) und schweizerisch dir, 
der, vgl. Weinhold aleuiann. gramm. 413, Rapp in Fromm. 
III, 79, Schmidt idiot. Bernense in Fromm. II, 488 u. a. 
Ja, dieser deutale Vorschlag dringt sogar in die obliquen 
kasus" ein, wie oben das norwegische und färöische zeigen. 
[Aehnlich ist, wie ich nebenbei bemerke, wenn das g des 
niederdeutschen pron. 2. pers. (gi, ge, ihr) am nordwest- 
lichen Harz gleichfalls auf weitere formen sich ausbreitet, 
vgl. gich (euch, Firm. III, 139, 11 u. 5.), gue (euer, ehend. 
III, 139, 12 u. ö.)]. Ueber die entstehuug des Vorschlags 
vergl. man Scherer a. a. o. 250. d. zeitachr. XVIII, 351. 



In den, östlichen ober- und mitteldeutschen dialekteu 
(dem bajoarischen, ost- und theilweiae westfränkischen, im 
obersächsischen und schlesischen) begegnen bei partikeln 
und pronominalformen zu anfang des nebcnsatzes seltsame 
anhänge. Es gilt dies für: als, bald, bis, dal's, der das 
(relat.), ehe»' ob, wann, wenn, wer was, wie, wo. Im ost- 
fränkiscben, das sich überhaupt durch konsequente durch- 
föhrung grammatischer regeln auszeichnet, finden sich diese 
sulEixe am zahlreichsten, weshalb ich zunächst aus dieser 
iDundart belege gebe. 

Ostfrk.; ohst gaist (ob du gehst), weunsf roust (wenn 
du ruhst), deansf siahst (den du siehst), aist fraügst 
(ehe du fragst); hlts satts (als ihr seid), 6nts kummts 
(dafs ihr kommt), wots touts (was ihr thut), weais 
maints (wen ihr meint); wöin* gh^m (wie sie glau- 
ben), dawÄ*) machen (dafs sie machen), bin* genga 
(bis sie gehen), u. s. w. 



*) Oimelien die voUerea formen: dM-n-a, bi^-n-9. 



zur künde deutscher mundortcn. 



197 



Bajoar.: wänns* woivn*f wunnjf geäst (wenn du gehst)*), 
balclA-; äl^; ohsl weWsi as tuast (sobald als ob weil du 
es thiist); weil« weil/s wenn* wenn^s wcllts (weil 
wenn ihr wollt) (iiu Lesachthaie: weild wod wennd 
er aei;f Lexer kämt. wb. 59) u. s. w. 
Westfrk. : wenns/a (wennst) wilb/; da-n-sa ihn (dafs sie 

tliun) u. 8, f. 
Schles. wennsfe dänsfe obsfe willsf (wenn den ob du 
willst); wen( er seid, wof er höf (wenn ihr seid, wo 
ihr habt) u. 8. w. 
Eine genügende erklärung dieser formen scheiat mir 
noch nicht gegeben. Weinhold (dial. e. 77. 81 und bair, 
gramm. §. 35R fg.) kenot nur die fälle der 2. ps. sing. un<! 
pliir. nnd erklärt die s dort, wie die t hier für euphoni- 
sche laute (ob-8-d', wo-t-'s, wo-t-er), die vor dem prono- 
men (d' du, er ihr, 's ihr) eingeschoben wurden. Dieser 
annähme, der auch Frommann (deutsche mundarten I, 
290, 6. in, 240, II und öfter) folgt, steht meines erach- 
tena gegenüber, dafs ein maugel an euphonie in den mei- 
sten formen (wenn nicht allen) auch ohne den einachiib 
nicht stattfinden würde (*ob-d', ob-'s, wie letzteres ja auch 
vorkommt), im gegentheüe manchmal gerade in folge der 
„ einSchiebung " konsonantenhäufungen und Störungen des 
Wohlklanges eintreten (vgl. bäidst, bits, wennts, obte) und 
dafs aufserdem bei herbeiziehnng der formen von der 3.ps. 
plur. (analog müssen die fälle doch wohl behandelt wer- 
den) für diese ein neuer euphonischer laut anzunehmen 
wäre, d. h. för drei fälle — drei verschiedene wohlklangs- 
bildner. Der umstand, dafs diese laute nicht nur hinter 
vokalisch auslautenden partikeln und pronoroinalfornien, 
sondern regelmäfsig bei allen erscheinen, weist, wie ich 
glaube, die deutung ab, als sei das ganze ein mechaniechpr 
Vorgang wie die herstellung der euphonie. 

Näher kommt Schöpf (in Fromm. III, 107), wenn er 
vom -st (in obst u. b. w.) sagt, es sei „gleichsam eine vor- 
ausnähme der flexion e in der 2. pers. sing. " Schmcller 



*) Tiiolisoh sogar -weniischt s. SohSpf in Fromm. Tfl. 



198 



Gradl 



§. 722 setzt die st, ta uud ns geradezu als formen des 
suffigierten personalpronomens an. Noe (Fromm. V, 315) 
erklärt st und ts als flexionsendungen der 2. pers, sing. 
und plur., die als ersatz für das ausgelassene personalpro- 
nomeu, ja ftir dieses selbst genommen werden; er führt 
sie im Schema auch kurzweg als siiftigierte formen des 
pron. an. Das ns finde ich aiilser bei Sehmeller nur noch 
in Fromm. IV, 259, 31 besprochen, wo der herausgeber 
meint, dieses n stehe aber „nur vor pluralem sä (sie), nicht 
auch vor weibliehem der einzahl, vielleicht also zur Un- 
terscheidung der beiden verhindungen". 

Ich denke mir, alle diese formen müssen gleicherweise 
erklärt werden. Da ostfränkisch die reichsten bietet, gehe 
ich von diesem aus. Zunächst ersieht man hei vergleich 
der formen: du tnu.sf, es touf«, si tou« oder tousi du 
(touahi), tou(s [es], tonw s\ dafs es die persoualcudimgen 
des verbiims sind, die aus irgend einem gründe, der vor- 
läufig noch »nerörtert bleibt, doppelt (nämlich au dem verb 
und an der partikel) gesetzt sind. Das angehängte ns abor 
zerlegt sich in die peraonaleodung n und das inclinierte 
8(i). Es entsteht nun die frage, ob nicht auch in den 
zwei andern formen das pronomen stecke? Gewil'a, nur ist 
dasselbe uuhörhar fst-d', ts-'s); theoretisch wäre daher die 
Schreibung st d', ta "s richtig; in anbetracht aber, dafs 
auch schon in der älteren spräche in ähnlichen fällen das 
d schwindet (aus wilt du, mah*. du wird wiltu, mahtu ) 
und jene Schreibung unföniilich ist, wird man wohl bei 
der oben gebrauchten bleiben können, um so mehr als die 
inclinierung des pronomens so stark ist, dafs es mit der 
partikel als ein einziges wort gehört wird. 

Eine weitere nachforsehnng zeigt aber auch, dafs die- 
ses Verhältnis der sufßgierung der personalendung auch in 
der 1. pera. plur. stattfindet; nur unterliegt das n dersel- 
ben fast stets der assimilation imd verschwindet dem nicht 
aufmerksamen ohre im m des inclinierten pronomens mir 
(=wir). Die härte der konsonanz ( — es lautet immer ein 
mm, z. b. wetmmä', wäummä', kein wei-mä', wän-mä — ) 
verräth jedoch deutlich, dafs hier geraination In folge von 



I 



zur kund« deuUcber mundarteu. 

aBsimilation statthabe. Als beiepiele führe ich zu den obi- 
gen fallen nachträglich an : 

Ostfräak. wäumma', dammä', bimuiä' .... sann {= wo, 
da/'s, iiis wir sind); für die andern miindarten bringe ich 
das häutige weminer (wenn wir), das indeik wohl nur bei 
jenen, die auch bei der 3- pera. plur. an die partikel ein 
n suffigieren, mit Sicherheit in wenn-n-mer zerlegt wer- 
den darf. 

Die festen, allgemeinen (d. h. för alle modi geltenden) 
persoiialendungen des oatfränkischen verba sind bekannt- 
lich; Sing. 1. — ; 2. — at; 3. — ; phir. 1. — n, 2. — t8, 
3. — n. (Die 1. pa. sg. endet nach abwurf des tonlosen e 
stets auf den atamniauslaut, d. i. verschieden koüsonantisch 
und die 3. sing, variiert zwischen -t des indic. und abwnrf 
der endung im conjiinctiv-conditioual). Für das ostfrän- 
kiscbe läl'st sich daher als konsequent durchgeführte regel 
aufstellen: 

In nebeusät/en, die von pronominalformen und den 
erwähnten partikeln eingeleitet werden, wird an diese die 
peraonalendung des verbs suffigiert und an diese Verbin- 
dung incliniert noch daa etwa vorhandene Personalprono- 
men (subjekt). 

Anm. Ich ergänze die erwähnten fälle mit der notiz, 
dafs die suffigicrung der personalendung (im ostfräiikischen 
wenigstens) auch dann stattfindet, wenn ein nomen subjekt 
des betreffenden nebenaatzee ist z. b. binn äla laut kunima 
(^ bian k. 1. k., bis alle lente kommen), ©""m 's d' mäiiä 
toun (ob es die mädchen thun), dann (dasn) d' säch~D däu 
sann (dafs die gegenstände hier sind) u. s. f. 

Rein durchgeführt ist die regel, wie schon erwähnt, 
nur im ostfränkischen; die andern mundarten (bajoarisch, 
Bchlesisch) kennen nur die falle der 2. pers. aing. und plur. 
Dagegen geben manche westfränkische mimdarten (west- 
liches Fichtelgcbirge, Koburg u. s. w.) auch die 3. plur. 
(Fromm. IV, 259, 31) und, wie ich erschliefse, die 1. plur. 

In vielen bajoarischen dialekten (z. b. bairiseh, öster- 
reichisch, tiroliach) suffigiert man in der 2. pers. plur. nur 
ein -8 statt des zu erwartenden -ts, wie die personalen- 



200 



Gmttl 



dung lautet (oba, wenns, bälds wellts = ob wenn sobald 
ilir wollt). Diese scheinbar der gegebenen erklärung wi- 
dersprechende form erkläre ich mir als des wohllauts hal- 
ber aus -ts eotatanden. Die konsonantenhäufiiiig wird viin 
90 auffälliger, wenn man bedenkt, dafs auf diese formen 
folgende: ihm, iha, es u. s. w. auch noch um den vokal 
geküirzt werden, somit an die vielen schon vorhandenen 
konsonanten in den meisten fällen noch ein weiterer ange- 
schliffen werden müfste; dies zu vermeiden, fällt das t in 
einigen mundarten weg, während das ostfränkisehe sich in 
diesem falle damit behilft, dafs es den verkürzten forujen 
von ihm, ihn, es auanahmsweise ein tonloses ä vorsetzt, 
während sonst die klirzung einfach "u, "s lautet. (Vergl. 
wennts äs touts, wenn ihr es thut, dagegen : wenn i 's tou 
=; wenn ich es thue). 

Die anhänge enthalten, wie bemerkt, zugleich die pro- 
nomina; doch können diese, falls sie nachdriu-klirh ber- 
vorgehoben werden sollen, noch einmal in voller form ge- 
setzt werden: z. b. obts ^= ob ihr, dagegen obta-es ^ 
ob ihr. 

Die lautliche kontraktion so vieler demente möge fol- 
gende tabelle zeigen: 

obfjt ^ ob-at' ^ ob-st-d' = ob-st-du ^ hd. ob du; 

dast ^ da-8t' ^ da-st-d' ^ daa-at'du = „ dafs du; 

o''mmä = o''-mmä ^ ob-u-m3 ^ ob-n-mä ^ „ ob wir; 

dammä= da-mraä ^ da-n-tna = das-n-mä = „ dafs wir; 

obts = ob-ts' ^ ob-ts-'s = ob-ts-es = ^ ob ihr; 

^ da-ts-'s :^ daa-is-ea ;= „ dals ihr; 

= ob-n-s' ^ ob-n-si == „ ob sie ; 

= da-n-s' = das-n-si = _ dafs sie. 



dats ^ da-ts' 
o'ms = o''-ms 
dang = da-ns 



Was die suffigieruug selbst anlangt, so ist sie ganz 
analog einem slawischen gebrauche und sicher auch aus 
dem slawischen eingedrungen. Aehnlich wie in den er- 
wähnten mundarten setzt z. b. das tschechische in mit Par- 
tikeln beginnenden nebensutzen einen theil des (im kon- 
junktiv stehenden) verbs an die ersteren an; dort wie hier 
ist dieser theil die persoualendiiDg oder ein hilfaverb mit 



znr künde deutscher mundarten. 



201 



derselben. Ostfränkischem: weanst, dammä, wein» u. s. w. 
entspritjht ganz genau tschechisches: kdybys, zchychom, 
jakoby u, a. f. Die analogie geht so weit, dafk beiderseits 
die purtikehi um vinschmiegsame konsonanten gekürzt wer- 
den (kdy für kdyä :^ oatfr. bi- für bis). Zugleich erliellf, 
warum die sufBgieruDg in der dritten pers. sing, unter- 
bleibt (oder besser gesagt, wegen mangeis eines konsonan- 
ten imhörbar wird); die deutschen inundart<;n scheinen 
hiebei den im tschechischen stets fauch formell) stehenden 
konjunktiv der sache nach zu berücksichtigen, obgleich sie 
die form desselben oft vermeiden. Schlielslicb wäre zu 
bemerken, dafs die Verbreitung dieser erscheinung that- 
sächlioh in jenen dialekten am bedeutendsten ist, die der 
slawischen Sprachgrenze nahe liegen (ostfränkisch, west- 
frätibiseh u. s. f., ebenso im iglauischeii , vgl. Noc a.a.O., 
wo in der 2. plur. -ts steht, Ü\r welches die meisten an- 
dern bajouriscLen mundarten hlofsea -s aufweisen). Im 
schlesiseben und obersächaischen dialekte sollten die be- 
zflglichen fälle noch besser beobachtet werden; ich zweifle 
nicht, dafs vollständigere belege sich würden geben lassen. 
Eger, im april 1871. Heinrich Gradl 



Zur Prometheus- sage 

(mit bezug auf Kiihn's buch „von der herabholung 
des feuers" n. a. w.). 

Kuhn fflhrt in seiuem buche „über die herabkunft des 
feiiers" ii. e. w. den namen Prometheus auf eine sanskrit- 
vvurzel manth (schi'itteln , erschüttern, reiben) znrück und 
entwickelt an der analogen butter- und feuerbereitling l)ei 
den Indern, für die in gleicher weise der ausdruek ge- 
braucht wird, die spociellere bedeutung desselben, indem 
er sagt: „Aus diesen beiden berichten (über die butter- 
imd feucrbereitung) geht also mit eviden/, hervor, dafs bei- 
den baudlungen die quirlende drehung eines holzstttckes 
gemeinsam ist, und diese art der beweguug bezeichnet of- 



302 



Schwartz 



fenbar die wurzcl manth, nicht die parallele reibuog zweier 
hokstücke, wie man bisher wohl anzunehmen geneigt war. 
Die nfleiche Vorstellung liegt offenbar auch dem mit manth, 
manthana, manthara sich auf's engste berübreuden man- 
flalii, deBsen grundbegrifi' „kreis" ist (auch politisch „der 
kreis, die provina'', daher CoromandclJ, zu gründe". Nach- 
her erwähnt er noch das liolz pramantba bei der feuerbe- 
reitung durch drehung als das reibholz sowie das appellativum 
manthara, der biitterquirl. Dann entwickelt er ala eine 
zweite auch in den veden schon hervortretende bedeutiing 
der Wurzel mautb die des abreifseus, ansichreifsens und 
ranbens und fährt dann fort: „Betrachten wir nun den 
Damen des Prometheus in diesem Zusammenhang, so wird 
wohl die annähme, dals sich aus dem feuerentzüudenden 
räuber der vorbedächtige Titane erst auf griechischem bo- 
den entwickelt habe, hinlänglich gerechtfertigt erscheinen 
und zugleich klar werden, dafs diese abstraction erst aus 
der sinnlichen Vorstellung des feuerreibers hervorgegan- 
gen sein könne". „Was die etymologie des worts betrifft, 
fährt Kuhn fort, so hat auch Pott dasselbe auf fiavüävto 
in der bedeutuLg von mens provida, providentia zurück- 
geführt, in welcher auffassnug er im ganzen mit Wcicker 
fibereiuätimmt, aber er hätte, sobald er das thajWdas sans- 
kritverbum nicht unberücksichtigt lassen soll^^ da die 
annähme solcher aus reiner abstraction hervorgegangeueu 
persönlichkeiten för die älteste mythenbildung mehr als 
bedenklich ist. Ich halte daher an der schon froher aus- 
gesprochenen erklärung fest, nach welcher HQo^irj&iVti aus 
dem begriff von pramütha, raub, hervorgegangen ist, so 
dafs es einem vorauszusetzenden skr. pramäthjus, der räu- 
berische, raubliebende, entspricht". 

Mit der hervorhebung der sinnlichen Vorstellung hat 
Kuhn unbedingt recht; ich glaube aber, dals noch ein na- 
tQrliches element im hintergrunde steht, welches die 
verschiedenen Vorstellungen gleichfalls au sich knüpft und 
in dem überhaupt der Ursprung des ganzen mythos zu su- 
chen ist. Eine stelle eines neueren dichters, welche ich 
kürzlich fand, und die zu meiner vernjuthuug stimmend 



Eor Frometheos-sage. 



2oa 



die betreffende natiirauschauting und so gleieheam den kern 
des niythos reproducirt, vpranlaiet mich dit^se ansieht mis- 
«usprechen. An den wirbel- oder küselwind, der über- 
haupt, wie ich im „Ursprung der mythologie" vielfach ge- 
legen heit geliabt habe auszuführen, in der mythologie eine 
uinht unbedeutende rolle spielt, knüpfen eich näutlich beide 
Vorstellungen, sowohl die „des drehents" als die „des räu- 
beriachen ". In erstercr hinsieht brauche ich nur an die 
sich drehende, tanzende windshraut, welche dem stiirme 
voraneilt, in letzterer an die ä^rtrc^tivfra tfvfk'Aa des Ho- 
mer zu erinnern. Nun findet sieh bei Körner in seinem 
gedieht Araphiaraos folgende stelle: 

Wild schnauben die hcngste, laut rasselt der wagen, 
Das stampfen der bufe zermalmet die bahn. 
Und schneller und schneller noch ras't es heran, 
Als galt' ea, die flüchtige zeit zu erjagen. 
Wie wenn er die leuchte des hininiels geraubt, 
Kommt er in wirbeln der windsbraut geflogen. 
Dem dichter hat offenbar daa bild vorgeschwebt, auf wel- 
ches ich hinziele, „der Wirbelwind als räuber der himm- 
lischen leuchte des sonnenfeuers un<l seine Verfolgung bei 
sich entwickelndem gewitter". An diese Vorstellung eines 
rauhes, einer entführung des himmlischeu lichtes in der 
dem gewilter vorangehenden dunkelheit knüpfen sich dann 
bei vertchiedenen Völkern mannigfache bilder über die Wie- 
dergewinnung desselben. Ausführlicher habe ich im Ur- 
sprung u. s. w. p. 235 die finnische sage in der gewitter- 
scenerie durchgeführt, wie PohjoliVs wirthin d. h. die her- 
rin dos bimmitschen finster n nordens sonne und mond 
und damit das himnielsfeuer entffihrt, wie es nacht auch 
im himmel oben wird, bis der gewittergott feuer an- 
schlägt. 

Feuer schlug nun an der alte, 

Liefs die flammen munter sprühen 

Aus des Schwertes feuerscb neide, 

Aus der flamratnreichen klinge; 

Schlug das feuer in die nägel, 

Liels es in die glieder rauschen 



204 



Schwartz 



In des bimraels oberin räume, 
Auf der sternenhfirde ebue. 
Der windgott Wilitiämöiiien ist dann hier neben dem himm- 
lischen schraid Ilniarineu der deu entfallenen blitz- feiier- 
funken suchende. Ein hecht verschluckt denselben, und 
ihm gilt der fang; „das ist der im wolkenmeer wie ein tisch 
dahin schiefsende blitz*. Aus ihm entwickelt sich ein blauer 
und rother knäul — andere anschauungeu des fallenden 
blitzes — der blitzfunke versengt schliefslich das all, bis 
die heideu götter endlich sioli seiner bemächtigen, himmel 
und erde wieder der wohltbat des leuers in ihren Stuben 
herr werden. 

In einem andern bilde führt der neuseeländische mythos 
die scenerie vom holen des feuers im gewitter aus. Entweder 
ist es, nach Schirren, ein ringen um den feuerstein, als alles 
feuer erloschen, oder es ist damit ein neckisches spiel 
des wiudgottes Maui verbunden. So heifst es, Maui 
hätte beschlossen, alles feuer seiner abnfrau Mahu-ika zu 
vertilgen und sich deshalb folgende list ersonnen. Er löscht 
in der nacht alle heerdfeuer; am morgen ist nirgends im 
dorfe feuer. Seine mutter gebietet den sclaven, feuer von 
Mahu-ika zu holen; diese weigern sich au8 furcht. Da geht 
Maui selbst hin. Mahu-ika fragt ihn: woher? aus diesem 
lande hier? aus nordosten? Südwesten? Süden? westen? Er 
erwiedert immer nein. Kommst du, fragt sie weiter, woher 
der wind mich anweht? Ja. Daraus erkennt sie ihren cukel, 
reifst sieh einen fingernagel aus, so dal's die flammen aus- 
schlagen und giebt ihm von diesem feuer. Er geht, löscht 
unterwegs die flamme, kehrt um und bittet abermals um 
feuer, welches die alte stets auf dieselbe weise entzündet. 
Das wiederholt er so oft, dafs sie sich alle nägel an fin- 
gern und Keben ausreifst bis auf den uagel einer greisen 
zehe. Dann merkt sie seine bosheit, wirft den letzten na- 
gel zur erde: überall schlagen flammen empor. Maui 
flieht, das feuer hinterdrein; er verwandelt sich in 
einen adler, stürzt sich in seen; das wasser siedet, die 
Wälder brennen, die erde, das meer brennt. Da fleht Maui 
ZU seinen ahnen Tawhirimatea und Whatitiri-matakataka 



snr Proin etbeua-««^ 



um regen; jener sendet dessen eine solche flntb , dafs 
Mahti-ika fast umkommt. Laut schreit sie auf und rettet 
zur Dotb einige funken in das bolz des kaikomako-baumes. 
Maui erklärt den eitern, er werde stets solche streiche 
spielen u. s. w. 

Nat!h der Touofaischen sagte wird der kleine Maui 
vom vater zum aha geschickt, um feuer zu holen. Er 
findet den alten Maui, den grofsvater, auf einer matte am 
feuer sitzen, das um einen grofaen eisenholzbaum brennt. 
Der kleine erhält vom feuer in einer cocusschale, geht da- 
mit weg, bläst es aus, kehrt wieder, wiederholt denselben 
streich; beim dritten male sagt der alte: Nimm alles. 
Maui Kijikiji (eben der enkel) nimmt den ganzen bäum. 
Da erkennt der alte, er sei mehr als sterblich und ruft 
ihm eine herausforderung zum ringkampf zu, Kijikiji wird 
niedergeworfen, springt auf, stürzt den grofsvater im 
Bchwunge nieder, dafs dteaem die knochen brechen und er 
seitdem lahm und schläfrig — gott des erdbebens (?) — 
unter der erde liegt. Der vater, als er den alten sieht, 
ahnt, was geschehen ist; verfolgt den söhn, um ihn zn 
strafen; vergebens. Da beide am abend zur erde heim- 
kehren, verbietet der vater dem kleinen feuer mitzuneh- 
men. Dieser wickelt sich etwas in die schleppe sei- 
nes m. 'Intel 8 und zieht es hinter sich nach. Der vater 
merkt feuer und Kijikiji streut alles aus. Sogleich fas- 
sen die bäume feuer: doch wird die gefahr glücklich ab- 
gewendet; es bleibt mir die gute folge, dafs den men- 
schen das mittel gegeben ist, sich die speise zu 
kochen. 

Die scenerie ist in allen diesen sagen vom himmel 
und seinen erscheinungcn entlehnt, indem diese nach irdi- 
schen Verhältnissen aufgefafst werden^ anschliefst sich das ge- 
wissermalsen religiöse momentj dafs bei dieser gelegenheit 
den menschen das feuer vom himmel gebracht sei. Wenn in 
mytheu anderer Völker vielfach vögel, ja käfer, wie Kuhn und 
ich nachgewiesen, als im blitz herabachiefsende feuerbringer 
eracheinen, so gelteu vom entwickelteren mythol. standpuukt 
dann vielfach götter als solche, wie neben dem neuseeländi- 



206 



Schwartz 



sehen Maai der amerikaniache gewittergott HuitzHpochtli. 
Geiiiäls ihrem character und der Wichtigkeit des dementes 
wurden sie dann zu wohltbätern des menschengeschiechts. 
Wenn liierin schon eine gewisse abstractere anffassnng sich 
geltend macht, so ist im übrigen den au die naturan- 
schauung nnmittelbarer sich anschliefsenden mythischen bil- 
deru meist characteristisch ein mit liet oder raub aus- 
geführtes aneignen des himmelsfenere , womit sich dann 
auch oft, wie schon angeführt, eine daran sich knöpfende 
verfolguug des räuberg verbindet. Wie dies im Maui- 
inythos sohon hervortritt, erscheint es besonders entwickelt 
im griechischen mythos vom Prometheus als feuerräuber, 
der au der sonne eine ferulastaude anzündetj den ineuschen 
80 das feuer bringt und zu ihrem wohltLäter wird, welche 
rolle des mittlers gleichsam dann Aischylos tiefsinnig aus- 
geführt bat. Anderseits fehlt aber in der Verfolgung, die 
Prometheus deshalb erleidet, der hinblick wiedernm auf 
die gcwitterscenerie nicht, im gegeatheil weisen auch hier 
die einzelnen mythischen elemente, welche sich daran rei- 
hen, auf ihn als den im unwetter schliefslicb gefesselten 
Sturmesriesen bin ( uaturanschauuogen u. s. w. 1. p. Id f.), 
gerade wie in den andern erwähnten mythen der wind das 
im Unwetter scheinbar verloren gegangene himmelsfeuer 
holt oder sucht. 

Wenn diese raythenreihen die von Körner reproducirte 
anachauuDg des sonnen- und feuerranbs am himmel als mit 
dem winde in beziehung stehend ausführen, anderseits 
aber gerade der Wirbelwind in der naturerscheinung 
selbst speciell als der räuberische und im unwetter vom 
nachfolgenden stürm verfolgte erscheint, wie viele mytben 
auch ganz anderer art darlegen, so weisen auch, wie Kuhn 
ausgeführt, die heiligen gebrauche bei den Indern in be- 
treff der erzeugung des feuera durch drehung eines Sta- 
bes in einer nabe dem das feuer hervorrufenden reibholz 
pramantha anderseits die bedentung des drehene, wirbelns 
wieder zu. Auf das merkwürdigste berühren sich nun 
die von Kuhn aus dem indischen dabei entwickelten Vor- 
stellungen mit anacbauungen , welche wir beim Nonnus 



zur Promi?theD8-SBge. 



207 



finden. Doch mufs ich, um dies darzulegen, etwas näber 
auf die feuerbereit iing eingehen, die uns dort in anderer 
für die alte weit höchst eigenthiimlicher weise entge- 
gentritt. 

Was die art der entzündting des f'eaers überLaiipt an- 
betriflft, so hat darüber am atisführliehsten Tyler in seinen 
forsehiingm fiber die Urgeschichte der menschheit (deutsch 
von H. MiiJler, Leipzig) gehandelt. Die aitte des feuer- 
l)ohren8, wie Kuhn sie bei den Indogormaneu nachgewie- 
sen, findet sich nach Tyler in analoger weise schon u. a. 
im alten Mexico vor und speciell das drehen des bohrers 
mit einem strick, wie sie noch im moderneu ludien auch 
beim buttern angewandt wird, ist bei den Eskimos uralt 
(p- 309 J. Daneben erscheint aber auch bei den Eskimos*) 
wie anderseits dann im aüden Amerika's bei den Feuer- 
ländern die gewohnheit, feuer durch schlagen eines kiesels 
gegen ein stdck Schwefelkies zu erzeugen. Nachdem dies 
Tyler durch alte Zeugnisse belegt hat, fährt er fort: „Zwei 
berichte über ein verfaliren heim feuermachen in und um 
Nordwostanierika sind leider unbestimmt. Capitaiu Cook 
bemerkte, dafs in Unalasclika die eingeborenen fener mach- 
ten, indem sie zwei steine aneinanderschlngen, deren einer 
stark mit schwefe) eingerieben war. Ihre nachbarn, die 
aleutiachen insulaner, machen, wie Kotzebue sagt, feuer, 
indora sie zwei mit schwefel eingeriebene steine ober 
trockenem moos, das ebenfalls mit schwefel beatreut ist, 
zusammenschlagen. Dieselbe art der feuererzeugung kommt 
nun aber auch beim Nonuus als ländlicher gebraui-h vor. 
Als nämlich Opheltes bestattet werden sollte (XXXVII. 
V. 56 sqq.), heifst es: 

^J/(!^rt TtVüÖg XQ^"^ MXE' rfl'A0(!X07tÜMl0 Sl KlQXfjg 

fliavvog ior/fiov6uog, Tv(><njVtdog «<Troe ct^0VQt}g, 



*) Kani^, der rordpolfahrcr. Leipzig 1861 p. 201; „Ala wir die htltle 
erreichten, Bchlug un&er fremder Eskimo mit zwei steinen fener an. Dor 
eine war ein kantigei stück milchiger quarz, der audeie anscheinend ein 
eiu'nerz. Er schlug einige funken heraiia, jianz in der weise, wie in der 
ganzen well stalil nud stein gehaadbabt wird und als xuader diente ibm 
volle und weidenkiucfaen, welcbe er hernach an ein bUudel trockoen moosea 
hielt. 



208 



Schwort« 



(ug nd'ie äygoTigtjs Ssöatjftivog Hgya Texoucr»/^, 
nvQdOTÖxovg )MtyyaQ, ögEiceSog bgyava rix^nSt 
riyrtyiv ix axunikoto, xni, onno&t atjjuara vixtjg 
fjegö&sv ntTiTovrEg tm'TroJffavro Xigavpoi., 
kii^iavct i9famaiov nvoog -tjyayei', mg xsv ävdifjfj 
nvoxaiijv (f&i^iivow /iioßXtjTq} Öt ß-esüii 
äufforigojv ii}(gioe kiOav xsvEbJvug 
jivgaoTÖxav xa't hmrov 'Egvß-galoio xogvfxßov 
xägtpog äno^vaag Siövfidovi ftiyvve n.ETg(p' 
rgißuiv d' iväa xal iv&tt xai agaevi d-fj?.vv 

d^ct0<fmv 
iyxgvtfov avTok6%Evrov dveigvs Xatv&ov nvg^ 
nvgxa'uj ö' i!ni-9-)}xev, ont; niksv ccygtdg v'/.rj. 

leb es schon vom cultiirhistoriachen Standpunkt aus höchst 
interessant, die oben aus der neuen weit geschilderte art 
der feuerbereitung hier plötzlich ganz adäquat in der alten 
auftreten zu seilen, so sind auch für die raythologie die 
daran sich knüpfenden anschaunngen bedeutsam. Kuhn 
hat des aufiführlichen dargelegt, wie die bereitung des hei- 
ligen feuers mit dem drehstab bei den Indern als ein zeu- 
gungsact angesehen wurde und spuren dieser auffassung 
für dieselbe art der hereitung auch bei den Griechen nach- 
gewiesen. Dasselbe tritt nun hier beim Nonnus ftir die 
andere art der feuerbereituog aus steinen in einer der ver- 
schiedenen art der feuerbereitung entsprechenden weise 
hervor, wie die worte äoaevi ff^ilvv dgdaaiov avrokoxsv- 
Tov äi'iigvB luiueov nvg zeigen. Dafs dies aber eine ste- 
reotype anschauung ist, zeigt noch eine andere stelle, 
welche noch neue mythologische perspectiven hinzubringt 
(IL V. 475 sqq.): 

^vvtj ä' d^fporigoitsiv itJÖggonog r/sv ivvcö 
xai Jü xai Tvffüivf noXvip?.oi(jß(p öt ßtkiitvqi 
ctlO'tgog ögp]ßTTJgsg ißax^svovTo xigavvoi' 
udgvato Sh KgoviÖijg xixogvd-ftipog' h> Sk xvr)ot./u(f> 
ßgoPTf/P ftkv Gdxog s?;f£, virf.og Sb oi 'inX&To &iägij^y 
xai CTSQOTttjv öügv ndlle, öiinsTeeg öt xsgavvoi 
rj6g6&6v nifinovTü nvgiyX(ü^ivig oicroi' 



zur PrometbetiB-Mge. 



309 



i]Sri yag nsQi'ffOiTog «jto ^doviov x£i;«ftjj'0(,- 
^tjQog äeoffiTiÖTr/Tog äi'tdQausr aTuög äoovgtjg^ 
xai ve<peh)g ivtocf&Bv UKfikvog aid^oni xoXrKp 
nviytTO fl^eg^iaiviDV vk(foq l^yxvov afirpl äi xaTtvip 
TQißapikvtiiv xavaj(tjd'Di nvQiTosrffOäv vetpeXätav 
f)-hßuuh>ij TTBffögtjTo Svgixßatog i p 86 u v^og <fX6^ 
bi^oatv}] fiiaov oluov, kml ailttg iii^uvf-i ßaivnv 
ov iffuig' affregontji' yttu aimügwaxotiöctv iQvxei 
dußof/^j} ^adäfiiyyt XsXovinü'og i'xftiog «/)(>, 
nvxvbjaag vktfiog vyQOv vntorigov ä^aXtov Sk 
vtioftsv olyofASVoio dtedgafitv äXkoftavov nvg. 
(ig Xif^og äft<fi XiihfO ffXoyigrjv ihSlva Xox^i^uyv 
Xtt'iov rjxövtt^i noXv&kißhs aiiroyövov nvo. 
nvgduysrrig ote i^ijXvg agdaasrai agaevt Tcirgf^»' 
ovTO) fhXißüUEVijfSiv ävuTiTBrai ovgaviij (pXo^ 
kiyvvi xat vecf'ikijaiv dno ^tfovioLO äi xanvov 
kenraXkov yeyaöJrog kfiaioi&tjaav äiJTCct, 

In beiden stellen kehrt zunächst die Vorstellung eines er- 
sns und sofortigen geborenwerdens des feuers wieder. 
in im indischen die analoge parallele in voller roh^r 
natOrlidikeit ausgemalt wird, indem dasjenige der beiden 
hölzer, vrelelies das drehholz iat, als der zeugcr (penis) 
gefalst wird, so ist auch in den angezogenen stellen des 
Nonnus die sache, wenn auch allgemeiner, so doch ebenso 
natürlich mit dem ihe liiiXvg ägäatThrat agasri niiom ge- 
dacht. Und wenn im indiscben die Bcenerie auf den him- 
rael übertragen wird, indem es u, a, heifst; „Golden waren 
die arani — das sind die bL-ideu hölzer, aus deren reibung 
das heilige feuer entzündet wird — mit denen die gött- 
lichen Agviuen (den funken) hervorquirlten" (Kuhn p. 74), 
so findet Nonnus ebenso denselben Vorgang, den er bei 
der erzeugung des feuers aus dem weiblichen und männ- 
lichen stein wahrnimmt, am bimmel wieder, wenn xgtßo- 
(jikvwv (oder if-Xtßousi'wv) vsrfeläwv der himmlische funke 
erzeugt wird und aus der schwangeren wölke {vttfug sjxi^üi') 
den ausgang sucht. Ja noch specieller berühren sieh beide 
Vorstellungen durch den ausdruck ivdu^vxog (fX6$. Kuhn 

ZeiUchT. r. Tgl. gprachf. XX. 3. 14 



910 



Scbwurtz 



sagt nämlich p. 15; „Wenn ntm diese nachweise es un- 
zweifelhaft lassen, dafä auch schon in alter zeit die beroi- 
tung des reiuen feuers durch bohrende drehung eines 
etabea bewerkstelligt wurde, das diese bandkmg bezeich- 
nende verbum aber auch verwendet wird, um die entzün- 
dung des feuers ini himuiel zu bezeichnen, so ist wohl 
klar, dafs man den Ursprung des blitzes aus der wölke 
einem gleichen Vorgang zugeschrieben habe. Dafür spricht 
anfserdem noch: einmal der von Agni bei dieser erzäh- 
lung mehrfach gebrauchte auadruck : guhä sat oder hita 
j,der in der höhle seiende, da hineingesetzte", der sich 
jedoch auch allgemeiner auf die wölke beziehen lälst und 
schlechthin „der verborgene" bedeuten kann....." Ich denke, 
das aus Nonnus herbeigezogene bild legt die anschauung 
vollständig klar und der Agni guhä sat oder hita und die 
in der wolkeuhöhle befindliche ivSäfiv^og </?.o| decken sieh 
vollstäudig. Dazu stellt sich nun anderseits, wenn Agni 
auch Mätari^van , d. h. nach Koth „der in der mutter (in 
dem viffog lyxvoi') schwellende, aus ihr hervorgehende" 
heiist Scheinbar widersprechend ist, wenn Mätari^ivänj jft 
selbständiger Persönlichkeit gefaist, dann nach and^lW 
Version den Agni, „da er von der erde verschwunden war 
und sich in einer höhle verborgen hatte, holt oder, wie es 
auch heifst, ihn aus der höhle von den Bhrigu her ent- 
zündet". Der naturkreis aber, in dem wir uns bewe- 
gen, löst diesen scheinbaren Widerspruch. Zunächst sagt 
Kuhn p. G: „Wenn übrigens die alten erklärer den Mä- 
tari^van als Väju, den wind auffassen, und Koth sagt, 
diese deutung lasse sich aus den testen nicht rechtferti- 
gen, so stehen dem doch einige stellen entgegen, wo dem 
Väju oder Väta, dem winde, ausdrflcklich das beiwort Mä- 
taripvan gegeben wird, was, wie ich glaube, sich auch 
hinlänglich rechtfertigen läl'st, da das gewitter in seinem 
schoofse nicht nur blitz und regen, sondern auch den das- 
selbe heranföhrenden eturm birgt, der wind oder stürm 
also eben so gut der in der mutter schwellende heifsen 
kann. Ob aber diese auffassung von alter zeit her schon 
vorhanden gewesen, mufe ich vor der band dahin gestellt 



zur Promethen8-sage. 



211 



seio lassen, zumal dieser punkt bei der folgenden unter- 
Buchung von fieringerer bedeutung ist; die von Weber ind. 
Studien I, 416 beigebracbten umstände sprechen einiger- 
mafsen für eine solche annähme". Aber auch davon abgeae- 
ben schon scheint mir die dem indischen analoge anschauuug 
bei Nonnus, verbunden mit dem übrigen von Kuhn bei- 
gebrachten sehr dafür zu sprechen und die sache weiter 
auszuführen. So eugt auch Plutarch u, a. m^i. ßQovTwi, 
jiQijarrjuwv xt?.. f,'Ava^i!.iavÖüoq Lx zui nv£Vju,aTOi^ rctvri 
nävxa cvfjißaiviiv' orav yaQ }tS(ji}.i/cp&iv vktf&i nayil, 
ßiaaäuEvov ixJTfi'ffp, rTj ?.BnTuft£g£ia xal ry xovifurijTi, 
rdre /; fitv fi»}^is tuv ip6(pov, i) Se öiaatoXr] na^a rijv .»£- 
Xavi'av Tuv vi(fovq tov öiavyaofiov änoTeXBi. Dem ent- 
sprechend heilst es bei PHn. bist. nat. II C. 48: Nunc de 
repentibus flatibus, qui exhalaute terra (ut dictum 
est) coorti rursueque dejecti, ioterim obducta nubiuni 
cute, multiformes existunt. Nachdem er dann den Ty- 
phon erklärt, fährt er fort: quodsi majore depressae nubis 
eruperit jBpecu, aed minus lato quam procella nee sine 
fragore, turbinem vocant proxima quaeque prosternentem. 
Idem ardentior, accensusque dum fuerit, p rester voca- 
tur cet. Ebenao sagt Lucrez de rerum natura VI v. 
174 sqq.: 

Ventus ubi invasit nubem et versatus ibidem 
Fecit ut ante cavam docui spissescere nahem, 
Mobil itato sua ferviscit; ut omuia motu 
Percalefacta vides ardesoere, plumbea vero 
Glans etiara longo cursu volvenda liquescit. 
Ergo fervidus hie nubem quum perscidit atram, 
Dissupat ardoris quasi per vim expressa repente 
Semina, quae faciunt nictantia fulgura flammae. 

und in v. 29''l sqq. dann wiederum: 

Est etiam, quum vis extrinsecus ineita venti 
Incidit in validam maturo fulmine nubem; 
Quam quum perscidit, extemplo cadit igneus ille 
Vortex, quod patrio vocitamus nomine fulmen. 

Nach den beigebrachten slelleu kann es nicht auffaüoUf 



212 



Delbrück 



wenn der «rjuoö «^w^/jt,-, der, wie Pliuius sagt, exhalante' 
terra coortus veatus — v£(ft?^ijg ivtnoOev itK^tivui^ und iu 
ihr ala vortex sich drehend — buld mit der ivö6f4v/^ij<,- 
f/Ä(j^ ideatisch erscheint, die eiueu ausgang sucht — diL.u- 
(lii'H fiioüv ülfiov — , bald aelbstatändig gefafst ats derjenige 
gilt, der diese hervorruft, oder — mythisch geredet — 
Mataripvau bald selbst ala Agui, bald denselben aus der 
wolkeuhöhle hervorholend oder entzündend gedacht wird, 
woran weiter eich anechlielßen dürfte, dafs dies wirbeln in 
der wölke, welches jenem fciierfiinken vorangeht, das himm- 
lische manthanam sei, iu dem der pramantha auch seine 
rolle spielt. 

Alle spuren, denen wir in betrefl' der an den Prome- 
theus und pramantha »ich scbliefüenden sagen iiud ge- 
brauche nachgingen, führen also auf den wind und ins- 
besondere den Wirbelwind zurück und wie die wurzel 
manth ursprünglich wirbeln, kreiseln, plattd. küseln bedeu- 
tet, verhielte sii'h pramantha zu PromctLeus wie die aus- 
drücke kreiaelbohrer zu kreiselwiud oder schlechtweg kDsel. 

Neu-Ruppiu, iu den osterferien 1871. 

W. Schwartz. 



Der InfiuittT im Veda mit einer .Systematik des litauischen niid slavischen 
Veiba. DuTgcateilt von Alfred Ludwig, Professur der elassischen 
und verglfeiclifiifleii Philologie an der Prager Uuiversitttt. Prag 1871. 

Die vorliegende schrift hat eine weit altgemeinere ab- 
sieht, als der titel andeutet. Wie die Sammlungen aus den 
vedischen Schriften, welche den gebrauch des inünitivs dar- 
legen sollen, nicht die hauptmasse ausmachen, äo stehei 
sie auch zci dem hauptziel der schrift nur in einem dienen- 
den verhältnifs. Dieses ziel ist die Vernichtung der soge- 
nannten agglutinationstbeorie und ihre ereetzung durch die 
Stammtheorie,, wie man die von Ludwig schon in seiner 
schrift über die entstehung der a-deklinatiou (sitzungsber» 
d. kais. akad. d. wisseosch. LV. band Ueft I, Wien Ibtj?)^ 



uiMige. 



213 



in einem aufsatz in dieaer Zeitschrift XV, 443 und am aus- 
fftlirlichsten in der jetzt zu besprechenden arbeit entwickelte 
ansieht wohl am einfachsten nennen kann. 

Da der herr Verfasser seine anschatiungeo nirgend im 
zusammenhange darlegt, sondern es dem leser öherläfst, 
die zerstreuten sätze zu einem bilde des ganzen zu sammeln, 
und da «eine aiisdrucksweise leider oft sehr dunkel ist, so 
kann ich nicht dafür stehen, ob es mir gehingen ist, mir sein 
System vollständig deutlich zu machen, doch hoflPe ich, dai's 
im folgenden die wesentlichen zöge richtig wiedergegeben 
sind. 

Ludwig geht, wie wir alle, von der Voraussetzung aus, 
dttJ's einmal das gesammte formeninaterial nicht da war. 
Trotzdem sprach man und wurde verstanden. „Die gramma- 
tischen begriiFe, an was mufsten sie geknüpft werden? na- 
türlich an das, was wir jetzt stamme nennen. Die stamme, 
die den späteren grammatischen formen zu gründe liegen, 
sind keine abstractionen, sie kamen im syntaktischen ge- 
brauche vor" (s. 4). Nach diesen sätzen könnte man glau- 
ben, dafa der Verfasser ein anhänger vou Curtius sei, aber 
diese annähme wäre irrthümiich. Ludwig versteht nämlich 
unter Btämmen etwas ganz anderes als Curtius und wir 
anderen. Während wir die stamrabildeuden Suffixe von den 
der flexion dienenden unterscheiden, kennt Ludwig am 
nomen wie am verbum nur stammbildende suffixe. Z. b. 
das i des localis ist kein tlexionselement, sondern der ur- 
spriiugliche auslaut des stammee. Ebenso ist es mit allen 
an deren casus. Es giebt also, wenn ich richtig verstehe, 
nicht einen stamm deva, pondcrn einen stamm devam, eiueu 
anderen devena u.s. w. Die annähme, als ob es sufßxe gäbe, 
welche das verhäUnifs eines nomena zu anderen gliedern 
des Satzes auszudiüeken von anfang an bestimmt wäret), 
ist gänzlich zu verwerfen. Von einer bestimmten grund- 
bedeutuDg eines casus kann keine rede sein (s. 20). Nun 
ist aber nicht zu längnen — und auch Ludwig läuguet 
das natürlich nicht — daCs iu den uns vorliegenden litcra- 
turdenkmälern gewisse formen eine gewisse bedentung fac- 
tisch haben — z. b. der ablativ die der trennung von et- 



214 



Delbrück 



was — und es mufs also die frage aufgeworfen werden, 
wie denn diese bedeiitung in diese formen hineingekommen 
igt. Darauf giebt Ludwig folgende antwort: „der procefs 
der Wortbildung kam allmählich in ein gewisses stocken, 
und es kam neben demselben eine andere ricbtung auf die 
entwertheten wortbildungsformen anzuwenden. Unterliefs 
man aofangs die specielle bezeicliung von agena actio ac- 
tum, und begnügte sich mit damals offenbar in grofsem 
mafse angewandter demonstration, so schritt die spräche 
allmählich, sobald sie disponibles laiitmaterial Batte, da?.u, 
diese die Verständlichkeit der rede in aufserordentlichem 
mafae fördernde uüterscheidung anzubahnen, wobei sie je- 
doch nichts weniger als consequent zu werke ging. Als 
es mit dieser differonzierung bis zu einem gewissen grade 
gekommen war, lag es gewifs wieder nahe, numerus und 
Casusbeziehung anzudeuten, aber auch dazu ward nur vor- 
iiandenes benutzt, an ein schaffen einer grammatik ist n?cht 
za denken" (s. 15). Damit der leser sich diese mannioh- 
faltigen differenzicrungsvorgängc besser vorstellig machen 
könne, sei noch bemerkt, dal's der herr Verfasser in bezng 
auf die gestalt der sufßxe einer eigenlhümlichen ver- 
stümmelungstheorie huldigt, 90 ist z. b. -as aus -asi, tar aus 
-tarvi entstanden n. a. m. 

Diese anschauungen ober casusauffixe hängen, was frei- 
lich der herr Verfasser nicht bemerkt zu haben scheint, 
durch einige, wenn auch äulserst dünne täden mit den 
ansichten seiner mitforacber zusammen. Dagegen dürfte 
er, was seine meinung über das verbum betrifft, auf völlige 
Originalität anapnich machen können. Während wir übrigen 
der ansieht sind, dafs die suflfixe des verbum finitum (z. b. 
ini si ti) personalsuffixe seien, so stellt Ludwig das ent- 
schieden in abrede. Zwar hat ja z. b. die form asti in 
der vorliegenden spräche entschieden eine beziehung auf 
die dritte persön, und nicht auf die erste oder zweite, aber 
„die epecielle pronominale natur der sogenannten finiten 
verbalformen ist erst späteres entstehens" (s 4"i). „Die ant- 
wort aber auf die frage, was sind verbal formen, denen be- 
stimmte beziehungen auf grammatische pers^oncn und gram- 



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215 



matischen numerus fehlen, wird — nothwenilig dahin lau- 
ten, dafa es infinitive sind, deren anwendung von der 
allgeineiiieu zu einer specieJlen noch nicht beschränkt wor- 
den" (s. 79). Alle verbalformen also siud aus Infinitiven 
differenziert, und somit ist die Vermittlung zvpischen verbal- 
und noroinalformen gewonnen. „Der vcrbalorganismuB steht 
nicht nur nicht unabhängig vom nomen da, aondern er ver- 
läuft nach verschiedenen Seiten iu demselben. Oder während 
mittels des particips der verbale begriff sich ins noraeii 
verliert, verliert sich mittels der infinitivischen oder absolut 
verbalen auffassung das uonien in das verb" (s. 46). Man 
wird aus diesen anfübrungen begreiflich finden, wenn Lud- 
wig 8. 45 behauptet: „alle verbalen formen siud ^anäcbft 
nominaler natur". 

Somit wären alle casus und alle formen des verbuui 
finitum auf „nominale stamme*' zurückgeführt. Ob nun 
diese nominalen stamme nach des Verfassers meinung von 
urbeginn an da gewesen, oder wenn nicht, woraus sie ih- 
rerseits entstaudi'n sind, diese frage soll uns hier nicht be- 
schäftigen. Es genügt uns, bis zur schiebt der nominalen 
Stämme hindurchgedrungen zu sein. 

Wenn ich nun behaupte, dafs die eben dargestellten 
ansichten auf den ersten blick keineswegs einleuchtend sind, 
vielmehr höchst anffätlig und erstaunlich, so habe ich die 
genugthuung, mit dieser behauptuug sowohl die meinung 
der meisten leser der echrift ober den Infinitiv auszudrücken, 
als auch herrn prof. Ludwig etwas schmeiehelhafles zu sa- 
gen. Denn er wünscht gar nicht, dafs seine meinungen so- 
fort plausibel erscheinen möchten. „Man sieht, heifst es 
B, 87, dafs der werth einer erkläruog heutzutage auf un- 
mittelbare plauaibilität derselben gelegt wird. Für uns dage- 
gen wird immer der nachweisbare, innere, von selbst sich er- 
gebende Zusammenhang einzig und allein einen wissenschaft- 
lichen werth haben". In diesem stolzen satze liegt der haupt- 
accent auf dem worte nachweisbar. Prof. Ludwig meint 
nämlich die deutliehen spuren des sprachzustandep, wie ich 
ihn nach seinen andeutungen zu schildern versucht habe, noch 
wirklich und wahrhaftig als vorhandeu zu erkennen, und zwar 



216 



Delbrück 



in den liymnen der vedas. Er glaubt aus den vcdiscben 
f^esängea noch nachweisen zu könneri, dafs für keinen casus 
eine bestimmte grundanschauung auzuneLmen sei, dal's das 
sogenannte verb. fiu. aus dem infinitiv entstanden sei u. s. w. 
Angenommen, dieser nachweis sei ihm gelungen, so würde 
zwar daraus noch nicht folgen, dafs alle Schlüsse, die er 
aus diesen thatsachen j^ezogen hat, von der wissensuhaft 
angenommen werden mlifaten — denn er könnte ja in der 
auffassung des einzelnen und den logiscJien Operationen 
geirrt haben — aber es würde doch ein problem damit 
aufgesteilt sein von bisher nicht geahnter bedeiitung. Ge- 
setzt aber, er hätte mit seiner betrachtung des veda un- 
recht, so würde daraus folgen, dafs sein System, das, wie 
wir geaehen, eine innere plausibilität nicht hat, noch bean- 
sprucht, den boden verlöre. Es verwandelt sich also die all- 
gemein sprachwissenschaftliche frage in eine frage der vedi- 
schen philologie. Der gröfste theil des buches besteht in bei- 
tragen zur Interpretation des Rigveda; und auf dieses gebiet 
vor allem haben wir den berrn Verfasser zu begleiten. 

Dafa derselbe eine umfassende kenntnifs des veda be- 
sitze, wird ihm gewifs niemand absprechen wollen. Er hat 
die daten, welche speciell in frage kommen, mit einer aufser- 
ordentlicheo Vollständigkeit gesammelt, und läJ'st auch bei 
zufällig sich darbietenden nebenaufgaben wohl ausgestat- 
tete Sammlungen ahnen. Freilich sind seine citate sehr 
schwer zu benutzen. Er hat sieb nämlich stets mit der 
einfachen anführung begnügt, und sich die Übersetzung 
der fraglichen stelle erspart. Nur selten findet man theil- 
weiae überaetzuugen oder sonstige hülfen für das verstäud- 
nifa. Ich kann nicht umhin diese methode auch im inte- 
reese des herrn Verfassers zu beklagen. Ich bin überzeugt, 
dafs, wenn er sich den zwang einer Übersetzung auferlegt 
hätte, er manchmal doch die Wahrscheinlichkeit einer an- 
deren auffassung lebhafter empfunden haben würde, und 
aufserdem würde seine schrift weit mehr wirken, als jetzt 
möglich ist. Selbst für das aufmerksamste Studium ist es 
nicht immer mit Sicherheit erkennbar, welche ansieht sich 
hinter dem schweigen des Verfassers verbirgt, und so bitte 



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217 



auch ich, wpnn ich manche andeutung der schrift mt'ht 
richtjij; verstanden bähen sollte, nicht mir alU'iii die schuld 
zuzuschreiben. 

Auch hinsichtlich der textkriti sehen fragen heflei- 
fsigt sich L. eines gänzlichen Stillschweigens*, obgh'ich der 
zustand der redischen öberlieferung gerade in lunester zeit 
eindringend erörtert worden ist, beBondera von Bollensen 
in Benfeys orient und occident 2, 457 flgd. und Z. D. M. 
G. 22, 569 flgd., und von Max Müller in der vorrede zu 
seiner (Ibersetzung des Rigveda. Wie wichtig ein kennt- 
nifsnehinen von diesen arbeiten gerade für das vorliegende 
thema gewesen -wäre, erlaube ich mir, ehe ich herrn L. in 
die einzelheiteu folge, für diejenigen, welche der vedischeu 
philologie ferner stehen, noch mit einigen worten darzu- 
legen. 

Die Überlieferung des Rigveda — um den es sich hier 
fast ausschiiefslieh handelt — ist bekanntlich in ihrer art 
einzig, sowohl was die gute, als was das alter betrifft. 
Die manuscripte stimmen — abgesehen natürlich von un- 
vermeidlichen Schreibfehlern — so vollständig mit einander 
(iberein, dafs von Verschiedenheit der lesiirt überhaupt 
gar nicht die rede sein kann, und die continuität der 
nberliefening ist eine eo erstaunliche, dafs wir überzeugt 
sein dürfen, genau den text vor uns zu haben, wie er von 
denjenigen festgestellt wurde, welche — wir wissen nicht 
wie viel Jahrhunderte vor Christus — die uns vorliegenden 
hymnen in ein corpus vereinigten. Das ist ein zustand des 
textes, wie ihn die klassischen philologen auf ihrem gebiet 
nicht kennen. What would a Greek scholar give — ruft 
Max Müller a. a. o. Seite XXXII aus — if he could say 
nf Homer that his text was in every word, in every syl-" 
lable, in every vowel, in every accent the same as thc text 
used by Peisistratos in the sixth Century B. C. ! Gewifs 
ist es natürlich und begreiflich, wenn der moderne einem 
fremden volke angehörige gelehrte eine scheu empfindet, 
an diesem altehrwürdigen texte zu rütteln, und doch hat 
diese scheu der Überzeugung weichen müssen, dafs auch 
in diesem punkte die letzte autorität nur der eigene ver- 



218 



Delbrück 



stand des forschers sein darf. Es ist echoa jetzt, wo wir 
erst am anfang der vedischen kritik und exegese stehen, 
über allen zweifei erhoben worden, dafs an manchen stellen 
uns jene alten redactoren einen falschen text überliefert haben, 
der in dem fehler einen unverkennbaren hinweis auf das 
wahre enthält. So ist es — um nur eins anzuführen — 
eicher, dafs I, 70, 4 statt l£a rutham (und den wagen) 
zu lesen sei Karätham (das bewegliche). Und der fer- 
nere schlufa ist unausweichlich, dafs, wer sich einmal irrte, 
auch tausendmal irren konnte. Es ist defshalb auch von 
unseren namhaftesten vedenkenneru das mittel der conjec- 
tur häufig augewendet worden, ao von Eoth im Wörterbuch, 
von Max Müller in dem bisher erschienenen bände seiner 
Übersetzung, vor allen von Bollensen. Natürlich giebt es in 
der neigung, dieses mittel anzuwenden, verschiedene grade, 
aber in der ansieht von der zulässiykeit der methode stimmen 
alle überein. Die Sammlungen von Ludwig nun enthalten 
eine menge gerade der schwierigsten stellen, und man darf 
sich daher um so mehr wundern, dafs die niöglichkeit einer 
corruption von ihm, so viel ich sehe, uie angenommen 
wird. Selbst wenn er, was ich nicht glaube, die berech- 
tiguug der conjecturalkritik ganz bestreitet, hätte er sich 
mit seinen gegnern doch auseiuandersetzen müssen. Es ist 
durchaus unzulässig, so bedeutende leistungcn wie z. b. die 
von Bollensen einfach zu ignorieren. 

Nach diesen allgemeinen bemerkungen gehe ich nun 
zu den einzelheiten über, wobei ich mich der von L. ge- 
wählten Ordnung, obwohl viel an ihr auszusetzen ißt, der 
beguemlichkeit wegen auschliefse. Es kommt demgemäfs 
zuerst zur erörterung 

das nomen, 

und zwar I) der genitiv pluralis. Es soll im §. 6 nachge- 
wiesen werden, dafs im veda noch deutliche spuren der 
epoche zu finden sind, „in der das später unentbehrliche 
Suffix -am fehlen konnte und man trotzdem die vom spä- 
teren Standpunkte aus unvollständige form doch unzweifel- 
haft als gen. plur. auffafste" (s, 8). Es soll z, b. devin als 



anzeige. 



219 



gen. plur, gelten. Für mich zerfallen die von L. angeführ- 
ten stellen in a) solche, iu denen die lietreffende f'uriu in 
der that als gen. plur. anzusehen ist, b) in denen sie vieU 
raehr acc. plur. ist, c) solche, welche ich nicht vprstehe. 

a) Ein gen. plur. ist anüunebmen I, 71,3. IV, 2, 3. 
VI, 11, 3. X, 64, 14, wo der Padapätha devfln gäoma liest 
und naan übersetzen miifs ^das geschleeht der 
götter". Aber das rätbsel ist von BoUensen Z. D. M, G. 
22, 600 unzweifelhaft richtig gelöst. Der padatext ist zu 
corrigiercn, es ist devam zu lesen, was als alter gen. plur. 
aufzufassen ist, genau zu agricolum, itswi' a. s. w. stimmend 
(vgl. BolleDsen Orient u. occident 2, 463). Ebenso durfte 
auch IV, 2, II märtüQ aufzufassen sein, und vielleicht 

I, 141, 6. 

b) Hier bin ich nicht selten im zweifei, ob ich L.'s 
schweigen oder seine andeutungen richtig verstehe. So bei 
], t)5, 8, wo CS von Agni heilst: ibbjän na rägfi väuflnj atti 
was Roth P. W. 1, 813 übersetzt: „wie ein fürst seine 
hörigen (bewältigt), so (bewältigt und) verzehrt Agni die 
bäume". Im wesentlichen ebenso Benfey orient und occi- 
dent, 594. Bollensen Z.D.M.G. 22, 578. L. fafst ibbjän als 
gen. plur. und scheint übersetzen zu wollen „wie ein füret 
der elephanten frifst er die wälder", hätte aber erst nach- 
weisen müssen, dafa ibbja in der bedeutnng „elephant* ein 
vedisches wort ist. Aufserdem wäre es wohl passend ge- 
wesen, die in jeder beziebung befriedigende Übersetzung von 
Roth erst zu widerlegen. VII, 13, 2 scheint L. an dem 
sinne anetofa genonameu zu haben, tva devan abhi^aster 
amuMa: kann nichts anderes heiiisen als „du befreitest die 
götter vom unglttck". Dafs an dieser anschauung kein an- 
stofs zu nehmen ist, zeigt der Zusammenhang bei Muir Or. 
S. T. V, 2] 5. ni, 14, 4 jälc Khölusä sahasas pntra tiäthft 
abhi köitf: prathäjant srtrjö nfn soll nrn gen. plur. sein. 
Ich übersetze nach Rotli: „wenn du o söhn der kraft mit 
deinem liebte aufsteigst über die länder, bescheinend als 
sonne die menschen". Ebenso wenig sehe ich ein, warum 

II, 8, 1 „vägajänn iva nti räthän jogäii agner i'ipa stuhi" 
rathän als gen. zu fassen eeiu soll. Ich übersetze: „al^ 



220 



Delbrück 



ob du wagen anschirrtest, bringe durch lob herbei das ge- 
spann des Agni". VJ, o7y A ist sürin accusativ der rich- 
tnng, gewifs wäre der dativ besser, aber der accusativ mag 
durch den zwang des metriinis veranlafst sein. Eine an- 
zabä von stellen gehören insofern nnter eine kategorie, als 
L. abhängigkeit annehmen möchte, während vielmehr ne- 
I)enordiiung anzuuehnien ist. Ein besonders eclatanter 
fall ist I, 50, .5 pratjaü devftnS vipa: pratjänn xid eäi ma- 
□usän, Beufey tibersetzt; „der götter schaar entgegen 
gehst, entgegen du den menschen auf, ebenso Sonne d. 
zeitschr. XII, 2ü7. Nach L. soll uiäuusan gen. plur. sein, 
offenbar damit ein eleganter parallelismus mit devänfim 
herauskomme. Das scheint mir eine mafsregelung des veda 
durch eine vorgcfafste ansieht. 

Ebendahin gehören: IV, 2, 3. VI, 49, J5. I, 63, 2 und 
X, 1, 2: sä gäto gärbhö aei rödasjör äguc Itarur vihhrta 
Ösadhläu, Icitra: pi^u: pari tämäsj aktön pn'i uiätrbhjö ädhi 
känikradat gä: du bist der erzeugte sprölsling deü himmels 
und der erde, Agni der geliebte, verbreitet in den pflan- 
zen, ein glänzender sprofs echrittest du vorwärts aus dei- 
nen erzeugeriunen gegen nacht und dunkel (vgl, pari bei 
BB. laß), wo nach L. akton gen. plur. sein soll. Cba- 
rakteristiseb für die niehtbenutzung des von anderen 
geleisteten ist auch die art, wie L. mit A. V. I, 24, 1: 
täd äsuri judhä gitä rüpän käkre vAuaspatln umgeht. Er 
Obersetzt: sie machte es (das im vorhergebenden verse er- 
wähnte pittam die galle) zur färbe der bäume. „Denn 
die andere bedeutuug von rüpäm kartum ist hier ganz 
unzulässig" (s. 7). Und doch übersetzt Weber indische 
stud. IV, 417 sehr einleuchtend: „die Asuri im kämpf be- 
siegt machte die bäume zu ihrer form*, macht öbrigena 
die bemerkung „v. 1 ist sehr dunkel", tiid bedeutet bei 
dieser auffassung natßrlich „dann". 

Unter c) bringe ich diejenigen von L. angefahrten 
stellen, die ich aus irgend einem gründe nicht mit Sicher- 
heit zu übersetzen wage. Dahin gehören mehrere stellen 
desKigveda, welche säuimtlich darin übereinstimmen, dafs 
in ihnen die form nfn vorkommt. Ich vermeide es um so 



ftnzwge. 



mehr, in eine diakussion über diese schwierigen stellen ein- 
ziigehciD, als Ludwig es nicht ffir nöthig gefunden hat, seine 
auifalsung der form nfn irgendwie exegetisch zu rechtferti- 
gen. An letzter stelle erwähne ich X, 1 12, 10, wo ich glauLe, 
dafs statt abhikhjfl abhi klijas gelesen werden mufs. 

Damit haben alle von L. erwähnten stellen eine be- 
sprechung gefunden. Einige sind unklar geblieben, müssen 
also aufser rechnnng gesetzt werden, bis L. etwa den ver- 
such macht, seine auffafsnng als richtig zu erweisen. An 
allen anderen stallen ist L.'s deutung , wie ich hoffe über- 
zeugend zurückgewiesen. Somit bleibt es bei der alten 
iiiiuabme, dafs -am auch im veda die noth wendige endnng 
des geu. phir. ist. 

Diese Überzeugung wird auch durch L. §. 7 nicht er- 
schüttertj übrigens auch kaum ernstlich bekämpft. Er ent- 
hält fornaea auf -ä, in denen L. gen. plur, zu erkennen 
glaubt, aber selbst für wahrscheinlich hält, dafs sie ein 
Bchhifs -m verloren hätten. Wenn er dabei von einer zusam- 
menziehung von -änäm zu -am redet, so halten wir das natür- 
lich für irrthüiulieh. üebrigens sei bemerkt, dai's auch 
die andern in diesem paragraphen enthaltenen bebauptungen 
durchaus nicht alle gebilligt werden können. Eh hätte z. h. 
erwähnt werden müssen , dafs Bolleusen in I, 27, 2 süni'i: 
pävasä das ii als eine alte Schreibung für späteres ö ansiebt, 
wofür er eine nicht geringe anzahl von belegen beizubringen 
weifa (Z. D. M. G. XXII, 574). Indessen ich übergehe den 
übrigen inhalt dieses paragraphen und die paragraphen bis 
12 und wende mich sofort zu paragraph 13, welcher die 
aufgäbe hat nachzuweisen, dafs man die untcrschpidung 
von local und dativ nicht ernsthaft nehmen dürfe. 

Ueber das verbältnils des dativ« zum local äufsert 
sich L. s. 1 1 so: „Bedenkt man nun den nahen formellen 
und syntaktiathen Zusammenhang von local und dativ, wel- 
cher letztere vielfach nur eine Wiederholung des ersteren 
ist, so erkennt man, dafs der dativ virtuell ebenso we- 
nig dem jetzt allgemein giftigen begriff einer flectierten 
form entspricht, wie der local" (von dem e. 9 mit entschie- 
denheit gesagt wurde, er sei eine unflectierte form). In 



222 



Delbrück 



diesem satze ist mir mehreres gänzlich unverständlich ge- 
bliebf-n, so besonders die bedentung der beiden adverbien 
„vielfach" und „virtuell". Aus der aoget'Obrten stelle und 
dem weiteren verlauf des paragraphen glaube ich wenig- 
stens so viel entnehmen zu dürfen, dafs L. auch den dativ 
för eine Stammform hält. Die Stammform dativ und die 
Stammform local also sollen im wesentlichen gleichbedeu- 
tend sein. Es soll nicht nur „local statt des dativs, son- 
dern sogar die beiden casus auf einander bezogen vor- 
kommen". Ich theile die stellen in a) solche, welche L. 
ungenau interpretirt, b) solche, in denen er die formen 
falsch analysiert hat. 

a) deväsja vajä savitü: sävimani preätbe sjäma väsuna^ 
kä dävane VI, 71, 2. Hier soll dävane localisch zu ver- 
stehen sein, was unstreitig eleganter wäre. Aber das 
richtige wird sein, dal's mau eine härte der eonstruction 
annimmt, die dem veda bekanntlich durchaus nicht fremd 
isr. Wer H, 11, 1 sjdma te dävane väsünäm vergleicht, 
kann nicht in zweifei sein, dafa zu übersetzen ist: ^Möchten 
wir sein in des gottes Savitar bestem schütz und (bestimmt) 
zum empfange von gut". Dafür entscheidet sich auch 
M. Möller Rigv. traosl. I, 33, nachdem er, wogegen formell 
nichts zu erinnern sein würde, dävane als local zu däväna 
zu nehmen für möglich erklärt hatte. VIII, 90, f> prä mi- 
träja prärjamne sakathjäm rtavasö varöthja värune lihäri- 
djä väkä: stOträ' rägäsu gäjata. Vermuthlich nimmt L. an 
dem Wechsel der casus anstofs. Ich finde ihn schön. Es beifst 
erst «singt dem Mitra", und sodann „singt vor Varuna" 
(eig. bei). Manchmal begreife ich nicht, was die citate 
sollen z. b. I, 64, 4 (wo es doch beifst: sie salben sich mit 
bunten färben, so dafs es ein wunder ist) u. a m. 

Bei einigen stellen hätte L. sich erinnern sollen, dafs 
der local auch bezeichnet „was anbetriffi:, in Sachen" z, b. 
I, 10, 6 tarn it aakhitvä Imahe tä' räje tä' suvl'rjß heilst: 
ihn gehen wir an in Sachen seiner freundschaft (d, h. we- 
gen seiner f,) zum zwecke des reicbthums, wegen der hel- 
denkraft. Ebenso ist II, 2, II aufzufassen (vgl. auch 6R. 
6. V. gesä). Ich habe mich Überzeugt, dafs mit ausnähme von 



aiusetge. 



•223 



VT, 66, 5 und V, 33, 1, die mir nicht ganz klar sind, sich 
bei genauer Interpretation die bedenken L.'e sämmtlich er- 
ledigen. Ich halte also an der aneicht fest, die ich in mei- 
ner Schrift abl. loc. instr. und in d. zeitschr. XVIII, 82 
ausgesprochen habe, die übrigens natürlich nicht mir ge- 
hört, sondern die allgemeine ist, daft die grundbedeutuug 
des Joe. das siebbefinden an einem ort, des dativs dieneignng 

7 DO 

nach etwas hin ist Bekannt ist, da(s der loc. beiverben der 
bewegung von dem dativ syntaktiech nicht zu unterscheiden 
ist, aber diese bedeutung kommt in den loc. als reflex des 
gesammtsinnes der betreflfenden stelle, und ebenso bekannt 
ist, dafs oft einer Situation beide casus gleich angemessen 
sein können. So steht X, 126, 3 aäjistbä nesäni „die besten 
im führen". Hier könnte statt des loc. auch der dat. ste- 
hen. Denn die „besten zum führen'* kommt ungefähr auf 
dasselbe hinaus, aber darum wird eine genaue Interpreta- 
tion sich wohl hüten, die beiden verschiedenen casus durch- 
einander zu werfen. 

b) Zu den formen, welche L mifsverstanden hat, rechne 
ich vor allem mahi^, worin er nur den dativ des adjectivB 
mah sieht. Es soll I, 116, 13 mit dem loc. jäman ver- 
bunden sein, aber die stelle heifst „euch rief zur freude 
beim opfer der weise" und mähe ist als inf, des verbums 
mah aufzufassen V, 59, 2 ßndet L. ea auffallend, dafa 
der dativ mähe mit dem locat. vidäthe verbunden sei. 
Das auffallende verschwindet, wenn man bedenkt, dafs 
mähe nicht dat. von mah, sondern local von maha ist, 
ebenso X, 96, 1. Man könnte zur entschuldigung für L. 
anftlhren wollen, dafs ihm vielleicht das heft des P. W., 
aus dem ich meine Weisheit geschöpft habe fmadjapa bis 
mahäbhnrata) noch nicht vorgelegen habe. Aber dieses 
heft ist 1866 erschienen, Ludwigs Schrift trägt die Jahres- 
zahl 1871. Hätte er etwa, durch besondere umstände ver- 
anlafst, die literatur seit I8G6 nicht benutzen können, so 
hätte er sich darüber aussprechen mössen. Was an bädh^ 
VI, 50, 4 auszusetzen sei, ist mir unerfindlich. Es ist der 
regelrechte local von bädhä. 

Es folgt §. 14, worin der beweis geführt werden sollj 



224 



Dellirücfc 



dafs dem dativ öfter das fehle, was man flexionselement 
nennt. In diesem paragraphen ist mir bei zwei stellen 
X, 20, 7 und VI, 21, 4 nicht klar geworden, wozu sie an- 
geführt sind. Die übrigen erledigen sich sämmtlich auf eio- 
fauhe weise. Diehauptrolle spielen hier die formen mahüs und 
mähi, welche auch anderen forschern bekanntlich Schwierig- 
keiten oremacht haben. Mir acheinen die Schwierigkeiten durch 
Roth auf das glücklichste beseitigt vermittelst einer richtigen 
vertheiliing der formen unter die stamme mäh, mahä, mabi 
und die ansetzung des adverbiums mabäs mit der bedeutuug 
„gern, freudig, lustig, niunter, rasch". — Unter diesem ad- 
verbiuuj führt Roth die meisten der stellen an, ao denen L. 
mabas als dativ ohne Hexion fassen will, und es sind Roth'a 
citaten noch hinzuzufügen VIII, 46, 17. X, 6t, 22. X, 7(), 2. 
VllI, 59, 8. (Bei Ludwig ist statt VIII, 15, 5 zu schreiben 
V, 15, 5). Dagegen ist es I, 146, 5 uom. sing, von maha 
und VII, 37j 3 gen. sg. von mah. Damit ist der sog. dativ 
mahäa hpseitigt. Was nun mähi betrifi^, so ist es nach 
Roth adv. in der bedeutung sehr viel VI, 4, 7. VII, 97, 3 
und ebendahin ist zu setzen: ä nü deva pavasä jßhi ^iusmin 
bhavä vrdhä indra räjü asjä mähe nrmnäj;t urpatö suvagra 
m4hi klatrija paü'sjäja ^üra „komm heran zu uns o mäch- 
tiger gott mit kraft, sei o ludra ein mehrcr unseres reich- 
tluims, zu grofser heldeuthat, herrscber der männer, keil- 
trä^r, um mächtig zu herrschen, zu mannesthat" VII, 
30, t. Mau bedenke, dafa dative von Substantiven aller 
art infinitivisch construiert werden können. 

Nun bleiben noch zwei stellen übrig: gäman mädäja 
prathamä' väjap ka VII, 97, 1 , wo wieder ganz nnnöthig 
ein parallelismue gefordert wird und vajas dativ sein soll. 
Es heifst einfach: „er komme zum zweck des rauscbes 
uud her zum ersten mahle". Endlich X, 59, 5 rärandhi 
na: edrjasja sädf^i, was zu übersetzen ist „lafs uns freude 
finden am anblick der sonne", denn rärandhi ist mit Roth 
zu ran zu setzen, was ja ganz gewöhnlich den loc, bei 
sich Liit. 

Im §.15 soll bewiesen werden, dafs im localis des 
plurals die endung -su oft fehle, wo die congrueuz der 



anzeige. 



225 



formen sie verlange. Ich hebe aus den angeführten stel- 
len wieder zuerst diejenigen hervor, welche L> raifaver- 
standen zu haben scheint. Daliin gehört V^alakh. II, 1, 
wo mahP wieder als Infinitiv („zum ergötzen") zu fassen 
ist. Ferner VIH, 6,2?, wo L. prä^astir als loc. plur. 
nimmt (so dals also nur u weggefallen wärej, und die an- 
geführten parallelstellen beweisen allerdings, dafs fine 
solche auffassung dem sinne nach gut pufst, man komiut 
aber auch aus mit der Übersetzung: „Unter deiner fübrung 
ist rühm". Vielleicht ist die stelle verdorben. Das i.st 
hfichst wahrscheinlich der fall I, 67, 5, was von Bollensen 
zeitachr. d. d. morgenl. ges. XXII, 5SG glaubhaft verbessert 
wird. L. hat von dieser Verbesserung, durch welche jeder 
anstofs versehwindet, keine notiz genommen. 

An zwei stellen, nämlich I, l?2, 7 und 111, 37, 7, wird 
wieder ganz unnöthig ein parallelismus gefordert, der eben 
im veda nicht vorhanden ist Ziehe ich aui'serdem die 
stellen ab, die mir entweder nicht klar sind, oder bei de- 
nen ich nicht einsehe, zu weli-hem zwecke sie von L. an- 
geführt werden (III, 31, 10. AV. VI, 69, 1 und XII, 1, 4), 
so bleiben eine anzahl Übrig, bei denen in der that inso- 
fern eine incorrectheit stattfindet, als ein loc. sing, mit 
einem loc. plur. in congruenz steht. Es sind die folgen- 
den: I, 105, 5 und VIII, r>8, 3 trisv ä rötane divA: „in 
den drei lichtreichen des hiramels". Man muis anerken- 
nen, dafs die znsamraenstellung incorreet ist, aber sie ist 
nicht unbegreiflich. Die vor.stellung von drei lichthini- 
meln ist keine hildung der plastischen phautasie, so wenig 
wie z. b. die Vorstellung von den drei erden, sondern die 
drei versieht nur etwa den dienst des steigeruiigssufßxes, 
so dafs man allenfalls „höchster himmel" dafür sagen 
könnte. Die drei himmel bilden, so zu sagen, eine drei- 
einigkeit und stehen darum im singular. Eine incorrect- 
heit liegt auch vor I, 102, 10; tva gigetha nä dhäoä ru- 
rödhithärbhesv äga magbavan mahätsu Ma „du siegst, du 
kargst nicht mit der beute, in grofsen schlachten wie in 
kleinen". Man mufs solche stellen nach der aualogie der- 

Zeitschr. f. vgl, aprachf. XX. 3. 15 



Delbrück 



jenigeii erklären, welche eine anderft Wortstellung zeigen, 
wie I, 81, 1 : täm in mahätsv ägisütSm ärbhe havämahe 
„ibn rufen wir in grofsen schlachten an, ihn in kleiner", 
wo L. natürlich wieder an ärbhe ansto/'s nimmt, weil er 
übernll den glatlpsten parallelisraus verlangt. Incorrect ist 
endlich noch; asmin prtav äbasi „in dieser schlacfaten und 
noth", wo das asmin au ä'hasi eine entschuldigung findet. 

Es ergtcbt sich also für uns aus diesem paragrapben, 
dafa im veda gelegentlich gramtnatische incorrectheiten 
unterlaufen, was bei einer poeeie, die so viel volksmäfsiges 
bat, nicht eben zu verwundern ist, und ähnlich auch im 
epos vorkommt, wo nicht ganz selten participia im sing, 
auf ein pluralisches nomen bezogen werden, z. b.: 

te nüdjamäuü vidhivad bäbukena hajüttamü: 

samutpetur athäkflpä ratbinam möhajann iva 
NaI. XIX, 24 und Hopp z. d. st. 

Die §§. 16 — 19 enthalten meist iufinitivformen, welche 
localendnng haben. Wozu sie angeführt werden, habe ich 
nicht ermitteln können. 

Dagegen beaehäftigt sich § 20 wieder unmittelbar mit 
unserem thema. n^'''" köutien — beifst es daselbst — 
noch an reichlichen fällen nachweisen, dafs der instru- 
mental ohne eigenes suffix durch den blol'sen stamm wie 
im hebräisfhen ausgedrückt ward." L. fährt dann fort: 
„Schon der gebrauch des griechischen dativs als instru- 
mental gehört hierher. Denn wäre es nicht sprachlich be- 
gründet, 80 hätte das griechische seines iustrumentals sich 
nicht entledigt". Diese letztere benierkung ist mir voll- 
ständig räthselhaft, ich weiJa weder was sie überhaupt be- 
sagen will (soll sie vielleicht nur besagen, dafs auch in 
der spräche das gesetz der causalität herrsche?) noch was 
sie an dieser stelle bedeuten soll. Es folgen sodann eine 
reihe von citaten, welche die unvollkoramenheit des ilexions- 
ausdrucks beim Instrumentalis beweisen sollen. Ich schliefse 
mich genau der von L. belieiiten reihenfolge an: 

11,34,12: niahci gjdtiea,. Wiederum da» verbängnils- 
volle mahaa! Es ist an dieser stelle adverb (s. BR.). 

II, 23, 2: usrä iva sdrjö gjötiea mah6 vipvesSm i^ 



anzeige. 



227 



^anit^ brähnianäm asi ist von Aufrecht schon in d. zeitschr. 
IV, 2r>8 übersetzt worden: „wie die mächtige sonne mit 
ibrem lichte die tage, so erzeugest du alle gebete", und 
ich wflfste nicht, was an dieser Übersetzung (die L. na- 
türlich nicht erwähnt) auszusetzen wäre, niahaa ist also 
nom. sing, von mahä. Ebenso wohl auch 1, 121, 11 (»ein 
gewaltiger mit dem donnerkeil" ). 

X, ."^."i, 6: gjotiäil brhät ist brhat adverbium, wie e« 
z. b. Dothwendig ist VIII, 20, fi, 

I> 22, 11: mahas ist adverbium, ebenso I, 153, 1. 

VIII, 46, 14 macht L. selbst ein fragezeicben. 

VI, 49, 3 : arusäsja duhitärä virüpe strbhir anjä pipi^S 
sörö anjä. Da bei L. strbhir und sdrö gesperrt gedrn<'kt 
sind , 80 vermuthe ich , dal's er dem sängor die wendung 
in den mund legt: der tag ist geschmückt (pipife) mit der 
sonne (särjena). Ich will nicht untersuchen, ob dieser ge- 
brauch von pip möglich sei, sondern beschränke mich dar- 
auf, die meiner meinuiig nach ganz befriedigende Mfiller- 
sche Übersetzung unserer stelle anzuführen, aus der her- 
vorgeht, dafs siiras gen. sing, ist: There are two different 
daughters of Arusha; the one is clad in Stars, the other 
belonga to the sun, or is the wife of Svar {M. M. Kigv. 
transl. I, 13). 

Die beiden folgenden stellen übergehe ich, da sie mir 
nicht ganz klar sind. 

II, 31, 5: navjasä vältae ebenso VI, 48, II und divit- 
matä välcas, unzweifelhaft zu übersetzen „oiit neuem, mit 
glänzendem gebet". Es mfifate natürlich nach der gram- 
matischen regel vakasa heil'sen, Diesen anstoi's sucbt Bol- 
lensen O. und O. II, 482 zu beseitigen, iudem er an- 
nimmt es sei väkä zu lesen, instr. von vakaa entstanden 
aus valcasä. Vielleicht aber kann man ohne änderung aus- 
kommen. Mau bedenke, dafs vul^as au allen drei stellen 
am versende steht und der sinn durch das voraufgehende 
adjectivum deutlich war. Das sind umstände, die eine der- 
artige uachläsaigkeit entschuldbar erscheinen lassen. 

in, 58, 2: rtSna ist nach BR. advSrb. 

VIII, Bti, 4 soll girbhis mit djugät verbunden werden. 

15* 



9S9 



Delbrück 



Um zu zeigen, mit wie bröckligem material L. biaweilon 
arbeitet, setze ich her, was ER. über djugät sagen: „djugät 
adv. nach Nttigh. II, 15 raech; vielleicht dju + gat (von 
gain) durch den himmel hin, ^her. Auch djiimat würde 
passen". Darauf folgt unsere stelle als die einzige, an der 
das wort vorkommt. 

1,62, II: Bauaji'ivü nämasa nävjö arkair vasQjavö 
matäjö dasina dadriu, wo L. nävjö ata iustr. plur, betrach- 
tet. Hier liegt wieder ein fall vor, in dem ea sich schwer 
bestraft, dafs L. von dem, was anderer leiite meinuug ist, 
gar keine notiz uinimt. Benfey Obersetzt „in neueBten 
liedern" und verweist auf I, 61, 13: asjed u prä brühi 
pürvjäni tnräsja kärmäni nävja ukthäi:, was er ebenfalU 
wiedergicbt „in neuesten gesängeu ", und wozu er in der 
anmerkung sagt: „das zu ukthäis gehörige adjectiv pr- 
scbeint ohne flexiouszeioben in thematischer form, ganz 
ebenso 6?, 11. Es liegt hier der Ursprung der karniadhä^ 
raja-zusammensetzung vor". Beufey faikt also die stelle 
ähnlich wie Ludwig (der aber I, 61, 13 erst §. 30 erwähnt). 
Roth s. V. navliäs fafst nävjas I, Gl, 13 sehr ansprechend 
als adv. „aufs neue", wofür er untadelhafte parallelstellen 
beibringt. Man muJs also nach ihm übersetzen „preise 
des mächtigen alte heldenthaten aufs neue mit Jiederu". 
In der zweiten stelle faist er dagegen (s. v. navja) nävjas als 
nom. plur. fem. Da Bollensen O. und O. II, 482 an die- 
ser auffassuug Roths anstofe nimmt, so bemerke ich, dafs 
Kolh offenbar nävi als fem. von üävja aufötetlt, was au 
düivl zu daivja (s. BR. a. v.) doch wohl eine zuverlässige 
stütze empfängt. Man raufs dann übersetzen: „alterbegeh- 
rende, an audacbt (immer) neue, durch lieder gute gäbe 
heischende gebete kommen heran". Da mir auf diese weise 
die beiden stellen ohne alle gewaltaarnkeit befriedigend er- 
klärt scheinen, so stimme ich weder Benfey und Ludwig, 
noch Bollensen bei, der a. a, o, den text — wie gelind 
auch immer — ändern will, indem er aus den beiden Wör- 
tern ein compositum macht. 

I, 56, 3 : sä turvänir mahafi arenü päü'sje gir^r bhr- 
stir nä bhrägate tugä ^äva: „er ist stürmend und grols, 



anzeige. 



S29 



Btaiiblos im männerkampf wie eines berges spitze erstrahlt 
Beine kraft durch den angriflF" d. b. der angriff ist es, 
diircL den die ganze ffille seiner kraft offenbar wird, sie 
Btrablt bervor über den staub des kampfee wie die leuch- 
tende spitze eines berges. 

X, 144, 5 stehen väjas und ijus parallel, ebenso 6. 

VI, 3, 1 ; ja' tväna mitr^na väruna: sagdM deva päBi 
tjägasä niärtain ä'ha;. Wie L. die stelle versteht, weifsieb 
nicht. Auch mir ist dieselbe nicht deutlich. 

I, 190, 2: äügas ist adverb. 

1,92,9: pratliy Käksiir urvija vi bhäti scheint mir 
gegen Benfeys auffassung („das äuge hierher gerichtet, 
erstrahlt sie weit*) nichts einzuwenden. 

II, 4j 5: rasu ist nach BR. adverb. 

VIII, 78, 7 sehe ich nicht ein, warum sÄman nicht 
loc. sein soll. 

Es folgen drei stellen, an denen in suvrkti ein anstofs 
gefunden ist. Aber suvrkti ist fem. und neiitr. , was L. 
u. a. von Benfey (S. V. gl.) und Grafi^maDn in d. zeitsohr. 
XVI, 174 hätte erfahren können. 

Endlich, nach so viel negation, kann ich einigen he- 
hauptungen von L. beistimmen. Auch mir scheinen pra- 
jukti nitikti supasti svasti instrumentale. Aber freilich 
dürften sie ganz anders zu fassen sein, als L, will. Es 
sind nicht uralte formen, sondern verkdrzungen, Das kurze 
i ist aus langem I entstanden (wie äliittl und prAbhütl 
IV, 54, 2 zeigen) und i ist aus i + ä, der einfach ange- 
tretenen instrumentalendung hervorgegangen. Ebenso bei 
u-stämmen {BoUensen zeitschr d.d. morgenl.ges. XXII, 6(>6). 
Ftlr Ludwigs ansichten beweisen also diese instrumentale 
nichts. Uebrigena kann ich durchaus nicht alle formen auf 
i, die L. als instrumentale ansieht, als solche anerkennen, 
nicht aprati und nicht angi, was IV, 58, 9 als sogenannter 
accusativ des inneren objects zu fassen ist. 

Am ende des paragraphen führt L. noch die bekann- 
ten formein wie nftamäbbir Qtf („mit kräftigstrn liillfen") 
an. Ich glaube, dafs Bollensen O. und O. II, 4()(» darüber 



880 



Delbrück 



daa richtige gelehrt liat. ütl ist falscbe Schreibung fUr 
ütis und dies aus *utibhi8 'utihis entstanden. 

Somit hat auch dieser paragrapli die wünsche L.'s in 
keiuer weise befriedigt. Au ihu schlieist sieb §. 21, der 
nachweisen soll, da(a instrum. und local Ibrmell nicht ge- 
nau zu scheiden eiud. Es wird ausgegangen von der form 
pragas I, 67, 5, welche loa seiu soll. Es iat oben gezeigt 
worden, dafs mit Bolleusen daflUr prag^su ku lesen sei. 
Sie kommt also in Wegfall. Diesem loc. sollen nun instru- 
mentale auf is entsprechen. leh brauche nicht alle von 
L. angelübrten stellen durchzugehen, weil, auch wenn er 
recht hätte, formen auf is als instrumentale plur. anzuse- 
hen, sie nichts für seine zwecke beweisen würden. Denn 
dieees 18 würde, wie oben gezeigt, aus 'ibhis *ihis zu deu- 
ten sein. Weit entfernt also etwas alterthflmliches vor 
uns zu haben, hätten wir vielmehr von einer verstömme- 
lung zu berichteu. Uebrigens sind natürlich auch in diesem 
Paragraphen manche seiner behanptungen luftig genug. Es 
soll z. b. AV. XII, 3, 32 täsmin devä: sahä devfr vi^antu die 
form devte als instr, aufzufassen sein. Es ist aber saha ein- 
fach als adverb zu nehmen und zu übersetzen: „es sollen 
kommen die götter und dabei die göttinnen". 

§. 22 wird die lehre vorgetragen, dafs der Instrumen- 
talis ein ziemlich neutraler casus sei, „indem er nicht nur 
Verbindung, sondern auch trennung anzeigt" z. b. bei vi-ju, 
und diese thatsache wird später benutzt zu dem Schlüsse, 
dafs man von der grundbedeutung eines casus nicht reden 
dflrfe. Hätte L. in diesem falle verwandte sprachen her- 
beigezogen, so würde er nicht so oberflächlich geurtheilt 
haben. Oder sind etwa das Iat. cum und das engl, witb 
ziemlich neutrale praepositionen , weil man sagt dissentire 
cum aliquo und to part with? Die Schwierigkeit löst sich, 
wenn man bedenkt, dafs die trennung ein gemeinsames 
geschäft der sieh trennenden ist (vergl. auch „mit jemand 
auseinander kommen"). 

In §. 23 wird der instrumentalis der ausdehuuug oder 
der bewegung herangezogen, um die verwandt-Jchaft des 
instr. mit dem loc. (und also seine ursjjrdngliche ungeschie- 



anceige. 



231 



denheit von ihm) zu zeigen. Ich glaube in meiner schrift 
über abl. loc. instr. 53 dargetban zu haben, wie dieser ge- 
brauch des instr. mit der ihm innewohnenden gruodbedeu- 
tung des zusammenseius zu vermitteln ist 

Um zusammenhängend überblitkeu zu können j was 
L. über die cntstehung und bedeutung der casus lehrt, 
gehe ich sofort zu §. 27 Aber, da 24 und 25 nur allge- 
meines enthalten, und 26 mit 30 zu verbinden ist. Der 
Verfasser hat — v?ie hier nebenbei bemerkt sein mag — 
auf die diepositiou des ganzen erstaunlich wenig mfllie ge- 
weudet, ein umstand j der in hohem grade die benutzung 
des buchea erschwert. In §. 27 nun soll gezeigt werden, 
dals die grenze zwischen ablativ und genitiv eiueraeits und 
nominativ andrerseits keine feste ist. Natürlich sind die 
belege für uns wieder nicht beweisend. 

IV, 22,4: gäniman ist loc. und nicht abl. („brbte 
vor dem mächtigen bei der geburt"). 

I, 174, 5 soll silras der form nach nom, sein, obwohl 
es dem sinne nach nur genitiv sein kann. Aber sriras ist 
gen. sing, von svar. L. hätte sich darüber belehren kön- 
nen bei Bollensen O. und 0. 11, 478. 

IX, .^2, 3: ad r häsö jäthä gauä' vi^vasjävlvapan ma- 
tim. Bei dieser stelle deutet L. die möglicbkeit an, dafs 
häöds = X'i'-'^'*^ ^^*) '^'^*' ^^^ aber, wie es scheint, wieder 
fallen, betrachtet häsas als genitiv, der der form nach 
vom nom. nicht unterschieden sei, und Ühersetzt „wie eine 
gänse schuar hat er eines jeden lied ertönen gemacht", 
indem er hinzufügt „wenigstens giebt der nom. sing, kei- 
nen guten sinn". loh denke doch, man übersetzt einfach : 
„wie ein gänserich seine acLaar, führt er alle lieder au". 

I, 7 1 , H. Was der abl. djäüs /.u besagen haben soll, 
sehe ich" nicht ein, und ebenso wenig, wozu der nom. sg. 
ves der vogel (zu vi) citirt wird, an dessen existenz ge- 
wifs niemand zweifeln wird, v^s ist allerdings eine inter- 
essante form, insofern der nom. Steigerung des wur>;plvo- 
cals zeigt (wie djäüs, ZsVi;). Aber darum fällt er doch 
nicht seiner bildung nach mit dem genitiv zusammen. 

Hiermit ist der abschnitt über die casus beendigt und 



ui 



Delbrttok 



Ulis gelegenbeit gegeben, einen augenbliek auf das erreichte 
zurrickzuschauen. Ich glaube gezeigt zu habea, dafs L. 
mit unrecht gen. plur. ohae -am annimmt, dafs er mit un- 
recht den loc. und dat. in einander verfliefsen Jälet, dala 
dem dativ nicht, wie L. behauptet, das flexionszeichen zu- 
weilen fehlen kann, dafs -su die nothwendige endung des 
loc. plur. ist, dafs der instrumentalis sein nothwendiges 
Suffix hat, wie jeder andere casus, dafs instr. und loc. we- 
der der form uoch der bedeutuug nach zusammenfallen, 
dafs der gebrauch des instrum. von einer grundbedeutung 
ausgebt, dafs endlieb der geu. und nom. nie zusammen- 
fallen, kurz, ich glaube die angriffe Ludwigs gegen die 
bisher von der Wissenschaft gehegten grammatischen an- 
ßchauuQgen überall zurückgewiesen zn haben. In den mei- 
sten fallen schien mir eine genauere interpretation des Sin- 
nes oder analyse der grammatischen form zu genügen, um 
L. zurückzuweisen; an wenigen stellen schien der ausweg 
der conjectur geboten; an andern schien es wichtig, ab- 
weichende formen der vedaspraehe, die schon Ludwigs 
Vorgängern nicht entgangen, aber ihm, wie es schien, nicht 
bekannt geworden waren, zur geJtung zu Lringeu, so die 
gen. plur. auf -am, die instr. sing, auf -l und i. 

Nur in einem punkte glaubte ich mit L. übereinstim- 
men zu können, allerdings nur hinsichtlich des faktischen. 
Es schien mir nicht zn läugnen , dafs in trisu ä röMane 
diva: und divitmatä und navjasä valcas incorrecte Wendun- 
gen vorlägen, aber freilich die folgerungen, die er aus die- 
sen fdVmeln zog, konnte ich nicht unterschreiben. Zu 
demselben resultat führt die prüfung dessen, was L. §. 26 
und 30 über den numerus beibringt. Ich darf mich des 
durehgehens aller seiner belege enthalten, da es hier nicht 
darauf ankommt, ob ein obnehin feststehender satz durch 
einige belege mehr oder weniger gestützt werden kann. 
Dieser satz ist, um es zu wiederholen, der; im veda wird 
bisweilen das casus- oder numeruszeichen nicht am sub- 
stantivum und dem dazugehörigen adjectivum, sondern uur 
an einem der beiden Wörter ausgedrückt, z. b. frisu ro- 
kane, divitmatä vakat;, üdhar divjäni, vrats dlrghaprut. 



uDZcige. 



388 



Wenn nur die letztere erscheinung vorkäme, und wenn sie 
etwa masseti weise aufträte, bo könnte man daran denken, 
ditfa man reste aus einer zeit vor siub hätte, wo das ad- 
jectivum sieb noch nicht in genus, numerus und casus 
naeh seinem suhstantivuni richtete, aber da beide erscLei- 

lliungen vorkommen und zwar nur sehr vereinzelt, eo ist 
an eine so frühe periode nicht zu denken, sondern wir ha- 
ben ungenau igkeiten des ausdrucks anzuerkennen, die bei 

I alter, volksmäl'siger poesie wahrhch nichts erstaunliches 
haben. 

Wir kommen zu dem zweiten haupttbeil, dem 

verbum. 

Die Seiten 30— 05 enthalten reichhaltige trefl'liche 
Bammlungrn ffir den gebrauch des intinitivs. Ich darf, 
da ich diesem gebiet der grammatik einige aufmerksam- 
keit zugewendet habe, versichern, dal's sie vollständiger 
sind als alle froheren denselben stoff betreffenden. Frei- 
lich sind auch auf diesen Seiten manche grammatische an- 
sichten entwickelt, die schwerlich beifall finden werden, 
und an manchen einzelaufstellungen wird man gogrüudeten 
anstofa nehmen (z. b. bei dän), aber im ganzen genommen 
hat der verf. sich durch diesen abschnitt seines buches 
den aufrichtigen dank seiner fachgenosseu verdient. 

Nach diesem erfreulichen Zwischenspiel gehen wir wie- 
der au die arbeit des bezweifelns und widerlegens. L, 
Bucht, um seine im eingang dieser anzeige geschilderte 
theorie zu erhärten, zwei sätze zu erweisen: 

1) der infinitiv wird wie das verbum finitum con- 
strnirt, 

2) das verb. fin. zeigt noch deutliche spuren der ent- 
stehiing aus dem infinitiv. 

Der beweis für den ersten satz findet sich §. 49, wozu 
man die bemerkiing aus §. 50 nehme, dafa die anwendung 
des Infinitivs, von der hier die rede ist, eine conjunctivisch- 
injperativische sei. Es handelt sich nämlich um einen 
ähnlichen gebrauch wie den des inf. pro imp. im griechi- 
schen, nur dafs die auiforderung sich nicht blofs an eine 




334 



Dfllbrück 



zweite person richtet Wir könneu im deutschen solche 
constructionen ganz wobi nachbiklcn, durch infinitive selbst, 
oder durch Substantive. Unserem gef'öhl am nächsten liegt 
es, weua die aufforderung au eine zweite pcreon gericlrtot 
ist (vgl. d. zeitschr. XVIII, 103>, aber auch die wenduiig an 
eine dritte person können wir infinitivisch nachbilden. Ein 
vedisches beispiel bietet ein inf. auf -säni: tgänäm id djäiir 
gürtävasur Igäuära bhrimir abhi prabhüaäni „dem opferer 
mögen der gutspendende himniel und die erde beistehen" 
(vgl. BR. V, 327). Man vergleiche damit Wendungen wie 
„drei mann vortreten", die nur in einer anderen tonart ge- 
sprochen ist. Bei Belbstaufforderungen (vergl. d. zeitschr. 
a. a. o.) dagegen dürften wir besser subetantiva verwenden. 
Statt „wir vFolIen Indra preisen" können wir nicht wohl 
sagen „ Indra preisen ", aber „ preis dem Indra ". Dieser 
gebrauch erklärt sich aus der gruiidbedeutung des Infini- 
tivs, welcher, mag er nun dativ oder localis sein (vgl. den 
loc. des Zieles, abl. loc. instr. s. 45), die richtung einer 
baodlung nach einem punkte hin bezeichnet. Diese natur 
macht den iuf. vor allem geeiguet, als ergänzung des ver- 
bums zu dienen; es igt aber 'nicht unnatürlich, dafs auch 
bisweilen die einfache angäbe der richtung als forderung 
dient, was auch wir kennen in ausdrücken wie: nach 
hause, zum essen etc. Au wen die aufforderung gerichtet 
sei, ergiebt sich natürlich aus dem zusammenbange. 

Durch diese erklärung aus der natur des inf. heraus 
dürfte wohl alles auffallende der eracheinung beseitigt sein. 
Ich kann aber diesen paragraplien nicht verlassen, ohne 
darauf aufmerksam zu machen, dafs manche der von L. 
hierher gestellten belege vielleicht eine ganz andere stelle 
verdienen. In versen nämlich wie I, 129, 8: svajä' sk 
risajädlijäi ja na upese aträi: ist eine form des verb. subst. 
etwa sjät als verb. fin. zu ergänzen und an dies der inf. 
anzulehnen. Es ist zu übersetzen: „das unglftck selbst sei 
bestimmt zum untergange, das auf uns loskommt mit zau- 
bergewalteo". Ftlr diese auffiassun^; scheinen mir stellen 
wie VII, 34, 24 zu sprechen (vgl. d. zeitschr. XVIII, 9i). 

Kndlicb ist noch einem mifsverständnils, welches sich 



4 

■ 



anzeige. 



235 



aus L.'s darstelluDg leicht orgeben könnte, vorziibeiigeu, 
dem mifsverständnifs, als ob alle arten von infinilivcn Im- 
perativisch gebraucht werden könnten. Es sind vieliiielir 
nur die Infinitive auf -adhjfii und -saiii. L. führt freilich 
8. 67 noch einige andere an, aber mit unrecht, nämlich den 
vermeintlichen inf. dän, der von Roth s. v., wie mir scheint 
überzeugend, auf ganz andere weise gedeutet ist, und ävi- 
tave in VII, 33, 1: na me dürÄd ävitavij väsidthü:. Die- 
sen vers hatte Roth zur lit. und geech. des Veda s. 88 
übersetzt: „mögen sie nicht von meiner thüre weichen" 
(wo er ^ ich wci/a nicht woranf gestützt — dvärfit statt 
dflrät las); er hat aber diese Übersetzung längst corrigirt 
(P. W. I 465) in; „avögen die Vasiötha nie fern von mir 
sein, um mir gQtlich zu thun". Ich führe diesen sachver 
halt an um zu zeigen, daj'g auch andere auf L.'s auffas- 
suugen gekommen sind, aber sie bei näherer öberlegung 
wieder aufgegeben haben. 

Es bleibt also als resultat nur dies, dafs Infinitive 
auf -adhjäi und -sani Imperativisch gebraucht werden kön- 
nen, und zwar in etwas umfassenderer anwendung, als im 
griechischen. 

2) Nach Ludwig haben, wie oben gesagt ist, die en- 
duugen mi si ti ihre beziebung zu einer bestimmten person 
nicht von anfang an, sondern erst im lauf der zeit bekom- 
men. Als feld der beweisführung dienen hauptsächlich die 
roedialsuffixe, von denen ein rückschhil's auf die aetivsuf- 
fixe gemacht wird. 

Es kommt zuerst zur behandlung das ßuffix -se, hin- 
sichtlich dessen behauptet wird, dafa es zwar schon im 
veda die feste beziehung zur zweiten person habe, aber 
;iuch noch die erste und dritte person bezeichne. Für ilie 
erste person ist der beweis versucht im §. 54. Der inhalt 
dieses paragraphen scheint mir sich dahin resumiren zu 
lassen, dafs (was übrigens auch von andern gelegentlich 
anerkannt worden ist) im veda die formen stuäe grnlse 
punise arKase riigase im sinne der ersten person vorkon»- 
Djen (für einige formen, die L. noch hinzufügt, scheint mir 
der beweis nicht erbracht). Ob nun aber Ludwig recht 



S36 



DelbrOck 



hat, das b dieser formea zum suffix zu ziehen, ist eine 
andere frage. BR. betrachtpn rugase ala conj, aor., thei- 
]eu also nigas-e, Scherer (Z. G. D. S. 349) wirft die frage 
auf, ob in grnlae und puulse nicht das s der würze! as 
angehöre Ich weirs mit den fraglichen formen nichts an- 
zufangen, finde aber nöthig zu betonen, dafs man nicht 
sicher zu sagen weifs, ob das si in ihnen zum suffix ge- 
höre oder nicht, Folglich dürfen sie nicht in der weise 
benutzt werden, wie L. 68 tbnt. 

Das suffix -ae soll ferner im sinne der dritten persoo 
stehen, was §. 55 erweisen soll. Ich gehe zuerst die stellen 
durch, die L. nicht richtig aufgefafst hat: 

I, 128, tJ: vipvasuicT id isudhjate devatra hävjam ohise 
beifst: „für jeden bittenden bringst du das opfer zu den 
göttern". Diese worte bilden die einzige anrede an Agni, 
in einem hymnus von acht versen, in dem sonst nur etwas 
von Agni ausgesagt wird L. stellt flugs seinen schon von 
den casus her bekannten paralleltsmus her, demzufolge 
ühise 3. sing, sein soll, und doch ist im veda der Wechsel 
zwischen anrede und aussage sehr häufig. 

V, 35, 4: vfää hj äsi rädhase gagnise vfsni te päva: 
wiifste ich nicht anders zu Clbersetzen als: «ein Spender 
bist du, zum reichthuin bist du geboreu, spendend ist deine 
kraft«. 

Sonst wird noch tatniSe, etusfi, krse, g5jiäe als dritte 
person gefafst, doch nur zweifelnd, uud mit hindeutung 
auf die richtige auffaesung, so dafs ich nicht nÖthig habe, 
diese noch besonders zur geltung zu bringen. Dafs dhiäe 
nicht gleich dhire ist, folgt aus der richtigen Übersetzung 
hei BoIIensen zeitachr. d. d. morgenl. ges. XXII, 596. Ganz 
wunderlich ist die behauptung V. S. XII, 49 sei ülHäe = 
akire. Das behauptet allerdings der commentar, aber L. 
hätte sich lieber nach dem comm. zu Rv. lll, 22, 3 rich- 
ten sollen, wo die stelle ebenfalls steht, und erklärt wird: 
samavetän karösi. Der neue satz beginnt mit dhisnjä. 

Nunmehr bleiben aufser IV, 43, 7, das mir nicht klar 
ist, nur noch einige stellen übrig, in denen karkröfe vor- 
kommt. Dafs diese form 3. sing, ist, kann nicht bezwei- 



•Bseige. 



237 



Mt werden, BR. unter 2 kar meinen, Karkrse scheine als 
3. sing. med. zum intensiven stamm von kar gezogen wer- 
den zu mftsseu. Die moglithkfit, dafs das 8 stammliaft 
sei, ist durchaus nicht ausgeschlossen, es gilt also von 
karkröö dasselbe, wie von puDlse etc. Somit bleibt es, 
was -se betriffl, beim alten. 

Nach der endung -s6 kommt die endung -e zur ver- 
nrtheilung. Von ihr ist bekannt, dafs sie im veda auch 
für die 3- sing, praes. (nicht biol's perf.) vorkommt, wofür 
§. 56 beispiele giebt. L. hält es ferner für wahrschein- 
lich {§. 57), dafs -e für die zweite pers. sing, stehe, führt 
aber die beispiele dafür doch nicht mit „absoluter gewifs- 
heit" an, so dafs auch wir nicht nöthig haben, uns auf 
eine Widerlegung seiner annähme einzulassen. In §. 58 
wird weiter die frage erörtert, ob -e nicht bisweilen die 
zweite oder dritte dualis bezeichnet. Es handelt sich um 
einige schwierige und dunkle stellen, die ich wenigstens 
nicht sicher verstehe. Wenn L, sie versteht, so würde 
er sich durch ihre übersetsfung und Interpretation dank 
erwerben. Was tuügäte för den gebrauch des sufßxes -e 
beweisen soll, ist mir duukel geblieben. Irgend eine fol- 
gerung für den gebrauch des sufBxes -e vermag ich aus 
dem von L. beigebrachten material nicht zu ziehen. End- 
lich soll -e auch noch im sinne der 3. plur. stehen ( der 
abschnitt, der hierüber handelt, ist vermuthlich durch ein 
verseben beim druck auf Seite 81 statt 78 geratheu). 

V, 39, 3: mä'histhä vö maghönä nigfinä karäanlndra 
Indram üpa präpastajö pürvibhir guguäe gira: liier soll 
guguse 3. plur. sein. Wie L. gira; auffafst, weifs ich nicht. 
Mir scheint die folgende auffassung die nothwendige: üpa 
gehört nicht zn guguse, sondern es ist ein verbum zu er- 
gänzen, weicher art lehren stellen wie I, 74, 6: /i ka va- 
häsi taii ihä dev;iii i'ipa pn'ipastaje. Es ist also auch hier 
vah oder hvä oder ähnliches zu suppliren, und zu über- 
setzen: ^rufl den freigebigsten hcrren, den könig der men- 
schen heran zum preise". In dem folgenden satz ist gu- 
guäe 3. sing. perf. „er findet freude". Der gegenständ, 
woran er freude findet, steht im acc. wie so of\: gira: „an 



838 



Delbrück 



eurpn Ir'pdera" ; bleibt noch pürvlbhi: „um der vielen wil- 
len" uämlich lieder, die ihr schon gesuugen habt (viel- 
leicht wird aber pQrvlbbi: besser zu pürvjn ge/.ogen, was 
hier gleicbgiltig ist). Ein Säuger richtet au seine genos- 
seu die aufForderung: „ruft deu Indra heran", und macht 
ihnen muth durch die Versicherung „glaubt mir, er findet 
freude an euren liedern um der vielen willen, die ihr schon 
gesungen habt ", 

I, 142, 5 sehe ich keinen grund, warum vrngS nicht 
1. pers. sing, sein soll. Das voraufgehende part. fungirt 
als verb. fio. 

Val. IX, 3 giebt allerdings keinen sinn. Vielleicht 
ist dadhire statt dadrpe zu losen. 

VIII, f)5j 1 halte ich huve für 1. sing, gäjantas ist 
a[>})08ition zu dem zu ergänzenden „rufet". 

VIII, 12, 24 ist auch L. nicht ganz sieher. 

Es ergiebt sich also auch für -6, dafs dieses suffix, 
wie längst bekannt, für erste und dritte person gebraucht 
wird, und ich sehe trotz des spottes, den L. Ober diese 
ansieht aiisgielseu möchte, noch immer die auskunft als 
die natürliche an, dafs -e als Vertreter der ersteu persou 
vor sich eiu m , als Vertreter der dritten vor sich ein t 
eingebüfst hat. 

Für -te weil's L. selbst nur die beziehung auf die 
dritte person zu belegen. 

Die bescheidenen versuche (§. 62) auch für das acti- 
vura eine ähnliche „enallage" nachzuweisen, bedürfen kei- 
ner ausführlichen besprechung. Es wird sich, soweit ich 
die vediachen verbalformen übersehe, nur ergeben, dafs 
bisweilen ans dem t in den historischen temporibus ein s 
geworden ist. 

Der folgende theil des buches ist für uns von gerin- 
gerem Interesse, Er beschäftigt sich mit allerhand fragen 
der formeulehre, namentlich dem unterschied der a- und 
uicht-a-conjugation, welche fast sämmtlich durch die Zu- 
rückweisung der bisher besprochenen ansichten erledigt 
werden. Auch über bildung und bedeutung der modi wer- 
den allerhaud aasichten geäufsert, auf die ich um so we- 



I 



anzeige. 289 

Diger eingehen mag, als ich mich in meiner scbrifl Ober 
den gebrauch des conj. und opt. so eben ansflihrlich dar- 
flber ausgesprochen habe. 

Ich könnte somit, nachdem, wie ich hoffe, die aufs tel- 
lungen des herrn verf. sowohl auf nominalem wie 
auf verbalem gebiete als unbegründet erwiesen 
worden sind, diese anzeige beschliefsen, wenn mir nicht 
noch die pfiiicht obläge, gegen den ton seiner polemik ent- 
schiedene Verwahrung einzulegen. Diese polemik richtet sich 
sowohl gegen die anhänger der sogenannten agglutinations- 
theorie überhaupt, als besonders gegen Schleicher. Das 
tadelnswerthe an ihr ist nicht nur der ton, sondern vor allen 
dingen der umstand, dafs L. seine gegner nur sehr mangel- 
haft kennt. Man urtheile, ob folgende vorwürfe gegen die 
moderne Sprachwissenschaft irgendwie berechtigt sind: 

S. 16 ... »dafs sie im wesentlichen nicht dem begriffe 
entsprechen, den man uns an die flezion zu knüpfen 
gelehrt hat, dem einer willkürlichen absicht- 
lichen bildung''. Als ob es nicht gerade ein haupt- 
verdienst der modernen Sprachforschung wäre, den ge- 
danken einer willkürlichen Schöpfung der spräche überall 
bekämpft zu haben! 

Mehrfach wird der neueren ipethode abgesprochen, 
dafs sie eine historische sei, so:. „Zu einer wirklichen ent- 
wickluDgsgeschichte unseres sprachstaromes kann es na- 
türlich auf diese weise nicht kommen, denn alles hat ein 
ende, auch die nach gegenwärtiger Vorstellung frei meteor- 
steinartig vagierenden sufßxe" etc. (84). „Und so ist das 
verhältnifs von Infinitiv zu particip aufzufassen, worüber, 
so viel wir wissen, nicht unrichtige, sondern gar keine 
Vorstellungen bestehen" (46). 

Die Boppsche ansieht Ober das suf&x -tar begeistert 
L. zu folgendem ausrnf: „wir verpflichten uns, wenn es 
darauf ankommt, alles in dieser weise zu erklären, tief- 
sinnig philosophisch, oder natural istisck* materialistisch, ja 
auch witzig und zwar in kürzester frist". Mir scheinen 
derartige witze unwürdig. 

Aehnliche belege, aus denen die unbekanntschaft L.'s 



S40 



DtlbrUck, anzeige. 



mit den arbeiten anderer sprachforacher hervorgeht, lie- 
fsen sich häufen. Es ist evident, dafs er weder Ciirtius' 
Chronologie noch irgend etwas von Steinthal aufmerksam 
gelesen bat, wenn ihm diese bQcher überhaupt vor aimen 
gekommen sind. 

Am gröbsten ist seiue spräche Schleicher gegenüber. 
^Schleicher scheint leider nicht geahnt zu haben, dafs 
man pbilosophie iiud philosophisches gerede von herzen 
hassen und doch selbst auf dem gebiete der eprachfor- 
schnng grofsen uasinn reden kann ja selbst philosophischen 
unsinu!" „Seine tendenziösen beetrebungen haben die 
falsche richtuog der wisseuschaft iu ein extrem getrieben, 
das mit der nicht zu verkennenden resultatlosigkeit in 
einem contrast steht, der denn doch nicht zu leugnen ist." 
Selbst an Schleichers naturwissenschaftlichen kenntnisaen, 
die nach dem urtheil competenter naturforscher sehr bedeu- 
tend waren, wird gezweifelt. Mir scheinen ao hochfah- 
rende äulserungen gegen einen grofsen todten nicht nur 
sehr unziemlich, sondern auch für herrn prof. Ludwig sehr 
gefährlich , denn sie fordern eine vergleichung seiner Ver- 
dienste mit denen Schleichers heraus, und man kann sich 
docii nicht verhehlen, dafs Ladwig bei dieser gelegenheit 
eine nicht eben gloriose rolle spielen mufs. 

Jena, Januar 1871. B. Delbrück. 



Suum cuiqiie. 

Zur gesc'bichte der Sprachforschung. 

Bugge bemerkt in seiuein aufsatz über den Ursprung 
der tat. Suffixe clo, culo, cro u. s. w. (XX, 135): Ebel 
war meines wisseus der erste, welcher (in d. zeitschr. XIII, 
296, erschienen |Hli4) die vermnthung äufserte: „Vielleicht 
sind lat. -cruro und -dum nichts als euphonische Verwand- 
lungen aus -trum und -tlura". Er bemerkt alsdann: 
„Dieselbe mcinung wurde von Leo Meyer (vergl. gramm. 
II, 356 ff.) bestimmter ausgesprochen". Dieser führt aber, 
wenn auch nicht ganz doch ziemlich deutlich, diese Zusam- 
menstellung auf Benfey zurück und in der tbat hat dieser 
sie mit voller bostimmtheit schon sechs jähre vor Ebel in 
den Güttinger gelehrten anzeigen 1858 s. 1629 gegeben. 
Wenn sie also nicht vor dieser zeit von einem andern ver- 
Offeatlicht, so wird sie wohl ßenfey zuzusprechen sein. 



Schttcliardt, albuiucbM und romanisches. 



241 



Albanisches und romanisches. 

Zu MikloBicb's albanischen forscbungcn *). 

Schon seit geraumer zeit widmet der meister der sla- 
wisolien Sprachwissenschaft auch den nicht-slawischen spra- 
chen der Balkanhalbinsel eine besondere theilnabme, zu- 
nächst allerdings, uin aus ihnen die slawischen bestand- 
thejle auszuscheiden. Diese anfgabe ist zuerst für das ru- 
mänische (18G1), dann für das nengrieehische (1 670)« und 
zuletzt für das albanische in dem ersten hefte der alban. 
forschuiigen gelöst worden. Es enthält dieses lieft vier 
einleitende capitelj Übersichten über die wohngitze des al- 
banischen Volkes, die quellen unserer kenntnifs der alban. 
spräche, die laute der alban. spräche und die verschiede- 
nen bezeicbnungsweiscn dieser laute. Unter den letzteren 
vermissen wir die Caraarda's, welcher doch, hauptsächlich 
durch einführung der griechischen zeichen »/, g und (), daa 
Hahn'sche aiphabet nicht unwesentlich abgeändert hat. 
Gegen das umschreibungssystem des Verfassers haben wir 
nichts einzuwenden; 1', k', wie aus typographischen grün- 
den für 1', li (analog g, n) geschrieben wird, sind freilich 
etwas zweideutige zeichen. In bezug auf die empfönglieh- 
keit dem slawischen gegenüber hält sich das albanische in 
der mitte zwischen dem fast widerstandslosen rutnänisch 
und dem spröden griechisch. Die Sammlung M.'s umfafst 
etwas über 300 numraern; doch ist in vielen fallen die 
Verwandtschaft des alban. mit dem slaw. worte entweder 
Oberhaupt zweifelhaft oder als derartige, wie sie hier al- 
lein in betracht kommt, und sind solche gleichnngen, wie 
geg. mömme, mutter") = serb. bulg. raoma, mädchen, 



*) I. Die Biarischen Blemeute im albaiiigclii™. Wien 1870. 38 s. 
II. Die rnmanisclien elemctito im albuiiischen. Wien 1871. 48 g. 
lil. Dia form entlehnter verba im nlbnnischen anil einigen nnieren 
sprachen. Wien 1871. 9 a. (SeparatabdrlJckp nna dem XIX. und XX. bd. der 
denk.schr. der ph.-hist. kl. d. wicn. ak,). 

**) Wenigstena bütt« M. , indem er Camarda citirt, auch die andere 
von diesem angegebene bedeuttmg „soiella maggiore" beisetzen Hollen. — 
Da ich im folgenden mich hauptstlchtich auf Hahn aUltze und daher die 
Zeltachr. f. vgl. sprochf. XX. 4. Jß 



S42 



Sehnohnrdt 



wohl zu streicben. Geg. plotske, Steinplatte, runde höl- 
zerne flaschc, stellt M. zu serb. plo6a, platte; aber in 
der zweiten bedeutiing, welche speziell bcratinisch (aleo 
niclit i^piTfisi;!), sondern toskiscb) ist, gehört jenes wort zu 
serb. ploska u. s. w., Hasche, Jiuf welches M. die sl. el. 
im rum. s. ^56 und die fromdw. in den sl. spr. s. IlSb*)^ 
iudem er p locke und ploske schreibt, iu der that be- 
zieht. Fast noch hesser als mit serb. lokma, lokva, 
friistum carnis stimmt geg. lokme, tosk. lötnke, stÜck, 

Scheibe, wurfstein mit arah. ^mäI, buccea, bohis, buccella. 
Da die feststcliung der slaw. demente im albanischen mit 
derjenigen der romanischen (unter denen wir mit M. die 
lateinischen und italienischen verstehen) auf's innigste zusam- 
menhängt, so hat sich M, auch dieser arbeit in dankens- 
werthester weise unterzogen. Mit grofsem schari'sinn und 
fleifs weist er fiber 900 romanische entlehuungen nach. 
In das albanische aber sind romanische Wörter nicht allein 
zu sehr verschiedener zeit, sondern auch auf sehr verschie- 
denartigem wege eingedrungen, besonders auf dem zwei- 



4 



toskische als die hauptinnndart betrachte , so erspare icli mir es, Oberall 
„H." und „tosli." bciziiftlgen. Rossi, dem das ^egiache zur grundlage 
dient, citire ich mit »K.", Camarda mit „CBm." u. s. vr. 

♦) Einige beiuerkiuigen, die sieb mir beim diirchblttttem dieses mit be- 
nrnndeniswerthcr gclebrsanikeit ausgearbeiteten Verzeichnisses aiifdrüngteTi, 
mö|;en hier iliren platz finden. S. 79a -wird in serb. brace, •weiutreber 
mhd. brntsche, grilne Bcbale der nit^ine und hUI<icnfi'auhle, vergUcheu; 
besser wohl iväro deuts<L'Ltirol. brdüchle t. br.isc b li'lt , in illtcrer spräche 
prastlat, wUlachtirol. brascii, die in den kufen gemosteten trauben (Schnel- 
ler die rem. volksmiind. in SUdtirol I, 122) genannt wurden, das mit jenem 
uuch in Tirol beltonnlen brat»che (tu Mcrnn pratsche, die oberste grUno 
schale der nUsse, obw.-iliurw. paratscha, dass.; vgl. obw.-churw. palc- 
tscha, engad. plotseha, bäuteben, frucht^vhalo von pitxl, pell = pei- 
us, und deatächtir. bläschc, liUlseufrucht, domleschg. blcuscha, IiUIsk 
der erbsen u. 9. w.) unverwandt zu sein scheint. Ich erwähne «och geg. 
bersi, wein- und öltrcatcr. — S. 7Dh wird poln. bryndza u. n. w., brin- 
senkilac, das [tih aus Kum ala Bbriiizo kenne, ala ein dunkles ^rort be- 
zeichnet; bejeutet e^ denn nicht Brieiizcr kiUe? — S. 103b wUre zu serb. 
kuljen, baueli, kulcnica, wurst = culeus, xoJl;(i{ alb. kole', warst, 
zu vergleichen gewesen, mag man dieses von xo/Lj/v oder mit Camarda 
II, 207, der es durch „satame", „prosciutto'' wiedergibt, von xwAk ablei- 
ten. — S. 120b dilrfle krönt, prud, vortheil (davon kroat. serb. nenelov. 
pruditi, nützen) eher anf da» gleichbedeutende it. prodti {«. Diez at. wb. 
1^,333 fg.), ala auf nhd. t'ruoti, klugheit zurückgehen. 



alhani.it^heB und Mmiuiisclics. 



243 



fachen umwege durch das slawische und durch dag neu- 
griechische. Es laCst sich dies ineietens durch die art der 
Jaiitbehaadliing bestimmen; indessen können wir i ^ e, 
welches ja euch vulyärlateinisch war, in kandll = can- 
dela (vergl. span. candil) u. a. nicht für einen gültigen 
zeugen grici^hischer Vermittlung halten. Nicht selten übri- 
gens findet sich im albanischen dasselbe romanische wort 
in reinerer und daneben in slawisirtcr oder gräcisirter form. 
So förderlich die anordnung der romanischen elemente 
nach verschiedenen kategorien für die knltiirgescbichte des 
albanischen volkea, deren quellen ja so dürftig fliefscn, sein 
würde, so verzichten wir doch hier darauf, um den rein 
linguistischen Standpunkt nicht zu verlassen. Das slawi- 
sche ver/.cichnifa, welches die roman. -slawischen elemente 
mit dem romanischen verzeicbnifs gemein hat, scheint uns 
einigerniafsen vor diesem bevorzugt zu sein. Zunächst 
könnten einige doppelt angeführte Wörter, wie büal (bu- 
balua; bulg. bivol)*), geg. rrfke (radice; serbisch 
rdakva), an jener stelle fehlen. Andere sind aus dem 
ersten verzeicbnifs geradezu in das zweite zu versetzen; 
so klötskß**}, gluckhenne, welches wie das gleichbedeu- 
tende geg. skjuk(3 ?,n it. chioccia, rum. cloce, nicht zu 
serb. kvDcka gehört, und kukuväta R-, wozu noch ku- 
kumatäe, kukumjätäe, kukumjatäke H. und kuku- 
väj R. kukuväike H. (wegen -kc und -kö s. die vor- 
hergeh, aum.) zu fügen sind, welches das it. coccoveg- 
gia (neap. coccovaja), enle, nicht das serb. kukavica, 
Itukuk, ist. Diesem letzton entspricht allerdings kuka- 
vitsö R., da Rossi cuccuveggia merkwürdigerweise im 
sinne von cuculo nimmt. Noch andere Wörter hätten we- 
nigstens auch im zweiten verzeicbnifs platz finden sollen, 



•) Da bi]baln<i sein« bedcutung „bUffel" wobl in folge des miklangs 
an bog, bovis erhalten hat, 8<i ist die cnUehnnng dieses wertes tinrch die 
Slawen, in betreff deren M. zwcifel Unfsc^rle, anm mindesten .sehr ■wahrsrhein- 
lieh; 8. Hehn, cuUurplJanzen nnd h,iu3thipre, s. 4ö0 fg. 

••) Die eailung -kH ist albanisch und weit hfinfiger, als die von Ca- 
marda I, 164 angeführten beispiele vermuthen lassen; vgl. ss. b. geg. tsäfkä. 
möve, tse'fkä, deckblattcr des maiskolbens (wohl von geg. tSCf, ich ver- 
stecke). Ueber -ak, -ok als endong mfinnlieher thicre s. unten s. 244. 

16* 



344 



Schocbardt 



80 ph\ske = aerb. pljuske pl. blatten, wegen pustula 
(vgl. riim. pusche ^ mlat. puatella); ist das slawische 
wort wirklich ein echtslawisehes? Für ein solches halte 
ich serb. bulg. sito, sieb, da ea allgemeiti slawisch ist 
und Bicb dazu auch magyar. szita, lit. setas, lett. sIte 
stellen (b, Diefenbach goth. wb. II, 205), und glaube daher, 
dafa Site, geg. set€, drabt- und haarsieb, mit recht da- 
von hergeleitet wird, da griech. gt]&&i}'j sieben, ferner 
liegt. De Cihac bezieht zwar trotz dieser slawischen for- 
men rum. sitii mit Diez et. wb. 1% 396 auf lat, seta, aber 
gemeinromaniscb hat nur die ableitung setaceuni fmlat.) 
die bedeutnng „sieb", und auch die gleichuug norm. (Guer- 
nesey) set, (Bayeux) set, sieb = seta erregt mir deshalb 
bedenken; wie steht es hier mit der lautbarkeit des t? 
kann man, wenn auch nicht an fr. sas, etwa an ein ger- 
manisches wort (sieb — seihen — siebten) denken? 
Sit 6s, geg. ees, ich siebe, läfst sich übrigens aus dena 
bauptwort site, setS nicht ohne Schwierigkeit erklären. 
Purteke, gerte, führe ich unbedenklich auf lat. pertica 
zurück, da, wovon wir noch reden werden, u nach la- 
biales begünstigt wird und die ableitungssilbe -ic- den 
accent auf sich zu ziehen pflegt; in den nebenformen pru- 
teke Bogdan und prutk R. sehe ich nur anlehnung au 
serb. prot, dass., ebenso wie in ätr^zS E., d achtraufe = 
stiricidium an serb. streha, dachvorsprung (s. lit. oen- 
tralbl. 18T0 s. 1336}. Zu habe Keinh., tante = serb. 
baba, alte vgl. friaul. habe, rura. babS, hebearame, alte; 
zu distäbe Leake, Kaball. ^ serb. zaba, neugriech.£at(;r«: 
friaul. save, span. sapo, welche alle kröte oder froscb 
bedeuten (vgl. altgr. ai'jW, alb. ^api, geg. zapl, eidechse); 
zu fite, geg. pÄtö, gans, patök*), gänaerich = serb. 
patka, ente, patak, enterich : sp. pata, gana ; zu rosse, 
ente (rossäk*), enterich) = serb. raca, magyar. rece, 

*) Tat die eadung -dk, -i<k in rossak, pattik slairiscli? Sie scheint 
ea in iwei anderen bezeichnnngen männlicher thicrc: matsitk ^ serb. 
macak, kater (vgl. rnm. m fl tök, alier makodornm. raatsoku), pöitKiik, 
bock (M. vergleicht serb. prcevina, bocksge^tHuk). Doch sonst wird sie 
sehr hänfig in einheimiachen ableitungen verwandt, i. h. bernC. mallj'^k, 
bergbewohner (spitznamo der Gegen, von mallj, berg), vjejgidk, die- 
bisch (von vj5^, ich stehle). 



albauiscliea nnd romanische«. 



245 



ructt': ruiQ. racg, friaul. ratze dass. Hierbei ist zu be- 
denken, dafs manches wort, welches das albanische mit 
den nordüstliclisteu roiuaniscben und den südslawischen 
muadarten tbeilt, dem attalbaniscbeu selbst oder irgend 
einer ausgestorbenen spräche seiner nachbarscbaft ange- 
hört haben mag. Kommt ngriech. ßcelTvj, rnm. baltS 
vom alb. balt, schlämm (Mikl. wieii. sitziingsber. LXIII, 
539), warum nicht auch das gleichbedeutende lomb. palta, 
deaseu ableitung pantano sich freilich weit verbreitet? 
Vom aerb. greben leitet M. (a. a, o. 8- 543} ngr. -/Qifji- 
na%'ot; her, wozu, wenn nicht alb. greminc, gremi, so 
doch friaul. venez. grebano gehört (fels, abhaog); Diez 
etym. wb. IP, 37 bringt freilich letzteres mit it. greppo 
(auch im churw,, und in franz. und deutschen alpenmund- 
arten) in Zusammenhang und dieses wiederum mit dem 
crap in mittelrom. und oberit. diall. '), dessen friaul. form 
clapp ihm als gute stütze für seine ableitung von ahd. 
klöp hätte dienen könnea und welches dem alb. krep R. 
{b. 57), abhang (vgl. skrep li. 8. 297, dass.) entspricht. 
Das friaul. criure, kälte, steht dem alb. ngrij, geg. 
ngri H. , nkrij R., ich friere, näher als «lern agriech- 
KQvog**). Aus den verschiedenen quellen sind die oft 
sehr stark von einander abweichenden formen sorgfältig 
zusammengestellt; doch vermisse ich nicht selten den be- 
leg gerade aus der nächstliegenden quelle (so wird z. b. 
unter cicada keine form ans liahn und Rossi und unter 
gl ans aus Blatichus und Rossi lende, aber nicht aus 
Hahn Ijende angeführt). Sogar einiges wesentliche bleibt 
nachzutragen; zu cera : tsir R. , kerze,- zu eerrus : 
tsarr R., buche; zu graffio, grampa, grappa: grcp 
H., haken, griff R. = it. io graffio; zu rotolo : ru- 
kul6j H., ich rolle, it. -alb. rröljetS Cam., Wurfscheiben 



*) Dafs im obTT.-chunr. crap und gripp (fwilirh oberengad. crip- 
pel), stein tui(i fcla (adj, curpiis und grippus) iiel^iieijiuuder stelivn, ist 
etwas auflilllig. 

•*} Möcbte doch Mikloaich auth di-n ilawiscben beisa*/. des friauligchen 
und den romanischen des slowcnUchc:!! und scrbiiichcn in Kärnthcn unti 
Ifitrien abschätzen. 



246 



Sehuchardt 



(vgL chiirw. ruclar, it. rollarc J; zu stringere : atn\nge 
H., rum, strungg, pfercli (s!ov. serb. struga, magyar. 
eaztrenga, dass., aber von M. , soviel ich sehe, weder 
unter den rnm., noch unter den alb. fremdwörterii genannt, 
während er daa mitteJgr. f? ryorj'«/ oder OTgoii'/at, fos- 
sae, stagna, vivaria — rnm, strunge bedeutet auch „liach- 
wehr* — auf altsl, struga, nslov. etruga, alveus aqiiae 
u. 9. w, bezieht); zu vampa (altit. vapa, rum. vepaie) : 
vÄpe H., bitze, von welchem unter der darauf folgenden 
nummer, vapor, gesagt wird, dai's ea mit diesem werte 
nicht zusammenzuhangea scheine; zu viaitare vielleicht; 
vest([>j (auch veströj), ich betrachte. Die ital. bedeutiuig 
von per = pro ist im albanischen die vorherrschende; 
warum wird alao dafür nur per denare = pro pecunia 
aus ßlanchua eitirt? Ueberdiea fällt per auch iu seiueru 
Boustigen gebrauche mit lat. und it. per vielfach zusam- 
men, z. b. per perüudine! bei gott! per liete piine, 
wegen dieser sache. Noch manche romanische bezüge zur 
erläuterung von form und hedeutung waren wünschens- 
werth, z. b. zu alsive = lixivia ; engad. alachiva; zu 
it.-alt). dzipün liada := giuppoue : kahibr. jippune; zu 
geg. gr^stS, unreife ti*aube, von agreatis : friaul. greste, 
dase.; zu kaAendiier K., jauuar, von caleudae : rum. c6- 
rindar, dass.; zu kove, echöpfgefärs, von cavus; friaul. 
phavor, milchgeachirr oder grödn. coana, schöpfgelte. 
Zu dreikj = draco iu der bedeiitutig „teufel", obwohl 
dieselbe christlich ist, mag doch neuprov, drac, teufel, 
kobold, däuion angeführt werden; denn hier gibt es nicht 
nur böse, sondern auch gute dracs und sind dies offen- 
bar heidnische reminisceuzen. Allerdings zeigt die form 
kolumbri R., turteltuubc, dals geg. kumri (nicht kurmi, 
wie M. hat) H., laehtaube von lat. oolumba herkommt; 

immerhin war türk. ,cr'l?' qumry, turteltaube, das also 
entlehnt sein muis, zu vergleichen. Einige etymologien 
möchten wir, ohne aus dem romanischen herauszutreten, 
dnrch andere cröetzen; fio it.-alb. jikul liada, pfeil ^ ia- 
culum (anl. i ist auch in ieiunium abgefalleu), nicht = 
aoüleus, wenn wir es nicht von einer einheimischen wur- 



zeT all ableiten wolleu, wodurch sich aiu-li äkul, eis (und 
kaltj als ilaa stechende erklären würde; küdere, ambofs 
= it. incüdiiio, nicht vom vb. cudore (dazu noch geg. 
kiu'/ H. kuA 11. = i neu de); kuljete, beutel, hodfusack 
voQ culeus = coleiis, uiiiht it. colletta; pertöj, geg. 
(uicht tosk., wie M. hat) purtoj, ich faulenze (wozu noch 
pritoj li.) ^^ pigritor, nicht = pertaedet*); rrifp 
(wozu noth geg. rrüp H.) eher = rupes (im sinn von 
it. dirupo), als ^ ripa; tüvle, thönernc wasserröhre 
stimmt zwar lautlich vollkommen mit geg, tül6, inakedo- 
rum. bulg. tuvle, neugricch. TovßXoi', backstein = te- 
gula^ iat aber des siiiucs halber beastr zu tubuluB zu 
ziehen; uröj, ich wünsche glück, wie rum. ur (inf. urä; 
vgl. it. iiria Vorbedeutung Diez etym. wb. I", 39) = au- 
guro, nicht ^ oro; vorf'cn R., waise ^ orphanus, 
nicht von verp = orbus („gegen die Zusammenstellung 
von vörfeu mit uutfavui^ ecbeint der acceat zu sprechen" 
M. — ?). Von it. sprone mag wohl .«jpron K. , sporn 
herrühren: aber die gewöhnlichere form äpör Blanch., 
spor R. steht dem ahd. nom. sporo näher, der sich zwar 
im span. und portug. findet, aus ital. muudarten aber mir 
nicht erinnerlich ist. Fand diese form etwa von norden 
her eingang, wie stäp = serb. bulg. stap = ahd. stab? 
Ein it. wort cbcsa ist mir unbekannt; vielmehr ist das 
darauf bezogene it.-alb. keztj Rada, weibliche knpffracht, 
als unübersetzbar in ital. Übertragungen steheii geblifben 
(keza z, I). Camarda II, IIb. 1,9). Dieses keze achliefst 
sich vielleicht an kesulje, haube, au, welches man auch 
im sizil. Wörterbuch als cäjula, kopfschumck dt?r albau. 
frauen, wiederßndet und welches M. mit span. easulla 
und rum. ccciule verbindet; zum ruoi. w. gehört noch 
geg. katsiiij, federkrone der vögel, auch vergleiche nuin 
noch berat, katällj e, tragkörbchen, wegen der bedeutung 



•) Merkwürdigerweise hat zu dieser ctymolüRie der uo gricclieiilVeuud- 
liche Oiiaianla vcranlassnüg gegeben ; er orkeuut die venvaiitlUchaft von 
pSrtdBö, faulhcit, mit portaeaus au (11, 145). M. Rtellt auch diese.'i 
Substantiv vorun, obwohl es von pfirtdj verraittclüt der sehr gewöhnlichen 
eodung liBt' (vgl. Camorda 1, 1S3| abgeleitet iat. 



Z48 



Scbncliardt 



mit nslov. kosulja, geflochtener behälter für baseloflsse. 
Magjü'p R., Zigeuner ist nicht kurzweg ^ mancipium, 

Bondern = . '^. ■ zu setzen: ea hat sich geg. j e fk , 

berat, je ?jit = neiigr. yixfdoq, altgr. aiyvnrtog einge- 
mischt. So heifiät serb. madjupak und jedjupak Zigeu- 
ner. Eiue reibe von romaiuBchen ableituDgcn dürfteu ganz 
zu beseitigen sein. Bei den meisten derselben äufsert zwar 
M, selbst Zweifel, aber doch z. b. nicht bei koftö, ge- 
schroteter Weizen = coctum (statt ^ agr. xotttov), geg. 
pülänie s= palina (statt = agr. nu}.ü^}j\ livör (so 
6mal; livore Imal) R., schote, hülse, schale, baunirinde 
5= llber (vgl. Ij i votägc, (lovesge), vljeagß, geg. v5l- 
jcitske, schale von eiern, fruchten, baumrinde), vätrS, 
feuerheerd, auch im rumänischen und slawischen, ^atrium 

u. 8. w. ; de'nter, bräutigam= gener, dem M. ein „zwei- 
felhaft" beisetzt, kommt unzweifelhaft nicht von gener 
her. Die so entstandene Ificke ist aber unschwer auszu- 
füllen. Von weiteren alban. worteu, die mit mehr oder 
weniger Wahrscheinlichkeit auf lat. stamme zurückgehen, 
sind uns gegenwärtig: 

bultSi, backeutasche = it. bolgia (von bulga, das 

allerdings als gallischen Ursprungs bezeichnet wird), 
egre, geg. eger, wild, roh, rauh = agrestis (und 
acer?); die ableitungen gehen vom stamme egres- 
aus i. b. egrSsüj, ich mache wild, 
i^'ekere H., iVekiin R., roggen = secale; vergl. it. 

segale und mm. secärS. 
fer geg. (ferr R.), bölle ^ infernum (von M. II, 78. 

86 beiläufig erwähnt), 
gjelj, tosk. truthahn, geg. bahn (vergl. auch geg. gul, 

habn) = gallo s (von M. II, 86 beiläufig erwähnt). 
gjer siz.-alb, Cam., suppe ^ iure, 
jennär, Januar (Habn gr. s. 111) ^ ianuarius. 
jetii, leben, Jahrhundert, weit (bei R. =: eta) = aetas. 
kerrÜB, kurriis, ich beuge, kerrüsem, zu Kavaja 
(geg.) kerbfi'jem, ich 'beuge mich = curvo. 

kjünkj, kü'ngje, tbönerne Wasserrohre stimmt zwar 



albmiiBcfaefl und romantBches. 

trefflich zu cuniculus, doch stammt es zutiäcbat 
ton dem gleichbedeuteDden türk. Itöiig. 

küke, köpf, hinterschädel ^ it. coccia, köpf, sard. 
uonca, hirnsehale, ko[jf' (span. cogote, prov. co- 
got, hinterkopf), welche Diez rtym. wb. 1=', 130 von 
coücha ableitet j doch hat sich gewils auch coc- 
cum dabei beiheiligt. k^fk§, hirngchädel, gehäuse 
der schoeckeu, rauschelthicrc und Schildkröten, wel- 
ches für *cauca stellt, wie k/ifsü für causa, wird 
von Camarda I, 54 zu agr. xctvacikiov ^ ßavxci- 
Xiov gezogen; icli möchte es als eine iiebenform 
von koke betrachten, wäre nur au ;= o sonst er- 
weislich. 

kukj, roth = 'cocccus (vgl. kymr. coch u. s.w., dass. ; 
churw. cotschen ». s. w., dass. ^ coccinuö). 

kulumbri geg., ächleheubaum, schiebe, kümbulS H., 
küiüinul oder kümm»/. R., Pflaumenbaum, pflaume 
von cohimba, wie ruin. porurab , porumbel, po- 
rumbrel, schlehenbuaeh, porumbe, porumbre, 
schiebe ^ palumbes, *palumbellus, 'palum- 
bella*). 



*) Kach der färbe der tauben (ruiii. poruiiibiu, taubenfarbig) werden 
'benannt: nim. pnramb, mnis (von dem e» ein« bliiuUch-röthliche abart 
gibt), it. p alomb ina, art Weintraube, palumbina, weictiaelkirBche, opan. 
palominn, echwarzblaue weintraubcnart (De Cibac Dict. dVtym, daco- 
roni. S. 213). Bei den alten wurden als taubenfarbig, coluinbinus, bezeichnet 
cicer, saxum, terra, und, was man zum vorliereehendeu halte, vitis. Von 
der pflaumfi sohi-inon die Enneb erger und Grödiiür den atiedmck für die 
blaut: färbe entlehnt zu haben: bröin (fem. bBraa), brum, was weder zu 
braun, noch zu blau pafat (Schneller, die rom. volk.=imund. in Sudtirol 
I, 226). Iiu korniacheii Vokabular bei Zeusa Gr. Cclt. ' S. 1077 tiudcn ivir: 
plumbus, plumbren. Sollte etwa palumbea au der furlbilduug von 
prnuuä zu primm, prflmbla im charw. des Oberlandes und des Unter- 
engadius und zu prume, plume, pflaume u. s. w. in den germanischen 
mundartcn bethoiligt sein? Der ausfall des tonlosvo a zwischen p und l 
(vgl. auch piuni, pluiii neben pelumb R. und die mittelalterliche sehrei- 
bnng plumbua, -asl bat zahlreiche analogieii und findet sich gerade noch 
in einem anderen pflaumennsmeti, nämliuh churw. ploga (unterecgad. pa- 
luoga), kleine runde pikume, von Cariach sogar deutsch mit paloge 
Obersetzt. I^it dica dasselbe, wie alt- und mundartlich franz. bloce, bla- 
clie neben beloce, belosse u. s. w., kleine wilde pHaumenart? Oder ist 
wiederum dies das engl, bullace, alt bullues, scbleho? Pietet les Aryas 
J, 243 nnni. 2 sagt: „ Kotre mot belosse est d'origitic celtiqu«; cymr. 
bwlas, armor. bolos, Irland, buloa, ers. buileas, qui aigniücnt petita 



260 



8<:liuckiirdt 



kupetoj, iuh verstehe, begreife, entdecke = comp» to; 
rum. ciimpüt, ich betrachte, erwäge, ermesse. 

kür (bei K. kurr), wann?, wauu^quii borii (uburw. 
cur u. e. w.}. 

U"'U) g^o- 'j"ji ^^^ spiele ^ ludo für *ljöcliiaj (die 
bedeutuug „ich tanze", wie beim rum. joc = iocor); 
der staniui scheint mir erhalten zu sein in IjöB H, 
it.-alh. Ijöze, löze Gam. (R. bat auch den inf. nie 
lot), ich spiele. Am reinsten zeigt den stamm das 
baiiptwort Ijodrü, spiel, das ich zwar nicht mit 
Caiuarda 1, 1 ti2 als *lüz-tra, aber auch nicht als 
ini'. ludere zu erklären wage. Rossi gibt für „spiel" 
noch loj und für „spielen" das von lüdre abgelei- 
tete lodröj. 

mbülje geg., bodeii =s it- bolgia; vgl. oben bultai. 

uiölcKc, der innere fleischige tbeil der fingerspitzeu au- 
l'ser der des daumeus, von mollis; vgl. fr. mollet, 
wade. 

muria (pl. murizaj, auhwarzdorn von niarra; vgl. it. 
mairuca, dorustraucb, zizyphus paliurus, rum. me- 
reciune, durnstrauch, weilödoni (vielleicht auch lat. 
marrubiuu), andorn), 

uiurk, miirgg geg., bodensatz des öIs (auch adj,: dun- 
kel, schwarz, grau) ^ amurca, it. luorchia (aber 
z, 1k mail. morca). Es wundert mich, das wort 
unter den alban, frenidwörtern (sowohl aus dem rom. 
als aus dem sluw.) ielilen zu scheu, da es M. unter 
den slaw. fremdwörtern mit kroat. inurka^ neugr. 
uüVQya zusainmeustellt. Wegen der Übertragung 
auf die färbe vergleiche mau die dort angeführten 
Wörter; serb. murgast, coloris aumrcarii, kleinrusa. 
uiurga, coloris subnigri humo. 

paläutze, wage = it. bilancia (aber z. b. uail. ba- 
lanza). 



boale ", An der Ihat beil^utun nllc lUeae k(;kiscbi>ii ausdrücke , schiebe " 
und wa.'j dio urhedeutuin; „UU'ine kiigal" atilun^^t, so knun man dazu vor- 
jrleichcn Jus zu Arexzo [;<;ljrilUL-hlichi? balucio, mit tler schale gosuUene 
castiinie (balocl aittih tastikelii), wofür iu audorn gegeuJfll Toskiuiii's bal- 
lotta, ballottu gesagt wird. 



n1baniiichi<B und romanisabes. 



251 



pljüliur, geg. pljühun, Btaub = pulvere. 

piilkjer, dtT innere weiche ballen des obern diiuiiien- 
gliedes (vgl. oben moleze), nacti Cam. auch daumcD, 
= pollicaris; vgl. prov. polgar u. s. w., daumen. 

reinöj, rumoj, ich wühle = rimor, rum. rtm. 

rjep, ich ziehe aus, beraube = rapio, rum. röpesc. 

rrHaj, ich rasire = rado, rum. rad, für "rredüaj; 
resit R., ich radire, zeigt durch aeiue eadung sla- 
wische vermitthing an. 

ruS R., ruuzel, iat vielleicht = ruga; es hat wohl we- 
der mit agr. j^it/l,-, noch mit fr. ride zu thun. 

Sil mar, geg. so mar, tragsattel der sanmthifre = sa- 
gmariuB, altsl. bulg. serb. kroat. eaiuar, äech. sou- 
mar, rum. samar, makedunim. sumäru für sagma, 
während sagniarius sonst laslthier heilst: rum. 
segna ariu , it. somar o, fr. sommier, magyar. 8za- 
mär, kleinruss. somar. Uuter den s!aw. Crenidwör- 
tern und anderseits uuter den slaw. elcmenteu des 
rum. verzeichnet M. dieses wort, aber nicht unter 
den alban. fremdwörtern. 

suiiduruiü geg., Schutzdach ^ subgrundium oder 
snbgrunda (fr. severonde, altfr. souronde)? 
Das albanische ist der stärksten Versetzungen lahig. 

Äärk6, eine art wolleurock = serica, mlat. sarica, 
fiarca, sarga, rum. sarice, span. sarco, altsl. 



sraka, usJov. srajca aus sracica, Kleinruss. so- 
rocka; in den romanischen sprachen wird meistens 
ein Stoff, sarsche damit bezeichnet, so it. sergia, 
fr. scrge (aber aavrau, sarcot, kittel = mlat. sa- 
ricotium). Der artikel hei Diez etym. wb. P, 365 
iöt zu vervüllstäudigeu. 

äeä, geebneter ort, platz (öeööj, ich ebene) = sessus, 
rum. äes, eben, ebene. 

setüne, geg. k tun e U. (R. auch stund, atündje)*), 
Sonnabend = (dies) Saturui. 



*) Uebcr ud = nii, u s. M. II, 82. Das jotirto d ist auffällig; doch 
darf tücht etwa an ein naubgcaeUteg dies i^educljt werdeu. 



252 



Schuchardt 



ötrdme, strume, bett, lagcr = stramen, it. etraine, 
fr. ^ t r e i u (alt e s t r a i n ). 

äuljB', geg. suljä', soouealage ^ solare oder Sola- 
rium. 

urrej ^ horreo, rLim. uresc. 

vä, fürt :^ vadum. 

vSljöj, vljcj Cam. = valeo. 

verri, wiuterweide == *hi berninum. 

vi oll = it. violino. 

vittöre, glück = victoria? 

(vjej H., taane ^^ a biete; vergl. cliurw. viez = it. 
abezzo. 
Von fabiila leitet Ascoli Stud. crlt. II, 36 fjälje, 
wort, rede, ab; aber das j nach dem f läfat sich schlech- 
terdings nicht erklären. — Sollte niclit auch für jave, 
Woche, ein lat, urspruDg zu vermitteln seiu? Mit aevum, 
ebenso wie init goth. aivs, kann es nur urverwandt sein; 
an engad. evna, eivua (obwald. jamma, emna) klingt 
es nur an, dies ist aus hebdomas zusammengezogen. Da 
gj auch sonst zu j vereinfacht wird, dürften wir vielleicht 
an griech. <r«j^,'?«r« pl., woche, denken, wenn für ao späte 
zelten die gleicbung gj s=e s gälte, die z. b. in gjarper, 
Bchlange, gjäste, sechs, gj i für *gjin, busen (das nichts 
mit fr. giron, noch lat. gyrua gemein hat) gilt*}. — 
Wenn ich einst an die identität von supljäke, ohrfeige 
mit altfr. soufflace = soufflet (vergl, spao. soplar) 
dachte (vok. d. vulgärl. 111,48), so scheint mir jetzt die 
forn\ tiplak K. die ursprünglichere und Verwandtschaft 
mit plaga aDtiehmbar. — Ein anderer irrthutn sei bei 
dieser gelegenheit berichtigt, nämlich der, dais sich geg. 
akjctule, schulterblattknochen der schale und ziegen, 
dann acbsel, achselgrube, durch Vermischung aus scapula 
und spathula gebildet habe. Ebenso wenig aber befrie- 
digt mich M.'s vermuthung, dafs ske-, skje- aus spa- 
auf rein lautlichem wcge hervorgegangen sei (II, 62. 83. 86). 



*) Ist auch gju'rinü, geg. g]&rnie, fursspar ^ altgr. öitfir,, so koiin 
wohl die ableituDg des gloichbcdeutenden iu oriiia, rum. ulmC (davon vb. 
urrnu, vilniii} von 6 a n ^ aufgegoben werden. 



nlbrnii-^clte» unil roniflni.iches. 



253 



Ich erblicke vielmehr jetzt in skötiile das scutiila (pl.) 
des Celsus im sinne von Schulterblatt. Ausdrücke für 
„achulter" und „scLild" hangen auch in anderen sprachen 
zusammen j so iu den germanischen und im kymrisclien; 
hier ysgwydd, schulter, ysgwyd, ysgwydd, schild, 
während bret, skoaz (körn, ecödh, alt ecuid) weiter 
von skoed abliegt. E = u darf nicht als hindernits angese- 
hen werden; vgl. z. b. it.-alb. kreakem Rada, von crusca. 
Aus •sketulg (daneben sketnle) wurde skjetule, dar- 
aus sgjetule Kaball., daraus sjetiile, daraus setule. 
Fast ganz ebenso haben wir ffir Scabies: skebe ^£|. re- 
TQci}'X., skjehe, sgi^be, zjebe, dzjebe. Den entgegenge- 
setzten Vorgang könnte man vieHeicht in skjüfur, .skjüfur 
^sulphur erblicken; aber iu einem vermittelnden *sji'i- 
fur bleibt das eindringen des j vor u unbegreiflich. Die 
makedorurn. form skJlifure zeigt uns, dafs 1 versetzt und 
dann die Verbindung sl durch ein dazwischen gesetztes k 
auf romanische, ursprünglich deutsche weise (Dicz gramm. 
1% 315) erweitert wurde; ganz ebenso it. schiavo (geg. 
äkja, Bulgare) ^ deutsch, sklave, mlat. sciavua (alb, 
skläf) = Slavus. 

Ferner begegnen wir im albanischen auJaer den von 
M. beigebrachteu noch einer mcuge von Wörtern, welche 
mit romanischen unlateinischer herkunft verwandt äind, 
obwohl die art der Verwandtschaft bei vielen durchaus 
dimkel ist. Es läfst sich indogermauischß gemeinschaft, 
entlehnung des albanischen aus dem romanischen, entleh- 
nung des romanischen aus dem altatbaniscben, entlehnung 
des albanischen und des romanischen aus cinor dritten 
spräche annehmen. Wir verzeichnen folgende parallelen. 
berr, schaf - — engad. veltlin. bar, comask. bara, ba- 

rinn, roraagn. berr, piem. bero, lotbr. ber, beura 

u. s. w. ; vgl. Diez etym. wb. 1^,56. 
brazim Ijapp., reif — friaul. brose, venez. brosa, 

cimbr. brosaraa, reif (pruina). 
breske, Schildkröte (davon geg. brcÄkezg, blattlaus, 

eigentlich kleine Schildkröte) — rum. broasce, frosch, 

kröte, Schildkröte, mlat. b ruscus, frosch (Papiae); 



254 



Schucbai-dt 



es könnte eich dies zu trient. rosch, eliurw. lusc, 
r 11 ose, kröte, verhalten, wie it. briisco u. s. w. zu 
lat. rii sciiin, lirüstli, oder prov. brusc zu rusea, 
rinde, jn mit letzterem worte identisch sein, da die 
kröte auch sonst als „rinde" bezeichnet wird (Diez 
et. wb, P, 91. II, 59. 129). Doch ist auch das deut- 
sche f rosch u. a. w, zu erwägen. 

biikljözS geg. H. , dem. von bükulii II,, wiesei — 
norm, baconlette, wiesei. Im albanischen wort 
aber liegt vielleicht bükiire, schön, zu gründe, da 
dieses thier in vielen sprachen ^schönthier" heifst. 

bürrg, mann, ehetnann — mlat. baro, it. barone u.s.w., 
mann, ehemann; s. Diez etym. wb.^ 1,55. 

bflsk Cam., blak H., belaubter zweig, bieskfi R., ge- 
hölz — it. boBco a. s.w. 

dusk^ reisig, belaubtes gczweig — dasa u. s.w. in 
oberit. mittelrom. stlddeutschen mundarten, zweige von 
nadelholz (auch die nadeln oder die zapfen oder gar 
die bäume selbst); s. Schneller die rom, volksmund. 
in Sßdtir. I, 137. Man föge aus dem patois des 
schweizer Jura hinzu : de, dez, menues branches de 
sapin avec leurs feuilles und das ft»enfalls der franz. 
Schweiz angehörige daille, piuua picea und pinus 
silvestris (Bride!). *) 

gargarä geg., das guigelu — span. gargara, dass. 
(Diez etyra. wb." I, 201). 

griudem, ich streite mich — friaul. grintä, sich er- 
zürnen von grinte zorn fgrinta in derselben oder 
ähnlicher bcdeutung auch mnudurtL-ital.). 

lap geg., icti lecke wasser, fresse (wie hund und katze), 
U^PU? g^o- U^Pi ^^^^ lecke — friaul. lapä locken, 
slapä, lecken, frrssen, grodn. slivppc, schiürfr-n, fr. 
laper: vgl. ky. Ileibio, bret. hipa, sklapa, engl, 
lap, lecken, deutsch schlappen, läppen u. s. w. 
Dicfeubach goth. wb, II, 2(38 fg.). 

Ijope, kuh, findet sich in romau. und deutsch, alpcn- 



*) LeUteres gehört duch wobl zu nlid. dahle, tlälile (piima silvestris), 
Ober wolcUcs man Grarmuanii deutsche pflanzenn. b. 312 vergleiche. Aom. d. red. 



nlljjiiiischp« (Hill romnniürhes. 



255 



rmiiidarteii wieder; s. HpIih knlturpflanzen und haiis- 
Üiiere s. 'ADS. 

pitsSrS geg., klelu — engad. pit sehen, it. piccino 
u. 8. w. das9. ; e. vok. d. vulgär!. II, 203. 

pijüar, pfhigschar — iiilat, plovnm, plodium, oberit. 
mundartcii piö u. s. w., pfliig, pfliigscliar, im germ. 
und slfiw. beimisch; „der Zweifel, ob das wort sla- 
viseb, ist nicht beseitigt" M. Die fremd Wörter iu 
den slnv. sprachen s. llSh. 

sklepur Cam., skiepiin li., hinkend — mlat. clop- 
pus, altfr. clop, dass. ; s. Diez etym. wb." II, 259fg. 

stCuk, steugerö, schielend — it. stanco, link (von 
M. II, M8 beiläufig erwähnt). 

treve, weg. Wenn die bedeutiing dieses Wortes, die 
Caniarda II, 107, besooders mit liinblick auf agr. rö/- 
/Sog, nur konjizirt, sicher steht, so dürfen verglichen 
werden: altfr. triege, prov. trieu, obw.-chnrw. 
triiig, truich, oberhaJbst. trotg, engad. truoz, 
wälscbtirol. troz, bormies, troci, poschiav. troeugg, 
bresc. tros plnr. , vieent. trodi, trozzi plur., 
grödn. ampezz. troi, badiot. tru, friaulisch troj, 
deutschtir. troi, troje, truje, gotscheeiseh troje, 
kärnthn. truje, auch lleiiris. troi, buchenst, teriol, 
weg, Steg (Schneller die roui. volksmund. in Südtirol 
1,208. 257). Diez etym. wb.' II, 445 leitet die bei- 
den erstgenannten Wörter aua tri vi um her, ich 
möchte sie von den zahlreichen alpinen formen nicht 
trennen; denn auch diese, wie Schneller thut, auf 
das lat. wort beziehen, geht nicht au. Vielleicht ist 
uns hier ein uraltes alpenwort erhalten. 

tsitsö, weibliche brüst — it. zizza u. s. w., daas.; die 
form sisc ist von M. I, 33 unter scrb. sisa gestellt. 
Eine mittlere form ist ?9ii7. Ueber das weitverbrei- 
tete wort p. Diefenbach goth. wb. II, f)08 fg, 

vaj, klage, wehe — rum. vai, it. guai u. s. w.; auüh 
germ., slaw., türk. u, s. w. 

zur geg., wOrfel, jagdbuud, glück beim spiel — it. zara 
wGrfelspiel, pasch. 



S56 



SchncbBrdt 



Das verhältnifs des albanischen zum rumänischen be- 
darf noch einer besonderen grüudlichon Untersuchung. Wir 
dürfen uns einer solchen von de Cihac verschen, der in 
seinem rum. etym. wb. (lat. elemeate) fleifs und fähigkeit 
in bedeutendem mafse dargelegt und übrigens auch schon 
für eines der hefte von Böhmer's „romanischen Studien" 
vergleichende Studien über dakoromamsch und albanisch 
angekündigt hat. Ein und das andere albanische wort mag 
sieb übrigens doch schon unter die lateinischen demente 
seines Wörterbuchs eingestohlen haben. So kann ich mich 
nicht überzeugen, daJ's pürure = perpetuale ist; ich 
vermuthe vielmehr Zusammenhang mit geg. por, tosk. po, 
beständig adv. , auch ^gewils" und „aber" wie unser „ im- 
merhin" rom. „tirttavia". 

Abgesehen von den aufgezeichneten Wörtern beider 
kategorien gibt Rosst noch viele andere aus dem italieni- 
schen entlehnte, die M. nicht aufgenommen hat, wie cotte 
= cotta, grinze = grinza, me tokiie = toccare, 
ti'inlk ::= tunica u. s. w. Betrachtet M, diese Wörter als 
nicht formlich eingebürgert, manche darunter vielleicht vom 
padre auf eigene fanst in's albanische hineingetragen? Es 
mag sein. Freilich entnimmt er ihm andere, die auch aus 
den übrigen quellen nicht belegt werden, wie krem = 
crema, skoj ^ scoglio. Wir haben von einer weite- 
ren auslese romanischer elemente aus Rossi abstand ge- 
nommen. 

Das rom. vcrzeichnifs M.'s enthält viele Wörter, welche 
nur dem italo-albanischen nugehören und welche zum theil 
schon in ihrer form den süditalienischeu Ursprung verra- 
then (wie vökolß, kjantöj, kjätse = südit. voccola, 
chianto, chiazza = it. boccola, pianto, piazza). 
Dieselben hätten aus Camarda beträchtlich vermehrt wer- 
den können, z. h. bonnEsiuemen =s kalabr. abonisina, 
in der that, furnönje = süd- und mittel it. forniaco 
für finisco, hjüur = sizil. ciäuru (zu Girgenti jbäuru), 
geruch. DaCa süsß, erheben (Camarda II, 192), falls es 
nicht in Albanien selbst vorkommt, mit neap. aosere, sich 
erheben, identisch ist (die formen alb. süau, neap. siise, 



alliankclics mid rommiiBchcs. 



257 



lat. 8 US um etimmen zwar nicht in den endungen, aber 
im stamm und in der bedeutuug Tollkommeii überein}, 
scheint mir sicher. 

Am schlufa hat M. die verschiedenen lautveränderun- 
gen, weiche zwiscben den romaDiaoben und den albani- 
schen wortformen liegen, öbersichtlich geordnet. Im ein- 
eelnen ist wenig zu bemerken. S. 7ö wird kjutete aus 
oivitate vermittelst *kfivetete, "kevtete abgeleitet; 
aber wenn j nicht verdichtetes i ist, bleibt es schwer zu 
erklären; lautet es doch in einem ganz ähnlichen falle nicht 
*kjiiaj, sondern kiiaj = caballi (zwischenforra *kevaj). 
■ — Die bemerkuDgen ilber den verschlag von Sn und em 
8. 76 wären mit denen gleichen inhalts s. 82 zu verbinden 
gewesen; in neapol. a Nnapole findet keineswegs ein na- 
saler Vorschlag statt, wie in nee, mbä, sondern die durch 
Verdoppelung des Zeichens ausgedrückte dehuung des u 
wird durch das vorausgehende a veranlafst, während es 
s!. b. heilst de Napole, da Napole. — S. 79 wird für 
rumän, senetos, alb. Ignt6s6 ein lat. 'sanitatosus an- 
gesetzt; besser nimmt man *aanitosu8 an, das sich zu 
sanitär ähnlich verhält wie voluntarius zu voluutae. 
Man vergleiche obwald,-cburw. bialtezia == *bellititia 
und die Superlative neap. belledissemo (wofür jedoch 
Diez etjm. wb. IP, 220 eine andere Verwendung hat), pa- 
dnao. (wenigstens in lustspieleo des 16. jabrh.) belendie- 
simo, bonetissimo, cattivitissinio, malettissimo. 
Engad. b.indue = *bonito8u& vermuthete ich lautwan- 
del im churw. b. 29; ebendaselbst führte ich den römischen 
eigeniiamen Carito sa an, der, besonders bei Christen ge- 
bräuchlich, eher mit der Caritas, als mit der xüoig zu 
thun haben mag. — In wiefern formen wie 6ndot6j mscr.*) 
f. notöj i^ nato (schwimme), pendc = penna, remb 
H. f. rrem R. = remus aus einer Vorliebe für resonanten 
jEu erklären sind (s. 82), vermag ich nicht abzusehen, da 



*) So sind die von Miklosich selbst einem Gegen abgefVagten Wörter 
bezeichnet. 



Zeit«cbr. f. verKl. sprachf. XX. 4. 



^ 17 



258 



Si-liucliiinlt 



in ihncu clooh nicht der resonaat, soodern die media der 
eiudringling ist. 

All der spitze dieses abscbnittes aber hatten wir gern 
einige einleitende bemcrkungeii gesehen. Wenn näirilicli 
M. als den inhalt desselben die lautlelire der romanischen 
elemeiitc beiseichnet, so drängt sich uns die frage auf, in 
welcher weise eine solche aus der allgemeinen albanischen 
laiitlehre sich als ein besonderes abbebt. Allerdings pfle- 
gen einerseits fremdwörter überhaupt wegen ihrer einiger- 
marsen rechtloseu Stellung willkürlicher behandelt zu wer- 
den und erfordern anderseits wegen der fremden laute und 
lautverbinduugen eine Vermehrung der für die einheiiuischen 
Wörter geltenden gesetze. Doch einen wirklich eigeuthüm- 
liohen charakter empfangt die Untersuchung der einer spräche 
von aufsen zugeführten beetandtbeile erst dadurch, dafs 
bei ihr mit der eigentlichen aufgäbe, die sich innerhalb 
der grenzen dei' betrefl'endea spräche hä!t, eine andere un- 
zertrennlich verknüpft ist, welche jenseits dieser grenzen 
liegt. Denn vor allem kommt es ja darauf an, der gestalt 
(ebenso wie der bedeutung) nachzuforschen, nicht welche 
ein fremdes wort irgendwann und irgendwo, sondern welche 
es gerade bei seinem eintritt in den neuen kreis besessen 
hat. Die Schwierigkeiten^ mit welchen eine solche wähl 
nicht nur zwischen älteren und jüngeren, sondern auch 
zwischen gleichzeitigen, mundartlich verschiedenen, nicht 
nur zwischen wirklich nachweisbaren, ßoudern auch zwi- 
schen hypothetischen wortforracn zu kämpfen hat, sind 
weit bedeutender noch für die ältere masse der albani- 
schen eutlebnungen aus dem romanischen, als für die Jün- 
gere, da die entwicklung des lateius während des ersten 
Jahrtausends unserer Zeitrechnung uns nur in verhältnifs- 
raäfsig rohen umrissen vorliegt, Hat daher ein wort (die 
lateinische Schriftsprache als ausgangspuiikt genommen) bis 
zu seiner heutigen albanischen form einen längeren weg 
durchlaufen, so werden wir meistens nur aunähernd be- 
rechnen können, wie viel dieses weges auf romanisches, wie 
viel auf albanisches gebiet fällt. Denn indem wir es un- 
ternehmen, die_pinzelnen Veränderungen theilp auf romani- 



albanisches und romanUclies. 



259 



sehe, theils auf albauiscbe lautgcsetze zurQckzufübren, sto- 
fsen wir auf eine ganze reihe zweifelhafter fülle. Maache 
Wandlungen sind lui albanischen ebenso ursprOnglieh wie 
im romauiBchen und doch können wir, wo ein wort roma- 
nischen Ursprungs eine solche waudlung durchgemacht hat, 
uns nicht immer für die albanische provenienz entscheiden. 
In pljep = pöpulus ist 1 versetzt worden; die meta- 
thesis des 1 begünetigen sowohl die romanisclien sprachen 
(Diez gramm. I%205), als dus albanische {Hahn gramm. 
s. 14). Obwohl wir also diesen Vorgang aus dem albani- 
schen zu erklären vermögen, müssen wir ihn doch vor 
der aufnähme des worts in das albanische ansetzen, da die 
Übereinstimmung der am weitesten von einander entfernten 
romanischen mundarten (das rumänische inbegrifien) ergibt, 
dafs in der lateinischen Volkssprache schon sehr früh ein 
*plopu8 oder *ploppu8 existirt hat. — Mit recht macht 
M. 8. 83 auf das öftere zusammentreffen des albanischen 
mit den Büditalicnischen dialekten aufmerksam; ein solches 
zeigt sich besonders in den angleichungen mm = mb, 
nn ^ nd und in dem Vorschlag von 6n und em. Aber 
nur bei letzterem, an welchem eich indessen ebensowohl 
altalbanisehe, als romanische Wörter betheiligen, ist ein 
äul'serer Zusammenhang denkbar, besonders da diesen ver- 
schlag auch das rumänische im vollsten niafsc nur anwen- 
dung bringt (dem rum. insora entspricht merkwürdig 
neap. 'nzorä, ^ ndat. uxorare). Während jedoch in an- 
deren punkten das rumänische, aber nicht das albanische, 
mit dem süditalienischen übereinstimmt (vergl, chi = pi 
vor vokal im makedor.), so wiederum in anderen punkten 
das albanische, aber nicht das rumänische, mit einem theil 
der oberitalienischen und mittelromanischen muiidarten und 
dem westromanischen. Z. b, in der behandlung des c (und g) 
vor konsonantcn, besonders vor t; frujt Blauch., fruit 
Guagl. = fructus scheint von fr. fruit, drejtfi, dreitß 
von fr. droit, geg. äe'it, tosk. seint = sanctus von 
oberengad. sench kaum zu trennen. Die beiden beispiele, 
die M. 8. 86 aus dem bereiche des echtalbanischen für jt = 
et anführt, sind tcte, *otctö durch *ojtcte aus *oktete 

17* 



260 



Schucbardl 



und dejte = *e)ckte {Sbt und tl'eit hat Rossi, Hahn 
nur ^jete; -te in allen diesen formen bei M. ist in -t§ 
zu verbessern). Wo dieser Umschlag des c und g zu j 
in der flexion eintritt (bei Bogdan), wie in lijne acc. sg. 
von ligje (Ijigje H.) = lege, oder päjse gen. sg. von 
pakje = pace, verHert er trotz fr. loi und paix schon 
mehr von seinem romanischen anschein, noch dazu da ihm 
ja ebensowühl albanische Wörter unterliegen. — Romanisch 
ist Ib, rb ^ Iv, rv, welches wie im rumänischen, so auch 
im italienischen, besonders in älterem und mundartlichem 
beliebt ist; romanisch die bebandlung der ableitnngssilbe 
-ic-, die gewöhnlich zu -§c-, -c- wird; wo aber der ur- 
sprüngliche vokal bleibt, den ton erhält (wie in panik R., 
rum. perinc = panicum). 

Ich schliefsG noch einige parallelen an, die M. tiber- 
aeben hat, indem ich bei dieser gelegenbeit auch einiges 
zur romanischen lautlehre nachtrage. — Die Versetzung 
des r ist als solche eine erscheiaung, auf die kein zu gro- 
fses gewicht zu legen ist. Allein in manchen romanischen 
mundarten finden wir sie an eine ganz bestimmte formel 
gebunden: Kons. -H r -H vok. + kons, in betonter silbe 
wird kons. H- vok. -h r + kous. in unbetonter. So im ob- 
waldischen Graubtindtens; z. b.: 

crer = credere; pz. cartieu. 

cr^scher ^ crescere; pz. carschieu (engad. cre- 
schü, -ieu). 

prau ^ pratum; par der (engad. prader) ^ *pra- 
tarius. 

prender = prehendere; parnein = prehen- 
dimus. 

trer sss trahere; davon targlii'in (engad, tragliun), 
gchleifsclilitten. 

trüache 2. sg. iniper. von turechär (engad. truachar, 
-er), rühren . 
So in der mundart von Parma, z, b. : 

crepa 3. sg. praea. von cherpar (it. crepare). 

fredd; davon ferdör (vgl. it. freddura). 

trema 3.8g. praes. von termar (it. tremare). 



ulboniacbet und romanischea. 



Und ebenso in anderen mundartcn dieses nordapeani- 
niscben Striches, wie denen von Pavia, Piacenza, Reggio, 
Bologna*), Wir erinnern hierbei an den Zeitgenossen des 
Cicero, den T, Tinea aus Piacenza, welcher precula ftlr 
pergula sprach, also doch in einem gewissen einklang mit 
dem heutigen spracbgebraucL (vok. d. vulgl. I, 90). Im 
ftlbanischeu, und besonders im gegiachen, glaube ich spu- 
ren dieses geaetzes zu entdecken, so: 

dertuj, besorgen, von d reite ^ directus. 

geg. förgoj = frigo. 

ferköj ^ frico. 

Gergiir neben Grggür R. = Gregorius. 

sizil.-alb. kurtsete Cam. = it. crocetta. 

geg. sterngöj = tosk. strengöj (doch hat R. auch 
das letztere) = stringo. 

kalabr.-alb. termolje Cam. =: it. tramoggia. 

terfürk R. = trifurcue. 

turjele neben trujelö ^ it. trivello, -a. 

Vgl. geg. trüme ^= toak. türmg = turma (in der 
weise des eben angeführten precula). 

Den aasimilirenden etnfluls labialer kousonanten auf 
folgende vokale habe icJi in meiner abhandlung „über einige 
fälle bedingten Uutwandels im churwälschen 1870" 8.27 — 30 
im mittelromanischen und einigen oberital. mundartcn 
nachzuweisen versucht. Aus dem gebiete des churwälschen 
würde noch nachzutragen sein: obwald. mo neben ma 
(magis), mustriar, mustergiar neben meistergiar 
(meistern); obereng. am fl sted, müsted, untereng. mü- 
stad, liebschaft, Verlobung (*amicitate, it. amistä?j. 
Ättdoml, müglicr steht sicher, da die quelle,^ aus der es 
entnommen, auch mügliurar bietet. Im folgenden bringe 
ich für die genannte erscheinung aus dem romanischen 



*} Im bachenaCeiniachcn (Tirol) liatet von perib (precari), sferib 
(exfricare) das praes. mi pre'jc, mi sfr^je, das imperf. ini perjäve, 
mi sferjttve. Musaaüa, welcher in einer anreigu von Scbnellcr'a buch 
(zeitschr. f. d. österr. gymn. 1870. IV. lieft b. 292) die beiden Ictzlen for- 
men durch *p*rjave *sf'rjavf, *priave *sfriBve, *prijavß *sfri- 
jtve mit precabar, exfricabani vennittclt, wird wohL jetzt auf diese 
eiklKroog vorzictitct haben. 



262 



Schucbardt 



und angrenzenden sprachkreisen weitere belege bei. Zuvor 
will ich jedoch auf eioe andere, meines wissens noch nicht 
erkannte aufmerksam machen, welche jene in ein helleres 
licht setzt. Der wahlvenvandtschaft eines konsonanten zu 
einem vokale, oder, in's praktische übersetzt, der neigung 
eines konsonanten, einen bestinamten vokal unmittelbar neben 
sich (vor oder nach sich) zu haben, kann auf doppelte weise 
genflge gethan werden; entweder ersetzt der dem konsonanten 
kongeniale vokal den ursprünglichen oder er schiebt ihn nur 
bei Seite, drängt sich zwischen ihn und den konsonanten. 
Diese parasitie können wir ala Vorstufe zur assimilation 
betrachten. Rückwärts wirkt die Wahlverwandtschaft des 
1 zu u, o 1) in obwald.-churw. cauld, 2) in comask. cold 
i^caldus oder, da hier o aus an zusammengezogen sein 
könnte, in it. cembolo ^ cembalo (cymbalum); vor- 
wärts wirkt die wahlverwandtschafl des fr. ch zu i 1) in 
altfr. chier, 2) in walion. cbir = neufr. eher. Ganz 
dasselbe gilt für den durch einen vokal ausgeübten einflnfs, 
z. b. für den regressivcu 1) in fr. cuisine ^ cucina, 
2) in it. f i I i g g i n e ^ f u I i g g i n e ( f u 1 i g i n e ) ; den progres- 
siven 1) in altfr. aidier, 2) in walion. aidi = neufr. aider. 
Ganz entsprechender maf'sen lieben nnn eine reihe von ro- 
manischen mundarten den Übergang von einem labialen za 
einem ihm heterogenen (betonten oder unbetonten) vokale, 
besonders zu ä oder e, durch u oder o zu vermitteln*). 
So heifst es im genuesischen boajo (it. baglio, schiffsquer- 
balken), fose (fata, fee), mosG (matre), po;« (patre), 
poajro (pareo; aber pa = paret), auch poiscio (pi- 
snm; demin. poiacetti, nudelgraupen). Im südeu Frank- 
reichs scheinen sich nur ganz vereinzelte spuren dieser er- 
scheinung, wie altprov. muentre neben meutre, nach- 
weisen zu lassen. Das auverguatische aber, speciel! das 
niederauvergnatische, bildet auch in dieser hinsieht schon 
eine halb nordfranzösische mundart: fouere, jamoue, 
moeizounette, mouenajj, moucrc, mouaitre, pou- 



*) Weit seltener vermittelt n oder o dea Übergang zu eineni labialeDij 
z. b. Dcapol. posteoma = it. postema (zweite stufe; fV. apostume). 



'JG3 

ilre für franz. faire, jainais, maisonette, lueiiiige, 
mere, maitre, pere. Die forme]; Lab. + oii -J- e ^ 
lab. -f- e herrscht oümlicU in ganz Nordfrankreich allge- 
mein; wenn die belege derselben trotz ihrer menge mifs- 
verstanden worden sind, so rfihrt dies zum theil daher, 
dafs bei weitem in den meisten fällen der parasitische vokal 
vor dem c eintritt, welches seinein Ursprung gemiifs ai ge- 
schrieben wird, und dafs anderseits in den numdarten oue 
gewöimlich duroh oi ausgedrückt wird, welches diese gcltung 
in der Schriftsprache, aufeer in der Verbindung oin, schon 
seit geraumer zeit vertoren hat. Der lautprozefs , der in 
moueson = m eson völlig klar atn tage liegt, wird durch die 
Schreibung moison ^ maison bis zur Unkenntlichkeit 
verdunkelt (vgl. z. b. Diez gramoi. P, 128}. Weitcrc bei- 
epiele von oi ;^ ai aus dem burguudischen, pikardischcu 
U.S.W, sind: hoissai, foit, jamois, moigre, mointc, 
mois, moitre, poin, poix, poyis, levoin, mauvois 
= fr. baisser u. s.w. (statt oi schreibt man auch ouo, 
oue, oe, oe, wodurch allerdiags die ausspräche des e 
näher bestimmt wird); oi = e, ei, i z. b. in: moinie, 
foiudre, foin*). lu weseutlich derselben weise bringt 
diesen zug das lothringische in den mundurten von Metz 
(fouaye, raouetange = franz. fco, meteil) und von 
Nancy (aimouer, foucive = franz. aimcr, fevcj zur 
anwcnduogj hat ihn aber in der von Steinthal (Ban de la 
Koche) beträchtlich modifizirt. Hier ist oua = a die 
hauptformel; so bouaie, di'-bouatc he, fouädchi, fojtre, 
monadi, mouä'hon, luouaraine, mouardcbaud^, 
Mouarguite, mouaronde, mouatee, Mouati-n, 
pouachi, pouachii, pouachonne, pouälc, pouä- 
rain, pouarme, pouarotaidge, pouat, vouache, 
Touäii, m arvouaie = fr. bäiller, debuuche, fache, 
ferrer (zu Limevillc farre), mardi, maisoa (Luu. 
mä'hon), marraine, raarchandcr, Marguerite, ma- 



*) Aehnljch in englischen mtuidartcn, z. b. ticr von DaulTfllsirc (in Mit- 
ItoUcliotÜand), diu au da» gälisolie grenzt, ai. b. fiiinu = fiue, moind ^ 
Im Ind. Ebendaselbst sind boispiele dar vollen aBaimiluLiüu fupp =r whin, 
tfUBsel = wbistle. 



364 



Schucbardt 



rande (lotbr., == it. merenda), marteau, Martin, pai 
ici, percer, personne (Lun. pacbonnc), parier, 
parrain, parmi, pareutage^ part, verd (Lun. va- 
che), veiller (Lun. vaii), merveille (Lun. marväie). 
Für ou fiude ich u in rnuarqui; ^ fr. marquer (ebenso 
ia einigen unten anzufübrenden formen ao = ouo). Ver- 
gebena aber suchen wir nach ouö = ö, wenn wir einige 
deutsche Wörter, wie voue-ndel (wanze), vouermeute 
(wermutb), vouere = fr. guere, r'voii-n = fr. re- 
gain (vgl. norm, vouin, altfr. vuin Diez et. wb. I^, 227) 
ausnehmen, bei denen die Verschiedenheit des deutschen 
w vom romanischen v in betracht zu ziehen ist. Dafür 
entspricht französischem e und ei der diphthong ouo in: 
mououner (Lud. mouene, moigaii, altburg. moiner) 
=^ fr. mener, pouonue (Liia. und altCr. poine) = 
fr. peine, voiiono = fr. veine, vouore (allfr. voirre, 
speciell im alten metzisch: woire; aber Lun. väre) = 
fr. verre. Wir dürfen diese formen nur in Zusammenhang 
mit folgenden anderen, in welchen ouo das fr. oi, alt ei 
ausdrückt, untersuchen: avouonne, bou6re, fouon, 
mouons, niouos, pouö = fr. avoiue, boire (Lun. 
bo@re), foin (so auch Lun.), moins (so auch Lun.), mois 
(Lun. moue), poil. Es handelt sich nun darum, wo wir 
dieses ouo in die fr. oi- reihe (oua, oue, 6i, ei ^ lat. 
&, i) einfügen. Ouo klingt so stark an oua an, dafs 
man auf den ersten blick sich versucht fohlen könnte, ea 
aus diesem herzuleiten. Dagegen ist einzuwenden, dafs a im 
Bteinthaliscben zwar in a;, aber nicht in o Überzugeben 
p£egt (auch eine assimilircndc Wirkung des ou auf das a 
läfat sich nicht annehmen, da sich neben oua = a kein 
ouo vorfindet), und vor allem, dafs die nordfranzösischen 
mundarten anf der zwpitjilngsten stufe oue oder oue ste- 
hen geblieben sind. Daher müssen wir das steinthal. niouos 
zunächst auf das Iiinevül, moue beüiehen; hier allerdings 
hat ou sich das folgende e angeglichen. Wollten wir aber 
mm dieses ouö als identisch mit dem oue = oi der äl- 
teren Schriftsprache auffassen, so hätten wir es nach al- 
len koDsonanten nachzuweisen; doch diesem ouo, oue 



BlbHoiMhra und romanische». 



365 



nach labialen steht steinthaK x (ay oder aT vor vokalen; 
auch a, besonders im auslaut) = ei, luncvill. o (oy vor 
vokalen) = oi nach nichtlabialen gegenüber, z. b. naire, 
nöre ^ fr. uoir, taet, tot = fr. toit, traeche, trö = 
fr. trois, däie, doyo = fr. doigt, rä, roye = fr. roi, 
flk, 8Ör = fr. 8oir*). Auch ist es nicht denkbar, dafs 
ouö anfänglich allgemein gegolten habe, später auf die 
Verbindung mit einem labialeo beschränkt wordea sei. 
Wahrscheiulicher als die Vereinfachung von ouc zu t; un- 
ter negativem einflufs ist zwar der Vorschlag von ou vor 
e = ei unter positivem einflufs; niouos = moue= me 
= meia würde eiuerseits mit pouone ^ poufene ^ 
pfene = peine, aoderseits mit solchen formen, wie sain- 
tong. moue für me, fr. moi neben te, fr. toi, öberein- 
etimmen. Allein warum sollte ou dem aus ei entstande- 
nen e vorgetreten sein, da es vor keinem anderen e er- 
Bcheiot, weder vor e, noch vor 6, noch vor ai, noch vor 
JB**), selbst nicht wo a zu gründe liegt (z. b. steiuthal. 



^^ groi 

1^ 



*) Ausnahmen vrilrileu Bciu steiutha]. vatre ^ fr. voir, wenn nicht 
da« stammhaftc e (altiV. vceir) die einwirkung des labialen hinderte (aber 
lun^v. vo6r, nicht vor), und lurn?v. e'tocle (steiiitlial. chtiele) = fr. 
dtoile, wenn dies eine volkstbUinliehe form igt. Die Verdichtung des oi 
zu 6 (Diez gr. 1 ', 128. 432) ist sonst im Bouchi beliebt, z. b. fö = fr. 
foi», frö ^ fr. froid; ebensu im burgundischeu. Zwischen lundv. chan- 
d61e, steintbal. dehundöle und fr. chandeUe vermittelt chandoiUe; 
ebenso erklären wir lunev. nöge (steinth. nadge), stcinth. so»c, troze 
i^ fr. neige, seizc, treize durch Weiterentwicklung von 6i zu öi. Doch 
darf nicht übersehen werden, dafa eehr häutig o unmittelbar ans e neben 
laliialcD oder 1 entspringen konnte, z. h. etelntbal. couairumc =s Inn^v. 
cairt^me, fr. carcme. 

••) Ebensowenig vor e-n (d. i. e, wahrend en ^ ä). Nur eine aus- 
nähme ist mir vorgokomraen, nämlich dtfraouondch o = *d<fmoue-ndcho 
(z. b. ßonchi diminehe) = doininica (als pcrsoncnnanie Mouodcho 
= fr. Dimauche). Quo bann, wiu wir oben zeigton, nicht aus oua ent. 
standen sein; und auch in ouun = one-n hat nicht etwa assimilation des 
e nn das ou stattgefunden. Vielmehr iat ö für e die regelmäfsige form, 
mag es aus lat. en oder in entstanden und im franz. nn oder en geschrieben 
aein (m = n), z. b. fondre, done, dont, lougue, poasc (filr ponac') ^ 
fr. condre, dans, dent, Inngue, p enser^ u iiiere, deintus, deute, 
liugua, pensare. So auch in anderen mundartcn, z. b. obereln. vontre 
(steinlh. vonte) s= ventre, poitev. tompa (fitelnth. eben?u) = tempns. 
In den meisten aber (und auch im steinthalischeu in einer reibe von fül- 
len) wird e gewahrt, zuweilen sogar i (z. b. steiiith. si-ngle := fr. sauglo 
= cingnlnm); seltner tritt iu Uhereinstinimncg mit der fr. acbrift.sprache 
i ein. Lat. an geht im atuiutbalischen nicht in 5 über (aber ?,. b. poitev. 
grond, song), gondem bleibt oder verwandelt sich (wie auch im bürg. u. 



364 



Schucbardt 



rande (lotbr., = it. m ercnda), marteau, Martin, par 
ici, percer, personne (Lud. pacbonoe), parier, 
parratn, parmi, parentage, part, verd (Lud. va- 
che), veiller (Lun. vaii), merveille (Lun. marvaie). 
Ffir ou finde ich u in muarque ^ fr. marquer (ebenso 
in einigen unten anziifübreuden formen uo ^ oiio). Ver- 
gebens aber suchen wir nach oufe ^ fe, wenn wir einige 
deutsche worter, wie voue-ndel (wanze), vouermeute 
(wermuth), vouere = fr. guere, r'voii-n = fr. re- 
gain (vgl. norm, vouin, altfr. viiin Diez et. wb. I**, 227) 
ausnehmen, bei denen die verschiedcubcit des deutschen 
w vom romanischen v in betracht zu ziehen ist. Dafür 
entspricht französischem e und ei der diphthong ouo in: 
mououner (Lun. mouene, moignü, altburg. meiner) 
^=- fr. meaer, pouonue (Lun. und altfr, poine) = 
fr. peine, vouono = fr. veine, vouore (allfr. voirre, 
epeciell im aSten metzisch: woire; aber Luu. väre) s= 
fr. verre. Wir dürfen diese formen nur in Zusammenhang 
mit folgenden anderen, in welchen ouo das fr. oi, alt ei 
ausdrückt, untersuchen: avouonne, bouöre, fouon, 
mouous, mouoa, pouö = fr. avoiue, boire (Lun. 
boere), foin (so auch Lun.), moins (so auch Lun.), mois 
(Lun. moue], poil. Es bandelt sich nun darum, wo wir 
dieses ouo iu die fr. oi-reihe (oua, oue, öi, ei ^ lat. 
e, i) einfügen. Ouo klingt so stark an oua an, dafs 
man auf den ersten blick sich versucht fühlen könnte, es 
aus diesem herzuleiten. Dagegen ist eiuzuwenden, dafs a im 
eteiutbalischen zwar in a;, aber nicht in o überzugeben 
pflegt (auch eine assimilirende Wirkung des ou auf das a 
läfst sich nicht annehmen, dn sich neben oua = a kein 
ouo Toründet), und vor allem, dafs die nordfranzösiscben 
mundarten auf der zwciljilngsten stufe ouh oder oue ste- 
hen geblieben sind. Daher müssen wir das steinthal mouos 
zunächst auf das lunevill. moue beziehen; hier allerdings 
hat ou sich das folgende e angeglichen. Wollten wir aber 
nun dieses oue als identisch mit dem oue = oi der äl- 
teren Schriftsprache auftassen, so hätten wir es nach al- 
len koDSonanten nachzuweisen; doch diesem ouo, oue 



albanisches tUid roniftsiacbe«. 



265 



nacb labialen steht steinthal. x (ay oder a'i vor vokalen; 
auch a, besouders ini auslaut) ^ ei, lunevill. o (oy vor 
vokalen) ^ 6i nach nichtlabialen gegenüber, z. b. nsere, 
nöre ^ fr. uoir, ta;t, tot ^ fr. toit, trseche, trö = 
fr. troia, däle, doye ;^ fr. doigt, r;i, roye = fr. roi, 
sä, sör = fr. Boir*). Auch ist es niclit denkbar, dafs 
ou6 anfänglich allgemein gegolten habe, später auf die 
Verbindung mit einem labialen beschränkt worden Bei. 
Wahrscheinlicher als die Vereinfachung von ouü zu e un- 
ter negativem einflufa ist zwar der Vorschlag von ou vor 
e ^ ei unter positivem einflufa; mouo8^moue= me 
= tnets würde eiaerseits mit pouone = pouene ^ 
pöne = peine, anderseits mit solchen formen, wie eain- 
tong. moue für me, fr. moi nebea te, fr. toi, überein- 
stimmen. Allein warum sollte ou dem aus ei entstande- 
neu e vorgetreten sein, da es vor keinem anderen e er- 
scheint, weder vor e, noch vor e, noch vor ai, noch vor 
SB**), selbst nicht wo a zu gründe liegt (k. b. steinthal. 



*) Ausnahmen würden sein steinthal. vitre = fr. voir, wenn nicht 
das Btamnihafto e (altfr. veeir) die einwirkung des labialen hinderte (aber 
lun^v. vo<!r, nicht vor), und lune'v. ^tocle (steinthal. c'htiele) = fr. 
^toile, wenn dies eine volksthUmliche form ist. Die Verdichtung dos oi 
zn 6 (Dioz gi. I', 128. 432) ist sonst im Rou«hi beliebt, z. h. fö =^ fr. 
fois, frö ^^ fr. froid; ebenso im burgundjscheu. Zwischen luncV. chaii- 
döle, steinthal. dcbundöle und fr. chaudeUe vermittelt chandoille; 
ebenso erklären wir lancv. nuge (steinth. nadge), steinth. soze, troxe 
^ fr. neige, »eijie, treize durch Weiterentwicklung von 6i zu 6i. Doch 
darf nicht tihersehen werden, dafs sehr häufig o unmittelbar aus e neben 
labialen oder 1 entspringen konnte, z. b. steinthal, couairomo =s lundv. 
eairi^me, fr. careme. 

*♦) Ebensowenig vor e-n (d.i. o, wäthrend en ^ ä). Nur eine aus- 
nähme ist mir vorgekammeu, uitmlich di^mouondch o ^ *ddnioue-ndche 
(z. b. Rouchi diininche} = dominica (als personennauie Mouodcho 
^ fr. Dimanchfl). Ouo k»nn, wie wir oben zeijfteii, nicht aus oua ent- 
standen aem; und auch in ouon = oae-n hat nicht etwa asHimiliitiua des 
e an das ou stattgeftinden. Vielmehr ist ö für 5 die regelmafsige form, 
mag ea aus lat. en oder in entstanden und im franz. au oder en geschrieben 
sein (in = r), z. b. ^ondre, duus, dont, lougue, pos8(^ ffUr ponsi?) = 
fr. ccudre, dans, dent, langue, penseri^ciuore, deintus, dente, 
lingua, pensare. So auch iu anderen mundarten, a.b. obereU. vontre 
(steinth. vonte) = venire, poilev. tomps (steinth. ebenso) ^ teinpus. 
In den meisten aber (^und auch im steinthalischen in einer reihe von flU- 
len) wird 6 gcwalirt, zuweilen sogar f (z. b. steinth. si-ngle = fr. sangle 
= cingulum); seltner tritt in UbercinstinimuDg mit der fi-. Schriftsprache 
i ein. Lat. an geht im steinthalischen nicht in ö über (aber r.. b. poitev. 
grond, song), sondern bleibt oder verwandelt aich (wie auch im bürg. u. 



3G6 



Schuchardt 



medchant, pedu, pure — betiä, malte, paicLe — 
niiTile, mierdoha, pa;)^ und da gerade vor ai in den 
übrigen mandarten der Vorschlag von ou augewandt wird? 
Uoberdies lälst sich limev. moiie zwar mit steintli. trrvche 
unnaittclbar, aber mit trö derselben mimdart nur verein- 
baren, wenn wir zwei stufen weiter zurückgehen: meis, 
moucis, moue — treis, trois, trö. Entspringt aber 
nun einmal moue nicht ans mi, ist es dann nicht einfa- 
cher die allgemeine cntwickluag meis, möis, moue auch 
hier festzuhalten? Es bleibt zu begründen, warum im lü- 
nevilleschen möis zu moue, tröis zu trö wurde. Der 
aufwärts gebrochene dipbthong fand im allgemeinen keinen 
eiugang, sondern nur nach labialen, weil an einen solchen 
das tonlose ou sich eng anschliefst und eine brocke zwi- 
seben ihm und dem e bildet; man bedenke, dafs demjeni- 
gen, der die ausspräche des fr. oi erlernt, moi weit leich- 
ter zu sprechen wird als toi, und man erinnere sich man- 
cher romanischen accentversetzung, wie sp. diös für dios. 
Im steinthaliachen dagegen bethätigte sich die Verschie- 
denheit der konsonantischen bedingung auf eine andere 
weise und auf einer anderen stufe, nämlich auf der stufe 
ei. Nur nach labialen schritt ei zu öi vor (ist etwa auch 
das oi der herrschenden mundart ursprünglich ein beding- 
tes gewesen, und sein gebraucL erst allmählich ein allge- 
meiner geworden?), sonst nicht; treis bleibt (später ver- 
dichtet sich ei zu 32), meis wird möis, dann moue, 
mouos. Dort also wird nur das tonverhältuifs , hier die 
qualität selbst des vokals abgeändert. Aber bemerkens- 
wertb ist es, dafs hier in dem einen Hül, dem labialen, 
um es kurz auszudrücken, jede der beiden formen zur an- 
wendung kommen kann, durch welche sich dort die bei- 
den Mle unterscheiden. Dem lunev. oue — 6 == oi ent- 
spricht stejntha!. ouo — ou ^ oi; dem lunev. 6 nach 
nichtlabialen also ein steinthal. ou nach labialen. Diesen 



a. diall.) in aitij ?,. b. dchamp =: campus, nindgo =s aageluo. Die- 
sen untcrschii^il zwischen lat. ea, in und au habe icli vok. d. vulgl. II, 9i4 
onm., vun Obcrliu TQrfUlirt, auf^icr acht gelassen. 



albanisches und romanisches. 267 

zasammengezogenen laut finden vfir in: avou oder aou, 
doou, fou, foure, moutöie, poudbon, poarre = fr. 
avoir, devoir, fois, foire, moitie, poisson, poire 
(lunev. avoi, foue, fouere, pogre)*). — Wir werden 



*} Man kdnnte, anf diese aoch im steinthaliscben vorkommende ver- 
dichtnng von <$i gestützt, vermnthen, mouos sei ans *mös ^ mois ent- 
standen. Aber die einschaltung eines hUlfsvokals ou zwischen einen labia- 
len und o, welches selbst oft das gleiche amt versieht, ist nicht annehm- 
bar. Die steintb. formen mouoni-n, s'mouonnon = fr. monin, se- 
monneur, die auf einer solchen zu beruhen scheinen, sind anders zu er- 
klären. Abgesehen von den besprochenen f&llen nämlich begegnen wir in 
dieser raundart dem diphtbongen ono noch sehr hftufig, immer aber als* 
Stellvertreter von älteiem oue. Zunächst in einer grofsen anzabl von wör- 
tem, in denen oue aus einem ursprunglichen und aus einem parasitischen 
Tokal besteht; nur ist dieser nicht, wie in oi = ai, oaa = a, der er- 
stere von beiden, sondern der letztere. Vor r bildet sich nach o oder on 
ein e oder a (wie im hebräischen vor gutturalen ein patach fnrtivnm), wel- 
ches dann den ton auf sich zieht. Daher wallon. oi fUr o vor zusammen- 
gesetztem r (Diez gramm. I', 197} und ähnlich in anderen mundarten (im 
Steinthalischen selbst ho^rnat ^ hornifs). So entspricht nun steinth. 
foni> dem wallon. pikard. foirt = fr. fort, coudne dem wallon, coinn = 
fr. corne, woraus wir ersehen, dafs die ezistenz des parasitischen vokals 
in diesem falle ebensowenig wie in anderen (vgl. it. piano ^ *pliano 
s= piano) an das fortbestehen des stützenden consonanten gebunden ist. 
Ja, im steinthaliscben ist r öfter geschwunden und abgeändert, als gewahrt. 
Dieses ouo kommt nun selbstverständlicher weise nicht nur nach labialen, 
wie in: boudne, fouoc'h, fonoc'he, fouauc'he, monoc'hde, mon- 
ode, pon6 = fr. borgne, four, force, fourche, morceau, mor- 
dre, porc, sondern auch nach anderen consonanten, besonders nach c, vor, 
wie in: conoc'he, cou6de, couonaie, couoraidge, couorb^e, cou- 
orbfeie, couorre, ec'bcuoc'he, recuodfe, gouodge, tuonb (wegen 
n = ou s. oben) = fr. conrt (adj.), corde, Corneille, courage, 
corbeau, corbeille, courir, ^corce, accorder, gorge, tonrner 
[in couaidchi, couairome = fr. cacher, car€me ist cou := lat. qn; 
ec'hcneuroe ist wohl in ec'hqueume zu verbessern, wie es pikard. 
^queume = fr. ^cume heifst]. Für ouo steht oua in pouarperelle 
neben ponrperelle (wie oua für ouo = 01x6 = di in moua, welches 
dem fr. amas nur in der bedeutnng, lautlich aber dem altfr. pikard. moie, 
auf Guemesey mou^e = meta entspricht); doch kann, wegen der form 
parperelle neben porperelle ( deutsch -els&Ts. parpeln), auch ou als 
der eingedrungene vokal angesehen werden. Kothwendig ist übri^'-ens diese 
diphthongirung vor r nicht (z. b. empoutfe = fr. empörter). Dafs 
ouo sowohl für lat. als u eintritt, kann nicht befremden; aus <5 e, 0^ 
wurde oue, wie beim fr. oi. Aber dieses ouo, ou^, oua bleibt nicht 
überall anf die Stellung vor r beschränkt; so heifst es im normanni- 
schen von Guernesey nicht nur bouaine, fouar, fouarroion = fr. 
borgne, four, fourmi und fouargt, sonaris = fr. forSt, sonris 
(also vor einfachem r, wie steinth. couoraidge = fr. courage), sondern 
auch ch sieht gern oua vorsieh, z. b. couachier, douach'ment, mou- 
ach^ = fr. coucher, doucement, monceau, ebenso mouillirtes 1, z. b. 
bonaillie, fouäille (farrenkraut), mouailler =: fr. bonillie, feuille, 
moniller (doch ist hier vielleicht i doppelt vor und nach dem 11 vertre- 



268 



Schuehardt 



diese erklärungsweise auch auf die zuerst angeführten wort- 
fornien., in welchen ouo für fr. ei, e sich findet, ausdeh- 
nen, um so mehr, da iu ibnen oi aus früher zeit belegt 
ist. Mundart!.- altfr. pöine, vöine für peinR, veine 
möchten wir von neufr. avoine, foin für a veine, fein 
nicht trennen, bei denen doch sicher der labial die ab- 
weichuDg von der regel, dafs vor n ei bleibt, veranlafst 
hat. Ebenso sind wohl moine = minor, drohe, voirre 
^ vitrum mit boire, foi, moins, poil, poire, poi- 
vre, voie, vois =: bibere, fides, minus, pTlus, 
pirus, piper, via, video zusammenzustellen: in diesen ist 
nämlich das vorausgehen des labials keineswegs bedeutungs- 
los und man hat unrecht gethan, damit formen wie doigt, 
froie (alt), Loire, noir, deploie, roide = digitus, 
frico, Ligere, nTgro, plico, rigidus, in denen oi = 
IC oder Tg ist, zusammenzuwerfen (aoif, alt soi = sitis 
und quoi = quid gehören zu jenen erweiterten einsilb- 
lern, von denen Diez gramm. 1% 200 spricht). Fois ^ 
vice, poix s=5 plee (doch vgl, empoisser, empeser) 
lassen beide deutangen zu. Man vergleiche noch armoise 
== artemisia, und cervoise = cervisia, wenn, wie 
sp. pr. cerveza es vermuthen läfst, i kurz ist; geht aber 
in diesem Worte oi auf I zurück, so haben wir dafür in 
loir = glire, pois = pisum aualogien. Auch dafs e 
(und e = i) mit attrahirtem i in eglisc = ecclesia, 
prison ^ prehensione zu i, aber in moison ^ 
meusione, moisson = messione, poisson = *pi- 
scione (fragm. v. Val. pescion) zu oi wird, verdient 



ten), seltener unter anderen bedingungen, wie roaSnair ^ altfr. runer, 
raancB n. ». w, Yicllüictit bnt ouu, uo eine solche weitere bedeutung, die 
an die des churvf. uo = o untl u erinuert und in der es fiut iils eine Ver- 
jüngung des altromanischeu uo ereclieint, in den steiutttal. formen baotche, 
mouoc'be = fr. bouuhe, moucbe, ferner budbe, bouoc ha = bube, 
buche, endlich den oben gonannteu mouont u, s'mouonnuu. FOi 
oue = uo stellt steinthaliscli ouo iu bouon = pikard. bocn, guemes. 
bonao, altfr. boin, boen^ allfr. b iion , für oue = o, u + i in baÖB, 
poub, pouon, jiouotc = fr. boU, point, poing, pointe, doch 
boc'htyi = fr. boiteux; daneben cnoc'hä, ncuc'he, oa'hcu, raison 
== fr. connoitre, noix, oiseau, raaoir, doch coigna = fr. coin, 
80 dafs, yfouTi auch der lippenlaut nicht dio bedingung des diphthongcn ist, 
er ihn doch offenbar begüostigt (vgl. oben liuadv. moad neben trö |. 



I 




albanisches und romanisches. 



269 



erwägung. Alle die zuletzt erläuterten mannigfachen for- 
men im lotliringischen und französischen belegen also nicht 
diejenige erscbeinung, die wir zunfichst in ihnen suchten, 
nicht die ejnschaltung eines hölfsvokals, sondern die assi- 
railation. Aber beide Vorgänge zeigen sich überall so eng 
miteinander verknüpft^ dafa es uns zuweilen schwer wird 
sie zu trennen j dafa wir z. b. zweifelhaft sein können, ob 
wir fOr pouene, das wir im lothringischen aus püine=: 
peine herleiten, überhaupt einen anderen Ursprung anneh- 
men dürfen (vergl. breton. poan, poen). Nur steht für 
mich die reihe oufe :^ e = ai sicher, da ai schon in sehr 
früher zeit seine diphlhongiache ausspräche verloren hat; 
moison ^ maison läuft mit pöine ^ peine nicht pa- 
rallel. Den parasitischen vokal vor ai zeigt sogar die fr. 
Schriftsprache in Anihoise für Ambaise = Ambacia, 
armoire fßr armaire = armarium*). — Uebrigens 
fliefst alles, was hier über oue, ona, ouo gesagt ist, aus 
ersten eingebungea; ein sehr wesentliches, die altfranzösi- 
schen mundarten, habe ich dabei kaum berücksichtigt. 
Ich behalte mir vor, bei gelegenerer zeit und mit reiche- 
rem material diesen spuren nachzugehen, - — In denjenigen 
romanischen mundarten, welche die eingchaltung von u und 
o kennen, zeigt sich auch die aasimtlatiou zu u, o, fi, 5 
am deutlichsten. Kaum^ an einigen Wörtern läfst sich diese 



*) Anch im kroolischon Ton Trinidad haben vir das parasitische od; 
aber nur in ganz vercinzvlton füllen etimint es mit dem der französischen 
mundarten Überein, z. b. UBsobouer ^^= fr. absorber. GewBhulich nimmt 
ee die stell eines ausgefallenen r ein. In der Stellung kons. + r + vok. 
schwindet r, wenn der konsonant ein labial «der der vokal o (oi), ou ist; im 
erstercn fall wird r bei folgendem a, e, i regclmiifsig durch ou ersetzt, z. b. 
bonave, boubche, ponix ^2 fr. brave, breche, prix, im letzteren 
kann der ersatz eintreten oder nicht, z. b. couochi und cochi, fonoter 
nnd fotcr, touop, tcia = fr. crochu, frotter, trop, trois (vor ou 
tritt er nicht ein, z. b. ton, tonver = fr. tron, tronvcr). In der Stel- 
lung vük. -+- r -f- vok. liebt r (oder rr) es auszufallen, wenn einer der be- 
nachbarten vokale o oder ou ist, und wird dann durch ou vertreten, z. b. 
cououi, paouöle, tauoueau =r fr. courir, pnrole, taurean; selte- 
ner zwiachen anderen vokalen, wo es iincrsetzt bleibt, z. b. deifere, mfiler 
= derriire, marier. Sogar anlantendes r wird vor o und ou durch 
oa abgelöst, z. b. ouoche, louoi (ouoi), onouge ss fr. röche, le 
roi, rouge. In der Stellung vok. -f- r -j- cons. und vok. -f- auslaut. r 
schwindet r regelmiifsig, doch ohne ersatz. 



370 



Schocbardt 



erweisen für die sprachen der iberischen halbiasel, wie 
etwa an pg. funcho = feniculum oder altsp. fuisca, 
das ich lieber fflr das entlehnte pg. faiaca halte, als ea 
mit Diez (etjm. wb. 1\ IC9) = 'faisca, "fovisca, *fol- 
viaca (it. falavesca von favilla) zu uebmen. Im ru- 
mänischen darf an eine einwirkutjg von labialen auf den 
folgenden vokal gedacht werden hei bolbore, Stotterer 
(von balbus; de Cihac hat dieses wert nicht, wohl aber 
bobletic ^ *balbaticus), bosturä ^ *vastulare 
(b = V wie in betrin, bcöice, holte =^ veteranue, 
vcsica, it. volta), bulendre, hure, lumpen = bala- 
tro*), buri c = umbiiicue (vgl. prov. emborüh u. s.w.), 
busioc = basilicum (vgl. aerb. bosiljak, boBiok, alb. 
bozüljök), mocioacg neben meciuce (fr. massue; a. 
Diez etym. wb. 1% 269), moirae, mojome neben mgi- 
muce äffe (türk. maimün, magyar. m a j o in ), raoine, 
brsichfeld von Maius**) (vergl. it-maggese, maggia- 
"tico, mail. maggengh, dass,), polate ^ palatiniu 
(vgl. altsl. polata), poriimb ^ palumbes, vorbe s= 
verbum, um von anderen wie motoo, kater neben fr. 



*) Daher zunäctist roinagn. balatron, tagedieb, dann wSlschtiroI. 
balandra, niiBtate, ansschweifende peraon beiderlei geBCliIechts, comask. 
balandra, balandron, lilderliche, wortbrüchige, arbeilfacheuE peraon, 
mail. bnlandra, wortbrüchige, unbesonnene, unwissende person, bresc. 
balander, balandrii, spitzbube, balandra, bare, allgcmcia-ümilian. 
balaadran, dummkopf; davon wieder das kleidungsstilck neap. balan- 
trano, it. palandrano u. s. w. Es scheint mir, dafs it. landra, metze 
u. 8. '\ir. sich eingemiscbt habe; und in it. malandri no, landstreicber, bö- 
sewicbt, cfimask. ma landra, hure, sp. raolondro, mllsstggSnger kann 
ich ebenso wie in prov. vilandri^r, pllaster tretend, uur abänderungen aas 
balatro erblicken, auf welche freilich male und rilla nicht ohne cinAnfc 
gewcäen sind (vgl. Diez etym. wb. P, 242 fg.). Sicherlich i»t auch hiehor- 
zuziebcn serb. flandra, kleiiir. flondra, vul);ivaga, welches Miklogich die 
fremdwörler in den slawischen sprachen 8.88 zu rum. flöndurü, lauinia 
stellt. Mit einer ganz neuen endang ist it, baldraoca, hure, versehen. 
Mit recht trennt vv^ohl Diez von balatro das fr. b<?litre (etym. wörterb. 
11', 219 fg.), obwohl solche schmilhenden und verächtUchen bezcichnungon 
oft mcrkwördigo lautvirandlungen erfahren haben; ist Übrigens nicht entweder 
zu belitre'oder zu balatro fr. pleutre (champ. plnutre) zu ziehen? 

•*) Kymr. mai bedeutet „mai" und „fcld"; als lotitcres ist es zu ir. 
mag zu stallen. Aehnlich hütle sich nach Zcuss Gr. cclt. ' s. 4. 102 brit- 
tann. mais, macg, mea, uieas aus *raagcs entwickelt, das von mag 
durch die emlung -oa abgeleitet wäre; aber -es bildet fumtnias, keine nias- 
culina. 




albanisches nnd romanisches. 271 

luatou, motoleu, mutalen neben meteleu, dummkopf, 
postae neben pestae, schoten der hülsenfrächte, ganz 
abzusehen. Doch auch auf jene formen lege ich kein gro- 
fses gewicht; denn wie der Übergang des a in o (um die- 
sen handelt es sich ja meistens) ohne bestimmte konso- 
nantische bedingungen in vielen fallen nachweisbar aus 
dem slawischen oder auch magyarischen herrührt (und 
zwar in drei unter den oben angeführten), so kann dem 
rumänischen überhaupt die neigung zu einem solchen Über- 
gang von den genannten sprachen mitgetheilt worden sein. 
Aus der it. Schriftsprache lassen sich nur ganz vereinzelte 
belege der vokalassimilation durch labiale beibringen, wie 
monco, einhändig = manco, mangelhaft, link, ganz wie 
breton. monk (mon, mouü) neben mank in der bedeu- 
tang des ersteren it. wertes. Vielleicht auch hatte der la- 
bial in it. borsa, fr. boite, sp. murta u. s. w. (ebenso 
wie in it. tomba, tuffo u. s. w.) antheil an der darstel- 
lung des y durch o und u (s. Diez gramm. 1% 168 fg.)» 
obwohl dieselbe nicht auf diese kombination beschränkt 
ist. Ein ziemlich reiches contingent an hierher gehörigen 
formen stellen aber die mundarten Italiens. So finden wir 
im sog. lombardo'sizil. (besser wäre wohl pedemontano- 
sizil.) von S. Fratello: mossa (missa subst.), pogn (pi- 
Dus), ponna (penna), posc (piscis), punzed (peni- 
cillum), voccb (video), vudos (vidissem); vergl. 
cuos (eccu' ipse), cuost (eccu' iste), cuoi (eccu' 
illi); im neap.: focetola (ficctula), foscella (fis- 
cella)*); im römischen: foderetta (it. fed.), fuscella 
oder froscella (fiscella), morlotto (it. merlotto), 
Tormijjoni, pockeu (von it. vermiglio, hier folgtauch 
ein labial); sizil. vussica, logudor. buscica, aret. bu- 
sica (vesica); pistoj. aret. buzzeffe (it. bizzeffe), 
bologn. burleing (it. berlingozzo), piacent. büsogn 
(it. bisogno) u. s.w. Besonders genues. boel (batillus), 
bulican, Instrument zum zahnausziehen (pelecanus), 



*) In der umgegend Neapels hörte ich auch bnglietto, funoc- 
chielli, moazzino, puraronl, weifs aber nicht, ob diese formen in all- 
gemeinerem gebrauche sind. 



272 



Schuclmrdt 



foina (it. faioa; so auch lomb. piem. foin, venez. foina, 
fuina, sp. fuina, pg. fuinha, fr. fonine*)), mo'iegDa 
(it. matrigna), moifia (mlat. matrina), potla (pa- 
tella), poi'egno (it. patrigno), porsemmo (petrose- 
linum), pOgnatta (it. pignatta), vuiöe (it. vajuoli). 
Deu nuindarten Sttdfrankreichs ist die betrefiende ersohei- 
nufig nicht völlig fremd; -vgl. neiiprov. fugi neben fege 
(mlat. ficatum, auch grödn. fiijä), furun neben ferun 
(ferinus), fnstoiin neben festoun (franz. feston), 
puoulli**) neben peoulh (pediculys; vgl. mlat. pudu- 
clare), viideon neben vedel (vitelhis), gask. furla 
(ferula). Recht eigentlich aber ist Nordfraokreich ihr 
boden. Auch sind hier mehr beispiele in der Schriftsprache 
nachzuweisen, wie bouracan neben baracan, barcbent, 
fougere fflr älteres feugere (*filicaria), fouine, 
poele (fem.; zu diesen beiden formen vergl. die genues.; 
merkwürdig bleibt noel = natalis); Tgl. altfr. bouro- 
aite (nfir. birouette), maeel (miselhis; vulgl, myser) 
U.S.W. Im walloDischen heifst es mo'h, mo'hon, pöd, 
pormönn, vonn ^ fr. meehe, maison, peindre, 
promene, veine (wobei man an die oben erwiesenen for- 
mein ö = öi und öi ^ ei erinnert wird), in dem über- 
gangsdialekt des depart. der Ardennen baugi, maujon^ 
vaurlet = fr. baise, maison, valet, im metziscben 
bocon, boton, foche, fouue, Modeliche, mojon, 
mosse, motte, potant, vaugand = fr. bacon (alt), 
bäton, fächö, fane, Madelaine, maison, messe, 
raettre, partaut, vagabond, altmetz. pauxour = fr. 
pöchenr. Solche formen, in denea auf den veränderten 
vokal ein 1 folgt, wie follu, raolaye, molddeye, mo- 
leur, voleur = fr. fallu, melange, maladie, mal- 



•) Ich kanti Diez (etym. wb. I^, 169) nicht beipflichten, wenn er in 
fr. fouine eine abteitung von der altfr. form fo, feu = fagus, dpr al- 
lerdings auch lomb. gonueB. ffi entspricht, zu sehen glaubt. Das wort lantet 
im altfr. faync; höchstens könnte fo = fagus auf den umlaut des ersten 
Vokals ein(:fewirkt haben, aber war ninn sich damnla noch des «nsammen- 
hangca zwischen dem thiere und riein bäume bewnlat? Auch im neuprov. 
finden wir fatnn, feina, foina, fouina nebeneinander. 
**) Fuoon 'scheint auf ein.schalttmg des u zn beruhen. 



albkniscliM und ronianisclies. 



273 



lieur, raleur habe ich absichtlich ausgeschieden, weil 
hier das o ebeneowohl auf reohnung des 1 kommt; vergl. 
jold, olle, ollemand = ff. gele, aU6, allemand. 
Im steiuthalschen motan, mouyeu, pornez, poii6lii 
{vgl. poucbon), pourmis ^ fr. mitan (alt), raeilleur, 
prenez, pecher, permis und wohl auch feü, feudh- 
teie, peuce = fr. fiis, festoyer, piece (wie eu = .e 
vor labialen erscheint in dcheuve, lieiive ^ fr. ch6- 
vre, lievre; aber iieser wandel des e ist auch vor r be- 
liebt, z. b. dcheü, dchieuch, dcbieudge, lieuche 
= fr, ohar, eher, charge, la herse], päpure ^ fr. 
paupiere"), und ähnlich in anderen mundarten. — Auf 
deutschem Sprachgebiet entdecken wir leicht aaalogien. 
So zeigt sich hier in manchen dialekten ü für i nach la- 
bialen. Z. b. im meklenburgisehen und schon in der äl- 
teren spräche (nur erscheint dünn in der schrift u): in 
tuschen (zwischen) und bu n (bin ) sehen wir einen vor- 
ausgehenden, wie in 8ul V er (eil her) und nummer (nim- 
mer) einen folgenden labial thätig (K. Ncrger gramin. d. 
meklenb. dial. s. l(j). — Dieser labialismua ist auch dem 
brittanui.schen nicht fremd {auf den uachweia desselben im 
irischen verzichte ich wegen der grölseren Schwierigkeit). 
Den regressiven finde ich z. b. in kymr. nwf, heilig (alt 
nom, tempel; altir. nemed, heiligthum), pump, fünf (alt 
pimp) Kymr. sofi, körn. bretoD. aoul (atiputa) und 
kymr. swmwl, swmbwl, alt sumpl (Stimulus) können 
nicht als belege dafUr angeführt werden, da in diesen Wör- 
tern u (o) = i auf dem boden dor lateinist^hen Volkssprache 
erwachsen ist: stupula, stupla (inscbr. ), it. stopp ia, 
pr. estobia, afr. estouble, deutsch Stoppel und bologn. 
stombel, piaceut. stombal, mailänd. stombol^ vcrou. 
stombio, wälschtirol. stombi, friaul, atombli. Die pro- 
gressive Wirkung von labialen erhellt mit gröfserer oder 



•) Oder ist hier nr = ir, wie in dec'höri, desuri ^ fr. di'chi 
rer, d^airer? Cr :^ ir ist parallel der oben belegten gleicbuug eu 
= »r. 



Ztitschr. f. Tgl. iprachf, XX. 4. 



18 



274 



Scliuchanlt 



geriogerer wtihrscheinlicbkeit aus kymr. bogail, uabel 
(körn, breton. bcgel; läfst sich an umbilicus, Voc. S. 
Gall. umpiculo denken? vgl. maiix imieig), körn, bo- 
ghan, klein ( kyrar. byc h an , breton, bih an), kymr. dy- 
muno (demandare), kern, iiioleuec, disteJfink oder 
bänfling (kymr. meljnog, breton. raelenec von körn. 
kymr. melyn, breton. melen,gelb), molhuidan, Schnecke 
(kymr, m al w öden, breton. melchoueden), kymr. uiorc 
(engl, mark, münze), mortbwyl (xn artellus), mwn 
(engl, mine, mine), körn, moleytby, mollethia u. 8. w. 
(*uialedictare), poruil (pariete). Hingegen werden 
ahkymr. moutol, wage (heute mantawl), roorthol, 
so auch koro., bret. morzol (martulus), altkymr. mu- 
nutolau ( Dl inutalia), breton. m un ud (minutus; vgl. 
körn, eiuny 9 neben menys, miny 8, klein; kymr. iiiwn W8, 
kleine theile, schlacken), kyinr. mwdwl, heuachober (me- 
tula, fr. meule; das einfache meta in gleicher bedeutung 
haben die romanischen sprachen ebenfalla erbalten s. Diez 
etym, wb. P, 275), körn, morogeth, reiten (kymr. mar- 
chogaeth), breton. uiuzul, muzur (mensura), davon 
das vb> kom, miisurc, wohl besser unter den gesicbts- 
punkt der assimilation von vokalen durch vokale gestellt. 
Mit romanischem uni s^ venire, gudignar ^ gna- 
dagnare u. s. w. (s. lautwandel im churw. a. 27 fg.] und 
deutschem suster ^ schwester, tuschen ^ zwi- 
schen halte man zusammen kymr. gogr = gwagr, sieb, 
golwg, blick (von gweledj sehen), gosper (vesper), 
gwr, mann (ftlr gwer = altir. fer), gwrth, gegen (fOr 
gwerth = altir. fertb). — ÄuCser auf den beiden ange- 
gebenen wegen, der vokaleinschaltuug und der vokalabän- 
derimg, tbun die labiale ihre Vorliebe für u und o in ganz 
vereinzelten fällen noch anders kund. Wie ein vokal ein- 
geschaltet wird, so wird umgekehrt ein vokal ausgeworfen, 
um den verwandten vokal an den labial heranzurücken, 
z. b. altsp fucia neben fiucia (fiducia). Wie ein vo- 
kal abgeändert wird,^ so unterbleibt umgekehrt die durch 
ein allgetneines gesetz bestimmte abänderung '/.a gunsteo 
des dem labial verwandten vokale, z. b. fr. amour, la- 



■Iblniaches und romaniücheR. 



275 



bonr^ während das alte -our = lat. -öre sonst regel- 
mäfBig zu -eur wird (vgl. was ich über den negativen ein- 
flufa jotazistischer konaonanten gesagt habe, lautwandeJ im 
churw. 8. 31 fg.). Eiu letztes mittel ist die vokalumstel- 
lung, z. b. fr. moelte für meolle (med u IIa), wohl auch 
röm boecco, buecco, muecco für *beocco = it. ba- 
jocco (irgendwo habe ich ancb baecco geschrieben ge- 
funden; aber entweder widerspricht dies dem volkathöm- 
lichen gebrauch oder baecco ist selbst erst aus boeeco 
durch Wiederannäherung an bajocco entstanden). In al- 
len diesen beispieleo wirkt der labial vorwärts*). — Aus 
dem gesagten wird hervorgehen, dafs der einflufs labialer 
konaonanten auf die vokale ihrer Umgebung weit stärker 
und allgemeiner ist, als man anzunehmen pflegt. Wir keh- 
ren nun auf den albanisch ea boden zurück. Hier verwan- 
deln sieb a, e, i neben labialen vielfach in o, u, ü, eben- 
sowohl in einheimischen als in romanischen Wörtern, wo- 
durch jedoch die möglichkeit nicht ausgeschlossen wird, 
dafs in einigen fällen der labiale vokal aus dem romani- 



*) Es aei hier daranf aufmerkBam gemacht, daf» konionanCen nicht nur 
gem&J'e der artiknlationssteUe, sondern ancb geraäfs des arttkulaCioQfmioiiua 
Tokile lieeinflosgen. M wirkt (und sogar in derselben mnndart ) in seiner 
, eigSMohait als naaal wie als labial auf den benachbarten vukal «in. Nach 
m und n nSmItch wird der vokal oft nasal. So inetzisch im analant 
conv'ain, dreutnin, ^min, niuiün, preuinin, mins = fr. cuove- 
nir, dormir, »mi, meunier, prämier, mis, im inlaut cheminre, 
demoinzelle, mointi^ = fr. chemise, demoisalle, moiti^, stein- 
thal. mänme ^ fr. tnSme, bürg, aimin, genon, venuti = fr. ami, 
g ecoa, venu, norm. v. Guernesey c"mlnse(^n halbnasales i), ma^aniB, 
roainti = fr- cherpise, nteme, moiti^. (G. Motivier bemerkt in dem 
Vorwort zu seinem Wörterbuch, dafs m um! n zwischen zwei vokalen ott den 
arsteran derselben nasal machen, fuhrt aber aU beispiel nur das doppel- 
deutige ma'inme an). Regelmfifsig ist diese ersoheinuu)^ bei auslautendem 
h im kreolischen (auch nach n), z. b. fim^-n, jacnain, meni^n, mobn, 
nfen, pafi^n, simin, toüB&n, zariSiin ^ fr. fumde, jamaia, uie- 
ner, moi, nez, panier, »emer, tourner, araigni'e. Auf Trinidad 
wenigstens heifst es auch raindi = fr. midi, fiiioaler neben fiüoler, 
ventieren, von fr. fin. Ebendaselbst bewirkt ein nasaler vokal zuweilen den 
Umschlag einer voraaBgehenden media in den nasal derselben reihe, so Dans, 
nonc = fr. dans, donc; penoant, commen neben comb^ ^ fr. 
pendanl, combien, wo nn = nii, mm = inb nicht etwa wie im atld- 
italieniscben zn erklUrcn sind. Von der vokalcasalirung nach ua«alen fin'len 
eich auch aufserhalb des französischen spuren; so ist in sizil. mi-ntiri, 
kalabr. mfntere nnd sizil. menzu, kalabr. mienzu ein nasales e zu 
e -f- n verstärkt worden, Vgl. mail. nUn := nos neben vU ^ vos. 

18 • 



276 



SchuctinrHt 



scheu stammt. Regressive ossiniilation nehmen wir wahr 
in gjumes = gjimese Cam., halb, geg. Ijupij = tosk. 
Ijipej, ich fordere, geg. Ijiipsem = tosk. Ijfpaem, icli 
bio abwesend, ä töpej = stip^j , ich verreibe, wohl auch 
geg. sopi'ite (R. snpätl = tosk. sfipäte, beil, geg. ätiiii- 
töj = tosk. äetn töj , ich entstelle; ferner in den romani- 
schen Wörtern dulfin neben delf'in R. (rD'elfin bei H,, 
das wegen des Ö griechischen Ursprungs sein mu/s; vergl. 
veron. friaiil. dolf'in, span. golfin — eng'- dolphin — 
altsl. dolefi ue, serb. duplln), geg, kuböj neben keb6j 
(wenn dieses etwa mit gaböj R. = it gabbo nicht blo/'s in 
der bedeutixng übereinstimmt), geg. knrabone = tosk. 
kambäne, gloeke f vergl. rum. ciimpenS, magyar, kom- 
pona, wage), lüin neben limS R. (Hma), supje (vergl. 
neugr. (itrvTrta, nenprov. supia ^ &^. a rjuiu oder lat. 
sepiii), geg. surbeljc H. neben serbellö R. (salvia), 
tomi'ia, deichscl, in der Mnsakjä für teraon H., timön 
R. (geg. dflme, Steuerruder, aber wird durch türk. serb. 
dumen mit it. timone vermittelt), geg. iipesk H., Ope- 
Ikev, öpeskuv, upeskv neben ipeskuv R. (vergL sp. 
obispo, c'hurw. iiveachg u. s. w.). Progressive assimila- 

tion in: mbül neben mbll, ich verecliliefse, tosk. mbnl- 
jöj, geg. muljöj neben geg. meljöj, ich bedecke (beide 
verba sind offenbar verwandt; in den verschiedenen mund- 
arten heilst der „deckel": mbiiljesfi, muJjcse, mbiiles, 
mbiJea), tosk. mburrüs neben liarrös, ich beauftrage, 

mböt neben mbit, ich ersticke, geg. muljköj neben 
meljküj, ich reiche aus, tosk. poktüa == geg. paktüa, 

hufeisen, piil H. R. neben pil Pouq., it.-alb. pfle, piele 
Cam., wald (falls es doch nicht aus palude entstanden 
ist), puströj neben pästroj, ich hülle ein (Camarda 
1,44), geg. vÖ()e = tosk. v;i()eze, mispel, geg. vükete 
^ tosk. vakete, lau, geg. vonoj neben venöj = tosk. 
mSnöj, ich halte auf, geg. vorr = tosk. varr, grab, geg. 
vÖtfirS :-^ tosk. vätre, heerd, vuijöj neben väljöj, 
vSljüj, ich siede (vgl. valje, welches wallen subst. und welle 
bedeutet; an lat. bullire ist wegen der form mit a nicht 



I 



albanisches und romanisches. 277 

ZU denken, v = b würde keine zu grofse Schwierigkeit 
sein, vergl. neap. vollere); in den griechischen Wörtern 
tosk. fuel, röhr des destillirhelms (agr. (fiäXr,^ (/ti'/.i/), 
geg. mulägS, tosk. meläge (agr.|UaAa;^>; und schoü f^o/^ö/i], 
wie neugr, /xoA«/a), geg. m u I e I = tosk. m e 1 e n j e , seh warz- 
ameel (&gr. fiilaiva); im slawischen musk R., maulesel 
(serb. maska); in den romanischen buril R. (it. barile), 
tosk. fuer = geg. fir (die abkunft von filix ist sehr frag- 
lich; beide formen setzen ein älteres *fjer, *fer voraus, 
womit man das deutsche farren vergleiche), fugür neben 
figür R. (figura), furtere Blanch., furterje R. ::= fer- 
terg H. (*frictorium), geg. füske, tosk. fiitske neben 
fiakg (vesica; vergl. oben s. 271 rom. bu-, vu-), mö- 
kere (machina, müblstein), möle (mälum), geg. mukat 
neben m&kät (peccatum), geg. muljtsi (denn müljtsi 
H. ist wohl druckfehler) neben meljtsi, leber *) (it. 
milza), mnndäl R., siz.-alb. mundafä Cam. neben 
m&ndki R., mendäfs H. (mataxa), berat, mun- 
göj^tosk. mengöj (*manico, ich stehe früh auf), geg. 
mnngöj H.R. neben mengöj H., mangöj R. (it. manco), 
muris (s. oben s. 250), pogoj neben pagöj (it. pago), 
potent R. (it. patena; nicht bei Mikl.), puligrl' Blanch. 
(it. pellegrino), geg. pulümg = tosk. pglüm (pa- 
lumbes; vgl. rum. porumb), p-urtekg (s. oben s. 244), 
geg. purt6j SS tosk. pertoj, ich bin faul (s. oben s. 247), 

tosk. Ipflrt neben spirt, geg. äpirt (spiritus), geg. 

\j 
vfiäk :^ tosk. veäk, ich welke (von vescus); in ande- 
ren aus dem romanischen entlehnten Wörtern stammt der 
labiale vokal aus einer vermittelnden spräche, wie in geg. 
moräje (moräts) H. neben meräj Blanch, fenchel = 
marathum (serb. morac), musmüle H., nusmüle R. 
= mespilum (türk. musmule, neugr. fiovdfiovXov^ 
serb. muimula), geg. pugäi (Mikl. pugä' = novyäiv 
H.) = tosk. pSgej, ich verunreinige, von paganus (serb. 

*) Genauer heifst leben mSljtsf e z^zö, die schwarze 1., gegenüber 
mSljtsf e kS'kje, rothe 1., d. i. longe. Ganz ebenso nennen die GrSdner 
die leber fujk foscb, die lunge fuj& blanch; die Buchensteiner jene 
figk nSigber, diese figk blanch. 



878 



Schnchardt 



bulg. pogan, uorein = alt»I. pogane, heidnisch). Alb. 
ruin. biixe, lippe, ist mit ebenso wenig Sicherheit als das 
gleichbedeutende span. buz (auch handkufs) auf baeium 
2u bt'zieheo. Uebrigens theilt 1 mit den labialen die Vor- 
liebe für vorausgehendes o, u und ü (unter den angeführ- 
ten beiepielen sind li, in denen I dem abgeänderten vokal 
folgt), z b. geg. gjülpäne ^ tosk. gjelpere, nadel, 
kulüf neben kglef, scheide (vgl. kälup, form, bes. giefs- 
form; vgl. Bgr. xaXvTii Eiv); so in den romanischen Wör- 
tern geg. engjul neben engjel (angeliis; vergl. it. an- 
giolo), Bolate neben salätg (it. (in)8alata), skjületz 
R. (it. Stilette)*). In kukütg {cicuta; vgl. rum. cu- 
cutS, serb. kukuta), sugüru, sugür R. ^siguro H. 
(it. sicuro adv.) (vergl. oben fugür) hat sich der vokal 
dem darauf folgenden betonten vokal assimilirt. Unsicher 
ist die erklärung des vokals in kjortoj R. neben kjgrtöj 
(certo), geg. kjürÄi R. neben kjersi (mlat. cerasea) 
und wenigen anderen. Aus allen diesen beispiclen ersieht 
man, dafs vorzugsweise das gegiscbe labiale vokale an 
stelle anderer setzt, 

S. 80 erklärt M. den Übergang von -on zu -üe, -üa 
im auslaut von Hubstaativen für eine räthselbafte Verwand- 
lung- Aber der abfall des n kann nicht befremden, da 
derselbe auch bei vorausgehenden) i eintritt (z. b. kuseri 
^ coneobrinus), und noch weniger die diphthongirung 
von o zu üa, da dieselbe eine ziemlich verbreitete ist. 
Tosk. üa, welchem geg. üe, iio und häufiger noch ü ent- 
spricht, findet sich vor l, r, j und im auslaut, unmittelba- 
rem wie mittelbarem (vor fle^fionsendungen). Das wesen 
dieses diphthongeu, w^elches Habn und Camarda nicht rich- 



*) So auch in pc'tnle, steinacheibe des ■wurfepiela , kleiner runder 
Bchnialzgebackener Xachen = agr. :t t taJ.nv, platte; vergl. abd. pedala, 
altruBE. petaia, bnlg. petalo. Ist fr. pocle, throntiiTsmel, fUr *p^ole, 
wie moelle für meoUe oder ist es eine mnndartliclie form für 'pele 
mit eingeschobenem o (a, ob«n s. 2S2fg.)? Im letzteren fat!e wOrde sich auch 
po^le in der bedentunff „leichentnoh, trauungsschleier" aus *pele, *paila 
spullium erklären lassen, eine ableitung, welche Diez tetym. wb. II ', i02) 
für unannehmbar hült, wübrend sie Scheler [Dict. dVtym. fr. s. 263 b) auch 
auf poelc in der erntcren bedsulung ausdehnen möchte. Letzterer führt aoe 
Palsgrave palle, throabimmcl, poülle, leicbeotnch, an. 



albanjscbes und romiioisches. 



279 



n 



tig erfafst hab^n, ergieht sich aus wortableitung und flexion. 
Man vergleiche i^jafüar, gewinn, mit agr. ä i ct<f nod ^ 
zögüa, joch, mit agr. L.V}'6vi für müaj, monat, lesen wir 
bei RoBsi neben müoj, muj auch moj. Aber anschau- 
licher wird das na ^ o der drei genannten hauptwörter 
der deklinatiou. Jjafüar lautet im bestimmten nomi- 
nativ djafori; üügüa : zögoi; müaj : moi. Und mit 
diesen stimmen eine reihe von anderen hauptwörtem Ober- 
in, weniger mit dem ersten (vgl. krab er i'iari, -öri H., 
geg. krahanüeri R., -iiri H. , die brüst, pijüari H., 
geg. pli'ieri, plöri R., ptUig), als mit den beiden letzten. 
Die auf -üa kehren überhaupt hei antritt einer endung zu 
zurück, mit ausnähme der des acc. sg., z. b. krüa, quelle 
(geg. knie'), skodr. krön R. Cam,, vgl. agr. xtjovvog), 
k röi, die quelle, gen, kroit, acc. krüane, nom.pl. kröite 
oder krönjgtfi, gen. kroivet oder krönjg vet **). Aber 
bei den Wörtern auf -üaj steht üa auch noch im plural, so 
düaj, garbe, dui, die garbe, gen. doit, acc. düajne, nom. 
pl. düajte (R. düitg), gen. di'iajvet, O also bleibt hier 
vor i und vor stammhafteni n: kronj-ete (aber krüa-ne). 
Der ersten deklination gehört an d(5re, band, dÖra, die 
band, pl. düartS, geg. dürStS (so Hahn, aber Cam. und 
Rossi düertö). Die substantiva auf -ti'iar (geg. -tiSr; 
mundartlich auch ursprünglichea -tor, z. b. tyrann. pung- 
tör, tosk. punfetüar» geg. punetür, arbeiter) lauten im 
plur. -tüar oder -torg und im fem. -tore (oder -tüare), 
z. b. vrektöri (oder vrektüari), der mörder, vrektüa- 
rte oder vrektörete, die mörder, vrektöreja (oder 
rektüareja), die mörderin. O also bleibt hier, wenn 



*) Bei Ro8si nach der 1. dekl. , während er ducL: cologna, ftoi, o 
ftüe — itrro, patciie, oi, it — levricre, langüe, i, it, gibt. Es dien« 
lies zugleich als beispiel di-r inkoDseqiienz und unzuverlSssigkeit, welche, 
ftmmeu mit der gani verfehlten anläge, der brauchbarkcit dieses reich- 
kitigen Wörterbuchs beBondcra für phonolopsche untcreTiehnngen ungemeinen 
'rag thnn. Auch ist Rossi's italienisch mehr für den Romanisten inter- 
nt, Bin für den Albanisten bequem. 

** ) Wir fllhren hier die kasus nur in der bestimmten form an, ivio dies 
n grammatiken sitte ist, wt-il diejoDlgeii der unbcetimmten form kein 
■noment darbieten, z. h. krüa, fontem, krönjB, foiites , düarTii, 
I, maaibus. 



380 



Schnchardt 



dem r ein vokal folgt, wird zu üa, wenn r auslautet oder 
vor einem konaonanten steht (obwohl der gebrauch der 
endiing -tüar schwankt). Oder allgemein für beide ka- 
tegorien: o bei voka]is(ih, üa bei konsonantisch anlauten- 
der oder bei mangelnder flexionsendung. — In der koujuga- 
tion begegnen wir ua neben o zunächst im inlaut des 
Stammes; das e, je, ie konsonantisch auslautender stamme 
verwandelt der aorist in o. So von stiel oder Stiele, 
ich löse (nach Hahn und Camarda): 

aor. ind. eing. stöla — sttile — st^H und ätiialg 

plur. stolm (-mö) und stüalm (-me) — 
ät<{lete, ötölte und ätüalte ^ stolen, 
ätolg, Stölng und stüale, sti'ialne, 
s t i'i a I n. 
koDJ. Stjeltäa und utöltsa u. s. w. 
Der aorist kora, pl. kiiarm aber gehört zu korr oder 
käar, ich ernte, wovon das pz. (pass.) korre oder 
küarturl' lautet (so auch kölJe, husten, eig. pz. von kila- 
lem, geg. küietn, ich huste). Ebenso bildet marr, ich 
nehme, im sing, mit der nebenfomi müar, geg. mnr, den 
aorist möra, pl, müarm, konj. mä rtSa und das pz. mdrre 
und mörrfi (über a = üa s. unten). — Die verba, deren 
stamm auf o ausgeht, wie kerkoj, ich suche, verwandeln 
dies in i'ia im pltiral des aorists (auch in der 3. ps. sg.) 
und im pz. So kSrkova, kßrköve, kerköi (und ker- 
ki'iaCam), kerki'iam, kerküate, kerküanß (geg. k€r- 
küeme, körküete, kerküen Cam.}, im passiv 3- pe. 
Bg. nur ukgrküa, ganz wie upljak, aktiv pljaki; konj. 
aber kerköfäa n. s. w.; pz. kerki'iare (kärkiiamö), 
geg. (kerküene) kerküeme, kerküomc, kerküme (s. 
bes. Cam.), Und so auch alte partizipialformeu, wie 
kriöes R., schöpfer, von kriöj, punües R., arbeiter, von 
punöj. Aber eine ganze reihe von verben, besonders ein- 
silbigen Stammes, täjst in allen (lexionsfoFnicu (mit aus- 
nähme des sg. ind. aor.) o in üa übergehen, z. b. vüaj 
(geg. vuj), ich ertrage, äüaj (geg. suj), ich lösche aus; 
von dieeeni die alte partizipialform süate (geg. öut), un- 
glückhch, eig. ausgelöscht. Einige verba haben doppelt« 



albanisches und romanisches. 281 

formen, t.h. pagüaj und pagöj, ich bezahle. Unter den 
unregelmäfsigen verben sind hier zu erwähnen: düa H., 
geg. düe Cam. (skodr. doi d. i. doj), ich will, 2. und 3. 
ps. sg. dö, aber konj. düa§, d6jc, plur. düamS, d6ni 
(döi), düanS; imperf. d6je, doje, düan, döj6m, do- 
jSt§, düainS; imper. 2. sing, düaj, 2. pl. düani, d6n\ 
— und i^-öm, tVem, ich sage, 2. ps. sg. >9üa, konj. {tXx&ä 
oder i9'üatd, sonst herrscht im praes. und imperf o; im- 
per. -2. sing, v^üaj, 2. pl. L^6i, >oni, i^üani; passiv 
t9-ühaem (wie sühaem von äüaj; aber kgrköncm von 
k&rkoj) und i9ühem u. s. w. — In anderen fällen ist die 
entstebung des üa ans o allerdings nicht zu beweisen, wie 
in grüa H., geg. grüe R., frau (best. pl. gräte), wozu 
&gr. y^avg zu vergleichen, jüaj, geg. jüj, euer (ju, ihr), 
müa H., geg. müe, mu Cam. R., meiner, mir, mich (== 
*m6 = *mä?), da die möglichkeit anderer entwickelung 
z. b. dnrch büal, geg. hu 1 (bubalus), küaj (cahalli), 
früer Bogd., Flur R. (Februarius)*) dargethan wird. — 
Viel weitere ausdehnung hat der diphtbong von e, welcher 
zunächst in der gestalt i6 oder je auftritt, z. b. bierr oder 
bjerr Cam., ich verliere (tscham. bär), di^p oder djep, 
wiege, <yiet6 oder ^jetS, zehn (geg. det), piek oder 
pjek, ich brate, backe (vergl. agr. ninrca), pieri^ oder 
pjerd- (agr. niodu). Da g, k, 1, n aber vor allen vo- 
kalen und zwar ebenso unbetonten, wie betonten in gröfse- 
rem oder geringerem umfang jotirt zu werden pflegen, so 
ist nach diesen konsonanten je als diphtbong von e nicht 
nachzuweisen und ji6 wird wenigstens in der schrift ver- 
mieden. Zwar lesen wir z. b. bei Hahn kjidlgze, gau- 
men, kjieltS, bimmlisch, aber darum, weil diese worte 
von kjiel, himmel, abgeleitet sind. Ffir ie pflegt nämlich 
unter gewissen bedingungen ie, welches also dem üa = o 
vollständig analog ist, einzutreten, und fflr dieses ie wie- 
derum unter etwas verengerten bedingungien im gegisehen 
und in ganz einzelnen föllen im toskischen l. Beispiele: 

*) Die gestalt dieses monatsnamens scheint die des vorliergehenden be- 
einflurst tn haben: kaAendtier, kalndr R. =: calendarius, d i. Ja- 
ouarina. 



282 



Sohucbardt 



diel, geg. dfl, eonne (vgl. agr. fh'}i.og), perzi'ej, geg. 
perzij, ich menge, rrjei'/, rn'efl (auch geg. nach Rossi 
riei)), ich fliel'se, tjer, tier, geg. tir (RoBsi tierr), ich 
spinne, vjet"^, vieii- H., geg. vi^ ( pz. viediin) R.,, ich 
stehle, vär, vjer, vier, geg. vir(Rossi vierr, pz. vier- 
run), ich hänge (eineu). Den Wechsel von j6, ie, l kön- 
nen wir auch in der konjugation konatatiren. Dem Hahn- 
scLen paradigma zufolge (das allerdings bei Camarda we- 
sentlich erweitert erscheint) wird je zu ie im sg. praee. : 
ind. piel, konj. piel, pielts, pielijg (neben pjele), zu 
i in der '2. pl. praes. pilni oder pili, der 3. sg. imperf. pil 
oder pilte, der 3. pl. imperf, pilne, und im passiv 
pilem u. 8. w. Vom nnregelmäfsigen verbum bie, ich 
falle, lauten auch die 1. und 3. pl. praes.; bie nie, 
biene. Je (aber nicht ie) findet sich neben i in vlj, ich 
komme, vjen, vjen (die nur zufällig an it. vieni, viene 
anklingen, da n dasselbe ist, wie in kerkön, k^rkön 
von kerköj; vgl. die nebenformen der 1. ps. vi'je, ker- 
ko'jS Cam.), pl. vijeme, vini, vfne (vfjene). In deör| 
formen ferner, in welchen staramauslautendes o in üa Ober- 
geht, sollten wir erwarten, dafs die verba auf -ej ie ha- 
ben würden; aber statt dieses diphthongen tritt ein an- 
derer, de, ein, so ki'^ej, ich kehre um, aor. ind.pl. kiVtieno, 
ki9^uete, kc/uetig (im pass. auch die 3. ps. sg. uki^'ue), 
pz. k ij'' Tiere. Aber in einigen fällen durchdringt lie, wie 
üa, die ganze konjugal ion, so iVuej, ich zerbreche, Ijiiej, 
ich salbe, ngjiiej, ich tauche ein, skjiiej, ich reifse aus- 
einander (nur im sing. ind. aor. bleibt e: i^'eva, »9^ve, 
li^eu). Dafs dieses ue wirklieb aus ie entstanden ist, zei- 
gen deutlich die nebenformen der genannten verba: t^iej, 
Ijiej, ngjiej, skjiej; im gegischen wird ue zu ü zu- 
Bammengezogen; ^üj, Ijüj, ngjüj , skj üj. Soaucbpiee, 

piies, geg. püB, ith frage; bei Camarda auch pi^s, 
pöese, püete, skodr. pvete (Rossi pevet). Ie und ue 
ßteheo noch nebeneinander in krie, geg. knie, haupt, 
dere, thßr, best. pl. dü'erte, geg. dü'rete (so Hahn; 
Camarda gibt diierte und dierte an; vergl. oben s. 279 
den pl. von dore). I und ü in hij, hüj, ich gehe hin- 



' «IbanisehM nisd Tomtniachea. 



ein, in ßti'va und stura aor. , It^re und ätüre pz. von 
ötie oder stij, ich werfe. Bei diesem bo verbreiteten 
vorkommen von ue =: le haben wir vielleicht unrecht 
gethan, oben ».277 öe = ie in zwei fallen auf recbnmig 
des vorausgehenden labialen zu setzen. Ue ist aus nicht 
diphthongischem ie entstanden in fuel, röhr des destillir- 
helniB ^ agr. fftn).y]y (ptiki]; aus ue in äufejte, best. pl. 
von si\al, sohle: aus *Biiaj wurde zunächst *äüej, wie 
aus knäj italo-alb. kuej Cam., und lie, dem toskischen 
fremd, verwandelte sich in das hier so häufige ue. Fen- 
dü'el, Bchnsterahle, welches M. mit finde re in zueam- 
menhang bringt, vermag ieh nicht zu erklären; fendevet 
bei Rossi verhält sich dazu wie pev^t xu püet. — Eine 
nebenform von je ist j a , z. b. tosk. jatere, tjätere ^ 
geg. tjetöre, anderer (vgl. agr. ?r4(/(>^), wobi'i die häu- 
fige vertauschung von a und e überhaupt zu bedenken ist; 
vergl. sizil.-alb. jerda, jardiir = tosk. erda, ärdure 
aor. und pz. zu vij, ich komme. — Kaum irgendwo dürfte 
sich ein passenderer vergleich för die romanische diph- 
thongirung von e und o finden; fern abstehen z. b, die 
altiriachen formeln ia = e, ua = ö, zu welchen das 
deutsche verwandtes aufweist. Was die gestalt dieser bei- 
den albanischen diphthonge betriffl, so bemerken wir zu- 
nächst, dai's für ie zwar das ältere ie noch besteht, für 
üa aber, dessen bedingungskreis mit dem von ie ziemlich 
zuBamnaenrällt, ein älteres uk nicht mehr nachzuweisen ist. 
Die sonstige analogie zwischen ie und üa nicht allein be- 
rechtigt uns ein solches uä vorauszusetzen. Die neigung, 
gerade in dieser vokalverbin<lung den ton nach vorn zu 
legen, geht aus küaj = kuäj ( Camard a), pferde , hüa 
^geg. hua, leihweise, flu r R., früer Bogd. = Februa- 
rius hervor; dieselbe neigung machte sich bei ie nicht 
in dem grade geltend, weil ja i als j sich leicht an den 
vorhergehenden konsonanten anschmiegte. Ruht doch auch 
in dem rumäiiischen dipbthong oa = o der ton jetzt auf 
dem 0, was keineswegs das ursprüngliche ist; ja, noch 
das Ofener Wörterbuch gibt die ausspräche oä an. Sollte 
nicht ferner im ueapol. uo (buono, puorco) u zwar 



284 



Schucbardt 



nicht den TolIen ton, aber docli ein wenig mehr gewicht 
baWn, als im toskan. tio? vgl. neapol. fa&t\lo, figliülo, 
in denpn u aus uo entstanden igt. Und wenn der diph- 
thoiiff ie im roinüDischen nicht selten zu i itusammenge- 
zogen erscheint (z. h. spau. silla, vispera ^ altleon. 
siella, viespera b. Diez gramoi. I^, 153. Fuchs unr. 
zeitw. s. '27 anm.), rnnfs nicht dazwischen ie stehen? Aber 
noch mehr für die esistenz einee uä spricht die nehen- 
form a von üa, so in gjaj = gjüaj, ich jage, raarr = 
ini'iar, ich nehme ( aor. ntOra: 8. oben s. 280), und den 
sulhstantiven auf -tär = -tüar, z. b. gj aketar ^ gj a- 
ketüar, niörder (fem. gjaket öre; s, oben 8.279). Voll- 
ständig ebenso vereinfacht a\v]\ mm. oa zu a in afare 
(ad foraa), va (*voIit = vult)*) und für ea = e ist 
a geradezu eine sehr beliebte form (s. Mussafia zur rumä- 
nischen vocaliaation e. 126. ]lVi. !35 fg.). För ne = o 
tritt einige male im spanischen e ein (wie freute, serba 
= fronte, sorbuin) und öfter in der miaidart von Lecce 
(wie ecchiu, legu, lengu, tertu ^ oculus, locus, 
longus, tortue neben cuerpii, fiiecu , muertu, 
puerti = corpus, focus, mortus, portas)*'). Das 
alh. ie (ja) stimmt vollkommen mit roman. ie (iä, e4) 
überein; und wie im ajhanischeu lio, üe, na, so stehen 
itu romanischen uo, ne, uä (oä und öa) mundartlich ne- 
beneinander und es bleibt nnr zu erweisen, dafs auch dort 
uo das älteste ist. Ein öe hat zwar auch das romaoi- 



•) MuaBafia a. &. o. 5. 126 zieht auch corBstS (colaftr^) = c o- 
lottra hieher; hier aber ücheint die aliSLndernng der eoduTig -ostra in 
-astra, das ja lateinischer klang, eine alle zn sein ( s. Diefenbach Glosa. 
lat.-gerni. und Nov. glosa. lat.-gerin.|. Auch hvU'st es niagyar. gnlaszta, 
kleinruss. koljastra, hulastra, kara*tra. 

**) Ich mache Ruf eine eigenthUrnlirhe UbereinBtiinmung dieser mundart 
mit dem albanischen (»uwie rvin&iischeD, neugricchiHclien, bulgariBchen) auf- 
merliHun], wpU:he in der umsclir'jibunfr des iiifliiUivrt durch das mit einer kon- 
junktioD verhutidece verbuni finituni besieht (s. Mihlosich die xlaviBcheD ele- 
mente im runiuniai-hen ». 6); so uHa cu binchfa, er wollte erALllen, 
ncignaraggi u cu stau, ich werde anfangen zu stehen, Hcnza i-u minti, 
ohne Z11 legen (2. ps. «p.), heddn era cu bidi, schön war fn zu sehen 
(2. pa. 8g.), sogar mit ellipBo jeu nu hoghiu dicu nienli, ich will nicht« 
Mgen. Ist dies messapischea erbtbum? ist dies von Albaniem odei Grie- 
eb«n in die T«rra d'Otrauto jmportirt? 



albanisches und romanisches. 385 

sehe, aber nicht als ausweichung aus ie, sondern aus ue 
:= o * ). In beiden sprachkreisen hat der diphthong erklär- 
licher weise nur in der tonsilbe statt, z. b. alb. djers^, 
Schweifs, aber dßrsij, ich schwitze, wie it. brieve, aber 
brevitä. Uebertragungen des diphthongen aus der be- 
tonten in die unbetonte silbe kommen indessen hier wie 
dort vor, z. b. alb. vje«^, ich stehle, davon vje^gräk, 
diebisch, wie it. fiero, fierezza. Betrachten wir aber 
nun die übrigen bedingungen, unter denen die diphthon- 
girung im albanischen und unter denen sie im romani- 
schen vor sich geht, so glauben wir zuerst eine wesent- 
liche verschiedenartigkeit wahrzunehmen, nämlich so lange 
wir uns mit dem von Diez aufgestellten gesetze begnügen, 
dafs der kurze vokal in der tonsilbe vor einfacher und 
zum theil auch vor zusammengesetzter konsonanz diph- 
thongirt zu werden pflege. Dieses gesetz ist in einigen 
mundarten, namentlich im sflditalienischen, churwälschen 
und rumänischen, welches letztere ja bei albanischen Stu- 
dien immer eine ganz besondere rücksicht verdient, sehr 
bedeutend modificirt. Im albanischen erscheint der diph- 
thong nicht nur für den kurzen, sondern auch für den 
langen vokal, wie im rumänischen, und zwar wie hier, be- 
sonders i'ür ö. Ist aber der diphthong weniger oder gar 
nicht durch die quantität des ursprünglichen vokais ge- 
bunden, so ist er es durch die qualität des vokais der 
folgenden silbe. Die formein für das rumänische lauten: 

6 e, i, u = e (§), 

i g = ea, 

6 i, u = o, 

6 e, e = oa, 

für welche wir auf Mussafia's vortreffliche abhandlung „zur 
rumänischen vocalisation* verweisen. Formeln andern Cha- 
rakters finden wir im süditalienischen und zwar diese am 
klarsten im kalabrischen (wenigstens in der mundart, in 



♦) So auch alb. arstt'e Gnagl., aresu'e Blaneh. = ratione; offen- 
bar bewirkte ein non geachwondenee i ('arSsiüe) den ttbergang des u in U; 
Tgl. Übrigens Stt'ej =: *iiiej oben a. 283. 



Schuchsrdt 

welcher die Übersetzung der Gerusalemme liberata abge- 
fafst ist) dargestellt: 

e....a, e^e, z. b. verapl. vere jprega i 

e . . . . i, ü ^ ie, z. b. vieru p!. yieri i priegbi, priegu i 
ö. . . . a, e ^ o, z. b. bona pl. bone j voglia konj, j 

ö i, u = uo, z.b. buonu pl. buoni] viiogliu ind. \ 

Und dafa aicht blofs der auelautende vokal entscheidet, 
ist aus riegula, rieprica (it. replica), supierbia — 
Antiuocchia, cirimuonie, gluoria ersichtlich. Wir 
berühren noch das neapolitanische, weil hier die eben an- 
gegebene regel dadurch ziemlich verdunkelt worden ist, 
dafa aoslautendes i durch e vertreten wird (alle vokale 
werden im auslaut zu e abgeschwächt, aber nur für das 
zunächst davon betroffene i durchweg e auch geschriebeu). 

e », e = e, z. b. 

6 e (für i), o (kal. u) != ie, i*), z.b. 

aperta pl, aperte / mela pl. ] 
apierto pl. apierte ) milo sg. ' 

6 a, e = 0, z. b. ( 

6 e (für i), o (kal. u) = uo, u *), z. b. i 

bona pl. bone | voce sg. i 

buouo pl. buoue ! vuce pl. \ 
In der konjugatiou kommen diese formeln nicht zur vol- 
len auwendung; o wirkt nicht mehr wie e ^ i, sondern 
wie e und a**), z. b. eredo, cride, crede, 3. pl. cre- 
dono; so lauten die 2. ps. sg. von rcsto, mostro, 
porto: rieati, mustre, puorte, das imperf. der 2. und 
3. oonj. -evo, -ive, -eva u. a. w. Man vergleiche hier- 



*) Wir babea bki wandlangeD, -welche nicht nur e und o und zwar 
von dem diphthongirteD e nod o ijuanlitadv rentchiederieg, sondern grorsen- 
theils Bucb ursprUnglicbee i und u (z. b. friddo, fredda — maacio, 
mascia) betreffen, wegen der gleichbvit der bedlngiiDgen eingefügt. 

**) Sobald als mit der ehen berührten trObung elmmtlicher aaslaaten- 
der Tokale die Ursache der diphthotigiruug Hcbwand, ergab sieb fU* die- 
selbe ein zweck, nUmtich formen zu scheiden, die sonst zusammeogefalleu 
sein wurden. Die 8. pl. praes. braucht nicht geschieden zu werden; di« 
1. sg. des praes. und iraperf. aber bedarf eher der scheidong von der 2. sg., 
als von der 3. sg. Dasselbe gilt fUr die abUnderang von o zu i, von o an 
u oder die rttckkehr von e und o zu urspr. i und u. 



albinisches nnd rumuiiBoheB. 



287 



mit das sardiacbe (logudoresiache) gesetz für die offene 

le ausspräche des 



und gescblc 



und 



J 



eae 



gilt 



vor 

a, e, 0, diese vor i und u, z. b. bene, beai (venis), 
chena (cena), velenu; cönca, köpf, coru, fogöne, 
fogüsu (foc). Näheres, aber keineswegs abschliefsendes, 
bei G. Spano. Im obwaldischen churwälsch finden wir 
zunächst ie = e und = o in vor- und drittletzter eilbe 
vor i, z. b. diimiesti (domeaticuö), gliergia (gloria), 
und e und o, nicht ie, vor a z. b. iess (ossumj pl. 
o8sa^ cuviert (copertua) fem. ouverta, was durch- 
aus dem grundsatz des kalabriscben entspricht. Aber auch 
ein 8, ohne vokal, heischt vor sich den einfachen vokal, 
so pl. und praedik. sg. cuverta, so dafa wenn hier von 
anfang an die entscheidung zwischen diphthongen und ein- 
fachem vokal nicht von der existenz einer endung über- 
haupt, sondern von der qualität des folgenden vokals ab- 
hängig war, ein solches ursprüngliches verhältnifs schwer 
erkennbar geworden ist. Was ich nämlich darüber im 
vorigen jähr schrieb ( Lautwandel im ehurw.), scheint mir 
nicht erschöpfend; da nun aber Äacoli die untersucbungea 
ober das mittelromanische, dessen aprödigkeiten sein Scharf- 
sinn gewachsen ist, begonnen hat, so dürfen wir von ihm 
getrost die lösung unserer zweifei erwarten. Dafs die 
diphthongen von e und o in den verschiedenen mundarten 
keinesweges eines wurfee sind, macht uns das churwälache 
am deutlicbsten, wo neben ie = e noch ea (beides auch im 
rumäoischeici) und im engadinischcn neben üe, ö = o noch 
und oa bestehen (vgl. oben a. 268 anm.). Behält man 
dieses im äuge, so wird man manches scheinbar ganz ver- 
schiedene, ja entgegengesetzte zusammenfallen sehen. Kalabr. 
menza und rum. miazg (media) harmoniren freilieb, so 
einzeln genommen, nicht miteinander; aber das verhältnifa 
zwischen kalabr. niien zu und menza, obw.-churw. miez 
und mezza, meazza, rum, miezü und miaze ist voll- 
kommen dasselbe; und so deutet auch rum. osii pl. oase 
mit churw. iess, ossa, rum. koptü, koptii, koapte, 
koapte mit kalabr. ciiottu, cuotti, cotta, cotte auf 
das gleiche piincip zurück. Sind vielleicht it. buono 



288 



Sfihuahardt 



bitona, piede piedi nur erweiteningeo aus buoDo 
boua, pede piedi? — Im albanischen eine derartie;e be- 
stimmung des diphthongen durch den foigeudpn vokal ttn 
erkennen, hat uns diese heiläufige Untersuchung nicht be- 
fähigt; iu fällen wie krüa, kroi, welches äulsertich z. b. 
dem rum. oae, oi (ovis, oves) ähnelt, handelt es sich 
um vokal und uiehtvokal, wie in churw. cuviert, cuverts 
lim endung und nicbtendung. Doch ist immerhin auch 
hier die möglichkeit vorhanden, dafa vokalunterschiede 
thätig waren, welche später sich ganz verwischten. Dies 
gilt ja auch z. b. von käts pt. kets, weber, sklav pl. 
sklev, Sklave, die erst durch rrap pl. rr^pe, platane, 
träp pl. trep<', grübe, erklfirt werden; nicht der vokal als 
solcher bewirkt den uuilaut, sondern als pUualiecher, wi^aus 
napp& pl. neppg, käsetuch, nate pl. nete, nacht, hervor- 
geht, wo dem einen e nicht derselbe vokal zu gründe liegen 
kann, wie dem andern. — Die albanischen diphthongen von 
o und e treten in einer ganzen reihe von romanischen Wör- 
tern auf. Beispiele für -lia, -lie (-li) ^ 6n bei M. 
s. 80 fg. Doktüer Btanch. = doct6re, wie die einhei- 
mischen uamen in -tüar, -tiVer, -tür = -tor (s. oben). 
Auch in süat H., geg. Äiiel Blancb., snA R. = geg. sollg 
H. (solea; it. suola) und in einer reihe von Substantiven 
auf -üel {-^olua, vulg. -eolusj, wie geg. frassüel 
Blanch. (auch frasüle H. *}J, kapriiel Blanch. (auch 
kaprüA R., kapnilj H.), lentsüe Blanch., spanjiiel 
Blanch. (auch spanjül R.) = it. fagiuolo (neap. fa- 
8Ülo, neugriech. (paffovli, makedorum. fasüiliu), ca- 
priuolo, lenzuolo, spagnuolo (span. -uelo) ist ue 
trotz der romanischen Übereinstimmung wohl kaum als ro- 
manischer diphthoog aufzufassen **). Solchen aber glaube 
ich im anlaut folgender Wörter zu erkennen: 



*) Wagen des eingeBohaUetcn r vgl. span. frisnelo, frisol, frejol 
(port. faijäo), dessen herkuiift von pbaseolus Diez etyra. wb. 11*, 193 
wohl mit uurecht beanstandet. 

*•) Das von WindUch ai& klemeotiniscb angeAlhrle riieta = rot» 
befremdet U. mit recht. 



albanische« and romiinUches. 289 

ve, geg. vö (Rossi voe) = ovum (it. uovo). 

välj, väj, geg. vöj = oleum (oeap. vuoglio). 

geg. v6pr6 = opera (fr. oeuvre, sp. huebra). 

, , . , „ „ . \ beide Wörter be- 

ge.r. verp, tosk. verbgrä = orbus r . « ™, . , 
^ ^ , , »_ _ , Pinfluisten sich 

geg. vort, tosk. vartSrgssorphaDusl . ., . 
* * ' *^ Mn ihrer form. 

Wer hier nicht blofs urverwandschaft und in dem v das 
alte digamma sieht (wie in vöggljg, klein =s agr. uXi- 
yoi'), wird ve, va neben vo in gleicher weise erklären 
wie üe, üa neben üo, obschon geg. vo- = tosk. va- 
sioh in verschiedenen einheimischen Wörtern (s. oben 
8. 27U) zeigt. — In dem je von vjet6r8 (vetere) und 
den übrigen von M. s. 82 fg. angeführten Wörtern kommen 
sich das romanische und albanische entgegen (besonders 
hervorgehoben zu werden verdient kjiel, geg. kjll (cae- 
lum) wegen der albanischen behandliing von ie); immer- 
hin ist der diphthong mehr auf recbnung des romanischen 
zu setzen, wie aus dem umfang seines Vorkommens in ro- 
manischen Wörtern erhellt. Wo ihn das romanische ver- 
meidet, da gewöhnlich auch das albanische. Vor zusam- 
mengesetztem n pflegt e nicht zum diphthongen gestei- 
gert zu werden ; es bleibt, wird e, oder a (im geg.), oder i 
(nach rum. sitte; so geg. gjind = rum., nicht blofs ma- 
kedor., ghintö, gintg, so auch kjint = centum, 
kjint, geg. kint == cento). Ja = e steht inlautend 
in kjark (circus, vulg. cercus) *), mjal Pouq., 
mj41tg H. (mel); anlautend in jäätg (extra), aber 
j^tS (aetas). In äaljg (sella) ist das j von ja mit 
ä zusammengeflossen; vergl. rum. äeä, auch äa gespro- 
chen, und obwald.-churw. purschalla =s 'purschialla 
u. s. w. (lautwandel im churwälschen s. 6). Hingegen mag 
ä4rre, säge (ebenso rum.) auf das früh belegte sarra = 
serra zurückgehen. 

M. bemerkt s. 86, dafs k und g. vor e und i jotirt 
werden (so auch in kjimino und kjiprS, die besser auf 



•) Keben kerköj (circo), wtthrend in kjarte neben kjertdj (oerto) 
j zum k zu gehdren scheint. 

Zeitwshr. f. vgL sprachf. XX. 4. ^9 



£90 



Schncharflt 



xi^ftivov und Cyprium, als auf cumiautin und cu- 
prum bezogeu werden), Uiiler den daselbst angeführten 
beispielen sind einige, in denen je statt a steht, nämlich 
gjelj*) (gallus), kjerre {bei Rossi kerr und tserr) 
neben karre (carrus), skjebe (ecabies); ihnen sind 
hinziizafügen gjelbßr Kaball. (galbinus), kjeljkj, bei 
Rada keljkg (calice), kj§n, geg. kjen (canis), kje- 
pre, geg. kjeper (capro). Vgl. skas, geg. skjes, ich 
gleite ans. Das einfachste ist, hier eine abschwächung 
des a üu e, die ja auch sonst mehrfach vorkommt nnd 
jotirung des giitturals vor diesem e anzimehnien (vgl. Hahn 
gramm. 8. 2(j anm.), wobei ich jedoch auf die Schreibun- 
gen mit einfachem g und k vor e, weil durch sie die 
ausspräche schlecht verbürgt erscheint, kein gewicht lege. 
Wie zwischen vär und vjör, ich hänge leinen) 'ver ge- 
standen haben ntuls, so scheint zwischen cauis und kjen 
*ken gestanden xu haben. Ich sage „scheint"; denn eine 
andere möglichkeit ist allerdings noch vorhanden: g und 
k sind vor a jotirt worden und j hat unmittelbar darauf 
das a 7Ai e ati»imi]lrt, so dafs die durcbgongsstufen gja, 
kja sich nicht erhalten haben; vgl. kjelbeni ^ 'kj älbem 
= kaijbem, ich faule. Mau vpird fragen, wie g und k 
in den genannten Wörtern zu dieser uiodihkation vor a 
kommen können, da sie ja, in romanischen Wörtern we- 
nigstens, vor diesem vokal in der rcgel und vor o und u 
immer unverändert bleiben. Jedenfalls, wenn auch alb. 

gj^) gji ■ g"*? g" ""^ ^i^i l^j i '• ^^f l^'i i" romani- 
schen Wörtern nicht hiätorisch den gleichen urromanischen 
verhältüisseD entsprächen, sondern einen rein albanischeo 
Charakter trügen**), würde doch die analogie zwischen ro- 



*) let in geg. gul a vor 1 in ii (ibergegangea? a. oben e. 278. 
**) Wenn wir z. b. die mit g und k nnlnuteiMien einheiiniücbeD wörter 
dea ulbanlHctien dberbliokeii , ao ergibt aich , dal's vnr t, i, U gj am) kj 
regelmälsig, g und k oar ganz ausTiahmsweiee vorkommen; umgeltebrc vor o 
und tt g und k die rege), gj und kj die auanatime sind (und noch ist bier 
d«r rirsprung dfs j aue i zu bedenken). Vor ö, dessen urspruDg ja ein »ehr 
niannichfahiger ist, treten g und k liiluiiger »uf nie gj und kj. Anderseits 
iül «■ siclier, dafg all« oder die meisten lutaioischen wiirter zu einer zeit im 
altalbaniscben eingaug gefunden haben, als in der lateiuischen volks.iprache 
g und r stbun ander» vor e und i, al? vor a, 0, u lauteten. So scheint 
denn lateinlüche und albanische ubservanz zusiamtnengetrofFen zu sein. 



mlbanischf's anil 



291 



Inantspb und albanisob hexOglich dpr behandhiog der gut- 
turale eine vollkoinmetie sein und wir das recht haben, 
fär unsere voraussetKung von alb. gja, kja uns auf rom. 
gja, kja zu berufeu*). Und iu der that kennt aucb das 
ronianiäche eine aasibilatiou der gutturale vor a, beschränk- 
teren umJangs und etwas jüngeren Ursprungs, als die vor 
e und i. So ist in fr. c harn p ch ^ cj. Ich hatte einst 
die veruiuthung von Diez, dafa dies fr. cb durch eine 
keblspirans mit c vermittelt werde, getbeilt; diesen irr- 
tbum r.u berichtigen gab mir das etudium deB niittelroma- 
uischeu geiegenheit. Wenn z. b. cnrium, cura im en- 
gadiniac'hen zu ehör, chüra werden, so sind, was merk- 
würdiger weise Diez gramm. I ', 248 flbersehen hat, nichl 
o und u, sondern 5 und ü die Ursache der verwandhing 
des c in ch. ö und ö aber gehören bezflglich des ein 
fluBses, den sie auf den vorhergehendeu konsonanten aus- 
üben, 7A\ e und i; ohö, cbü sind assibilationen, wie 
tsche, tschi und wenn für diese als älteste stufen kje, 
k j i anzunehmen sind, so auch für jene kjö, kjti. Chüra 
^ *kjOra verhilft, uns aber weiter zu engad. chanip == 
'kjannp. Unmöglich geradezu diese entstebiing von fr. 
und churw. cba (die übrigens jetzt verschieden lauten) zu 
verkennen, ist es für denjenigen, der die mundartlirhc reibe 
carn, chiarn, [ehern,] chiern, cern (im ticinesi- 
schen) bei Biondelli Saggio sui dialetti gallo -italici s. II 
beachtet hat. Das verdienst dieser entdeekung aber ge- 
bahrt Ascioli, der schon früher die richtige einsieht in die- 
sen Vorgang gewonnen hatte und der ihn auch zuerst in 
klarer, überzeugender weise Corsi di glottologia 1 , 44 fg. 
2ni^ fgg. anm. auseinandergesetzt hat. Wenn nun auch die 
assibilation des c vor a im romanischen feststeht, so scheint 
doch die physiologische erklärung Schwierigkeiten ku ma- 
chen. Warum übten o und u nicht die gleiche Wirkung 
auf den guttural aus? Ea gibt so unmittelbare angleicbun- 
gen von lauten, dafs sie ganz selbstverständlich z\i sein 



* ) Wir werden im folgenden der kUrzp halber da« dem k und g ge> 
meinMme nur am k erläutern. 

19* 



892 



Schuchardt 



scheinen. Dafs k in unserem kinti einen anderen laut 
bat, alä iu unserem koniineu, ist längst walirgeuouinieD 
worden. Aber wenn man k' vor e und i von k* vor 
a, o, u unterscheidet, so genügt dies noch nicht. Man 
könnte vielleicht anaehmeii, dal's von haus aus jedem vo- 
kulischeu laut ein anderes k adaequat ial; jedenfalls lie^t 
das k ffir a zwisi^hen dem k für i' und i und dem k für 
o und u mitten inne uuil wenn in der einen spräche es 
nach dieser richtnng hin abgeändert wird, 8o kann es in 
der anderen nach jener abgeändert werden. Denn keines- 
wegs ist die nfiance eines konsonanten an einen bestinanj- 
ten vokal gebunden; es geschieht, daft eine solche vor 
allen vokalen zur herr&chaft gi langt. Lj, d.h. mouillirtea 
1, ist eine fortselzung von dem 1^ Brücke's, welches am 
leichtesten sich mit i spricht. L j , und also nrsprüngücb 
P, tritt im katatonischen und ebenso im albanischen vor 
allen vokalen auf, im churwälschen aber nur vor i oder ü 
(z. b. obwftld glinna, engad. glüna = hina), Manche 
romanischen mundarfen begünstigen k ' ; in ihnen über- 
schreitet sein gebrauch die allgemein -romanischen grän- 
/en, indem er sich auf das nächstliegende gi-biet erstreckt. 
Es könnte k'a, k'o, k'u in aufnähme kommen, aber 
nicht k*o, k'u allein, während k*a*) goi^yuochf ii würde. 
K' aber ist die wurzel von kj , wie 1' die von lj. Wenn 
im französischen n. s. w. k)e, kji älter sind als kja, so 
hat das seinen grund darin, dafs k'e, k'i älter sind als 
k^a, dafs sie sich schon zu kje, kji vorschoben oder 
vorgeschoben hatten, als k'a aus k^a entstand. Die äl- 
tere stufe für kj ist im franz. ch, die jüngere p; daher 
pikard. che, cbi — ca; fr. schriftspr. ce, ci — oha. 
Wo aber k'a, wenn auch jünger, doch mit k'e, k'i noch 
gleichzeitig ist, wird gerade in jener Verbindung k' am 
ersten oder überhaupt zu kj fortschreiten, da es mit a 
sich weniger verträgt als mit c und i und deshalb eines 
vermittelnden i bedürftiger ist. So erkläre ich es mir. 



*) Nach dem oben gesagten eigentlicb k'~*a; aber w^ir wollen hier 
nur den nnCfi-schied dv8 k vor a von dem dos k vor e und i bexeichneD, 

uicbt dessen andereu uiiterachiecl vun dein k vor o und u betunrn. 



albanUclies und romanisches. 



293 



dafs während das kymrische sonst gar keine jotazjstiechen 
neigiiiigen zeigt, fi'ir «a in der mundart von Powys cia 
iiiid in der von Dyved ciea gesprochen wird, z. b, ciar, 
ciear = car, flofs a. In der mundart von Gwent stellt 
sicL i nach jedim kousonantfD, aber doch wobi nur vor a 
(ausnahiiiBweiöe vor e = aj ein, wie ich aus den folgen- 
den beispielen ersehe: biad ^ bad, boot, oiader = 
cader, featung, cias = cas, hafs, grias = gras, 
gnade, gwias = gwas, jflngling, gwliad = gwilad, 
land, hiaff ^ haff, grift", miab = mab, söhn, miaes 
= maes, feld, uiage ^ oag^^ nein, rhiad = rhad, 
frei, tiad ^ tad, vater — cieffjl = ceffyl (ca- 
buHus). So ist es denn nicht unmöglich, da(g auch im 
albaDischeii eine spur der jotazirung von g und k vor a 
sich zeige. — K in den Wörtern, welche zur zeit der Rö- 
merberrschaft in Epirus importirt wurden, hatte keinenfalls 
jene erste stufe der assibilation kj , die wir ja auch als 
albanisch betrachten können, überschritten. Sogar wenn 
auf ce, ci noch ein vokal folgt, bleibt der guttural (s. 
vok, des vulgl. I, 15 1 anm.). Es ist dies um so weniger 
wunderbar, als auch das rumänische den guttural in eini- 
geu fällen und eine allerdings ferne mundart, das Bardi- 
sche, ihn meistens gewahrt hat. Eher lassen sich epu- 
ren von der assibilation des te, ti vor vokal entdecken; 
arsue Guagl. ;=: ralione, püa = putens halte ich fdr 
sehr alte eutlelinungen. Im kymrischen besteht ein ganz 
ähulicheij verhältnils, obwohl das römerthum bis in's fünfte 
Jahrhundert in Brittannien ausdauerte. C bleibt vor e, i: 
cegid ^ cicuta, diffygio = deficere, ffasg ^^ 
fascis, pyg = pice; vor e, i -H vok. : nadolig (weib- 
nachten) ^ natalicins, aelsig (wurst) = ualat. sal- 
sicium oder ealsucium. Bemerkens werth ist tengl ne- 
ben cengl = cingula; es steht für 'tjengi (vgl. rura. 
tjingg neben uhingSj. Wpnn llusern ^ lucerna 
wirklich froh im kymrischen vorkommt, so fällt es als aus- 
nähme auf. Ebenso bleibt t vor e, i -f- vok.: prid ^ 
pretium (vgl. pritum, vok. d. vulgl. 1,418), teirthon, 
teirtbiuu = tertiana, was man dann als plur. auft'afste 



behardt 



uod woraus man einen sing, tairth zurflckkonstruirte. Da- 

nebeo netiies, botschaft =: negotium, rhesiom s=r ra- 
tione, von deiitn jenes sicher alt ist. — Innerhalb des 
blbaaischen aber selbst duderte sich, nicht allgemein, son- 
dern mundartlich, kj zu ts ab, wie im romaniächen und 
in vielen anderen sprachen, so auch dem benachbarten 
neugriechisch. Ascoli nimmt die reihe: kji, kz, "'s, ('s), c 
an; doch kz^ ''s läfst sich meines wissens nicht belegen. 
Zwischen kj und ts liegt t j ; ts oder um uns mit BrQcke'- 
scben zeichen verständlich zu machen t[8^;f*] ging zu- 
nächst aus t/^ vor, indem mit dem gutturalen reibelaut 
der der vorhergehenden explosiven entsprechende reibelaut 
tich verbindet. Brücke setzt zwischen ky' (kj) und t;^' : 
k;^', ich aber ty' (tj) mit hinblick auf die zahlreichen 
belege der formel tj :^ kj oder ti j= ki (z. b. kien, 
tien, ohien in nord französischen mdd.). Diese formel 
kehrt sich auch häufig um, so im albanischen z. b. geg. 
belebuk] = balbutieus, piskjole == it. pistola, 
skjflletz R. =s it. stiletto, vielleicht auch skjerra ne- 
ben stjerra pl. läninier. Von t = tj habe ich vok. d. 
vulgl. III, Öl {vgl. dazu das eben augeführte kymr. tengl), 
wie von d — dj ebeiid. 111, 25 gesprochen. Dieses d ^ 
dj ist, wie mir aus Schneller die rom. volksinuud. in Sfldtir. 
1,85 bekannt wird, in gewissen it. inuud arten Tirols eine 
»ehr gewöhnliche erscheiuung (z, b. dii, dö ^ it. giä, 
giü); nur hätte Schneller nicht meinen sollen, dafs ähn- 
liches sich weiter auf romanischem Sprachgebiete nicht fin- 
den lassen würde. Last, oot least aber ist ts; Ascoli 
unterscheidet davon ausdrücklich das c des italienischen. 
Gewils hat er als feinhöriger Italiener und scharf beob- 
achtender Sprachforscher mehr aussieht als irgend jemand, 
die ausspräche des it. c richtig zu bestimmen. Dafs er 
mich aber von der vermeinten natur dieses c durch seine 
ausführlichen auseinaudersetzungen in den Corsi (I, 197fgg.) 
ebensowenig überzeugen kann, wie einst gesprächsweise^ 
bedaure ich um so mehr, als gerade er so viel zur aufkl&- 
rung der geschieh to des indogermanischen k beigetragen 
hat und gerade dieser puukt ihm sehr am herzen zu lie- 



slbanischei and romaDisches. 



295 



gen scheint. Ich beharre nicht auf der identität des it. 6 
uud doä deutschen tsch. Es gibt verschiedene s und das 
in tach mag vielleicht etwas weiter nach hinten artikulirt 
werden, als das in c (vgl. Brücke grundzüge s. 64). Aber 
ich mufs bezweifeln, dafs die Italiener die Deutschen an 
der ausspräche des 6 erkennen; denn in Deutschland selbst 
wird tseb (wie in Italien vielleicht auch c) ziemlich ver- 
schieden gesprochen. Doch ist es nicht die qualität des ä, 
auf die Ascoli rftcksicht nimmt, sondern der gesamratcha- 
rakter des c. Ihm zufolge ist es kein zusatniuengesetzter, 
sondern ein geuiischler laut (suono complesso). Die ge- 
mischten konsonanten Brileke's*) (die dieser als zusam- 
mengesetzte bezeichnet) sind dauerlaute; das c Ascoli's 
ein momentaner. Er glaubt, dafs a priori eine kategorie 
von gemiüchten momentanen konsonanten zulässig sei. Es 
läfüt sich zunächst an eine konibination von verscblul'slau- 
ten denken. Der lippenverscblufs mag mit einem der 
beiden verschlusse, welche mit hiilfe der zunge gebildet 
werden, zusammenfallen. Doch ist es noch sehr die frage, 
ob die gleichzeitige lösung (oder bildung) der verschlusse 
wirklich einen eigeuthütnlichen laut erzeuge. Aber wir 
müssen mit Brtlcke s. Hl die mögliehkeit läugneo, einen 
verschiufslaut mit einem dauerlaut zu kombiniren. Ich 
spreche nicht davon, dafa zwei solche laute nicht gleiche 
dauer haben, sondern davon, dafs sie nicht gleichzeitig 
sein können, und zwar d.efshalb nicht, weil die bedinguu- 
gen, unter denen sie entateheu, immer aufeinander folgen. 
Ascoli sagt 8. 'iOO: „Immaginiamo un'' esplosiva, per la 
quäle la lingua formi il contatto a un di presso come e 
per t, e passi poi rapidamente ^ per Fistante dell' esplo- 
sioue, alla postura in uui e nel proferimento di ä, ed 



*) Ich nehme hier nur auf dessen systetn beiug, nicht weil es mir 
seibat das eiuleuvhteiiflste isi, »undern weil sich Ascoli's dedukt.iun auf das- 
aelb» stutzt. 2war bemerlct Ascoli s. 19g anm., diifs Merkel in diegem 
punktß der wahrheil ntther gekommen zu sein scheine. Wenn c unter die 
Merkelechen consonantes coGcretae, bei denen aber „die beideraeitigen 
mechanismen »ii:b nicht unter einander vernii^chen, nondem nach eiunnder 
zu cchSr kommen" (M. physiologie der nienschl. npr. ■■268 fg.), gerechnet 
wird, so habe ich dagegen nichts einzuwenden. 



Schuchardt 



otterremo, non t o 5, ned entranibi, ma Tesplosiva 6". 
In den worten „passi poi rapidamente" echeint die Wider- 
legung der aueicht Ascoli's involvirt zu sefn; sie drücken 
fibergaug, folge ans und bringen das mofuent der Schnel- 
ligkeit in rechnuug, welche doch nirgends einen wesent- 
lichen unterschied begründet * ). Man vergleiche beson- 
ders die Worte Aseoli's auf der vorhergehenden seite: 
yQimle pur sla la rapiditä con cui si possa proferire il 
gruppo ts o dz in vintsere o tindzere, non si otterrä 
mai, che, serbatiiie distinti i due elementi, n'esca il vin- 
cere o il tingere della pronuncia italiana''. Der irr- 
thum Äscoli's beruht besonders darauf, dafs er nicht nur 
in der art des verschlusses selbst, sondern auch in der art 
seiner lösimg ein wesentliches moment erblickt; denn ein 
und derselbe Terschlufs wird immer den gleichen kooso- 
nanten ergeben, wie er auch gelöst werden mag. Dafs 6 
kein momentaner laut ist, erkennen wir schon daran, dal's 
wir ihn nicht durch plötzliches abschneiden des luftstronis, 
durch Herstellung des verschlusses erzeugen und dal's wir 
ihn daher auch nicht verdoppeln können. In fat-to hö- 
ren wir erst bei der bildung des verschlusses ein t, und 
dann eines bei der lösung desselben ; beide sind durch eine 
pause getrennt. Man spreche aber faccio; es wird dies 
Diininerroehr fac-(;o, sondern inamer fat-tio sein. Auch 
auf historischem wege vermögen wir uns c aus tö nicht 
zu erklären S ist aus 8 und jy entstanden ; diese beiden 
reibelaute können sich zusammenschieben, da ihre artiku- 
lationsstellen nicht dieselben eind, soudern hintereinander 
liegen; t aber und das in s enthaltene s gehören derselben 
reihe an ( — kann werden, — — nicht). Von die- 
sem gesichtspunkte aus wäre [t;^] wenigstens denkbar. 
Hätte sich übrigens aus tg ein einfacher l«ut gebildet, so 
mtifste sich ein einfacher laut auch aus ts bilden können 
und sollte dann ein solches dem c entsprechende z von 
AbcoH nicht iu irgend einer italienischen mundart nacb- 



*) Im it. £ iitt atlerdiiißa S anf's innigste mit t verbunden und wird 
ganz kurz gesprochen, wUhreDd dies im deubiubeD niubt immer der fall int, 
vielmehr » olt sehr ^fiicliiu gesprucbeii wird. 



albanUcbea und romaniaches. 297 

zuweisen sein (vergl. Corsi I, 23 anm. 12)? Kurz wir 
glaubeq, dafs der berQhmte gelehrte sich durch ähnliche 
umstände zur annähme eines einfachen ö bat verführen 
lassen, wie diejenigen sind, auf welche man bin die ein- 
fache natur der mouillirten konsonanten behauptet hat. 

An der stelle, wo M. dartbut, dafs wie im romani- 
schen auch im albanischen der iat. casus obliquus und nur 
in seltenen fällen der nominativ zu gründe liegt, hätte er 
auch an die entlebnung einer albanischen pluralendung aus 
dem lateinischen erinnern sollen. Das -or-a lateinischer 
neutra, welches in der spätesten Volkssprache auch auf 
masculina übertragen wurde, hat sich in italienischen mund- 
arten als -ora, -ura (selten -era, -ira) und im rumä- 
nischen als -uri, alt -ure (s. Mussafia im jahrb. X, 356) 
fortgesetzt. Diese euduug lautet im albanischen -era (bei 
den namen lebender wesen -ere) und auch Camarda kann 
sich des eindrucks dieser Übereinstimmung nicht erwehren. 
Dafs dies -Sra oder -gre im albanischen ursprünglich 
fremd ist, geht auch daraus hervor, dafs ein sehr bedeu- 
tender theil, vielleicht die hälfte der so deklinirten Wörter 
lateinische Wörter sind und zwar besonders solche, deren 
singularform im albanischen um eine silbe verkürzt wor- 
den ist, so Ijümg (flumen), Ijümgra — uibrett (im- 
perator), mbr^ttöre — oipp (nepos), nippere 
— prift (presbyter), priftSre — unkj (avunculus), 
ünkjSre — v4p6 (vapor), väpera. Vergl. rum. sorg 
(soror), suröri, doch auch norS (nurus), nuröri. 
Auch noch andere aualogien der albanischen mit der ru- 
mänischen deklination bieten sich dar. So erinnert das 
alb. plural-j von stammen, die auf k und 1 (Ij) ausgehen, 
an das rumäu. -i, -i um so mehr, da 1 hier und dort 
schwindet, z. b. alb. fll (Tilum), flj — kalj (caballus), 
küaj = rum. cal, cai. Wie im albanischen stammhaf- 
tes n im sing., als auslautend, abfällt, im plur. aber vor 
8 gewahrt wird (krüa, krönje), ähnlich schwindet im 
rum. 1 im sing, vor e und mit diesem, bleibt aber im 
plur. vor e (steä, stele)*). — Ueber die art und weise, 



*) Hit dem artikel lautet stei = Stella : eteioa, d. i. ste^o-a; 



t96 



Scbacbardt 



wie die verba aufgenommen werden, ist auch noch ein 
wort hinzuzufügen. Die meieten treten begreiflicher weise 
in diejenige Itonjugationsklasse ein, welche die zahlreichste 
ist, nämlich unter die verba auf -öj (Lsg- praes.), mögen 
sie nun im lateinischen der a-, e-, i- oder konsonantischen 
konJHgation angehören, z. b. certare, languere, lenire, 
inaledicere. Einige indessen stellen sich zu den verben 
auf -ej, nämlich engjej (ungo), fäljej (fallo), kgm- 
b6j (vulgl. cambio), mgrtzej (it. meriggio ), peljkjej 
(placeo), äembel^j ('similio), serbej (servio), 
skendej (sein ti llo), sperej (spero), urrej (horreo), 
vBljej Cara. (valeo). Der grund dieser ausweichung ist 
nicht [eicht zu bestimmen; man könnte an einen vorwärts 
wirkenden jotazistischen einflufs denken (von welchem nur 
in spero und ungo keine Spur zu finden wäre; fallere 
wird rooianieeh fallire), wenn nicht eben in Ijöngöj 
(laugueo), Ijenöj (lenio) e, i wirkungslos geschwun- 
den und in krjoj, krüjöj R. (creo), öenj<jj, ich strahle 
(siguo; aber 8§n6j, ich zeichne auf) j wirkungslos ge- 
blieben wäre; wegen krejöj, ebenso strupijoj Blanch- 
(it, etroppio), fltudejöj Blanch. (it. studio) vgl. neap. 
ej in tonloser silbe vor vokal ^ i. Durch den ausfall von 
koDSonanten ergeben sich formen wie driaj (debeo), 
skruaj (scribo) (i4i denen u nicht etwa wie n in küaj 
(eab al 11) aufzufassen ist) und liiaj(ludo), rrüaj(rado) 
för 'dßvüaj, *deiiaj u. b. w. Man hat die erweiterte 
form -üaj der einfachen -6j vorgezogen, um den einsilbi- 
gen Wörtern mehr gehalt zu geben. Während aber hier 
der Stammvokal vor dem der endung geschwunden ist, trat 
in einem anderen falle das umgekehrte ein: arrij, harrfj 
H. (fehlt bei M.), geg. rri H., mbrij, mrri] R. = it. 
arrivo; sisil.-alb. arr^j g Cam. möchte ich auch hierher- 
ziehen, da sonst als it.-alb. form rrSv6j, rrEvoJ Rada 
angefahrt wird. Aehnlicb Ijaj = lavo. Der konsonan- 



deiiii o, das hier beinah wie u lautet, Echeint in der thac — ein« vemin- 
tJiung, die Mue^atia ear rumäninchen vorelisation 8. 134 «Bin. 18) wieder auf- 
(jpgcben hat — ^ 11 zn ^^fin: vpl, rnnkerior. dat. Bing etcan-lji. num. pl, 
steiil-le. Wird doch l\ und 1 aui'ti in m^duv?, mi'dise ^ meduila 
and in piuC, pioit, pio ^ pila zu u und o. 



tischen konjugation folgcü auch im alb. rjcp (rapio), 
s k li 11 1 ( c X c n t o ) , s p u d ( e x p o n o J , t r 6 m b ( l r e in o ), 
während gpg. surp (tosk. snrboj = sorbeo) sogar von 
der vokaliscbeii dazu überging; ves (vestio) ist nicht si- 
eher, — Wenn wir uns hier als repräsentanti-n des ver- 
liiiins der Lsg. pracs. bedienen, so hat dies darin seinen 
grund, da(9 dem albatiisi^hen eine eigentliche infinilivform 
fehlt. Die Gegen haben zwar einen indnitiv, aber der- 
sell e ist zusammengesetzt aus einer partikel me (wohl = 
nie, mit) und dem part. pass., z. b. kendüem, gesungen, 
me kendiiem, singen. Die Tosken aber niflssen den iu- 
tinitiv in neugriechischer weise umschreiben; doch kann 
ein stibstantiviscber infiniliv durch das part. pass. mit dem 
artiki'l ausgedrückt werden, z. b. kSndt'iare, gesungen, 
tS kendiiare, gesang, wie auch geg. t' kendiiem. Wenn 
nun M. das verbuni im inönitiv mit weglassung von me, 
also in der form des part. pass. aafflhrt, so wäre dies für 
das gegische allenfalls noch statthaft, aber nicht für das 
toskische und noch weniger, dal's er auch da, wo er aus- 
drücklich die toskische form nennt, dieselbe mit der gegi- 
Gchen und nicht mit der toskischen partizipialeudung dar- 
stellt, so z. b. Hahn's kjertüj in kjertiiem (statt in 
kjertüarS oder mindestens, kjertüamg) umsetzt. Aber 
er ist auch darin nicht ganz konsequent, er führt verba 
auch oder nur in der Leg, praes. an (a. z. b. unter spero 
und cambio). — Aus der Wortbildung wftre die weib- 
liche endung -eäe anzuführen gewesen, welche dem it. 
-essa näher steht, als dem griech. 'laaa. Im sizilo-al- 
banischen begegnen wir auch peggiorativen und augmen- 
tativen auf -accio und -one, z. b. gruätse von grüa, 
wcib, burri^ng von burrß, mann (Camarda I, 16ti). 

lieber die fortdauer des lateiuischen und roiuaniscben 
in Illyrien auch während des mittelaltere, welche wohl bei 
der betrachtuug der romanischen elemenle im albanischen 
berücksichtigt zu werden verdient, habe ich vok. d. vulgl. 
111, :rl — .^;> gesprochen. Neuerdings ist nun zu Trau in 
Dalmatien eine bleiplatte gefunden worden, deren inschrift, 
einer späten zeit angehörig (die kursiven züge sind denen 
der Raveiioa-papyri des 6. jahrh, ähnlich), einen werth- 



800 



Sehacliardt 



vollen Beitrag zur kenntnifs des dalmalischen Vulgärlateins 
liefert. Ich tbeile sie daher hier nach der lesung von 
K. Zaogemeister (welcher eine Photographie derselben Tb. 
Mommsen verdankt) mit, während sie nach der lesung von 
Detieften und Ro«isi schon in des letzteren Bull, di areh, crist. 
II. ser, anno II, 9. 39 fg. veröffentliebt vrorden ist (ich ilöge 
deren Varianten hinzu]. 

I. ■+• in noni dm ieso cri[8]- ' 

ti denontio tibi inmon- 

dissime apirete tarta- 

ruce quem angelus gabriel 

? 
de catenis igueis religafvit] 

qiii habet dece railia barbar . , 

fpo?]st re8arrecti[o]ne vinißtp] 
in galilea ibi te ordinavit i|n] 
silvestria loca coJlamontia "^ op- 

uti ne huminebua' nubjililo ri, t • 
' ' re[biisj ' 

teneris' aut tiine* temuni^o- 

?? 

ti ' grandene tnvocoria* uet ° ergfo] 

inmondissime spirete tartHruce 

ut ubiconqiia nomen dnl audive- 

rie^" vel si corpora" cognoveris" non p[o88i8]** 
^*ubi vellia'* nocere 

[inan?Jte" habias iord[aJnis" fluvio 

?? 
quem transuare" non potuisti 

[rjequesitus quare transfi]re non 
potuisti dixisti quia ibi ignis 
a ganea'" ignifera corrct et ubi- 
conqiia aemper tihi ignis a ganea'" 
[ijgnefera r[ujräat'' denontio tibi 
per domino''' meum rave te -|- H h 

' vielleicht cri Z. ' colltmoiitia. ' nptenerec * tune. ' lemum? 
Z. demuin D. R. " ut ae hominebns fortlauftnd nach opteneres.. • sind 
reute älterer schrilt, die eich auch »u anderen stellen zeigen. ' ore. * in- 
voearcs. ' rel? Z. vede D. R. i " audivorc«. ' ' vel scriptura. '» cogno- 

veres. "-f. ' « C»«) vor abi. " vellps ' • (fed) ifide. " iirni«. 

' " traiiÄsire? Z. transire D. U. '» aranea. '* aranea. "■ (iie) Cwntra facia« 
»c. " donino drnckfehler. 



IL 



albanitches nnd romanische«. 301 

Wie noch im anfang dieses Jahrhunderts zu Triest 
ein idiom herrsuhte, welches als eine muudart des friait- 
Hschen zu betrachten ist, aber heutigen tages vollständig 
▼om venezianischen verdrängt oder venezianisirt worden 
ist (man vergl. Cassani's triestinische Sprichwörter 1860 
mit Mainati's triestiniscben gespräcben 1828), so vermuthe 
ich die freilich viele Jahrhunderte frühere venezianisirung 
eines in Dalmatien gesprochenen romanisch, welches sich 
zunächst wohl an das friaulische anlehnte. Ich habe mir 
keine proben dalmatinischer Sprechweise verschaffen kön- 
nen; man sagt mir aber, dieselbe biete — von der einmi- 
Bchung slawischer Wörter abgesehen — durchaus nichts be- 
sonderes dar. Jedenfalls hatte noch um 1600 die parla- 
tara Dalmatina genng reiz, um hie und da in der komödie 
Vertreter zu finden. Die Ragusaner scheinen damals kein 
femininum gekannt zu haben; wenigstens beifst es cul 
lengua, del vertue, suo prudentia, un donna. 
Auch setzten sie den artikel zwischen das pronomen und 
das hauptwort, so mio M nome, mio l'anemo, suo 
l'aQzigno (ingenio), suo le gran duttrina, und das e 
vor zusammengesetztem n sprachen sie i, wie die Rumä- 
uen, 80 dinte, zinte, altrominte. 

Das 3. heft von M.'s alban. forsch, behandelt solche 
Zeitwörter im albanischen sowie rumänischen, neugrieilii- 
sohen, bulgarischen, serbischen, deutschen, finnischen und 
lappischen, welche aus einer anderen spräche „nicht in 
ihrer durch abstreifung der flexion gewonnenen Stammform, 
soodem in irgend einer flexionsform aufgenommen" wor- 
den sind, so ngr> dgißägta sss it. arrivo, ntvaäqw = 
it. penso n. s. w., auch alb. kalir Rada von it. calare, 
bildungen, denen noch die ganze rohheit der lingna franca 
anhaftet. 

M. hat sich um die albanischen Studien grofses ver- 
dienst erworben. Ehe wir uns an ergröndung der exote- 
risohen lautgesetze wagen, müssen wir Ober die esoteri- 
schen leidlich im klaren sein. Dazu gelangen wir vermit- 
telst beobachtung der flexion und ableitung, welche noch 
durchaus in ihren anfangen liegt, vermittelst uutersucbung 



302 



Srhuchardt, albnniscrhex und romanische«. 



der freindwörter — hier hat sich M. den löwenantheil zuge- 
eignet — und vermitteist mundartlicher parallelen, die wie- 
derum noch nifiht mit der gehörigen sorgfatt vorgenommen 
worden sind. Werm einst dem albanischen eine ganz feete 
Stellung innerhalb des indogernianiseheu angewiesen ist, 
dann werden wir ihm wahrscheinlich onanche Wörter, die 
wir jetzt, und mit vollem fuge, als entlehnt hetraobten, 
als altes erbgnt zuriiekerstatten müssen. 

Schlierslich bemerke ich noch einige verseben und 
druckfehler bei M. 1,13,21 lies d» y' für t*j'. Cam- 
biare II, 9 ist nicht als mlat., unctura 11, 69. 80. 81 nicht 
mit eioem »tern zu bezeichnen; wohl aber ist roga II, 5.t 
mlat. Was ist sagrum II, ;i7? Statt calyx 11,9 ist zu 
schreiben calix, statt kamba 11,9 camba, statt Da- 
nubius 1,19. 11,20 Danuvius, statt maratbnm 11,39 
besser maratbrum, statt pulaster II, f).S pullaster. 
Ferner statt cäntaroll, 10 cantäro, statt cigalall,i4 
cicala, statt ghionda 11,30 ghianda, statt raggione 
11, f)4 ragione, statt scesta 11,58 sesta, statt ciieu- 
veggia 1,24, 15 cuccuveggia TrOilg führt M. II, 68 
ak aib. wort aus Camarda II, 206 an; daselbst findet sieh 
nur ein griech. TQvrjka. E steht oft für e, z. b. mcrtdej 
11, 41, 11), aper uem II, ti2, 20, dem-i II, 74, 2, pelöm-i 
11,74, |8, sendet-i 11,74,22, äterngüem II, 76» 10, 
äterngim-i II, IG, 11 ; umgekehrt sperese-a II, 62, 20. 
L steht statt Ij : kulete-a 11, 15,34. lööiiem 11,35,2. 
l6vduri'teni II, :i5, II. m6!täi-a u. s. w. 11, 41, 36. pöl- 
kjiiem II. 74, 19. Statt mel'joj II, 75, :{4 (welches 
meljjöj sein würde) müljöj. Statt kersi-a II, 13, 17 
kjersi-a. Statt piskj öle-a II, 50, 2 1 piskj61e-a. Statt 
bänj6-a I, 15, 29 häje-a (wie richtig 11,4,36). Statt 
thith-a I, -3,2 i9-ii*-a. Statt belbezzuem 11,4,3 
belbezuem. Statt kildere-a II, 19, 2fi küd6r6-a. Statt 

faecie-ia 11,24,30 faccie-ia. Statt 5 6nter-i II, 30, 6 



ö6ntgr-i. Statt n bljüem II, 69, 34 mbljüem. Für star- 
kes r schreibt M. anfangs yj, später rr. 

Leipzig, Juli 1871. Hugo Schuchardt. 



Leo Hey«r, etymnlogiKhe mitth«ilDng«ti. 



303 



Etymologische iiiittheiluiigeu. 

1. geist. gäbren. gurstig. gas. 

Mao fragt mich nach dem Ursprung dee. worteä geist, 
ob PS iiicbt mit UQaerm gab reo, aus dem, wie einige mei- 
iieu, aucb das wort gas hervorging, xusammenhängp und 
dauD aucb mit garstig. 

Daraut wäre etwa folgendes /.u erwiedera. 

Zunächst ist hervorzuhebeji, dul's das wort gas we- 
der in den angegebenen noch überhaupt in irgend einen 
etymologischen Zusammenhang bineingehört, da es ein völlig 
willkübrlich ersonnenes wort ist. Es ist daher nicht gut, 
wenn Weigaud tu seinem Wörterbuch, dieser nicht genug zu 
rühmenden fundgrube deutscher worterklärung, dazu be- 
merkt: „Wohl von gäacheu mhd. gesen, wober auch 
mhd. der gis schäum." Unmittelbar vorher sagt Weigaud 
selbst, dal's der cbemiker Johann Baptista van Helnioni 
(geboren in Brüssel 1577 und ebendaselbst gestorben am 
vorletzten tage des jabres 1644), »der alles durch gäbrung 
oder fermente entstehen lieis, für alle nicht mit der at- 
mosphärischen luft übereinstimmende luftarten" das wort 
erfunden habe. Hören wir Helmont selbst über diese seine 
erfindung. In der frankfurter ausgäbe seiner werke vom 
jähre 1707 heit'at es eeite H9: 

Verum quia aqua in vaporem, per frigus delata, ai- 
terius sortis, quam vapor, per calorem suscitatus; Idco pa- 
radoxi licentia, in nominis egestate, halitum illum, Gas 
vocavi , Don longo a Chao veterum secretum. Sat mihi 
Interim, sciri, quod Gas, vapore, fuligine, et stiltatis 
oleositatihus, longe sit subtilius, qiiamquam multoties aere 
adhuc denstus. Materialiter vero ipsnm Gas, aquam esse, 
fermento concretorum larvatam adhuc. 

Auf der unmittelbar folgenden seite beifst es noch: 
Gas, et Blas aova quidem sunt nomiua, a me introducta, 
eo quod illorum cognitio veteribus fuerit ignota; Attamen 
ioter ioilia physica, Gas et Blas, oecessarium locum obti- 
nent. Da ist also noch von einem zweiten von Helmont 



SM 



Leo Mever 



erfundpnen worte dip rede, dem blas, das niHnes wissens 
nie fin gfbräuc-blicherfs geworden ist. Ober dessen vom er- 
finder ihm zngetheilten begrifflichen inbalt ich noch einige 
worte von seite 77 aushebe: Stellae sunt nobis in siiriia, 
tenipora, dies et annos. Ergo patrant temponim miitatione,«, 
terapestateg , atqne vicissitndines. Quorsuin ojms haljptit 
ilupliei motu, focali scilicet, et alternativo. Utnimque auteiu, 
novo nomine Blas significo, 

Helmont selbst also hat bei erfinduug seines wortes 
gas an keinerlei anderen formellen Zusammenhang gedacht, 
als an den mit dem griechischen Xf'(o^. 

Was nun aber weiter das wort geist anbetriÄ. so 
müssen wir bekennen, dafs sein etymologischer Zusammen- 
hang noch durchaus unermittelt ist. Mehrfach hat man 
es mit dem gothischen ns-geisnan „in erstaunen geratheu, 
sijh entsetzen" und us-gaisjan „erschrecken, von sinnen 
bringen" in Verbindung zu bringen gesucht, und das thut 
z. b. auch Diefenbach in seinem gothischen Wörterbuch 
(11, 39*^), der freilich so gut wie nie etymologische Schwie- 
rigkeiten rein und sicher zu lös^u weifs. Kann auch die 
mögiichkeit eines formellen Zusammenhanges unseres g^ist 
mit den angezogenen Wörtern von vornherein gewifs nicht 
geleugnet werden, so fehlt dneh jeder natOrliohe hegrifl- 
licbe Zusammenhang, wie er bei etyniologischen darlegungen 
alle/<:eit das wesentlichere stfick bilden mul's. Auch Wei- 
gaud kömmt auf denselben äul'^^eren Zusammenhang. Er 
erklärt kurz, geist ^entsproCs derselben wurzel wie der und 
die geisel", und bemerkt unte;- dem männlichgeschlech- 
tigen geisel „ursprtlDglich wohl geschlagener", was doch 
nichts weniger als erwiesen ist, luiter dem weiblichen 
geisel, dai's dies von einem verlorenen gothischen wurzel- 
verbum geisan „stofsen, hauen, schlagen" stamme, von 
dem dann auch die oben aiigefOhrten beiden gothischen 
Wörter herkommen sollen. Die gegebenen Zusammen- 
stellungen beruhen auf combinationen Jakob Grimm8(gramm. 
II, 4H), die nur durch äufsere anklänge geleitet sind, denen 
aber sonst aller sichere boden fehlt. 

Das wort geist ist ebeu ein noch durchau.s uuerklär- 



etymologische mitueiltta^Sr 



305 



te8, seine bedeutungseiitwickelung ist von niemandeoi klar 
nachgewiesen, wir wissen, dafs ea in den älteren dialekten, 
im althochdeutschen, alts&ciieischen, angelsächsischen, we- 
sentlich dieselbe bedentiing hatte, wie bei uns, iiud darüber 
reichen wir noch nicht biaaus. In bezug auf das üul'sere 
des Wortes wäre vor allem hervorzuheben, dafs seine ältest 
erreichbare deutsche also gothisehe form gaista- lauten 
würde, in der man ein passiv -participielles sutfix ta zu 
verniuthen geneigt sein wird. 

Mit unserni gäh ren, das sein r allerdings an die stelle 
eines älteren Zischlautes treten liel's, wie es dfnu im mittel- 
liocbdeutschen noch jesen (oder geseu), im althoch- 
deutschen (Gra£P I, 611) jesan (oder gesan) lautet, kann 
unser geist schon deshalb nicht zusammenhängen, weil 
in ihm ein innerer i- vokal, dort aber ein a als grundvocal 
erscheint. Die weiter zurückliegende Verwandtschaft des 
Wortes hat, während mark in dieser beziehuug früher auf 
ganz falsche fährte gerathen war, unseres wissens zuerst 
Kuhn in dieser seiner Zeitschrift (II, 137) aufgedeckt: er 
stellt unser gähren zum griechischen ^iw {aus i^into, jintu) 
„ich koche, ich siede'' und mit ihm zum altindischen jas, 
dessen sinohche gruodbedeutuog ^sprudeln (von siedender 
flüssigkeit), schäum auswRrfen** allerdings nur noch in ver- 
einzelten alten stellen nachgewiesen ist und insbesondere 
in dem participiellen mit dem präfix prä verbundenen 
prä-jasta- „überwallend". 

Mit gäbrcn kann wiederum unser garstig durch- 
aus nicht zusammenhängen, da sein inneres i vor unmittel- 
bar folgendem ziscblaut nicht wohl selbst aus dem ziscblaut 
entstanden sein kann, sondern ursprünglich sein mui's. Ea 
schliefst sich an ein mittelhochdeutsches garst „ranziger, 
stinkender geschmack oder gerucfa ^ und das mit diesem 
gleichbedeutende von Graff (IV, 2(i5) beigebrachte althoch> 
deutsche gersti, das sich nicht mit Sicherheit weiter zu- 
pQckverfolgen läl'at. Ea mag die vermuthung ausgesprochen 
sein, dai's es an das altindiscfae gbra „riechen, beriechen ": 
gighrati „er riecht" sich irgendwie anschliefst. 
Zeiuchr. f. rgl. sprachf. XX. 4. 20 



306 



Leo Mever 



2. kraok. klein. 

Während wir im Grimm'sclien Wörterbuch überall und 
in den neueren heften fast immer no«h iu erhöhtem grade 
die auiserordentliche reichhaltigkeit und den Dberaus grnlReo 
umfang, in dem das frühere leben jedes einzelnen Wortes 
innerhalb des gesammten deutsthen Sprachgebietes darge- 
stellt üu werden pflegt^ zu bewundern haben, sehen wir, 
was über die grenze des eigentlich deutschen hiuausreicht, 
in der regei unverhältnirsmälsig kurz abgcthan. Und doch 
darf man behaupten, dals zur sicheren darstellung der ge- 
sammten entwicklung eines wertes, wenn uns gelingt es 
in eiae verwandte spräche zu verfolgen, diel's fast immer 
von viel grölserer Wichtigkeit ist, als seine prüfung durch 
alle näher liegenden diaJekte. Der sichere auabau eines 
hauses bleibt unoiöglich, wenn nicht sein grund zuverlässig 
uud fest gelegt ist^ das gilt auch hier. 

Zu diesen betrachtungpn hat uns wieder der so über- 
aus reichhaltige artikel über das wort krank veranlalat. 
Die gegebene geschichte des Wortes deutet über das deutsche 
eigentlich gar nicht hinaus, und ebenso heilst es bei VVei- 
gand unter krank: „dunkler herkund''. 

Und bis iu das altindische läfst sich unser wort krank 
zurOckverfolgen uud damit eröflhet sich eine weite aussieht. 
Es stimmt völlig Qberein mit dem altindischeo gargära- 
„zerfetzt, löcherig, gespalten, geschlagen", dann auch «ge- 
brechlich, abgelebt, zerfallen, morsch*', lauter bedeulungen, 
die den älteren unseres krank, wie „kraftlos, gelähmt, 
schwach'' unmittelbar nahe stehen In bezug aber auf das 
formelle verbältnifs von gargära- und krank ist an zweier- 
lei Wortumbildung zu erinnern, die ähulich auch in andera 
deutschen Wörtern entgegentritt. Ganz wie z. b. das got. 
vakan „wachen'' sich unmittelbar an das altind. gägar 
j,wachen'*: gägärti „er wacht" anschliefst, deeseo r alfi 
in die gesammte bildung der deutschen starken verba durch- 
aus störend eingreifendes element ganz abgeworfen wurde, 
ging auch das zweite, nicht etwa suflixale, sunderu wirk- 
lieb wurzelhafte r jenes altindiscben adjectivs verloren und 



«t^ologische luitthoilnngra. 



30T 



es gestaltete sich nun das deutsche wort, als oh es einem ge- 
wöhnlichen deutschen starken verbum (krinka — krank — 
krunkum) angehören könne. Sein innerer nasal aber, 
das andere beachtenswerthe, ist wohl kaum als eigentlich 
präsentisfher aufzufassen, sondern wird mit demjenigen 
übereinstimmen, der hie und da in sogenannten iotensivformen 
zum vorscbeio kommt, wie ihn zu besprechen in meiner 
gothischen spräche (208) hei hetrachtuiig von tandjan 
„anzflnden" und zugehörigen Wörtern Veranlassung war. Als 
intensivbiidung aber ergiebt sich jenes altind. gargära-gan7. 
deutlich; es entstand durch wiederholnog aus der wurzel- 
tbrm gar „gebrechlich werden, in verfall konimen, sich 
abnutxen, morsch werden, altern": gärati, girjati oder 
gfrjate „er wird gebrechlich", dessen particip ^Irnä- 
„gebrechlich, morsch, alt" ist, und au das sich z. b. noch 
anschliel'sen ^aranä- „hinfällig, alt", garjis- „gebrechlich- 
keit, alter*' u. a. 

An die hetrachtung des wertes krank schlielsen wir 
die unseres klein noch an. Dafür wird als ursprüngliche 
hedeutung bei Weigand sowohl als im Grimmischen Wör- 
terbuch in mehr als unwahrscheinlicher weise „glänzend" 
aufgestellt, weil im althochdeutschen (GraflFIV, 5f)9), wo 
es mit subtiHs, gracihs, minutus, tenuis, exiguus, parvus, 
sagax, versutus, argutns übersetzt wird, ihm ein einstiges 
mal auch nitens gegenübersteht. 

Die älteren formen, insbesondere das ahd. chleini 
oder kleini, zeigen, dafs im gothischen ein klainja- ent- 
sprechen würde. Darin aber ist nicht blofs das j ein 
suffixales, sondern auch das n niui's es ursprünglich sein, 
wie in meiner gothischen spräche, deren hauptanfgabe mit 
darin bestand, für die Scheidung von suffixalen und wurzel- 
haften lauten bestimmtere gesetze zu gewinnen, in mehr als 
einer richtung deutlich gemacht i&t. So sind gothische 
formen wie gamainja- „gemein", hrainja- „rein" und 
andre, die ich im 297. abschnitt zusammenstellte, zunächst 
EU vergleichen. An eben demselben orte ist aus dem alt- 
indischen värenja- „ erwählenswerth, erwünscht" von 
var „wählen" vergleichend herbeigezogen und nach Benfeys 

20* 



308 



Leo Mever 



gramm. (§. 902) können durch die hier hervortretende suf- 
fixform enja- in den vedeu überhaupt die sogenannten pas- 
siven fiiturparticipia gebildet werden, deren §. 904 als bei- 
spiele angeführt werden: mienja- „wQnscbenswertb, erstre- 
benswerth", von vag „wünschen": vagmi „ich wünsche"; 
idf^nja- „aörufenswerth , preisenawerth", von id „anrufen, 
preisen": ide, „ich rufe an"; klrt^nja- „uennenswerth^ 
rühmenswertb" von kJrtajati „er erwähnt, er rühmt" u.a. 

So können wir als dem deutschen klainja- entsprechend 
ein altiüdisches grenja- oder gar enja vermuthen, das 
als auch dem oben genannten gar „gebrechlich werden, 
morsch werden" entsprungen zunächst bedtntet haben mag 
„gebrechlich, zerbrechlich, morsch" oder genauer wohl 
„was zerbrochen oder zerrieben werden soll", da die sinn- 
liche grundbedeutung des angeführten altiudischen Zeitworts 
-zerreiben" zu sein acheint. 



3- Gothisches naiv. 

Markos VI, 19 den worten tj d'i 'liocoÖtcci; ti'ti](e¥ 
avrcö gegenüber geben alle älteren ausgaben der gothiscbeo 
bibelübersetKUDg i{) so herodianai svor imma. Auch 
von der Gabelen tz und Loebr; haben so im texte behalten, 
in der zugefügten annierkung erklären sie indefs, die lesart 
sei ohne zweifei verderbt, und man müsse, wie schon von 
früheren herausgebern vermuthet worden sei, herodias 
saisvor lesen. Darnach haben sie dann auch im Wörter- 
buch ein sonst nicht nachgewiesenes sveran „nachstellen'*, 
das sie mit dem ags. syrvau zusammenstellen, aufgeAihrt, 
das dann auch wieder in der grammatik §. 126 als in der 
flexion mit tekan „anrühren" übereinstimmend seine stelle 
gefunden hat. An der überlieferten lesart hatte schon 
Benzel anstots genommen, doch aber nicht sich getraut 
saisvor zu lesen, wenn es ihm auch richtiger geschienen 
hatte, und er war auch in zweifei, ob er als infinitiv dann 
svarjan oder svaran in der bedeutung „zürnen" oder 
^nachstellen" annehmen sollte, doch mehr für das letztere 
gewesen. Lje hat herodias saisvor leeen wollen und 



ttymologteche inittheilungen. 



309 



STeraQ für den infinftiv halten. Es war recht verunglückt, 
wenn Zahn zu deai bemerkte, schicklicher und gramma- 
tischer spi allerdings daa von Lye aufgestellte, am aller- 
spraeb ähnlichsten scheine ibna aber doch der infinitiv 
Bvirau zu sein. 

Am meisten mufste in der Überlieferung die form 
bcrodianai bedenken erregen, die doch alles überbot, 
was sonst an Veränderungen der zn gründe liegenden eigen- 
nanien in der gothischen bibelübersetziiug vorkömmt. So 
lag, da der Gotbe eine ganze reihe von mit zweilautigem 
ai reduplicirenden verheo hat, die vermuthung eines perfects 
saisvor gewils nah. Immerhin aber blieb doch die Ver- 
änderung eines n in s in der sonst so fehlerarmen silber- 
bandscbrift sehr bedenklich. Maismann meinte den über- 
lieferten ;!Qgen etwas näher zu bleiben, wenn er vaisvor 
schrieb, das er dann seltsam erklärte „wehe-schwur, ver- 
derben schwur". In der abweichung von Vollmers hero- 
diada usvor konnte man ihm allerdings voll beistimmen. 

Als mafagebend mui'ste vor allen dingen gelten, was 
Uppströms ausgäbe (Upsala 1854) an der bedenklichen 
«teile XU bieten hatte. Aber da ergab sich aus ihr leider, 
dafs das ganze capitel des Markos -evangeliums und also 
auch sein 19. vers sieb auf einem der seit dem jähre 1834 
vermii'sten zehn blätter der silberhandschrift befand, für die 
Uppström auch nur auf die älteren ausgaben und abschriften 
und auf die Sotberg'schen notizen angewiesen war. So viel 
aber machte sein text doch deutlich, dafs in der handschrift 
mit berodia eirie zeile schlols, man also dem gr. 'iiimdtug 
gegenüber keine andere form zu verniuthen hatte. Das über- 
lieferte naisvor suchte Uppström, der die Zusammen- 
stellung des gemuthmal'sten got. sveran mit dem ags. 
syrvan mit recht entschieden ablehnt, zu retten, indem 
er es in zwei Wörter; naig vor zerschnitt, deren Über- 
setzung er als calamitatem meditabatur giebt. Das 
vor nämlich glaubte er auf ein als mit dem got. vars 
„vorsichtig, behutsam'' zusammenhangend vermuthetes star- 
kes verbum varan „cavere, caute agere" uud dann auch 
„callide und astute agcrc, cogitare, meditari" zurückführen 



810 



Leo Meyer 



ZU dörfen, das nais aber als ein Substantiv aufzufassen, 
das mit dem uihd neiaen „verderben, bescbädigen, plagen" 
in zusammenbang stehe luid mit den altu. ueiss ^verachtetf 
gering gescljätzt* und oneiss „nicht verachtet, geehrt, 
geachtet", öneisinn „nicht verachtet, geehrt". Dagegen 
mochte man wohl seine bedenken haben. 

Im jähre 1857 war Uppström so glücklich, die bis 
dahin vermiisten blätter der silberhandschrift als Decem 
codicis argentei rediviva folia (Upsala 1857) der gelehrten 
weit in einer neuen ausgäbe überreichen zu können. Darin 
gestaltete sicli nun der text an unserer stelle wesentlich 
um; als text der bandschrift wird das xeilenachliei'sende he- 
rodia bestätigt, dann aber als beginn der folgenden zeile 
naiv imma gegeben. Wunderbar 1 anstatt des früheren 
naiavor ein naiv; aber Uppström versichert, dafs so 
durchaus deutlich in der bandschrift stehe und fügt hinzu, 
dafs in naisvor, das also ursprünglich wirklich gestanden 
hat, die buchstaben s, o und r abgeschabt, wenn auch nicht 
ganz weggescbabt (raei^ prima manu, quamquam non erasis, 
oder wie er gleich darauf sagt; imperfecte rasas) seien. 
In dem so neugewonnenen naiv aber tritt uus ein Präteri- 
tum entgegen, das in seinem ausgang völlig nbereinstimmt 
mit ga-spaiv „er apie", Johannes IX, 6, und wie dieses 
an den infinitiv spei van „speien^, sich an einen infinitiv 
□ ei van anschliefsen muls. üppslröm hat diese form naiv 
auch zu deuten versucht; er stellt sie zum altind. niv »fett 
werden, dick werden", neben dem er auch ein kurzvocaliges 
niv vermuthet, und glaubt aus dieser wurzel auch die bedeu- 
tUDgen „aufwallen, aufbrausen (eflerve8cere),verdriefslich sein 
(stomacbari)" entwickelt, wobei er dae plautische turget 
mihi „ist ergrimmt gegeu mich" (Casinall, ,">, 17 und 
Mostellaria in, 2, lO) nicht übel vergleicht. Auf denselben 
Ursprung glaubt er das engl, newing „hefe" zurdckfilhreu 
zu dürfen und weiter noch vielleicht auch die ags. nivol 
(ny vol, neoTol, neöl) „vorwärts geneigt", das wohl zu- 
nächst „auf dem bauche liegend" bezeichne, und neveseöffa 
„Unterleib**, das wahrscheinlicher ventriculus (kleiner 



elymoloipsche mittiiei]uDgeD. 



311 



bauch, magen ) bedeute, so dafe unter neve ^ bauch" 
eigentlich „der dicke tbeil dea körpers" zu verstehen sei. 

Ganz abgesehen von dem gegebenen deuteversuch 
findet das perf'eot naiv und also ein verbuin n ei van „nach- 
stellen, aufsätüig sein" treffendste und reichete bestäti- 
gung im slavischen Sprachgebiet, Im altbulgiirischeD sind 
die Worte Markos VI, 19 jj di 'JiptaSidg ivst^sv avTcji 
Qbersetzt; irodija ze gnevaäe aq nani und Lukas XI, 
53 ijp^ai'Tit. .. äui'öj^ h>i)rEii> (das verb tt'ij(ei}' kommt iu 
gleicher bedeulnng sonst nicht im neuen bunde vor): na- 
caäa,,. bedn^ gnevati &^ nanf. Die letztere stelle 
läCat sich im gothisehen nicht vergleichen, da sie leider 
zu den verlorenen gehört; Luther giebt hier: „fingen au... 
hart auf ihn zu dringen", an der Markosstelle aber „Hero- 
dias aber stellet ihm nach". Der Altbulgare übersetzt 
also das gr. ivi^^if ^nachstellen" mit gnßvati s§, mit 
dem er nach Miklosich sonst ÖQyii^tai'tac und /oläv ^zür- 
nen ** oder yoyyi^uv „ranrren, unwillig sein" wiedergiebt. 
Es gehört zu einer weitverzweigten wörterfamilie, aus der 
wir weiter noch anführen gnSvn m. „zorn", gnevinü 
„zornig", gnevistvo n. „zorn", gneviflivü und gn^- 
vinivü „zornig", gneviti „reizen, erzürnen"; ferner die 
russ. gnevü „zorn, grimm", gneviti „erzürnen", gnß- 
vlivostl ,, geneigtheit zum zorne ", gn^vyi „zum zorne 
geneigt", gnevnyi „zornig, ungünstig"; die serb. gnjev 
m. „zorn", gnjevan „zornig", gnjeviti „zürnen", gnje- 
vljiv „jähzornig"; das slov. gnev oder auch gnj<^v m. 
„zorn"; das kroatische gnjev m. „zorn"; die poln. gniew 
„zom", gniewa«^ „erzörneo", gniewa<5 si^ „sich är- 
gern", gniewny oder gniewliwy „zornig, ärgerlich, 
verdriei'elich", gniewanie „das bösemachen"; das slovak. 
hn'ew „zorn"; die höhnr, hn^ w m. „zorn", hnewati„zornig 
machen", hnewny ^zornig'*, hnewnik oder hnewos 
„ein zorniger", hnewiwy oder hnewliwy „zornig, un- 
willig"; die wend. hnew m. „zorn, grimm", hnlwac 
„erzürnen", hnewaf „ärgerer, reizer", hnewny „zornig", 
hnewnik „widereacber", Aus dem oberlausitziscbeD wird 



312 



Leo Mever 



als zugehörig angeführt niw iiod new ^zorn". Darin ging 
also der alte anlautende guttural vertoreji, den die slavischen 
sprachen sonst sämmtlifh in den zugehörigen bildungen noch 
zeigen, der aber auch früh im got. n ei van Terloren ge- 
gangen sein mufs. Wir können unsere auäföhruug mit der 
bemerkuag schliefsen, dafs wir ganz den nfimliehen iaut- 
verluat in unser m uest anzunehmen haben, da sich dieses 
unmittelbar anschlielst an das gleichbedeutende allbaktr. 
gnczdo n. , rusa. gnezdo a. , poln. gniazdo, höhm. 
hnizdo, wend. hnezdo, in denen eine spätere hinziifü- 
gung des anlautenden kchlluutes unmöglich angenommen 
werden kann. 



4. Löschen. 

Unser löschen oder, wie einige gern noch schreiben 
wollen, leschen, das in seiner starken (er-losch, er- 
-loschen) oder schwachen (löschte, gelöscht) flexion 
noch immer den tiefbegriindeten unterschied zwischen zu 
gründe liegendem und abgeleitetem oder causalem verb 
deutlich bezeichnet, läist sich durch das mittelhochdeutsche 
zurück noch bis ins althochdeutsche und auf der anderen 
Seite auch bis ins altsächsische hinein verfolgen. In dem 
letztgenannten dialekt begegnet uns das abgeleitete verb 
mit dem praefix ä-, also ä-leskian, das in Verbindung 
mit „glauben" (gilobhon vera 2505), „zuuge" (tungon 
mJna vers 3373) und „sündeu" (snndiun vers 4'25H) nur 
in der allgemeinen bedcutung des auslöschens, tilgens, ver- 
nichtens, gebraucht ist. Sonst gilt das löschen in der regel 
vom feuer oder sonst leuchtenden dingen. Für das «nab- 
geleitete und noch ohne praeßx gebrauchte 1 eschen bat 
das mittelhochdeutsche Wörterbuch nur den einen beleg dö 
lasch oucb anderbalp der schal aus dem Parzival 
{(82, 2), wo das verb also vom schall, vom lärm, vom 
lauten rufen gebraucht ist, während das mhd. er-lescben 
z. b. mit lieht, sunne, kerzen, koln sit'h verbindet 
und das abgeleitete leschen aufser mit lieht z. b. auoh 
mit viur unde gluot. Für das althochdeutsche weist 



etymologische mittheilnngen. 



313 



Qraff (II, 280) das unabgeleitete I es kau auch nur in Ver- 
bindung mit dem präfix ir- nach, daa abgeleitete leskjaa 
auch ohne dassetbe. 

Noch weiter zurück dürfen wir mit aller wahrecbein- 
lic'bkeit ein unabgeleitctes got. Jiskao aufstellen, das sei- 
ner bildung nach sich am nächsten zu priskan „dreschen" 
stellt, von dem Korinther I, 9, 9 (priskandan) und Ti- 
motheus I, 5, 18 (priskandin) das präsentiache particip 
und aurserdem Lukas 3, 17 das abgeleitete ga-Jjraek 
„dreschtenne" belegt ist. Darin aber haben wir ohne zweife] 
einen ganz nahen verwandten des lateinischen terere „rei- 
ben", das mehrfa«h auch gerade vooj dreschen des getreides 
gebraucht wird, wie z. b. von Horaz (satire I, 1,45): 
milia frumenti tua triverit area ceDtum und von 
Varro (de re rustica 1,13): id secundum aream fa- 
ciundum, ubi triturus sit frumentum. Da wir nun 
mit einiger beetiuimtheit schon aussprechen können, dafs 
indogermanische vcrbalgrundformen oder wurzeln nie auf" 
die consonantenverbindung sk ausgegangen sind^ äo liegt 
die vermuthung uumittelbar nahe, dafs im got. priskan 
neben dein lat. terere das sk ursprflnglicb nichts ande- 
res ist, als das so häuüge präsentische kenazeichen, wie 
es z. b. im lat. crescere „wachsen*', griech. üvrjoxtiv 
„sterben" und altind. gäMhati (zunächst für gaskati) „er 
gebt" vorliegt. Das gleiche dürfen wir dann aber auch 
annehmen in be^ugaufdas aufgestellte got. liekan „löschen, 
erlöschen". Um seine entwickluugsgeschichte dann aber 
noch weiter zu bestimmen , liegt wohl am nächsten, das 
got. -linnan 7m vergleichen, daa nur ein einziges mal 
(Lukas IX, 39) und zwar in der Verbindung mit af als 
af-linnan vorkömmt und so die bedeutuug „aufhören, 
ablassen" aufweist. Dals auch darin das nn ursprünglich 
nur präsentiscbes zeichen ist , ist schon an andern orten 
nachgewiesen, im übrigen aber schliefst es sich an das altind. 
ar „verletzen, zerstören": raömi „ich verletze, ich zer- 
störe", das griech. öÄiva&ai (aus ökvva&ai) „vergehen" und 
das lat. ab-olere „vernichten, vertilgen". Eben dazu wird 
man »ucli das got. liskan stellen dürfen. Und vielleicht 



814 



Benfev 



darf man es mit dem griecb. ükixfo&ai „untergehen, um- 
kommen" und ukixetv „verderben, vernichten", das sich 
immittelbar an iW.vaftai anschltefst und vielleicht aus einem 
volleren *c?.t.ffy.f.ai'f-ai, *t)May.nv durch auswerfung des Zisch- 
lautes vor dem k entstand, geradezu för im grnnde iden- 
tisch, halten. 

Dorpat, im september f871. Leo Meyer. 



Einige worte zu s. 72 dieses bandes. 

Roth schliefst die mir erst gestern zugegangene an- 
zeige meiner abhaudluug über die im aanskrit mit r an- 
lautenden personaletidungen , in welcher er meine ansieht 
über die vedischen verbalf'ormen rante und ranta als 
irrig nachzuweisen sucht und, wie ich gern zugestehe, sehr 
zweifelhaft macht, mit den worten: „Benfey's hypothese, 
welche in ihrem ganzen umfang ?m beurtbeilen nicht meine 
aufgäbe ist, wäre, wenn sie aich bestätigte, ein wesent- 
licher gewinn für die erklärung der flexioo. Gerade der 
scheinbarste theil der argumeutation, durch welche dieselbe 
gestützt wird, dürfte freilich durch den eben gegebenen 
nachweis hingefallen sein". 

Da es die wesentliche aufgäbe jeuer abhandhiug ist, 
die entstehung der mit r anlautenden pereonalendungen zu 
erklären, so erlaube ich mir einige durch Roth 's anzeige 
bedingte nachträgliehe worte. 

Eine kurze betraubtung wird nämlich im stände sein, 
zu zeigen, dal's die dort gegebene erklärung — selbst wenn 
meine ansieht ober die verbalformen rante ranta irrig ist — 
keineswegs hintällig wird, sondern auch dann noch auf 
eben so viel Sicherheit, oder Wahrscheinlichkeit, anspruch 
zu machen berechtigt ist, als z. b. die erklärung der bil- 
dung des passivs durch Zusammensetzung mit formen des 
verbum ja (oder, wie ich annehme, i), des futurum 11. und 
der zusammengesetzten aoriste auf sani, aas, sat u. 8. w. 
üiSam, sisva u. 8. w. durch Zusammensetzung mit for* 



einige worte zu s. 73 dieses bände«. 



515 



meu des verbum a6, erklürungen, welche aHgemein als 
sicher betratihtet und zu deu wichtigsten resultateu der 
indogermauiscLcH spraohforechung gerechuet werdeu. 

Die eigen tli che stütze meiner erklärnng jener euduii- 
gen aus dem verbutu ar (r) bildet nämlich der umstand, 
dal's dieses verbiira in derselben weise zum ausdruck neu- 
tro-paeaivi scher Wendungen gebraucht wird, wie die verba 
ja, i, gam und überhaupt verba, welche „sich bewegen, 
gehen" bedeuten (vgl. §. 18 und '24 der abhandlung). Wie 
iu folge davon durch Zusammensetzung mit ja oder, wie ich 
filr die alten phasen der indogermanischen sprachen an- 
nehme, i , die categorie d(-r verba neutra und passiva ge- 
bildet wurde, so konnte dieselbe auch durch Zusammen- 
setzung mit ar (r) geschehen (vgl. §. 19. 20 der abhand- 
lungj. 

Wenn nun meine aulil'assung der verbalformen raute, 
raota richtig wäre, so würden die zu dieser Zusammen- 
setzung verwendeten formen sich in der lebendigen spräche 
erhalten haben. Das würde meiner erkiärung jener per- 
sonalendungen einen bedeutenden vorzug vor den ange- 
führten erklärungen aus ja (ij, as gewähren. Ist sie aber 
unrichtig, so fällt zwar dieser vorzug weg; aber die erkiä- 
rung wird, wie gesagt, keiuesweges dadurch hinfallig, son- 
dern tritt nur auf dieselbe stufe zurück, auf weicher jene 
erklärungen von verbalendungen durch ja (i) und as ste- 
hen, d. b- die formen, aus denen diese endungen hervor- 
gegangen sind, lassen sich nicht mehr iu der lebendigen 
spräche nachweisen, wohl aber nach mehr oder weniger 
umfassenden analogieu voraussetzen. 

Auch -jaae, -jäte u. s. w als eudungen des passive 
oder der i. conjugationsciasse erscheinen nicht in den le- 
bendigen sprachen als verbalforinen des verbuma ja oder i, 
und eben so wenig die eudungen des tut. IL -sjaini, 
-sjasl u. 8, w. , oder die der aoriste -sara, -gas u. s. mv. 
und -sisam, -siäva u. s. w. als verbalformen des ver- 
bums as. 

Wenn man dennoch -ja so, -jäte u. s.w. von ja ab- 
leitet, so stützt mau diese erkiärung durch analogieu, wie 



816 



Birlinger 



z. b. ti-stbä-si, ti-Sthä-ti von stbä, wo griech. iarr^s^ 
iarrjoi noch die ursprünglichere länge bewahrt hat; wenn 
man sie von i ableitet, durch die aDalogie der 6. cunjuga- 
tionsclasae: i-ä (wie z.b. rijä von ri für iirspr. ri-ä steht), 
dann durch feslgewordeoe synizese ja; in ähnlicher weise 
stützt man die annähme eines einstigen aoristes äsam, 
äsas u. 8. w. von as durch die analogie der übrigen nur 
durch auginent und die endungen -am, -as u. b. w. gebil- 
deten aoriste, x. b. asiliana, die toq äsisam (fiir urspr. 
äsisam) durch die der übrigen analog reduplicirteo, z. b. 
Bgigam (für ursprüngliches ägagam, welches formal «= 

Ebenso, und, bei der weit überwiegenden ausdehnung 
der I. coQJugationsclasse, noch mit viel gröfserera recht, 
dürfen wir annehmen, dafs das verbum ar (r) einst auch 
der ersten conjugationsclasse folgte. Dann waren die or- 
ganischen formen der 3. plur. praes. und imperf. ütman. be- 
ziehungsweise ara.nte, äranta. Als endungen böfsten 
diese in der Zusammensetzung ihre anlautenden vokale 
völlig in derselben weise ein, wie das verbum as in -sjämi 
(für asjümi), -sam für äsam, oder vielmehr nur asam, 
da das augment in folge davon, dafs es dem mit dem 
aorist von as zusammengesetzten verbum vorgesetzt ward, 
für as selbst überflüssig wurde. 

Göttingeu, den 26. mai 1871. Tb. Benfey. 



Zur deutschen Wortforschung. 

müch-, mauch-. 

Im XIX. bände 8. 149 habe ich über müch-, mauoh-, 
möucblin gesprochen. Ich kann aus alemannischem ge- 
biete ßur- und Ortsnamen, mit müch- zusammengesetzt, 
in gröfserer anzabl betbringen. Damit will ich durchaus 
nicht sagen, als ob im f'ränkisch-mitteldeutBchen und frän- 
kisch-uiederrheiniscben oder sogar niedersäcbsiscben lande 
es nicht vorbanden gewesen wäre. 



tat deutschen wortforschnng. 



317 



MOcbalieim (f. Mftclienheim, Weitihold alem.gramtn. 
s.l^'2) 1392. Mone zeitschr. VIII, ."»2 in villa Mücbein 
bei Schlieügen, Scbwarzwald; 11^12, Mone zeitschr. XV, 
245. Dasselbe; „ftf der freyen inülliu zu Mücheii und 
Schliengen«. 1522. Mone XVII, J22. iu villa dieta Ma- 
chen 1536. Mone XVII, 234. — Am Mücherweg 1522. 
ebead. 123, itemMöchis guot. Neueiizeller zinsrode] bei 
Mone Zt. IX, 363. Mfichenhai-Ii oder Mücheiiturt- 
bache Mooe zt. IX, 378. Mücbenturt im Albgau nicht 
selten ala äurname a. a. o. Ein Müuhen, Muck heim 
ON. Bern. Manchen alt Mücheiin bei Möllheim; zu 
Auggen kommt a. 1478 ein Möehenwcg mit Müchental 
vor. In Mone's badischer urgesch. 11, 115 steht die stelle: 
„das bolz das man nemmet den Müchenhart". Mone über- 
setzt es mit Sfbweinsweide! Das Mucbenland bei St. 
BJasien zwischen dem Habs- und ßözberge ist ein alter 
unheimlicher diebswinkel. — An der fräDkiscben grenze 
(Vaihingen) erscheint a. 1390 Möchacker: dem Cuuz 
Müchackern zu Horheim. Mone zt. V, 95 a. J299 be- 
gegnet ein fränkiBches Mo u eben heim nebst Munzenbeim. 
Mone zt. XI, 437. Ob Muggensturm bei Karlsruhe; 
Muckenmad bei Craisheim; im Mockhen bei Escbacb, 
der Mocbenlau, bei Schlierbach misTerstandenern müch- 
zugehören, will ich nicht untersuchen, aber an führen. 

Zu diesen orts- und flurnamen, denen wenige faroilien- 
uamen sich anreiben, wozu der heutige oberschwfibieche 
Mau eher und Meicbelbeck in Tirol und Baiern ge- 
hört, kommen die namen für thiere und brote, sowie für 
einzelne theile in haus und scheuer. 1) tbicre. Wacker- 
nagel widmet in der zweiten aufläge seines buches „Voces 
variae animantium" s. 93 dem worte mfthho, mähheimo 
eine geistreiche anmerkung, wo er hätte erklärend aus dem 
Vocab. S. Galli mnubeo^^latro beifügen können; ebenso 
die bei Graff II, 655 angeführten mübhari, mühbilari 
(sicarius) u.a. w. mühheimo, grille, und ahd. möhhan 
=s kriechen legt W. dem alemanniechef) Hammemauch 
und seinen entstellungen bei Stalder II, 16. 35 zu gründe. 
Die bausgrille erscheint auch mit dem namen Mücha- 



SIS 



Birlinger 



heim im Vocab. lat. theod. hs. no. 57 in Doaueschingen. 
Vergl. dazu Diefenbaoli nov. glosi?. 198 a. Bei Frisius 
(1556, 8") Dictionariolum 165b: ein möheiaipn, grylluB, 
cicad». Bei Heiifslin (Ffirer-Gefsner) bl. 68a: „die gryllen 
oder heirafichen auf dem väld oder in den beiiaFm". 
Vergl. Diutisea 111,226: möhbeimo. Dieser uralte oame 
lelit im alemannischen gebiete noch fort; bat er sich ja 
im ncuhoehdpntschpn heimohen festgesetzt, was freilitih 
kaum mehr jemand /,u erklären wüfste. Im Allgäo heilsen 
sugar die schaben (aus denen mau Schwaben machte!) mä- 
che len, gesprochen micbela: d'miohela sind mV iu's 
belzle cho; sodann bezeichnen sie dort mit mf^cb gera- 
dezu den Salamander. Im stral'sburgiaoben „gart der ge- 
suiidheit* (Balthaser Beck) ende des 15. jahrh. steht: 
Cieade W'erren oder beimen. Wir haben also hier den 
nameu für den erdkrehs; Oberhaupt ist den nach diesem 
wortstiimm benannten tbieren das unheimliche eigen: Sala- 
mander, schaben, erdkrebse u. s. w. — Um Rotweil lebt 
Hanamaichle, bei St. Blasien Hanamaucben; in Furt- 
wangen (leumauka: durchaus nicht mehr verstanden 
vom Volke, das sie gebraucht. Wenn Wackernagel a.a.O. 
munk, murmelthier, Mücurüoa, frauenname bei denBur- 
gundcn, mum, müschen, müwerf herziehen will, so mag 
er es thun. 

2) Für brote begegnet das diminutiv möuchlin, 
möucbli. Neben strüblen, fastuacbtküchlein erscheinen 
in Wolfacher Statuten möucbli n; „item am schurtag 
(ascherraittwoch auch bei Cloaener) die möucbliu für anken, 
brot und erbsen"; „die miichlein versuochen". Mone 
zt. XX, 76. Lexer nihd. wb. 73: „anke oder raohelin est 
pauis in vapore prodii mandidatus ", Voc. 1482. Diese 
beispiele lassen sich unschwer vermehren. ~ Man verstand 
aufgeduuseue hohle schmalzbackwerke darunter, Iliezu 
steht Meichelbeck, der solche brote, die den bairischen 
„Kirten^ allein echt eigen, backt. Daraus erhellt, dals die 
frage Ludwig Steub's in s. obordeutscbeu familienuameu 
(lS7ü) 8. 215 «ein Mäucbel- oder Mioheibacher?*' zu strei- 
chen ist. 



iMitichen Wortforschung. 



319 



3) Für örtlich keit CD. Wenn die kinder unreifes 
obst zur reife briugeu wollen, legen sie ea in heu und 
stroii, Bei es in der scheuer, oder sei es in bettstrohsäcken 
oder gar in alte kleider im sehranke u. s. w. Diese örl- 
lichkeit beifst verschieden, bald mauchtet (niüchietj 
Wurnilingen; „a m. uiachen". Mauehert, rotweiler ge- 
gcud; maugget, mangge, Biirgau, augsb. Schwaben. 
Dazu maiiggeln, ein obstrtest mischen, ebenda; maug- 
gennest. Im Kinzigthal, Haslach bat das h, ch wie in 
ucht = fit ausfallen mflsäen ; sie haben mfitti, OflPen- 
burg: „in d' miitti thiin". V^ergl. Anton, oberlaus, wb, 
II, 11 (182f)). 

Diese bedeiitung von verbergen, verheimlichen 
hinsichtlich des obstes führt uhb zu der des verbergen«, 
vermunkplns überhaupt und zwar hat manch ein, uiu- 
cheln einen pessiiiiistischen eharakter angcnouiinen ; ver- 
luüchler, vermüchla auf dem südliehen Sehwarzwald 
allgemein; im aarauischen uiücbeu ^ verstohlene laute 
von sich geben, vermaiikia, 'oeinmaukla {r.. b. etwas 
in die tasche eskamotieren) am obern Nekar. Ifb möfste 
hier alle Wörterbücher anführen; so häufig trifft man diese 
bedeutnng. Was die natöritche folge des verbergeas an 
einem sparsam durchlüfteten oder gegen luft abgeschlosse- 
nen räume sein wird, liegt klar zu tage : die luft des ortes 
riecht. Daher meucheln, meuchel, verdorbene luft, 
und in folge dessen die fäulniftraerkmale, der pilüüberzug 
an brot, fleisch u. s. w. Von unreinen leuten, von fsuileii- 
dem fleische sagt man: meucheln. „Kerle, wie meuche- 
lischt!" Wurralingen*). 

Nehmen wir diese allgemein oberdeutstheu Wortbedeu- 
tungen und halten sie zu unseini neuhocbdeutsclieu meu- 
chel**), meuchelmord, meuchlings, meuchelei 
u. 8. w., so kommen wir wiederum auf das verborgene 
treiben, auf die heimliche, aus dem hinterhalt, dem 



*) Ueber Debenfbrmen mit f in dieser bodeatung siebe Job. Schmidt 
die Wurzel AK 3. 70 (vgl. auch diese zeitsdir XV, 452). Anm. d. red. 

**) Vgl. den scböaeo artikel bei Weigand, wb. If, 1 55. 



830 



Birlinger, zur deutseben Wortforschung, 



versteck verübte schwarze that hinaus, wobei im- 
mer das versteck die hauptsacbe ist. GraflF II, 653 * ). 
Ich mache hier auf das franz. moucbard, poltzeispitzel 
aufmerksam, das keine andere heiinath hat. 

Das gieht auch aufschluls über alle oben angeföhrteu 
Wörter. Die fluroamen, ortsuamen sind durchaus wiakel- 
plätze; die hausgrille, die am heim d. h. hinter dem ofen 
sitzt, zirpt in den mauerritzen ; der erdkrebs wühlt unter- 
irdisch, der Salamander verkriecht sich in den ecken der 
pfOtzeu; die brote des namens sind innen aufgeblasen, sind 
hohl; die obstorte sind stroh- und beulöcher; das sekun- 
d&re olere kann nur einer böhlnng, einem abgescblosae- 
neu achlechtluftigen Speicher entstammen; das gehört alles 
zu einer sippe**), für die mau möglicherweise Verwandt- 
schaft mit griech. «i'^oi,- annehmen darf, üeber den Wech- 
sel von ch und k in manchen, muchen, mauggeu, 
maucken, milch: milk (Forer), volksthümltcb, röuken: 
röuchen u. s. w. sieb meine alem. spräche s. 1Ü9. Weia- 
hold 8. 178. 



*) Die liilduTig von müchil(-swert) entspricht |;f<iiau der \-o» 
denchel fdQhbil, zeitachr. XIX, 160). Bedeutet tObhil alid. den mergulua 
von tühhjaa (yoge], der selbttt untertaucht), »o ist m mit deucbel gleichen 
Ursprungs. — Zu mugelar aieli Wackem. Germ. IV, 139. 

**) Got. inuka- in mukamodci sanftnmtli gehurt zu ksl. mekuku 
Jüh. Kühmidt in d. xeitachr. XIX, 274. Anm. d. red. 



BODD. 



A. Birlinger. 



Pauli, beitrlge znr Utpinitchec lautlehre und etjrmolo^e, 



Beiträge zur lateinischen iautlehre und 
etymologie. 

2. Die ableitung der verbalendungen aua hilfsverben und 
die entstebuDg der lateiniscben e-declination. Angeschlos- 
sen an die gleichnamige schrift von dr. H. Merguet. 
Berlin, gebr. Bornträger. 1871. 

Merguet hatte in seiaem gröfseren ncrke „die ent- 
wickelung der lat. formbildung" und deren Vorläufer, dem 
Programm über potui, beide von mir im XIX. bände die- 
ser zeitachrift angezeigt, mehrere aneichten anfgeetellt, ge- 
gen welche von verscbiedeneti Seiten, namentlich aber von 
Coreaen , vFiderspruch erhoben wurde. Darauf hat er in 
obigem schriftchen die streitigen punkte einer nochmaligen, 
zum theii eingehenderen, besprechung unterworfen. Da 
ich aelbat in jenen referaten mich in mehreren punkten 
gegen Merguet erklärt hatte und auch jetzt noch die dort 
auegesprochenen ausicbten hege, so benutze ich die gele- 
genheit, im^ anschluls an das referat Ober Merguets jüngste 
schrift dieselben ausführlicher zu begründen. Zuerst nun 
hatte Merguet die hypothese von Bopp bestritten, dafs in 
verbalendungen, wie lat. -bäm, -bö, -ui, griech. -^t/v, -r9jj. 
GOfiai und ähnlichen die verbalwurzeln hhu, as, dba steck- 
ten. Für die Boppsche hypothese sind Curtius ( berichte 
der k. eäcbs. ges. d. wiss. 1870) und Corssen (ausspr. IP, 
1025), desgl. die recensenten des litter. centralblatts {187Ü 
no. 19) und des philol. anzeigers { 187('. heft ti) eingetre- 
ten. Auch ich halte sie för richtig und will versuchen, 
sie durch nochmalige erörterung zu stützeo. Die haupt- 
aäcblichsten bedenken Merguets gegen diese ansieht sind 
theoretischer natur, Er nimmt anstofs daran, dafs „seibst- 
ständig flectirte Wörter mit unflectirten stammen" (abl. der 
verbalend. 30} zusammengesetzt sein eoJllen. Abgesehen 
davon, dafs häuäg genug aprioristische ansichten über 
sprachliche dinge später durch bestimmte tlratsachen wi- 
derlegt werden, wie beispielsweise früher die möglichkeit 
eines imperativs der J. pers. bestritten worden ist, bis ihn 

Zeitachr. f. vgl. Bprachf. XX. 6. 21 



322 



Paali 



das sanski'it in schönster volletidTmg aufwies, uod dafs da- 
her der umgekehrte weg sicherer scheiut, abgesehen da- 
von, meine ich, d&l's selbst jener theoretische grund nicht 
stichhaltig ist, oder vielmehr, daCs nur die anschanung ein 
wenig geändert zu werden braucht^ um jenen grund weg- 
fallen £U lassen. 

Die ansieht, dafs auch unsere iudogennanisehen spra- 
chen von der radiealen stufe durch die agglutinierende hin- 
durch erst zur flectierenden herangereift seien, darf man 
wohl als jetzt so ziemlich allgemein angenommen bezeich- 
nen. Von ihr aus aber- lassen sich die fraglichen bildun- 
gen verstehen. Ziehen wir zur vergleichung die noch heute 
radicale chinesische spräche herbei, um aus ihr ein bild 
unseres älteste» indogermanischen zustandcs zu gewinnen, 
BO handelt es sich für uns hier hauptsächlich darum, wie 
dieselbe die tempusunterschiede bezeichne. Endlicher (chi- 
nesische granmi. 301 sqq.) lehrt darüber folgendes: « Die 
dreifache vcrai-hiedenheit der zeit, in welcher die durch 
das verbum ausgedrückte thätigkeit stattfindend gedacht 
werden kann, wird in den meisten fallen aus dem zusam- 
menhange des Satzes, oder aus der gegen wart bestiramter 
zeitadverbien erkannt". Beispiele: kin gi 'iii „beute bin 
ich wohl", 61 tce tsi „gestern war icli krank". Sonst 
wird die vergangene und die zukünftige zeit durch gewisse 
allgemeine zeitadverbien, durch einige holfszeitwörter, und 
im Kuau-hoii [Mandarinendialckt] die vergangene zeit auch 
durch siibjunctivpartikeln (verdunkelte Zeitwörter) bezeich- 
net". Als solche verba führt er för den alten etil (Kü- 
wen) dann tcang „experiri" und fcü „haben" zur bezeich- 
nung der Vergangenheit, keng „ wollen " für die Zukunft, 
als adverbien mehrere mit der bedeutung „schon, einst" 
und für die Zukunft tsiang („alsbald?") auf. Der Man- 
darinendialekt macht es ebenso, hat nur im einzelnen einige 
andere ausdrücke. Uebertragen wir das auf das alte in- 
dogermanische und berücksichtigen wir, dafs in den spä- 
teren durchsichtigen tempusumschreibungen, wie skr. köra- 
jÄii-kakära, Ifürajani-äsa, liöraJHm-babhüva, lat. amfilus sum, 
Hutätus Uli, engl. I did love, für die Vergangenheit, skr. 



beitrftg« snr UtehiiBchen Isutlebre und et^ologi«. 



323 



dätdsmi, lat. dormttum eö für die zukunft, die wurzeln kai 
„machen", aa „sein", bhu „werden", dha „thun", i ^ge- 
hen** zu solchen teiuporaluniscbreibungeii verwaudt werden, 
80 dürfcD wir, abgesehen von dem falle, wo die tempua- 
nnterschiede durch teinporaladverhien ausgedrückt sind, 
wie etwa das augment eins war, als auBdrucksweieen jeuer 
alten zeit uugefähr ansetzen; präsens: pat »fallen"; Präte- 
ritum: pat kar, pat ae, pat dha; futurum: pat bhu, pat i. 
Zur hezeichimng des subjects würden luin uoeb die per- 
aonalpronomina dahinter treten, aber in selbstständiger 
form, z. b. pat ae naa „ich gab". Hieraus können sich 
nun drei verschiedene formen entwickeln. Erstens: 
die beiden verbal wurzeln bilden schon in der radicalen 
periode für das bewufstBein des sprechenden eine einbeit, 
deren elemente er sich nicht mehr als getrennter bewul'st 
ist, und so ist es im chinemsuhen (Steinthal, characteristik 
s. 122), dann aber kann die später eintretende stammbil- 
duog und flexion nur am ende der zweiten wurzel oder 
genauer am ende des wurzelconapositums eintreten. Zwei- 
tens: die Stammbildung tritt ein, als beide wurzeln, wenn 
auch gewohnheitsmäisig mit einander verbunden, doch 
noch als gesonderte gefühlt werden. Nun wird das be- 
dürfnifs nach genauerer grammatischer bestimmung, wel- 
ches eben der stammbilduug zxi gründe liegt, sich vorwie- 
gend an der ersten, der epecielleren, wurzel geltend ma- 
chen müssen, die sich zu gunsten eines präciseren aus- 
drucks zu einem nomen agentis reep. actionis umgestaltet, 
während die zweite, tenipusbezcichnende, wurzel entweder 
unverändert bleiben, da sie ihrem zwecke ohnehin genügt, 
oder gleichfalls sich zu einem stamme umwandeln kann. 
Wie es also jetzt statt pat ma „fallen ich" etwa pata ma 
„fallender ich" heifst, so statt pat bhu lua etwa pataja 
bhu ma, oder auch pataja bhava (oder bhuja oder ähnlich) 
ma. Dieselbe art der entstehung nimmt Mergnet fßr die 
eigentlichen composita der noaiina (abl. d. verbalend. 32- 33) 
an und fügt hinzu: „Sobald nun beim entstehen der 
flexion die Wörter mit flesionsenduugen versehen wurden, 
ifiuiste dies nicht cur bei deo einfachen, sondern auch bei 

21' 



324 



Pauli 



den znsamiiiRngesetzten stattfinden". Dasselbe ist aber bei 
der Verbalflexion möglich: so gut die Casusbezeichnungen 
an die compoDierten stamme treten, ao gut köDoen dies 
modus- lind personalaftixe. Mergueta einwand, es sei nicht 
abzusehen, welchen zweck z. b. in amäfu-äm das -fu- ha- 
ben solle, da es doch in er-äm fehle, ohne dafs dessen im- 
perfectbedeutung beeinträchtigt sei, scheint mir nicht stich- 
haltig. Es lälst sich nämlich ohne weiteres (denn wenn 
das bei wurzeln möglich ist, so auch bei stammen) be- 
haupten, die beiden Stammelemente seien eben in foige ih- 
res gewohnheitsmäfsigeii beisammeostehens bei eintritt der 
flexion nicht mehr als getrennte gefühlt worden, sondern 
als einheit, an die nun die neue tempusbezeichnung ange- 
treten sei , gerade wie an die einfachen verbalstämme. 
Dafa dann die Vergangenheit in amäfu-äm doppelt ausge- 
drückt aciu würde, ist kein gegengrund für diese erklä- 
rung. Die spräche drückt manches doppelt aus, wenn ihr 
der einfache ausdruck nicht mehr genügend klar erscheint. 
So heilst es jet/.t je donne, wo dem "Lateiner noch dönö 
genügt, jetzt de Rome, wo früher Kömä hinreicht, jetzt 
deshalb, ahd. mbd. noch l)los des. Drittensr In flec- 
tiereuder zeit erhält der erste theil einer tempusumscbrei- 
bung eine flectierte form, zu der eine ausgebildete verbal- 
form hinzutritt. Das ist geschehen in kürajäu-kakära und 
den andern oben genannten. 

Die fraglichen lateinischen bildungen nun halte ich, 
was ich im folgenden für die einzelnen nachzuweisen su- 
chen werde, für bildungen jener zweiten art, so also, dafs 
die composition der stamme der flexion voraufging. Ich 
war früher anderer ansieht, wie ich sie in meinen verba 
auf -uo 3:j gelegentlich der formen feceräm etc. ansge- 
sproclien habe. Wenn Job. Schmidt in der zeitschr. f. d. 
gymnasialw., neue folge I, 208 diese abweichung von der 
lehre seines meisters Schleicher, der fecer-äm getrennt 
hatte, während ich fec-eräm haben wollte, nicht anerken- 
nen will, so gebe ich ihm jetzt darin völlig recht, aber 
wie er sagen kann: „es ist dies nur ein streit um wortei, 
denn factisch kommen beide erkifirungen auf dasselbe hin«! 



beitrage zur lateinischen Itvtlehre und etymolDgie. 



325 



ans, beide sehen ja zwiechen dem alten peH'ectataniine und 
den endungen die wurzel as ", das vermag ich nicht ein- 
zuseheu. Ist denn die vergleichende Sprachforschung blofs 
eine wortanatomie, wo es darauf aiikomtnt, lediglich die 
heetandtheile der einzelnen formen aufzuweisen, ist sie üicht 
vielmehr eine forschung nach der entwicklungsgeschichte 
der bestehenden formen, darin dem Darwinismus gleichend, 
dessen anhänger ja auch Schleicher war! Und giebt es 
denn gar keine verschiedene periodeii in dieser entwick- 
lungsgeschichte, enthält das schöae buch von Curtius y,/.vit 
Chronologie der indogermaiiisfhen Sprachforschung" eitel 
dunst und hirngespinstel Wenn das aber nicht der fall ist, 
dann bestand auch zwischen Schleichers richtiger ansieht 
und meiner falschen ein wesentlicher unterschied, und es 
war zwischen uns nicht blofs ein streit um werte. 

Wende ich mich jetzt von diesen principiellen ausein- 
andersetzungen zu meiner eigentlichen aufgäbe, im einzel- 
nen den näcbweis zu führen, dafg in aniäbäm etc. hdlfs- 
verbalwurzeln stecken, so kommt es hier vor allem darauf 
an, wenigstens eine dieser bildungen als proethnisch vor- 
handen zu erweisen. Wäre das nicht möglieb, so würde 
die Wahrscheinlichkeit, dafs diese formen vor der flectie- 
rendeo zeit gebildet seien, entschieden verringert werden, 
und es könnte der einwurf, dafs wir lediglich etlinische 
bildungen, d. h. also aus flectierender zeit, vor uns hätten, 
als ein sehr gewichtiger erhoben werden. Dann aber hätte 
Merguet recht, der erste theil der zusammengesetzten form 
müfste auch flectiert sein. Aber zum glücke läfet sich die 
proethnieche existenz einer der zusammengesetzten formen 
nachweisen. Scherer (gesch. d. d. spr. 202 ) hat dieselbe, 
als mit der würze] dha „thun" gebildet, erschlossen und 
aufser dem griech. aor. -^t/v, dem got. perf. -da, lit. imperf. 
-davau ihr das lat. imperf. -bäm zugetheilt. Ehe ich diese 
formen weiter untersuche, mufs ich anf den einwand Cor.s- 
sens (ansspr. I', 817) eingehen, es sei nicht glaublich, dalij 
-bäm, osk. -fäm aus einer andern wurzel stamme, als 
das lat. fut. auf -bö und das osk. perf. auf -fed. Die 
lautliche möglicbkeit an und fQr sich, dafs -bäm von 



326 



P*nli 



wiirzf>l dha stamme, wird Coreseo nicht läugnen wollen. 
Ferner wird er zugehen, dafs scheinhar gleich gebildet« 
formen dennoch in Wirklichkeit oft nicht desselben nr- 
sprunges sind. Mit recht leitet er selbst (krit. heitr. iR4) 
abdcre, conderc, abscondere von wurzel dha, während er 
z, b. ftir edere doch wohl wurzel dn „geben" zulassen 
wird. Ebenso zerlegt er (a. o. 4r>3) prlvns in pri-vu-e, 
dlvns hingegen wird er natürlich als div-ii-fi auffassen. 
Desgleichen wird er zugeben, dafs nicht alle tempora der 
lateiniscbeti conjugation gleichen Ursprunges sind, dafs 
z. h. das perfectum auf -sl anderen Ursprunges ist, als das 
auf -vi. Wenn so schon ein und dasselbe tempus sogar 
verschiedene hülfsverba zeigt, was sollte uns hindern, in 
verschiedeuen zeiten verschiedene hülfsverba anzuerkennen? 
Verwendet doch das griechische gleichfalls wurzel dha 
(-O-jji'] und as {-<nu) für verschiedene tempora unbekftm- 
mert nebeneinander. Ein anderer einwand, den er früher 
(a. o. 184) gcgSQ die ableitung von famulus aus wurzel 
dha erhoben hat und der sich hier wiederholen liefse, ist 
der, es habe sich bisher kein beispiel gefunden, wo ur- 
sprüngliches dh einer und derselben wurzel im lateinischen 
die beiden gestaltungen (d. h. also f, resp. b einer-, d an- 
drerseits) nebeneinander erhalten hätte. Wenn das wahr 
wäre, hätte Corsseii selbst mehrfach gegen diese seine 
eigene regel gefehlt. So leitet er z. b. arbor einerseits, 
arduus und Ardea andrerseits von wurzel ardh „wachsen** 
fausspr. I*, 170), ebenso urbs, verbena (ibid.) neben rosa 
für *vrod8a (ibid. 812) (wo ich, nebenbei, die ableitung 
Grafsmanns, deutsche pflanzennamen no. 194 aus wurzel 
vrad „biegsam sein" für lautlich und begrifflich besser 
halte) von wurzel vardh „wachsen**. Ich denke, das sind 
beispiele. Es wird also mit obiger regel wohl nicht so 
weit her sein, oder besserj auch andere dürfen wohl, wenn 
sie eben doch wahr sein soll, gegen sie fehlen. Endlich 
liefse sich einwenden, wenn -bäm aus wurzel dha entstan- 
den sein solle, so liege letztere in condebäm u. s. w. dop- 
pelt vor. Dasselbe thäte aber die wurzel bhu im osk. 
fufana. Wenn das aber angebt, so geht jenes auch. Bs 



beitrüge zur inteiumchen liutlehre und etytnologie. 



327 



liegt demnach kein stichhaltiger grund gegen die herlei- 
lung des -bäm von wiirzel dba vor. 

Wenden wir uns jetzt wieder zur hetrachtinig der ein- 
schläglichen tenipora, so finden wir den griech. aor. auf 
•thjv stets bei den verhen auf -ff^w, •i'^o), -airw, -vvtDy 
-fuw, -0£ü, -OTM, -10, sowie dem abgeleiteten auf -a/gw, 
-AAw, -rtTw, -TTw (Bnttmann, ausf. gramm. I", 472), wäh- 
rend die sogenannte zweite tempusbildung, also die ein- 
fache, fast mir den primitiven zukommt fders,, schulgr '' 
170). Ebenso finden wir das lateinische imperfettnra auf 
-b5m vom priniitivstamrae sicher nur in da-bäm und osk. 
fufans, die (ihrigen primitiven, wie fere-bäm, vole-häm, 
eHe-bäm, tege-bära u. 8. w. zeigen deutlich genug, dafs eben 
in dieser form nicht die blofse wurzel, sondern ein stamm 
stecke, was der langen vocale wegen auch bei sta bann, 
I-bam der fall sein kann. Genau ebenso liegt die sacbe 
im gotischen, wo die btldnng auf -da nur den secundären 
Verben stets zukommt, wie sokida, Labaida, salboda, fiiU- 
noda; von primären folgen ihr nur diu präteritopräsentia 
mahta, kunpa, panrfta, gadaursta, munda, skulda, ganauhta, 
aifata, vissa, dauhta, moäta, ohta; diese formen sind aber 
nur nothgedrungene neubildungen, weil eben das ältere Prä- 
teritum zum präseus ward. Derselbe Vorgang im litaui- 
schen. Im imperfectum tritt -davau an den zweiten stamm 
(Schleicher, comp. '841), der sehr häufig der analogie der 
abgeleiteten verba folgt (a. o. 790). Es ergiebt sich also 
fQr alle vier sprachen, dafa die fraglichen bildungen vor- 
wiegend den abgeleiteten verben zukommen, d. h. mit an- 
dern Worten, dafs die betreffenden zusätze, in denen ich 
also vorläufig die wnrüel dha annehme, nicht an die wür- 
zet, sondern an stamme gefügt werden. Die wenigen ab- 
weichungen erklären sich leicht aus einem Umsichgreifen 
dieser formationen über ihr eigentliches gebiet. 

Die Stämme, bei denen nun diese bildung sich zeigt, 
sind namentlich bei den meisten griechischen verben noch 
so deutlich nominalen Ursprunges, dafs es fftr die meisten 
derselben einer weiteren Untersuchung gar nicht bedarf. 
Nur die formen der verba auf -«w, -ew, -o'w nebst den 



828 



Pauli 



lateinischen imperfecten auf -äbäm, -ebäm, -ibäm (älter ale 
-iebäm Neue, formenl. n,3<ll), den gotischen auf -oda, 
-aida, -ida sind specieller zu untersuchen, nm festzustellen, 
welche gestalt dem stamme in ihnen ursprünglich zu- 
komme. 

Hier entsprechen nun die bilduogen auf lat, -ebam, 
got. -aida am genausten den griechischen auf -eviftjv. Wie 
in diesen einen uominalstamm auf -sv- = idg. 'au-, so 
haben wir in jenen einen solchen auf -ai- vor uns. Wie 
68 aber keine indogermanischen stamme auf -au-, sondern 
nur solche auf -ava- giebt (diese erklärung ist mir ftlr die 
dunkelen gr. -ei^- stamme noch die wahrscheinlichsle}, so 
ist auch -ai- auf -aja- i^urückzufübren und der abfall des 
letzten a gleicht dem des u in griechischen formen, wie 

k-notxiX-&T}v neben notxtko-^ 
k-xad-ctfi-ffTiv neben xa&ctQo-j 
k-fA.a),äy-&7jv neben uaXaxo- u. a. 

oder in indischen, wie in Icaran-jämi von karana- u. a. Es 
steckt demnach im lat. sede-bam (und den ebenso gebilde- 
ten der lat. 3, conj.), got. f>ulai-da ein stamm sadaja-, resp. 
talaja-, also formen von so sicher adjektivischem gepräge, 
wie das griech. üixauig^ äovksiu,; u. b. w. sind. Wie aber 
diese selbst noch wieder auf substantiva zurückgehen, so 
dörfen auch jene unbedenklich auf substantiva sada-, tala- 
zurfkkgeführt und -ja- als adjectivische ableitungsendung 
gefafst werden. Diese kann nun aber nicht blofs an sub- 
stantivstämme auf -a- treten, sondern ihrer natur nach an 
alle andern auch. So z. b. würden aus den wurzeln hhug, 
par sich die substantivstämme bbugja- {gr.tfvCa]^ parja 
(gr. nüon) entwickeln, aus diesen die adjectiva bhugja-ja-, 
parja-ja-, die, verkürzt zu bhugjai-, par-jai-, in den imper- 
fecten fugie-bäm, -perie-bäm vorlägen ; -1-bäm hingegen ent- 
steht, wenn der zu gründe liegende substantivstamm statt 
mit -ja- mit -i- gebildet ist. So erhalten wir die reihe: Wur- 
zel vas „kleiden", eubstantivstamm vasti- (vestis) „kleid*', 
adjectivstamm vastija- „mit kleid versehen", verkürzt va- 
stii-, contrahiert vasti-, davon vestt-bam (Neue, formenl. 



beitrILge znr lateiajBchen lautlelire und etymologie. 



329 



n, 347). Da der vierten lat. conj. grofsentheils solche ur- 
sprüngliche i- Stämme zu gründe liegen, so ist die that- 
eache, daJ's arcfiaiatisch hier -l-fiäm häufig war (Nene 
a. o,), mit obiger tbeorie im besten einklange. Der 3. conj. 
auf -iö aber gehören ursprüngliche -ja- Stämme an und 
deshalb findet sieb hier nie ein -I-häm, nur das vorauszu- 
setzende -ie-bäm, welches später, über sein eigentliches 
gebiet hinübergreifend, auch bei den i-stämmen herrschend 
wurde. Aul'ser -ebäm, -iehäm, -ibäm haben wir eine vierte 
form in -äbäm, got. -oda von den lateinischen verben auf 
-äre, denen die gotischen auf -on entsprechen. Hier liegen 
gleichfalls denominativa vor {Grafsmann, zeitscbr. XI, 100 
sqq.), gebildet wie die der ersten art, indem die oskischen 
formen auf -ait, -ai'et den aiisfüll eines j ffir das lateinische 
und gotische erweieeu, desgleichen für die griech. formen auf 
-^O'rjv. Sie unterscheiden sich aber von den formen auf -ebäm, 
-aida dadurch , dafs das ursprünglich zu gründe liegende 
nomen ein femininstamm auf -ä ist, es steht demnach z. b. 
lat. pugnäbam für pugnä-ja fadj.) dha ma. 

Ein anderer theil dieser bildiingen hat caiisative bedeu- 
tung> Es sind dies hauptsächlich die griech. formen auf -uiu 
(Grafsmann, zeitscbr. XI, 9f>), manche latein. auf -eö, wie 
doceö, moneö, moveö, torreö, noeeö u. a. (a. o. 88), 
eins auf -iö, söpiö (a. o. 89), einige auf -ö = -aö, wie 
domo, die gotischen auf -ja, wie laisja. Grafsmann (a. o.) 
bat, wie ich denke, nberzeugend nachgewiesen, dafs auch 
in ihrem ersten theile nomina stecken, im zweiten theile 
findet er die verbalwurzel i „gehen". Die zu gründe lie- 
genden nominalstämme sind sämmtlich mit dem snffix -a 
und Steigerung des wurzelvocale gebildet, z. b. idg. vaida-, 
und sind der bedeutung nach als abstraota auf -un^ an- 
zusetzen (cf. skr. vi^da- „wissung, wiesen" und viele an- 
dre ). Diese annähme eines nominalstamines findet ihre 
schönste bestätigung in dem -o- der griechischen formen 
neben dem -e- der denominativen gruppe, so dafs also 
z. b. in t'ivjUÖM „erzürne" (caus.J das nomen iVv^u „zorn" 
steckt, während dagegen in üyi-ibj „zaudre" ein adj. öxrfio- 
„zögernd" zu gründe liegt. Im gotisclicn ist dann der 



330 



Pauli 



endvokal des Stammes wieder abgefalten, so dafs also z. b. 
in tamja ein nomen dama- „zähmung" steckt. Wenden 
wir uns nun wieder an das chineaisf'he und vergleichen 
dessen cauaalbilduDg, so tinden wir (Endlicher, cbines. gr. 
272), dals dort das caiisale durch hinziifftgung von hülfs- 
zeitwörtem mit den bedeutungen „machen", „befehlen", 
„veranlassen", „senden" gebildet wird. Uebertragen wir 
das wieder auf die indogermanische wurzelperiode, so tiefse 
sich neben vid „sehen" ein vid i „eebeo herangehen" 
(adire, inire cf. Westergaard rad. sanacr, s. v. i) sehr 
wohl annehmen. Dann wurde in der zweiten periode die 
erste wurzel zum nominal stamm vaida, ao dafs nun vaida 
i ma „ich mache sehen, ich zeige" heifst. Dafs daraus 
ein causales vaidajämi in üectierender zeit entstehen konnte, 
wird Merguet nicht läiignen wollen. Der unterschied die- 
ser form von der denominativeii ist also der, dafs dort 
ein adjectivstamra , hier ein mit i „gehen" componierter 
substantivstamm zu gründe liegt. Da das lateinische keine 
eigene causalform erhalten hat, sondern bald -eö, bald -iö, 
bald -ö (= aö) anwendet, so ist hier schon eine miscbung 
mit der ersten art eingetreten , von dt-r sieh übrigens das 
griechische und gotische auch durchaus nicht frei erhalten 
haben. Ea ist das im lateinischen wohl hauptsächlich da- 
durch verursacht, dafs in der composition, und eine solche 
liegt ja eben hier vor, die nominalstäname ihren auslaiit -o- 
nicht rein erhalten, sondern zu -i- abschwächen, wodurch 
eine Vermischung mit der ersten art, den denominativea 
auf -iö und -eö, wesentlich erleichtert wurde. 

Es ergiebt sich demnach für sämmtliche lateinisclie 
imperfecta die roöglichkeit, ihren ersten theil aus un- 
flectierten stammen herzuleiten, und es fragt sich 
nur, in welcher geetalt die wurzel dha vorhanden ge- 
wesen sei, bevor sie beim eintritt der flectierenden zeit 
mit dem vorhergehenden stamme verschmolz, Betrachten 
wir zunächst das lat. -bäm, so ist es gebildet wie eräm, 
dies aber hat Schleicher mit recht auf eine gnmdform 
asajämi zurückgeführt (comp.' 8(19). Es steht demnach 
-bäm für dhaajämi. Dieselbe grundform setzt griech. ->frjv 



b«itTKj;c zur UUinisctien Uutlchri und etymologie. 



331 



neben ijv „ich war" voraus, dieselbe auch got. da {d. h. 
nur im sing.); ''*• Ja^a« hingegen erklärt sieh als dbava- 
jämi. DarauB ersehen "wir, dafs auch die wurzel dha nicht 
als nackte wurzel, sondern als stamni in die composition 
trat und zwar in derselhen gestalt, wie der erste tbeil des 
composituoiB. Denn wir haben zunächst dbaaja (reap. 
dhavaja) ma, dhaaja (dhavaja) aber zerlegen sich in dhaa-ja 
( dhava-ja) als adjective, dhaa aber (resp. dhava) in dha-a 
(dha-va) als Substantive, ersteres gebildet wie z. b. skr, 
pathe-äthaä- {Rv, V, ÖO, 3). Ebenso lassen sich die cau- 
eativa alfl vaida ia ma „eebung gehender ich" deuten, so 
daff) auch hier statt der reinen wurzel i ein nominalstamm 
ia- als nomen ageatis erscheint. 

Zum Schlüsse dieses absthnittes nun bemerke ich, um 
ntil'sveratändnissen vorzubeugen, folgendes: Es liegt nur 
völlig fern, obige erklärtingen für ein auch nur annähernd 
sicheres resultat zu hatten, ea ist ebenso leicht möglich, 
dafs sie völlig falsch sind, allein es war auch gar nicht 
mein zweck, durch ins einzelne gehende Untersuchungen 
ein als positiv feststehend zu bezeichnendes resultat zu 
finden, sondern nur, im allgemeinen skizzierend, Merguet 
gegenüber zu erweisen, dalis unter bestimmten hypotheti- 
schen voräusset/,ung«n, nämlich der bypotbese der radica- 
len und agglutinierenden Vorstufe auch für das indoger- 
manische allerdinge eine erktärung der fraglichen formen 
möglieb ist, und um hypotfaeseu kann es sich für so ent- 
legene Zeiten stets nur bandeln, so gut wie in den. ja so 
gern mit der Sprachwissenschaft verglichenen zweigen der 
naturwissenschaften. Auf das resultat selbst lege ich kei- 
nen werth, wenigstens nur in sofern, als sich ergiebt, dafs 
die temporalbildung mit dem hülfsverb dha in die proeth- 
niscbe zeit hineinreicht. 

Ißt das aber der fall, so können die flbrigen latei- 
nischen tempora entweder zu derselben zeit gebildet sein 
und nur ihre reflese in den verwandten sprachen verloren 
haben, oder sie können spätere bildungen nach der analo- 
gie jener alten proethnischen sein. Welches von beiden 
in Wirklichkeit der fall gewesen sei, ist hier uncrbeMicb, 



332 



m .^ Panli 



da sie auf jede von beiden arten eine sichere erklärung 
finden, Auf dae lat. fut auf -bö hier noch besonders ein- 
zugehen, unterlasse ich, da aich diee in dem ersten theile 
genau so verhält, wie das imperfectuni, während im zwei- 
ten die Wurzel bhu statt dha steckt, wie ea scheint, als 
-a-stacnm, denn -bö flectiert genau, wie vomö, und wie 
dieä aus vama ma entsteht, so also jenes aus bhava ma 
oder bhua ma. Dagegen erfordert das mannigfach abwei- 
chende perfectum wieder eine etwas eingehendere betrach- 
tung. Absehen will ich hier von dem auf -l gebildeten, 
da dessen bildung bis jetzt so wenig aufgeklärt ist, dafs 
die erörterung darüber hier uicht ßo nebenbei abgemacht 
werden kann. Das perfectum auf -vi, umbr. -fei, osk. -f€d 
(3. sing.) tritt unter denselben eracheinungen auf, wie das 
imperfectum und futurum. Es entsprechen sich : 

amäTl, amäbäm, amäbö ; 

delevl, delebäm, delebö; 

aervivi, servlbäm, servlbö; 
und wir dürfen daher wohl fdr den ersten theil dieser 
perfecta den gleichen Ursprung wie für den des imper- 
fectums annehmen, der zweite aber muis in seinen perso- 
nalendungen aus denselben gründen, wie das perfectum 
auf -I, hier unerörtert bleiben. Ich finde nun in -vi die 
Wurzel bhu, in derselben weise an einen adjectivstamm ge- 
fügt, wie im imperfectum die wurzel dha. Damit steht 
es durchaus nicht in Widerspruch, wenn ich (zeitschr. 
XIX, 225) behauptet habe, es sei meines erachtens von 
Merguet der beweis erbracht, dafs potui nicht aus pote 
ful verschmolzen sei. Curtius (berichte der k. 8. ges. d. 
wise, 1870. 26) hat diese meine ansieht nicht gelten las- 
sen wollen, allein eine nochmalige durchsieht des von Mer- 
guet in der programmabhandlung vorgeführten materials 
zwingt mich, dabei stehen zu bleiben. Eben die Statistik 
der einschläglichen formen läfst, wie mir scheint, nur die 
eine auffassung zu: Zu dem aus potis sum verschmolze- 
nen posBum sind die perfectzeiten nicht in gebrauch, nur 
Terenz wagt es einmal, pote fuisset zu sagen; statt ihrer 
erecheint stets ein einfaches potui, deaseo präsene im ob- 



beitrüge zur lateinischea lantleTirfl und eCymologie. 



333 



kischen noch vfreiuzelt vorkommt, im lateiniachen aber 
obsolet geworden ist. Daa ist atso gerade, als ob man 
im deutschen sagte: ich bin gewillt (praee.) neben icb 
wollte (praet.), alao etwas böcbst einfachee. Wenn Cur- 
tiua dennoch sieb dagegen sträubt, eine ansiebt aufzuge- 
ben, die auch mir lieb und geläufig geworden war, so Ver- 
anlafst ihn dazu, wie mir scheint, eine gewisse scheu, eine 
hauptstütze zu verlieren, auf welche Bopp seine ansieht, 
-VI sei aus ful hervorgegangen, gegründet hatte. Aber 
Mergnet selbst (abl. der verbalend. 26) giebt es zu und 
benutzt es eben dann ftlr seine folgerungeD, dafs potui, 
selbst wenn es aus pote ful erklärt würde, für formen wie 
am&Tl u. ä. gar nicht beweisend sei. Daa ist auch rich- 
tig. Selbst wenn potuI für pote ful stehen sollte, was 
ich aber, wie gesagt, jetzt nicht mehr glauben kann, so 
wäre ea doch so jungen Ursprunges, dafs es für das, wie 
die oskisuh-umbriscben formen zeigen, schon altitaliscbe 
perfect auf -vi weder pro noch contra zeugen könnte. 
Chronologisch so entfernt liegende bildungen haben gegen- 
seitig keinerlei beweiskraft für einander. Und das ist hier 
ein glück, denn wir können jetzt getrost die erklärung 
von poteü aus pote fui aufgeben, gestiltzt auf das statisti- 
sche material von Merguet, ohne dafs dadurch, wie ich 
schon früher (Kcitechr. XIX, 306) gesagt habe, für die 
entstehung des lat. -vi, -ui irgend etwas präjudiciert sei. 
Dafs ich für potuI trotzdem, wie für alle perfecta auf -vi, 
-ui, eine composition mit bhu annehme, habe ich gleich- 
falls schon gesagt (1. c), aber icb stelle ea eben jetzt mit 
allen übrigen in eine reihe, und potui ist jetzt für mich 
nichts anderes, als seciiT, monul, salui, d. h. ein gewöbn- 
liches perfectum auf -ul. Wenn ich früher («eitscbr. XIX, 
226) potuS von potlvl glaubte trennen zu müssen, so ist 
88 mir bei erneuerter erwägung jetzt doch rathsamer, beide 
formen für ideutisch nnd potivl als die ältere, potuT als 
die jüngere auzusehn, da bei einem wurzelverb, wie potiö, 
-ere ^ skr. patjate eins wäre, das perfect auf blofses -I 
gebildet sein, also pötT lauten würde, wie es fi>dl, fugl, 
fecl u, s. w. heifst, und icb überdies die auiiicbt Corssens 



334 



Panli 



(ausspr II', 2. 2P>. 21), -ui sei aus -ävi, -gvl, -ivl in folge 
der älteren betoniing der vorhergehenden wurzetsilbe ent- 
Btanden^ entfichiedeii für die richtige halte. Es stellt dem- 
nach pottvl dem vestIvT in eeiaer bildung ganz gleich, dies 
aber wieder dem vesttbüm und, wie dies aus vastija dbaaja 
hefvorgehn konnte, so jenes aus patija bhu {der norninal- 
stamm des bhu bleibe för jetzt unentschieden). Der un- 
terschied zwischen der Boppschen und meiner erkiärung 
läuft also darauf hinaus, dafs Bopp die form potui in hi- 
storischer zeit aus flectiertem potia und flectier- 
tem ful, ich dagegen sie in vorhistorischer zeit aus 
iinfJectiertem pataja und unf lectiertem bhu entste- 
hen lasse, mit dem dann erst die personalendungen ver- 
wuchsen. Die bestandtheile der form sind also nach bei- 
den ansichten dieselben, der unterschied aber liegt in der 
entstehungszeit. 

Während für das imperfectum auf -bäm, das fut. auf 
-bö und das perf. auf -vi eich der erste theil der mit 
ihnen gebildeten formen als gleichgebildet herausstellte, 
weichen die perfecta auf -sl wesentlich davon ab. Hier 
ist daher eine eingehendere betrachtung nöthig. Es ist 
nichts neues, dafs diese perfectformation fast ausschliefs- 
lieh bei verbeii sich findet, die schon im präsens eine, sei 
es natura, sei es positione, lange Wurzelsilbe haben. Der 
ausnahmen gibt es wenige, etwa nur mansl (mäneo); 
-lexl (-liciö), -spexi (-spTciö), coxl (eöqiiö), rexl (rego), texl 
(tegö)^ vex! (vehö), traxi (trähö); -cussl (-cütiö), divisl 
(divido); gesBl (gero) und das unklare pressl, also im gan- 
zen 12. Daneben aber finden sich über 70, deren wur- 
zelvokal im präsens lang ist. Innerhalb derselben aber 
giebt es verschiedene deutlich wahrnehmbare gruppen, 
und zwar folgende: 

1) der vocal ist natura lang: haesi, clausl, saepsl; rlsl, 
lüxl; auäsl, räsi, ccssi, rösi; 

2) der vocal ist positione lang: 

a) das präsens hat einen nasalen: planxl, sanxl; linxl, 
▼inxl; junxl; 



beitrilge zur laCeinischeo Itiiilchre und otymologie, 



335 



b) das prfisens ist dur*!h n verstärkt: vulsl (vellö för 
*volnö); tempsl (teinnö); 

c) das präseas ist durch t verstärkt: flexi; misl; 

d) die vcurzel hat doppelten endconsonanten : alsl, 
arsi, carpsi. 

Hierbei drängt sic^h nun sofort eine Wahrnehmung auh 
Während das perfectum auf blofses -i sich in der regel 
an die lilofse wurzel fftgt, liegt hier bei dem auf -sl stets 
der präsensstamm zu gründe. Das zeigt sich namentlich 
deutlich bei der gruppe 2a, wenn man 2, b. pepigl tnit 
planxl vergleicht, aber auch in 2b und 2c hat man vulsi 
aus *voln-8l, tempsl ans *temn-Bl, tem-sT, flexi aus *flect-si 
zu erklären. Der beweis hierfür wird durch die entspre- 
chenden supina gefülirt, die ja flexum, vulsum heifsen, 
während sie bei den blofsen auslauten c, resp. I (statt et, 
reep. II für In) in der regel auf -tum enden uud dies nicht 
in -sum wandeln, z. b. coctum, düctumj cultuai, saltum 
u. 8. w, (cf. Grafsmann, zeitschr. XI, 'il); freilich heifst es 
tcmptum, nicht teinpstim, wie man danach erwarten sollte. 
Dieser zu gruiiie liegende präsensstamm aber enthält im 
lateinischen {überhaupt in der ganzen ersten Boppschen 
bauptconjugation der indogerm. sprachen), wie schon Stein- 
thal (character. 291) eo genial durchgeführt hat, stets ein 
nomen agentis. Während also pepigl sich direct aus der 
wnrzel pag (pakj ableitet, geht plauxl durch den noroinal- 
stamm plang- (ptango-) hindurch, dieser aber steht in folge 
proethnischer metathese nach wohl ziemlich allgemeiner 
annähme für plaguo und dies wäre ein participialstamm 
von Wurzel plag (plak), wodurch sich unsere no, 2 a und b 
als in vorhistorischer zeit identisch herausstellen. Fflr 2c 
ergiebt eich aber auf demselben wege ein participialstamm 
auf -to-, der ja auch sonst, z. b im sanskrit, dem auf -no- 
genau zur seite steht. Die bildung des perfectums auf -sl 
fllr die grnppen 2a. b. c stellt sich somit als in ihrem er- 
sten tbeile einen unflectierten nominal -(participial-) 
slamnv enthaltend heraus. Wir gewinnen also hier ein 
ähnliches reaultat, wie hei dem imperfectum auf -bäm, und 
wenn wir dort wnrzel dha finden durften, so haben wir 



S36 



Pauli 



hier wurzel as, deren atammbildung wieder unerörtert 
bleibe. Das perfectum auf -sl, in die agglutinierende pe- 
riode zurückübersetzt, würde also z. b. für junxl, flexi lau- 
ten jugna as, bhrakta as, woran daan die bia jetzt noch 
nicht zur genüge erklärten perfectendungen als flexion ge- 
fügt wurden. Nun werden auch die übrigen bildungen 
klar. Neben den eigentlicben participien alg uomina agen- 
tis kennt das indogermanische eine andre art nomina 
agentis, gebildet durch bJolses -a- (für daa sanskrit vergl. 
Bopp, ki. gramm.* 379). Diese finde ich ip den verben 
der gruppe 2d wieder, so dafs also z. b. serpsi aus sarpa 
as entsteht. Die kurzvocaligen könnten gleichen Ursprun- 
ges sein, da diese nomina agentis meist ohne vocalsteige- 
ruug gebildet werden, falls nicht etwa in ihnen, was auch 
möglich acheint, daa -sl sein ursprüngliches gebiet über- 
schritten und jene perfecta daher ursprünglich m&nl (oder 
manul); -lecl, -speci, cöqui, regi, tegl, vebi, träbl; -cütl, 
dirldl; geri gelautet hätten. Es ist aber für die gruppe 
2d noch ein anderer Ursprung möglich, der für gruppe 1 
nothwendig wird. Da, wie bereits gesagt, die nomina 
agentis, wenigstens von consonantiach scblieJseuden wur- 
zeln, fast stets ohne vocalsteigeruog gebildet worden, so 
können die verba unter 1 , die allesammt gesteigerte vo- 
cale enthalten, dieses Ursprungs nicht sein. In ihnen 
fiteckt, meiner ansieht nach, das nomen actionis auf -a- 
(Bopp I. c. 381), vor dem der wurzelvocal gesteigert wird. 
Dies nomen actionis stände dann etwa locativisch (natür- 
lich ohne die überhaupt noch nicht vorhandene locativ- 
endung), wodurch sich ungefähr derselbe ainn, wie beino 
nomen agentis ergäbe. Es wäre demnach dixl aus daika 
as „(in) sagung sein " entstanden. Dasselbe könnte auch 
für gruppe 2d angenommen werden, weil die positiona- 
länge in ihnen die natur des vorhergehenden vocals nicht 
sicher bestimmen läfst. Die perfecta der kurzvocaligen 
wären dann aber mirsbräuchlich entstanden und ständen in 
diesem falle statt der älteren oben aufgeführten formen 
auf blofses -l. Damit hätten auch die perfecta auf ~äl ihre 
erklärung gefunden, deren voritalische existenz durch die 



leitrSge zur lateinischen Ittntlehre und etymologie. 



337 



rechendeu celtisclieu bildungen (Zeufs-Ebel, gr. cell 
4til Bqq.) eivvif'scn wird. 

Fasse ich kurz uuq noch einmal das resiiltat meiner 
Untersuchung zuaammen, so ist das wesentliche ergebnifs, 
worauf es hier allein ankommt, diesr Die fraglichen tem- 
jjusbildinigeii sind bereits in proethnischor zeit vor ausbii- 
duiig der flexiou entstanden. Sie bestehen aus zwei un- 
Qectierten stänimen, die iu dieser form verschmolzen und 
an welche eich dann in flectierender zeit die flexionsen- 
dnngen anfügten. 

Es ist also, meiner ansieht nach, kein grund gegen 
die erklärung der fragücheu tempusbiidungen aus hüfsver- 
ben vorhanden. „Doch selbst wenn ich diesem negativen 
resultate des verf. bßietimmen könnte, der positiven auf- 
stelluug desselben kann ich mich nicht auscbliefseu '^. So 
schrieb ich iu der receusion des gröfserou werkes von Mcr- 
guet (zeitschr. XIX, 300 j, und das mufa ich auch jetzt 
wiederholeu. Freilich legt Merguet, wie er mir brieflich 
mitgetheilt hat, auf diese „hauchverdiohtnngstheorie", wie 
sie Coreeen nennt, keinen grofsen werth, das negative re- 
Bultat sei ihm die hauptsache ; aber, da er sie in der klci- 
nereo schrift (s. 39) abermals zu stützen sucht, so mufs 
ich meine gründe gegen dieselbe ausführlicher darlegen. 
Zunächst giebt Mergiiet selbst zu, na(;h sonstiger art wäre 
die beseitigung des durch antritt vocalieeli anlautender en- 
dungen an vocalisch iiuslautende stamme entstehenden hia- 
tus durch coutraction zu erwarten gewesen. „Die spräche 
konnte aber in diesem falle dieselbe zu vermeiden dadurch 
veraulal'st werden, dafs durch eine solche coatraction hier 
der weaentHcli auf dem eiidungsvocal beruhende character 
der form verdunkelt wäre". Das bietet der spräche sonst 
in allen klar liegenden fällen keiu hindernifs für die con- 
traction. Im griechischen wird sowohl der indicativ rt- 
«ao,H«)', wie der conjunctiv TiftcioiftEv gleichuiäfsig zu ri/tw- 
iiav contrahiert, obwolil dadurch die Unterscheidung der 
modi verloren geht; desgleichen tritt der ältere gen. plur. 
fem. uya&tttiii' später stets contrahiert als äya&m' auf, ob- 
wohl dadurch der unterschied der geacblechter verwischt 

Zeitichr. f. vgl. spraohf. XX. 6. 22 



3a& 



Pauli 



wird; ebenso giebt nAoo^ und nXoovg gleichmäfsig nlove, 
rjxoa wird dem nominativ jy;^cu gleich, es fällt also durch 
die coütraction die tmterscbeiduug der casus fort; die zn- 
saininenKiehuug eudlicli von yJaai (du.) und xioace (pliir ) 
zu y.i^u tilgt die diflFerenz, der iiumeri. Daa sind also alles 
föUe, wie sie Merguet im äuge hat, und alle beeeitigen 
Hiatus diircb coutraotioii, obwohl dadurch „der wesentlich 
auf dem enduugsvocal beruhende charactcr der form ver^ 
dunkelt" wird. Und das geschieht nicht blol's im griechi- 
schen, dem eine gewisse iieigung zur coütraction nicht ab- 
zusprechen ist, das lateinische verfährt in klar liegenden 
fallen genau ebenso. So ist amäö zu amö Kusammengezo- 
gen, obwohl es dadurch der 3. conjugation gleich wird; 
statt des dativs der 4. decl. auf -ul wird häufig zusam- 
mengezogenes -ü gesprochen (Neiie^ formenl. I, 3tit>) und 
so der dati%' dem ablativ gleich; auf dieselbe weise ist in 
dem -IS des dat. abl. plur. die Unterscheidung der geschlech- 
ter verloren gegangen, die in dem -äs für -fiis (nur noch 
in dem deväs corniscäs des corp. inscr. I. no. 81 4) und 
dem -eis flQr -ois früher möglich war und sich so leicht 
hätte erhalten lassen. Da» alles sind völlig sichere lS,lle 
fiir beseitigung des hiatus durch coütraction; für beseiti- 
gung desselben durch consonanteneiuschub werden auch 
wohl hin und wieder beispiele angeführt, aber sie sind 
entweder ganz unsicher oder anders aufzufassen. Einige 
solcher lalle hat Bopp in der sanskritischen declination 
finden wollen, z. b. in dem verhalten des neutr. dätr neben 
dem masc. datr, wo ersterea verschiedene casus, als 
dfitfnä, dütfne, dütrnas, dätfni; dätnil, dätinüs; dätr'ni mit 
n neben den masc. formen dütni, dütre, dätüs, dfltäri; 
dätaräu, dätrös; dtUiiras, dätf'n ohne n bildet, ebenso in 
dem j von piviijfu u. ä. formen. Allein unsere kenntnifs 
von der ältesten geetalt der casusformen des indogermani- 
schen ist noch so unsicher, dafs jeuer Boppschen erklä- 
ruog mit vollem rechte der einwaud, das n sei ur.sprüng- 
lich, entgegengehalten werden kann, wie z. b. Scherer 
(gesch. d. d. spr. 205) ansdriicklicli behauptet, dies n be- 
ruhe auf einem nebonstamme. Keinesfalls lassen sich wei- 



beitrSge zur lateiniKchen lautlehrc und etymologte. 



S39 



tergehende schlösse auf jenes d oder j bauen. Dai'e man 
im französischen cet ami, mon amie, parla-t-il neben oe 
roi, raa soeiir, 11 parlu sagt, beweist gleichfalls nichts, denn 
alle jene consouantisch auslautenden fornien sind die älte- 
ren (mon für meam, wie ujasc. mon für meuni), die vor 
dem Yocal ihren auslaut bewahrten, der sonst abäel. Das 
ist aber eine wesentlich andre eracheiuung, als der von 
Merguet behauptete hiatushindernde einachnb. Die einzige 
thatsache, die vielleicht wirklich sich eo erklärt, ist die 
in Frankreich nach Ploetz allgemein geltende ausspräche 
der redensart entre quatre yeux als quatre-zieux, allein 
auch hier können die pluralendungen in deiix, trois das 
ihnen zunächst Hegende quatre in ihre analogie gezogen 
haben, wie ja auch das x in deux neben lat. duo erat neu- 
bildung ist, und der grund ftSr jenes gesprochene 8 wSre 
dann eben kein lautlicher, sondern es läge eine, wenn auch 
falsche, phiralneubildung vor. Aus allen diesen thataachen 
ergiebt sich, dai's Mergiiets annähme, der hiatus könne im 
bestimmten falle statt durch contraction durch Uauchein- 
schub beseitigt werden, grade In den schlagendsten fällen 
sich nicht bewährt, sondern die contraction auch hier das 
einzige mittel bleibt. Auch die von Merguet selbst (for- 
menb. 205, abl. der verbalend. 40) zur stütze seiner ansieht 
beigebrachten beispisle vermag ich nicht als solche anzu- 
erkennen. Dals in den formen, wie mortuva, iimbr. sub- 
ocavu, das v aus dem u heraus sieb entwickelt haben 
könne, giebt Merguet selbst zu. Dahin gehören aber auch 
die formen Trovum, audivunt, osk. tribarakavum, die er 
gesondert aufführt. Das lat, v hat aber eine noch grössere 
Verwandtschaft zum o als zum u, was z. b. aus formen 
wie vortö für vertu, noch mehr aber aus dem langen er- 
halteu des o nach v in servoa u, ä. zu ersehen ist. Es 
fallen daher auch die beispiclc lat. vivolenta, ital. vivola, 
Giovanni unter diese kategorie. Wie aber v zu ii, o, so 
verhält sich j zu i, e. Es ist also auch in Tejodosio, 
Tejodoto das j nicht zur Vermeidung des hiatus eingescho* 
beu, sondern aus dem e entwickelt. Den aus dem grie- 
chischen entnommenen formen kann aus einem doppelten 

22* 



340 



Pftnli 



gründe keine Beweiskraft zugestanden werden. Einmal 
nämlich giebt Merguet selbst zu, das in ihnen sich zei- 
gende V könne möglicherweise aus dem ^ entstanden sein. 
Formen aber, die mehrfache erklärungen zulassen, beweisen 
weder pro noch contra. Sodann aber ist es eine bekannte 
erecheioung, dafs fremdwörter im volksmunde überaus 
häufig verunstaltet werden und zwar nach keiner bestimm- 
ten regel. Darnach verlieren denn die formen Ägesilavi, 
Archelavos, Menelavos, Nicolavos, Prothesilavo, Danavia, 
Danavoiii, Oinomavos, averta, musivum, Argivi^ oliva (falls 
es entlehnt ist; wo nicht, so ist auch got. alev nicht ent-« 
lehnt und dann das v ursprünglich), archivum, Achivi, 
Larisaevus, Bohetyus, dihacoous ihre beweiskraft, und es 
bleiben von Merguets beispielen nur lat, Janujariano, afigi- 
nigenus, grugem, Trobis, veteranebis, umbr. stabu, voUohom, 
osk. sakabiter übrig. Aber selbst von diesen sind noch 
die drei ersten unsicher, denn im volksmunde findet sich 
die erscheinung nicht selten, dafa der anlant zweier silben 
einander gleichgemacht wird. So sagt man lat. liX\wm fdr 
gr. Xiigiov, ital, Luglio (spr. Luljo] fiir lat. Julius (als mo- 
nat), vielleicht lat. coyuö, q'uingiie für poquö, pinque, sicher 
wieder skr. pvafiuras für sva^uraa und sonst, und so schei- 
nen mir auch Janujariano, aliäriniffenus, ^^rugem, vielleicht 
auch die oben schon anders erklärten ripolentus, ital. f?i- 
cola entstanden zu sein. Es bleiben demnach nur zwei 
lateinische, zwei umbrische und ein oskisches beispiel übrig, 
wo sich für das b keine andre erklarung bietet, als die 
von Merguet. Es ist aber, wohl bemerkt, nur das h, 
welches auf italischem gebiete so uach weisbar ist, kein v 
und kein j. Die erhärtung des hauches, wie sie Merguet 
dann femer annimmt, liegt allerdings fiQr das vuigärlatei- 
nische in einigen fällen vor. Keine Verhärtung aber, son- 
dern eine lautschwächung ist es, wenn retnigeudum, sub- 
tragere, nigil geschrieben ist, denn hier folgt das inlau- 
*onde h nur dem alten zuge zur Umwandlung in g, die 
.tiva fortis wird zur explosiva icnis und das ist 
wächung. Wirkliche hauchverdichtung oder -ver- 
oder wie mflii es sonst nennen will, liegt nur 



beitrage zur lateiniaehen liutlahre und etjrraolog^e. 



341 



vor, wenn mihi zu micbi, mixi (x = ch), oihil zu nichil, 
nicil, nikilo sich gestaltet. Aber auch daraug lassen sich 
keine folgeriingen ziehen, denn erstens bandelt es sich in 
diesen beiden fällen um ein etymologisch begründetes h, 
nicht um den blofsen biatushindernden einschub, sodann 
haben wir vulgärformen vor uns, und der bomo ruaticus, 
wenn es gilt, mündlich oder schriftlich sich als gebildeten 
mann zu zeigen, liebt es, die laute zu outrieren. Die dem 
kleinen börgerstande entsprossene stettiner gouvernaute, 
die als kind ^jott, jejeben" sprach, sagt, wenn sie gebil- 
det spricht, „kott, kekeben". Der Hannoveraner aus dem 
Volke, wenn er mit dem Altpreul'sen spricht und ihm ge- 
genüber sich der ausspräche des st als öt glaubt befleifsi- 
gen zu miissen, sagt nun nicht blofs „stuhl, ötehn", son- 
dern auch „pistole, Gustav". Während das hiesige volk 
statt ä stets ä spricht, wandeln die feinen damen, um 
das ä zu vermeiden, das ä in das andre extrem, sie spre- 
chen äv Das lat. h neigte zur elision, namentlich im volks- 
munde (Corssen, ausspr. I*, 109). Wollte nun der bomo 
rusticus sich dem fernhalten, so outrierte er eben den laut 
und sprach und schrieb uichil , nicil. Aus sämratlichen 
beispielen, die Merguet beibringt, ergiebt sich also nur, 
dals 1 ) ganz vereinzelt im hiatua sich ein h entwickelt, 
und dafs 2) in der vulgärsprache zuweilen ein echtes h 
zu ch und k outriert erscheint. Daraus folgt aber für die 
weit-, weitab gelegene zeit, in welche die entstehung der 
lateinischen flexion fällt, auch nicht das mindeste. Die 
fälle endlich, wie euguaugelia, guaetare und dgl. gehören 
gar nicht hieher, denn hier ist u der coneonant. Dal's aus 
consonanten sich parasitische nebenconsonanten entwickeln, 
ist freilich häufig genug, beweist aber für den vorliegenden 
fall gleichfalls nichts. 

Es findet somit die aueicbt Merguets, die consonanten 
der tempussuffixe -bäm, -bö u. s. w. hätten sieh aus hia- 
tushinderndem einschub verdichtet, von keiner seite her 
eine stutze. 

Ein zweiter hauptpunkt, der mir eine beaprechuug zu 
verdienen scheint, ist die bildung der Superlative. Merguet 



842 



Panit 



(formeiib. 127) hatte -issimo- au9 -istimo entstehen lassen 
und dies io -ista-mo- zerlegt unter der annähme, -mo- Bei 
erst später au das ältere -isto- = skr, -istlia-, haktr. -ista-, 
gr, -töTo-, got. -ista- angetreten. Dieser erklärung hatte 
ich mich in der recenaion fzeitschr. XIX, 306) angeschlos- 
sen, während Corssen (aiisspr. IP, 1022) die richtigkeit 
derselben bestritten bat. Ich halte auch jetzt noch Mer- 
gnets ansieht für die richtige. Die gründe, die mich dazu 
bestimmen, sind folgende. Die form -ista- des superlativ- 
suffixes ist eben durch jene oben angeführten reflexe als 
proethnisch erwiesen (cf. 8chffeieher comp.* 488). Als er- 
wiesen für jene zeit darf man aufserdeni das suffix -ma- 
(ibid 491) und das auffix -ta-ma- (ibid. 4911) ansehen, wäh- 
rend für die comparative -jans (ibid. 479), -ra- und -ta-ra- 
(ibid. 485) als alttndogermanisch sich ergeben. Dagegen ist 
-istimo- nicht proethnisch, sondern erst jüngeren Ursprungs, 
wie alle die comparative und Superlative mit gehäuften 
sufBxen, aufser -ta-ra- und -ta-ma. Es könnte aber an 
und für sich doppelt erklärt werden, einmal als aus -isto- 
-mo-, zweitens als aus -is tomo- entstanden. Die Super- 
lative auf -ista- gehören aufs engste zu den comparativen 
auf -Jans-, aus denen sogar ihr erster thril entstanden ist, 
wie Bopp, Corssen und auch ich annehmen (Merguet 
spricht sich nicht darüber aus). So stehen im sanskrit, 
haktriachen, griechischen, germanischen beide Suffixe regel- 
mäfsig hei denselben Wörtern neben einander. Ferner ge- 
hen -ra- und -ma- band in band, was besonders im latei- 
nischen gerade sich deutlich zeigt, wenn man sich an in- 
fe-ru-8, infi-mu-s; eupe-ru-s neben 'supi-mu-s (sum-mus) 
erinnert. Die dritte gruppe bilden die Suffixe -ta-ra- und 
-ta-ma-, im lateinischen in ex-te-ru-s, ex-ti-mu-s; in-t-rä, 
in-ti-mu-s; ci-t-rä, ci-ti-mn-s; ul-t-nT, ul-ti-mu-s erhalten. 
Wie sich nun später aus den proethnisoh überkommenen 
formen ioferus, superus, exterus, inträ, citrä, ultra neue 
comparative durch anhängung eine.s zweiten coinparutiv- 
sufBxes, nämlich -iös-, bildeten, so haben sich, meiner an- 
sieht nach, aus den proethnisch überkommenen superlati- 



beitrage znr lateinischen liinllehre nnd etymologie. 



343 



ven auf -isto-, welches neben dem eomparativ auf -iös- 
mit zwingender nothweiidigkeit auch im lateinischen einst 
vorhanden gewesen sein miifs, durch anhängung des zwei- 
ten Buperlativsuffixes -mo- die neuen Superlative auf -issimo- 
gebildet. Denn wie es im sauäkrit mähljan, mäbiätbas, im 
zend mazistö, griech. /<tCwj', (iiyiOTog^ got. mais, maists 
heifat, eo miiJs es auch zu irgend einer zeit ein altitali- 
sches magiös, magistos gegeben haben. Eine spur dieser 
bildung sieht Merguet mit Corssen (zeitschr. III, 268) in 
demfidusta: ea quae maximae fidei erant des Festns. Das 
n statt i erklärt sich ans der älteren gestalt des compara- 
tivsuffixes leicht. Schweizer (elem.- und formenl. der lat. 
spräche l':2) hält auch das suffix von arista „ähre" fdr 
superlativisch, desgleichen Corsaen (zeitschr. III, 285 sq.) 
das von juxtä, praestö, und ans den gentilnamen der Ari- 
stii, Äpustii und Antistii möchte ich die Superlative aristos 
„der anhänglichste" (zu skr. arjä; gr. äoiaroi^ hat wohl _^- 
zu anfang), apustos „der entlegenste (cf, gr. ('cnio^Y und 
antistos „der vorderste" erschüefsen, ähnlich wie die Post- 
umii sich von postumus „der letzte" ableiten. Wie nun 
aus ex-tero- sich ex-ter-iös bildete, so aus *mag-isto- ein 
*mag-i8to-mo-, welche lauiform in dem alten solliatimus 
vorliegt. Sodann aber ging dies -istomo- in -issumo-, 
-issimo- über und wurde in dieser form das allgemein göl- 
tige Suffix des lateinischen Superlativ. So weit bin ich 
also mit Merguet so ziemlich einer aneicht. Hier komnat 
nun aber ein pnukt, in welchem ich von ihm wieder auf 
das wesentlichste glaube abweichen zu müssen. Es betrifft 
die bildung der Superlative auf -errimo- und -illimo-, in 
denen das zweite r resp. 1 entstanden sein soll, um nach 
der eingetretenen Verschiebung des hochtons die neube- 
tonte silbe durch positionsiänge zur tragung des hochtones 
geeigneter zu machen (formenb. 129). Wenn diese erschei- 
uung an und für sich im lateinischen auch nicht zu läug- 
nen sein mag, so halte ich sie doch hier für nicht vor- 
handen. Fast alle adjectiva, die hier vorliegen, sind -o- 
und -i-stämmc, was Merguet (a. o. 128) selbst hervorhebt. 



S44 



Fkali 



Die für diese Btämme aber aonat angewandte superlativ- 
endung ist -iasimo-, und ps ist daher von vorn herein an- 
zunehmen , dals sie allen o- und i -stammen eigen gewe- 
sen sei. Diese annähme wCirde man nur dann als falsch 
aufzugeben haben, wenn ihr lautliche Schwierigkeiten oder 
sonstige gegeugrunde in den weg träten. Die aber sind liier 
nicht vorhanden. Es ergiebt sieh aus der vergleiehuiig des 
ganskrit, wo der ton mit wenigen ausnahmen auf der ersten 
silbe, und des griechischen, wo er stets auf der drittletzten 
liegt, d.h. so weit nach vorn, als es das griech. überhaupt noch 
gestattet, dals die überkommeue betonnng des lateinischen 
gleichfalls die der ersten silbe gewesen sein mufs. Es hiefs 
demnach 'magistos, 'öcistos, wie es skr. mähisthas, apiätbas, 
gr. ßayiarog, wzttfroi,' hiefs, und wie sich nun aus nnigistu- 
luos, öcistumos durch die raittelstufe inägissumos, öcissu- 
moa ein maxunios, maximus und oxime bildete (so auch 
Merguet a. o. f2D), indem der tieftonige vocal vor dem 
BS ausfiel, so entstand auch aus celcristumoa, simtlistumos 
durch die mittelstufe celeris&nmos (erhalten in dem eele- 
rissimus des Ennius und Matius bei Neue, fbrnienl. II, 74), 
similiäsumus (cf. utilissimus) nach ausfall des tieftnnigen 
vocals vor dem 83 ein 'celersimue, 'similsimus. Diese for- 
men aber assimilierten sich zu celerriraus, eimillimuß, wie 
*ter8a, 'torseö (beide zu skr. trs „sitire", deutsch durst, 
dQrre), 'terseö (skr. tras „zittern") etc. zu terra, torreö, 
terreö und wie 'colsum (deutsch hals) zu collum. (Neben- 
bei gesagt, halte ich auch ftlr ferre, velle an der Entste- 
hung aus ferse, velse fest gegen Merguet form enb. 248, 
wovon nachher.) Diese, wie ich eben sehe, auch schon 
von CurtiuB an Schleicher (comp.* 262) brieflich ausge- 
sprochene ansieht halte ich für die allein zulässige, weil 
wir nur so für den lateinischen Superlativ, abgesehen von 
den proethniscb überkommenen formen auf -mo- und -tomo-, 
eine einheitliche bildung gewinnen. Denn es bleiben ans 
jetzt nur noch die formen supremus, extremus u, ä. zu er- 
klären übrig. Dafs es, den altüberkommenen formen sum- 
mua, extimus gegenüber, ueiibilduQgen sind, so gut wie 



beltrilge zur lateinischen UuÜehr« und etymologie. 



345 



superiör, extcriör für den cnmpjirativ, liegt auf der hand. 



Wi 



ih 



den veralteten und 
nicht mehr als solchen gefühlt<?n comparativstamm supero-, 
extero- anlehnpn, so auch die Superlative. Wie sich an 
dicBeti stumm das gewöhnliche -iör i'ügtc, so im aupcrlativ 
das gewöhnliche -issimus. Es entstünden also formen, wie 
'superissimus, 'exterissimiis. Daraus konnten einmal siiper- 
riinua (erhalten von grainmatikern bei Neue, formenl. II, 7ü), 
*exterrimn8 hervorgeiin, aber auch mit nochmaligem au8- 
fall des tieftonigen vocals *8iipermM9, *extermu9 nnd hier- 
aus mit metathese supretnus, extremus, wie für *cer-vi 
(von oer-no), *ßper-vi (sper-no) mit metathese crevi, sprevi 
gesagt wird. Es liegt also auch hier das compouierte 
SLiffix -isto-mo- zu gründe. Diese erklärung scheint mir 
der von Merguet (formeiib. 126) aus alten locativeii *snprai, 
*extrai vorzuziehn, da ich nicht glaube, dafs casusformon 
comparal ionsfähig sind. Wenn Merguet (a, o.) den grund 
zu wissen verlangt, weshalb gerade in zwei specielleu fäl- 
len «bei -erriniuB metathese eingetreten sei, sonst nicht, so 
läfst sich ein solcher grund allerdings nicht angeben, so 
wenig, wie dafür, dafs es z. b. major mit ausfall des g, 
aber magis mit erhatteueiu heifst, dafs in letzterem das u, 
in minus dagegen das i ausgefallen ist. Es gcheci eben 
ftberhaupt in der spräche nicht alle gleichen bildungen 
lautlich denselben weg. Es ist jetzt nur noch die forma- 
tion von dexter, sinister, magister und minister ins angc 
zu fassen, Hier theile ich ganz die aiiffassiing Corssens, 
dafs, mit ausnähme natürlich von dexter, falls es = gr. 
ÜE^tTE^iOti und nicht etwa aus dexister zusammengezogen 
ist, was auch möglich scheint, doppelte comparativsuftixe 
vorliegen, und hier trenne ich also siu-ie-ter, mag-is-ter, 
min-is-ter. Und wie in dex-timu-s neben dex-ter das siiffix 
-timo- zur anwendung kam, so bildete sich auch siuis- 
-timu-8, bleibt aber auch so und wandelt sich nicht in 
sinissimua, wie lev-isti-mu-s in leviesimus. Die lateinische 
comparation hat also, um meine ansieht noch einmal kurz 
zusammenzufassen, folgenden gang genommen: Ucberkom' 



S46 



Pauli 



men sind drei euflSxpaare: 1 ) -ro-j -mo- (superus, sum- 
inus); 2) -tero-, -tomo- (exterus, extimus); 3) -iös-, -isto- 
{majör, 'magistos); neubildungen durch abermalige Steige- 
rung sind; I) -isto-mo-, -isaumo- (regehuäfaig statt -isto-); 
2) -r-iös-, -r-iesumo- (euperiör, euprenins); 3) -ter-iös-, ter- 
-iseumos- (cxteriör, estremiis); 4) is-ttro-, is-tomo- (sinister, 
sinistimus, magister, minister). 

Als anhang zu diesem theil behandle icb die bildung 
der Infinitive esse, ferre, velle , deren ich oben schon bei- 
läufig erwähnte. Morgiiet ( formenb. 248) siebt nämlich in 
ihnen reflexe der vediacben infinitive auf e. Als haupt- 
grnnd gegen die Boppache ansieht, dafs sie mit -se gebil- 
det und rr, 11 durch assimilatiou aus rs, Is entstanden 
seien, führt er an, dafs die laiitverbindungen rs und Is der 
spräche sonst bequem, also zu ihrer Beseitigung durch as- 
einiilation kein grund vorhanden sei. Freilich finden sieh 
im lateinischen genug rs und Is, aber es finden sich eben- 
sogut sichere beispiele für die assimilation , die ich oben 
angegeben habe. Das wäre also kein grund, esse, ferre, 
velle nicht aus 'esese, resp. 'edesc, *ferese, 'velese entste- 
hen zu lassen. Für letztere auffassung giebt es aber posi- 
tive grönde, die sie sehr wahrscheinlich machen. Denn da 
das lateinische sonst ein -ere = ved. -ase besitzt und jene 
formen esse, ferre, velle sich den lateinischen lautgesetzen 
nach richtig daraus ableiten lassen, so scheint es mir vor- 
zuziehen, diese formen von den andern nicht zu trennen. 
Nun aber sind lat. edö, ferö, volö von -a-stämmen gebil- 
det, so gut wie z. b. cadö, gerö, colö, und dafs sie das 
schon proethnisch waren, beweisen got. ita; skr. bhärämi, 
gr. f/v-'i,<ti, got, baira; ved, varämi {z. h. Rv. 1, 140. 13, sonst 
allerdings gewöhnlich vrnomi). Da aber alle übrigen -a- 
stämme im lateinischen ihren infinitiv auf -ere bilden, so 
ist das auch iür edö, ferö, volö von vorn herein überaus 
wahrscheinlich, und wir hätten demnach ein *ede8€, *fere8e, 
*volese oder älter *velese anzusetzen (denn das o kommt 
nur auf rechnuiig des v und 1), Nun ist es aber weiter 
eine bekannte erscheinuug, dal's das lateinische seine tief- 



'lieitTllge zur lateinUnhen lautlehre ncd etjrmologie. 



347 



tonigeu vocale gern elidiert, wo nach der eljeion sich leicht 
spreolihare oder leicht assimilierbare consonantoDgrnppcn 
ergeben. Das geschieht z. b. in doetiim zunächst für do- 
citiim, oarnis für *earinis, autiimmis für *aatinnenus, au- 
dacter für 'audaciter, vehemeuter für *vehemcntiter, hortor 
für *horitor ii. v. a. Assimilation ist danebeo eingetreten 
in hürnänuB für *huminriniis, 'hiimiiänus, "humuiänns, farris 
(v. far) für 'farisis {got. bariz-eins „von gerste bereitet"), 
sigilkim für *8i'rinulum, puella für "puerula, summus für 
•supimus u. V. a. Ea ist also unbedenklich, denselben Vor- 
gang für obige drei Infinitive anzunehmen. Der eiuwurf, 
weshalb aber gerade hier elision und attraction eingetreten 
seien, in caderc, gerere, colere und allen übrigen abei' 
nicht, licfse sich schon durch den oben aufgestellten satz 
erledigen, dafs nicht alle gleichen bildungen lautlich den- 
selben weg gehn, allein hier glaube ich allerdingR einen 
bestimmten grund angeben zu können. Zuvor aber führe 
ich 7A\ seiner illuatration ein durchsichtiges beispiel aus 
dem deiitschen au. Es heilst ahd. haben „haben" und 
laben „laben", davon kommen praee. 2- sg. habes, labee, 
3. sg. habet, labet, imperf. habeta, labeta, und jetzt sagen 
wir hast, hat, hatte, alier labst, labt, labte. Woher der 
unterschied? Daher, dafis haben hOlfszeitwort, d. h. von 
häufiger anwenduug geworden ist, iabeu nicht. Das in 
diesem beispiel liegende gesctz zeigt sich auch in allen 
andern sprachen oft genug; Häutig gebrauchte formen nei- 
gen zur Verkürzung und üusarauienziehung. Dies gesetz 
hat die drei ihrer bedeutung nach so vulgären verba des 
„wollens (reines hülfsverb, wie habenj, essens, tragcns" 
sich unterworfen und daher heilst es vult, vultis, velle; 
est, estis, esse; fers, fert, fertis, ferre für *volit, 'volitis, 
'velese; *edit, *editis, *edeee; 'feris, *ferit, 'feritis, 'ferese. 
Ebenso ist suich esse „sein" aus 'esese entstanden, wenn 
letzteres auch vielleicht erst neubildung des lateinischen 
nach analogie der andern war und proetlinisch die wnrzel 
as als -a-stanim, wie es scheint, nicht vorhanden war. 
Und wie ich das -ere erkläre? Nicht, wie Merguet (a, 0.249) 



848 



Pauli 



als aoristendung, sondern in conservativer weise, wie z. b. 
Sclilcicher u. a,, als casus einer abstractbildung auf -as, 
wie das ved. -use. AUe iufinitivenduDgen sind casusen- 
dungen abstracter nominft, das scheint mir, namentlich auf 
grund der so überaua klaren vedischen iufinitive, aber 
auch X. b. des lateinischen supiniims, imumstöreliche that- 
sache. Aber es giebt im lateinischen sonst, sagt Merguet 
(a. 0.) infinitive, gebildet auf blofses -e, wie die entspre- 
chenden vedischen. Das mag immerhin sein, was ich hier 
nicht untersuchen will, und die annähme L. Meyers, dafs 
dicier aus diuerier gekürzt sei, scheint mir allerdings un- 
haltbar, aber es liegt eben lautlich ffir beide esse, ferre, 
velle nicht der geringste grund vor, sie von den infiniti- 
ven auf -ere zu trennen. Die möglichkeit von Mer- 
guets erklärung bestreite ich nicht, aber ihre Wahr- 
scheinlichkeit. 

Der letzte punkt der Merguetschen schrift, den ich 
hier besprechen will, ist die entstehung der -e-dcclina- 
tion. Merguet setzt als grundform der uominativendung 
ein -iäs voraus, aus der sieb sowohl -ia der ersten, als 
-ies der fünfltRn entwickelt hätte (abl. d. verbalend. s. 
It) sqq.)) während Corssen nach Bopps vorgange als grund- 
form -iä festhält und in dem s der fünften einen durch 
analogie der eudung -es in der dritten hervorgerufenen un- 
iirsprünglicheu zusatz sieht. Wenn wir vorläufig von famöe, 
plebös , fides, dies, quiea, spea absehen, so finden wir in 
der fünften declination drei ganz bestimmte, gesonderte 
bildungen, nämlich 1) primäre substantiva auf -ies, als 
ef-fig-ies (wurzel dhigh „fingere"), per-uic-ies (wurzel nak 
„interire^), prö-sic-ies (wurzel sak „secare"), ac-ies (wur- 
zel ak „acutum esse''), fac-ies (wurzel in facio), spec-ies 
(wurzel apak „videre"), ser-ies (wurzel sar „serere"), rab- 
-ies (wurzel rabh „temere agere" Westerg.), al-luv-ies 
(wurzel in luo); 2) secundäre substantiva auf -ies, als 
fallftc-ies (von fallfix), barbar-ies (von barbarus), macer-ies 
(von maccr), mficer-ies (mit raäcerare von einem *mäcer), 
miser-ies (von miser), mater-ies (zu skr. mätär m, Zimmer- 
mann pb. wb.), wahrscheinlich auch luxur-ies; 3) secun- 



beitrkgfi zur lateVniacben lactlehr« nnd etymologie. 



däre substantiva auf -ties, als molIi-ti6a (von moUis), 
avfiri-ties (von avärus) und viele andere. Da nuu alle diese 
drei bildungen in gleicher fuuktion auch auf -ia nach der 
erstPQ vorhanden sind und überdies beide formen oft bei 
denselben Wörtern neben einander hergehen (JNene, forraenl. 
I, 382 sqq.), so ist 1) nicht zu bezweifeln, dafs beide ge- 
stalten der drei sufBxe nur lautliche differenzierungen 
sind, worin auch Corssen und Mergnet fibereiustimmen; da 
aber ferner die zahl dieser auf -iCs endenden nouiina die 
auf blofses -es ausgehenden so sehr überwiegt, dafs von 
letzteren mit Sicherheit nur fanies, plebcs, fides vorhanden 
Bind — denn spea ist bekanntlich gekürüt und gehört ur- 
sprünglich gar nicht hierher, res aber, als dem skr. ras 
gleich, ebenfalls nicht — so ergiebt sich 2) dafe der grund- 
stock der 5. declination allerdings, wie Merguet gegen 
Corssen behauptet, die Wörter sind, die ein i vor der en- 
dung haben und als gruud für das aus -ä sich entwickelnde 
-e läfat sich dann allerdings eine assimilutiou durch das i 
vermuthen. Wir haben uns demnach die bildungen der 
verwandten sprachen anzusehen, die den obigen drei Jatei- 
nischeu entsprechen- Ale entsprechende bildungen hat nun 
Grafamann die griechischen auf -jk, die indischen auf -I 
nachgewiesen (zeitschr. XI, 28 sqq.). Liefse eich nun er- 
weisen, dafe diese bildungen proethnisch die uominativen- 
dung 8 gehabt hätten, dann wäre Merguets ansieht ge- 
rechtfertigt und nur noch zu untersuchen, weshalb fames, 
plebüs, fides, die auf blofses -es endigen, sich der analogie 
derer auf -ies angeschlossen hätteu. Merguet (abl. d. ver- 
balend. 11) stützt sich anf die -i-stämme des aanskrit, von 
denen ein nominativ auf -is vorhanden sei. Das ist aller- 
dings richtig, aber sehr cum grano salis aufzufassen und 
anzuwenden. Die zahl der Wörter, in denen das im sans- 
krit aiilässig ist, ist eine äufserat geringe (s, Benfey, kl. 
akr.-gramm. 304. 310), daneben ist, wie Benfey ausdrück- 
lich bemerkt, die form ohne s in gebrauch, wenigstens bei 
den vedischen Wörtern (nur in einigen nachvedischen ist 
daß -s fest geblieben), und deshalb falst Benfey selbst a. o. 
das -s als^blofs nach der analrgie anderer stäiume ange- 



350 



Pauli 



treten. Wenn er trotzdeui andern orta (or. und occ. I, 298) 
diesem -s, wo es an das fein.-suffix -tri getreten sein soll, 
schon proethnigchen Ursprung einräimit, so geschieht dies 
nur seiner theorie zu liebe, dal's die griechiscben bildurigeu 
auf 'T()iti-, sowie die lateinischen auf -tric- unmittelbar 
aus jenem supponierteu -tris hervorgegangen seien, grün- 
det sich aber auf keine bestimmten thatsachea. Der uo- 
niinati? gnäs vollends in der stelle Rv. IV, 9, 4 ist sehr" 
unsicher, es kann eben so gut guä gelesen werden, und 
Mplbst die leeart des padapätha gnä: ist uiüht absolut bewei- 
send, denn auch dieser text irrt oft genug (Bollensen, or. 
und occ. II, AG^). Delbrück, d. zeitschr. XX, 217 sq.). Es 
ist demnach der thatbestand des sanskrit der, dafa allerdings, 
aber ausschlief such bei den bildungen auf -I, nicht auf -u, 
in der vedenzeit einzelne Wörter ein -a annehmen kön- 
nen, welches in späterer zeit bei einigen fest haftet. Das 
aber ist auch der ganze thatbestand, weder die eutspre- 
i*hendeu griechischen, noch altslawischen, noch litauischen, 
noch deutschen bildungen (s. hei Schleicher comp,' 5'28sqq.) 
zeigen jemals das -s. Ich kann darnach nicht umhin, die 
ältere Benfeysche ansieht, das -s sei in jenen indischen 
formen nach analogie andrer stamme (z. b. der einsilbigen 
auf -I, derer auf -i, auf -u u. ä.) erst später angetreten, 
iQr die richtige und eine proetbnische endung -iäa för 
nicht erwiesen zu halten. Es fragt sich demnach also, 
woher dieses -s gekommen sei, Die ansieht Corssens, daJ's 
aufser den Wörtern auf -ies eine unabhängige e-declination 
vorhanden gewesen sei, halte ich nach Merguets ausfflh- 
rungen (namentlich forraenb. 22) für durchaus unerwiesen, 
da zwischen den drei dort uufgefüiirten declinatiousiiber- 
gängen die verbindenden glieder fehlen, Falls man indefs 
die entstehung der -e-declination in die zeit der älteren 
latinität verlegt, ist eine solche hypothese auch gar nicht 
nuthig. Vergleichen wir die endnngen der älteren zeit, 
wie sie sich für die -ü-, -ie-, -i-decliiiation und das alte 
proethuische erbatück res gestalten, so haben wir: 



beitrüge znr lateinischen lantlehre und etymologie. 351 



-&- 


-16- 


-1- 

sing.: 


re- 


nom. -ä 


-*ie 


-is 


res (skr. ras) 


gen. -äis, -aes 


-'ieis, -ies 


1) -es«) 


'reis (skr. räjäs) 


dat. ai, -ae 


-iei, -ie 


-e») 


rel, re (skr. räj^) 


acc. -am 


-iem 


-im 


*rem (skr. rdjam) 


abl. -a 


-ie 


-e,-ei,' 

plnr. : 


-I re(8kr. räji od. räjas?) 


nom. -äs *) 


-ies 


-es 


res (skr. räjas) 


gen. -äsüm 


-iesüm 


-iüm 


*rgam (skr. räjäm) 


dat. abl. -äbus 


-iebus 


^ -ibus 


rebus (skr. räbhjäs) 


acc. -äs 


-ies 


-es 


res (skr. räjds) 



Wie sofort der augenschein ergiebt, bat sich die °de- 
clination des -iä durch den lautlichen fibergang zu -ie sehr 
wesentlich der -i-declination genähert. Differierende endun- 
gen sind nur ^-ie neben -is, -i€m neben -im, -iesüm neben 
-iüm, -iebus neben -ibus. Könnte nun nachgewiesen wer- 
den, dafs bei notorischen -ie- stammen sich -i-endungen 
und umgekehrt fänden, so wäre damit erwiesen, dafs zwi- 
schen beiden declinationen zu irgend einer zeit die klare 
Scheidung im volksmunde nicht mehr vorhanden gewesen 
wäre. Nun aber finden wir 1 ) dafs viele notorische -i - 
Stämme im nom. sing, -es statt -is zeigen (sedes u. dgl.), 
dafs ferner der acc. sing, derselben meist -em statt -im 
zeigt; 2) dafs von ie-stämmen sich stets der nom. sg. -ies 
statt -ie findet, dafs neben dem gen. plur. auf -ierum auch 
der auf -ieum gebildet wurde (Neue, formenl. I, 392). 
Diese Vorgänge fasse ich so, dafs eben jene mischung ein- 
getreten sei. „Das auslautende -s hat seit alter zeit einen 
überaus schwachen klang gehabt", sagt Corssen (ausspr. 
1% 285), und formen, wie militare, simile als masc. sind 
uns überliefert (Bficheler, lat. decl. 8). Dadurch nähert 
sich altes *acie (für aciä) und *sede (für *sedis) noch mehr. 



') Neue, formenl. I, 390. ') wegen Salutes, parenteis im Corp. 
inacr. I. no. 49. 1009. ^) ibid. vielfach e und ei. *) BUcheler, lat. 

decl. 17. 



S52 



Pauli 



Später nun, als man das -s wieder zu schreiben anfing, war 
die coafuDdierung bereits geschehen und man sehrieb nun (und 
sprach hinterher dann auch ) acies mit ungebfihrhcheni s, 
sedes mit uugehüiulicher länge. Die vocale des acc. sg. haben 
sich stihon früh gekürzt in folge der schwachen ausspräche 
des m (Corssen, ausspr. I', 265 u. f.J. Daher ist -am zu 
-am, -iem zu -iem gewordtiti und diesem -iem hat sich 
nun wieder das ursprüngliche -im der i-decl, zu -em as- 
similiert. Aus ursprßnglicbem *reüm ist rerum geworden 
nach analogie der ie-stäinuie, das -ium der i- stamme hat 
aber jene wieder dahin beeinflufst, dafs sie das r auswer- 
fen und -ieum bilden können. • 

Das sind tbatsachen, die das ineinanderschwanken der 
-ie- und -i-stämme hinlänglich beweisen. Dadurch finden 
namentlich die beiden gleich wunderbaren endungen -ies der 
ftinften und -da der dritten eine ungezwungene erklärung, 
denn die bis dahin geltende annähme, dafs sedee ein -as- 
stamm und der genetir sedis aus sedesis zusammengezogen 
sei, vermag ich mit den sonstigen thatsachen, dafs -esis 
zu -eris (generis in der decl., emeris in der conjug.) wird, 
nicht in einklang zu bringen. Nun bedarf es auch der 
annähme Merguets (abl. d. verbalend. 12) gar nicht mehr, 
dafs in famea, plebes ein i ausgefallen sei. Denn als erst 
die mischung beider stamme eingetreten war, konnten sehr 
leicht, als später wieder beim Übergänge zur festnormier- 
ten Schriftsprache die formen reflectiereud gesondert oder, 
vielleicht genauer, eine besondere fünfte declination aus 
der dritten ausgesondert wurde, stamme in die fünfte de- 
clination gerathen, die ursprünglich der dritten angehör- 
ten. Angebahnt wurde das durch res, welches ursprüng- 
lich wie die stamme 8u-, gru-, bou- als vocalischer stamm 
der dritten folgen sollte. Durch die gestaltnng des 
alten -ä- zu -e- ist aber die flexion desselben der der 
-ie- Stämme so nahe gebracht, dafs es nur des schon oben 
erwähnten Umschlages von *reüm zu r(?rum bedurfte, um 
dieselbe vollkommen zu machen. Dadurch wurde man 
irregeführt und verleitet, nicht -ie-, sondern blofscs -e- als 
cliaracter der declination und auch Wörter, wie faraes, 



beitrüge tut lateinwchen InuÜehre und ctymologie. 

pleb63 als ihr zugehörig aufzufassen, die ureprOnglich i- 
stäinme waren. Befördert wurde diese confusioD zunächst 
durch die nominative auf -es, sodann diadurch , dafs das 
-i- der endung -ies einmal sehr schwach gelautet haben 
mufs, wie aus der von Corsseu gewifs richtig erklärten 
stelle des Paul, faees antiqiii dicebant ut fides hervorgeht. 
Zuletxt gehea dann auch einige coDsouaiitische stamme, 
gleichfalls durch den nom. sing, auf -ies venuilafst, in die 
-ie-doclination Qber, so dies (etamm dives-) uud quies 
(stamm quiet-), endlich nach vertust des inlautenden r, 
auch spSs. 

Die entwickelung der lateinischen fiUiften declination 
ist also, meine ansieht noch einmal kurz zusammeugefalst, 
folgende: 1) Obergatig des -iä zu -iö, veranlafst durch das 
i, aber nur in substantivischen bildungen; 2) confundie- 
rung der -lö- stamme und der sehr übntich flectierten -i- 
stämme und gegenseitige beeinäussung der declinations- 
endungen (-ies der fünften, -es der dritten); 3) sonderung 
beider declinationen für die Schriftsprache mit einigen mifa- 
griffeii in folge jener confundiernng (a. rßs; b. fames, pliS- 
bfes, fides); 4) übertritt einiger consonantstämme mit dem 
nom. sing, auf -ies und -es in die fßnfte declin. (a. dies, 
quies; b. spSs). 

Das sind die hauptpunkte in Merguets letzter kleiner 
Bchrift, in denen ich, sei es ganz, sei es zum tbeil, von 
seinen ansichton glaube abweichen zu mOsscD. 

Mflnden, den 26. juli 1871. 

Dr. Carl Pauli. 



Allerlei. 
1. 

Die europäischen verba kal hehlen, kal heben und 
kal schlagen. 

Die nähere Verwandtschaft, der europäischen sprachen 
unseres Stammes gegenüber dea Ariern zeigt sich nirgends 

Zeitsckr. f. vgl. sprachf. XX. 6. 23 



354 



Fitk 



deutlicher als iu der gemeinsamen eiitwickliing des 1-laats, 
welcher, wie Schleieher längst erkannt, der indogermani- 
schea Ursprache, ja seihst der gcmeitisam arischeo periode 
— der itido-iranischen Spracheinheit — durchaus abzuspre- 
chen ist, da die älteren iranischen sprachen überall kein I 
zeigen, das älteste sanskrit iro vedadialect nur sehr geringe 
ansätzc zur eutwicklung dieses laute, meist jedoch nur ue- 
ben formen mit dem älteren r darbietet. So zeigen die 
verba kal hehlen, kal heben und kal schlagen auf euro- 
päischem bodeu durchaus das 1 im auslaut, wäliread ihre 
reüexe auf arischem bodeu unter kar und vielleicht auch 
skar aufzusuchen sind. 

1) kal hehlen ist nur im latein und deutsch reicher 
entfaltet. Es gehört hierher lat, oc-culere verbergen, ver- 
hehlen, mit der alten Schreibung quol wie in oquoltöd = 
occulto des S. C. de Bacchanalibus- Zu dieser wurzelform 
quol = col gehört unbedingt col-ör, alt col-ös färbe als 
bedeckung, Überzug. Die reine form cal ist in cal-im, alt 
ftVr clam, verborgen, heimlich, erhalten; mit Schwächung 
des anlauts zu g in gal-ea heim und gal-eru-s mutze, 
kappe, womit ahd. hutla (für hulja) kopfbedeckung in der 
bedeutuQg stimmt. Endlich stammt celare verhehlen von 
einem nomen celo-, welches mit vocaldehnuug aus demsel- 
ben stamme cal- gebildet ist, und dem ahd. häla f. tegmen 
entspricht, das sich freilich zunächst an die deutsche ab- 
lautsreihe hilao bal faälum lehnt. Ob liit. cella für c€la 
oder cel-na steht, ist wohl nicht zu ermitteln, jedenfalls 
gehört es demselben stamme an. 

Im deutschen entspricht dem lat. -culere hehlen das 
starke verb hilan hal hälum hulana- hehlen, bergen, das 
im nieder- und hochdeutschen nachzuweisen ist und als 
gemeinsam germanisch gelten darf. Die bedeutsamsten 
ableitungen sind hilma- heim, das im ags. beim noch die 
allgemeine bedeutung schötzer zeigt, halja f. hölle, todes- 
göttin (die hehlende: an. hei g. heljar f. Hei ^ gotb. halja 
hölle) ferner an. hal-r = ags. bäle manu, eigentlich wie 
as, belidh = uhd. Held der (in waffen) gehüllte, behelmte, 
endlich ahd. häla f. httlle und hala- eigentlich verborgen, 



4 



4 





»Uertei. 355 

sclilüpfcnd, dann mit etwas kühner Übertragung suLlüpfrig, 
glatt. Alid, häli =: inlid. baele hat beide bedeutungeo, 
sowolil verhohlen als schlüpfrig, an. hall (^ Lä.I-a-s) heil'st 
blofs schlüpfrig, glatt. Auf die ablautsform hui dee part. 
geheu hiila- nbd. hohl, das mit lat. cavus, caula und xf/j/o-t," 
nicht zu verbiuden ist, und huljan hüllen, davon bulietra n. 
hülle, und hulja ^ ahd. hnlla kopftuch ^ nhd. hülle. 
Dieser reichen entftdtong des verba im deutschen gegen- 
Ober änden sich kaum spuren deseelben im litualaviwhen; 
Ttelleitiht nur im tit. szalnia~3 = ksl. älcoiii heim, day man 
von dem deutschen worte nicht abtrennen kann*). — Fra- 
gen wir nach dem Ursprünge dieses europäischen verbs 
kal hehlen, so unterliegt es wohl keinem zweifei, dal's es 
eich aus der ig. wur;sel skar =: skr. kar kirati und zwar 
jn der bedentung beschütten, bedecken entwickelt habe, 
welche im aanskrit recht wohl nachuzweisen ist, vgl. k. b. 
ekr. kälu dunkel mit y.rß-tÖ flleck, lat. cäl-Igon finstcrnifs; 
allein jedenfalls hat sich aus diesem viel weitschicIitigereD 
skar, kar auf europäischem boden unser kal kalati in die- 
ser form und mit verengter bedeutung so fest herausge- 
bildet, dals es noch jetzt aus den reQexen im lutein und 
deutschen wiedergewonnen werden kann. 

2) kal beben ist am besten im iatein und litauischen 
erhalten. Es lebt als verb -cetlere in ante-cellere sieb 
hervorheben, ex-cellere sich heraushebca, prae-cellere sich 
hervorhebeu, im part. cel-su-s erhaben. Auf den reinen 
stamm cal scheint callu-s, callu-m schwicle zu gehen, das 
wohl einfach „erhebung" bedeutet und für cal-nu-s stehen 
wird; vgl. lit. kal-na-s berg. Von callu-a ist callere Schwie- 
len haben = erfahren sein in etwas abgeleitet; es liegt 
ilarin eine ftlr ein bauernvolk , wie die alten Italiker und 
Römer waren, ganz nahe liegende sinneaübertragung. Auf 
die form eol geht col-Ii-s, wohl = col-ai-s hügel, colu- 
-men, cul-men erhebung ^ an. holmi (d, i. hulman-) m. 
holm, colu-mna säule und auch wohl culmu-s ^ y.ä'Actfio-g 



*) Nach Job. Sehmiilt Beitr. z. vgl. spr. V, 467 ist Slemu ein l«hnwort 
ans dem deiitechen. Anin. d. red. 

23* 



■ 




350 



Fick 



=: ksl. slama ^ deutsch Imlma- Imlrn. Im griecbiscben 
ist unser verb als solches untergegangen, an ableitungeo 
gehören sicher dazu nur xuhu-vü-:,' hügel und xäkauo-e 
halm; doch könnte mini /.vKo-v augenlied samnit lat. ci- 
liu-m, 8uper-ciliii-m und ksl. celo stirn hierherzieben. Im 
litauischen ist kal als verb erhalten in keliu kel-ti heben, 
tragen, zurichten (fest), begeben (tliat), part. kelta-s {=■ lat. 
celsus) erhoben, isz-kelta-a erhaben Tcrgl. lat. excelsu-s, 
kelti-s rcflex. sich erheben. An ableitungen gehören dazn 
kil-ua-s und kil-nu-s erhaben, isz-kyla erhebuug, isz-kilu-s 
erhaben, kel-ma-s bauiustunipf und endlich vom reiuea 
stamme kal kal-na-s berg *). 

Aus diesen Zusammenstellungen ergiebt sich mit Si- 
cherheit, dafs üur zeit der aufiösung der europäischen 
sprach- und Volkseinheit ein verb kal heben bestand, part. 
kal-ta = lat. cel-sn-s = lit. kel-ta-s gehoben mit den ab- 
leitungen kaluian ^ lat. culmen ^ an. hölmi (für hulman-) 
höhn und kaliua ^ >{«Aa/<ög ^ culmu-s -^ ksl. slama = 
deutsch balma- halm. — An welche ig. wurzel kal heben 
anzulehnen sei, ist dnnkel; das im späteren sanskrit auf- 
tretende kal kalajati treiben, antreiben, betreiben; tragen, 
beben, halten kann vielleicht den weg zeigen. 
3) kal schlagen, stofsen, brechen; biegen. 
Dieses verb erscheint im griechischen als ;rAo, wel- 
ches, wie die kflrze des n zeigt, durch blol'se Umstellung 
aus -/.al entstanden ist und dieses demnach repräsentirt. 
Der reine stamm -/.la erscheint nur im part. aor. >c>la-ff, 
sonst tritt das erweiterte thema xAag ein wie in hiXad-tsa^ 
ix'/.cefT-ßi]V, xi-/.'/.(.e(i-ftai. Die bedeiitung anlangend, ist es 
von Wichtigkeit fflr die folgende Untersuchung hier gleich 
zu betonen, dafs xläo) besonders vom abbrecben von zwei- 
gen, blätterji u. s. w. gebraucht wird, sowie dafs xtxlaafii- 
vü^ auch „gebrocbeu" soviel als gebogen, gekrümmt be- 
deutet. Ableitungen vom reinen stamme x?m sind ■Aä-So-g 
zweig, y.l'^-ft((T schofs und xh-'n' m. schofs, letzteres lür 



*) lieber altgallische verwatirtte dieser nnrr.cl vorgl. man Beitr. r- vgl. 
B|>r. V, 97 f. Arim. d. red. 



alk-rlci. 



357 



;t?>a-or, alle iu dem sinne voii xkrc zweige, blälter brechen; 
endlich i'.}.a-iiauij~ii gebrochen, kraftlos bei Hesych, von 
mir früher unrichtig zw skr. pratn gestellt, von Leskien 
mit recht dieaer wurzel zufrewiesen. Das Biiftix fta^u ent- 
spricht genau dem skr. mara z. h. in ad mara gefrälsig 
TOD ad essen. — Im tatein ist kal schlagen ebenfalls als 
verb erhalten in j^icr-ccllere culi ciilsum durchschlagen, 
durchbrechen , dutchstolsen und re-cellere zurü^'kbiegen, 
sich Kurfickbiegen , dessen bedeutuug uns nicht befremdeu 
kann, dn. ja auch xkäw brechen ^ Liege», krümmen hcifst. 
Durch d abgeleitet, wie y.lä-äo-i,; ist cla-de-a uiederlage 
tilr cal-de-s, wodurch sich die länge des ä erklärt. Eben- 
falls ist unistelJung anüunehmcn iu clä-va für cal-va keulc, 
das von Pauli sehr ansprechend zu unserer wiirzel gestellt 
wird. Sicher gehört zu ihr cul-fro m. mcsser mit dem 
suPQx tro, welches das wcrkxcug be/.eichiiet und im latein 
auch in arä,-ter neben arfi-tru-m männliebes geschlecht zeigt, 
cul-tro ist denjnach werkxeug zun» -cellere hauen, wie lit. 
kal-ta-B Schnitzmesser, mcissel von kal-ti hauen stammt. 
Die gleichsetzuiig von cidter mit dem skr. kartar-i uiesscr, 
schccrc ist aufnugebcn; dieses stamnil von kart schneiden, 
welches im lat, cre-na rinne, einschnitt als cret- erscheint, 
und ebenso in den übrigen europäischen sprachen sein r 
bewahrt. Im titauischeu hat sich kal geupalteu in die for- 
men kal und kul, die aber in dt-r bedcutung wenig diffc- 
riren. kalu k.Tl-ti heil'st schlagen, meist speciell hännucrii, 
schmieden, per-kalLi durchiiauen, durchschlagen vgl. per- 
ccUere, das part. kal-ta-s geschlagen, gehämmert ist gleich 
lat. (per)-culsu9, kal-ta-s meilscl erinnert an cul-ter. Wei- 
tere ableitnugen sind kal-vi-s schuiicd und kala-ila litiu- 
klotz. Das mit kal-ti ursprünglich identische kulin kuE-ti 
heifst ebenfalls echtagcn, wird jedoch meist vom dreschen, 
aber auch vom schlagen der wasche gebraucht. Daiier 
kulika-s drescher, kul-y-s (= kul-ja-s) bund strob, kid-tuve 
waschbkuel, waschholz. Das slavisclic bietet unsre wurzei 
in ksl. kol-j^ kla-ti pungere, nsl. kala ti fiudere, ksl. koli- 
-tva mactatio, also in der bedeutung stechen, spulten, 
schlachten (= zerhauen). Das deutsche endlich hat nicht 



SäS 



Fick 



das verb bewahrt, soiideni mir einige ableitiingen deseeU 
ben aitfzuwoiseii. Es sind diese: 

hrl-di- f. kämpf (an. hildr f. Bellona, propliuiii ^ as. 
bitdi-, ags. bildi-, ahd. Hild- in oigennamcD und biltja f. 
kämpf), regelmäfsiges abßtract dnrcb di = ig. ti von bil 
sss: europ. kal, ferner die ableitungen mit t = ursprQng- 
licbem d, die bei unserm verb uralt beliebt waren: hal-ta- 
lahm (goth. halt-a- = an. baltr = abd. balz) eigentlich 
„gebrochen, gebrechlich" uud hulta n. boJz (an. as. holt 
^ ahd. bolz n.). FJies unser holz ist identisch mit dem 
ksl. klada f. ballten, block, holz, identisch auch mit xAadp-c;, 
dessen stamm verb zA«, wie wir oben sahen, ganz beson- 
ders vom abbrechen der zweige und blätter gebraucht 
wurde. — Bis jetzt haben wir die reflpxe von kal in den 
nordeuropäiscbeii sprachen nur in der bedeutimg „schla- 
gen, brechen'* aufgesucht, es gilt jetzt auch diejenigen auf- 
zufinden, in denen kal im sinne von „biegen" erscheint, 
wie in KtxXa<Jttkvoii gebogen, lat. re-cellcre ,,!',nrückbiegen'*. 
Es sind diese: ksl. po-klo-nii m. Verbeugung = lit. pa- 
-klana-s dass,, pa-klanu-s ehrerbietig, kla-na-s suropf, pfütze 
(eigentlich Senkung, wie erhellt ansj klani-s io ra. niedrige 
stelle im acker, welche formen alle auf ein altes particip 
kla-na gebogen zurückgehen. Daneben bestand wohl einst 
das particip auf ta, also kat-ta, im gleichen sinne; auf die- 
ses gebt das deutsche hul-tha (goth. hultha- = ahd. hold) 
hold, dessen gnindbedeutung ^geneigt" ist , sowie deutsch 
hal-da geneigt, abhängig (an. hallr, ags. heald, ahd. bald 
geneigt, vorwärts geneigt) mit seiner familie. 

Kesultat: Es bestand bei dem europäischen einheit- 
lichen Volke ein verbum kal schlagen, stolaeo, brecbeo 
und (brechen =J biegen, part. kalta, abicitung kalda ab- 
gebrochenes holz (/cAtifVo-t; = ksl. klada = deutsch hulta 
bolzj. Dies europäische kal ist aus ig. kar hervorgegan- 
gen, und es iinden sich in den arischen sprachen genug 
verba, an die man es anknüpfen kann, allein in dieser sei- 
ner form kal und in dieser seiner individuellen bedeutung: 
schlagen und brechen und biegen und besonders holz bre- 
chen ist P6 doch wieder als eine von den europäischen 



alUrli' 



359 



Indogentiant'ii wJihreiit) ilirer sprdchuißlicil vullxogene uni- 
und Dcubildiiag anziiäehcn. 



Zum verBtändnifs des griecblsclieu pitssivaonsts aui -öiju. 

Duls in t'h/i'^ J'tji u. 8. w. , wodurch im griechischen 
der sogenannte erste aorist des passivs gebildet wird, der 
alte indogermanische aorist von ite lii^ = ig. dliä thun 
(diese hedeutuag ist überall üu gründe zu legen, wo dhfi. 
tempusbildend verwendet wird) vorliege, ist so augenfällig, 
daTs es wohl nie verkannt worden ist. Mit hülfe dieses 
i'/j)i', i'/^/t,- u. 8. w. und des skr. a-dhäoi, dhas, dhnt u. s. w. 
lälst sich die flexion dieses, der grundsprache angchöri- 
gen aorista vollständig wiederherstellen. Macht somit die 
form gar keine Schwierigkeit, so erregt desto mehr beden- 
ken, wie denn diese ziisatuuiensetzung mit iftiv that im 
griechischen zur bezeichuung eines passivtempus dienen 
konute. Nehmen wir z. b. j-du-r9-i/, so mOiste dies, nach 
der bedeiitung seiner elemento wörtlieh übersetzt, heiCscn: 
that geben = g^b, in Wirklichkeit aber bat es denn sinn: 
wurde gegeben. Die lösuug dieser Schwierigkeit liegt nahe 
genug. Es hat sich nämlich im griechischen der zwar 
nicht durchgreifende, aber weitverbreitete brauch entwickelt, 
dafs, während das präsensthema activen oder causalen sinn 
hat, der starke aorist {und das sogenannte zweite perfect) 
neutrale oder reflexive bedeutung zeigt. Ein nahe liegen- 
des beispiel möge hier genügen, Das präsenstbema iara- 
heilst Stelleu, der dazu gehörige starke aorist Ü-aTtjv stellte 
mich oder staud. Hierbei ist es ganz gleichgültig, ob das 
ig. sta in der Ursprache oder einer sonstigen vorperiode 
stehen oder stellen hieJis; genug im griechischen hat diese 
vertheilung der bedeutungen auf die verschiedenen tempus- 
stämnvc statt uüd zwar ist diese vertheilung in einzelnen 
fallen eine uralte, bereits graecoitalische, wie aus lat. si- 
stere steilen (in composilis allerdings stehen) erhellt, das 
aus dem präsensthema sista = ioTit entstanden ist. Wen- 
den wir das gesagte auf unseni fall an, so konnte ganz 



analog der starke aorist von Ti&T]fit thue die bedeutung 
aDnelimeQ: that sich. Sonach heifst iöoü^t} tbat sich ge- 
ben i= sab siob. Wie leicht aber das reflexiv zum aus- 
druck des passivs verwendet werden kann, ist ja bekannt, 
ich erinnere an das lateinische r-pasaiv, welches durchaus 
nichts ist als ein altea reflexiv, entstanden durch anfQgiing 
des allgemeiDen reflexivpronomens se an die activformen 
des verbs. Aber der nächste und zwingendste beweis, dafs 
&IIV ursprönglich als reflexiv oder medial zu denken sei, 
liegt in dem dieser bildung zugehörigen passivfutur auf 
&t'icofi(u, wo daa regelrechte medialfutur von ifi] zum 
ausdruck des passivfuturums dient. Wie Öo-ß'r^OiTai, wört- 
lich bedeutet: wird sich geben thun, aber zur bezeich- 
nuDg des „wird gegeben werden** dient, ebenso heifst 
i-äö-i'iij seinen elcnienteu nach: that sich geben, bedeutet 
aber „wurde gegeben", wie Überhaupt bei einer gewissen 
lebbafligkeit des denkens das paseivrcrhältnifs durchaus 
als ein reflexives gedacht werden kann, und bei den Grie- 
chen durchaus ursprünglich als solches gedacht ist. Da- 
her erklärt sich z. b. die Verwendung von vnu beim pas- 
siv. Der Grieche denkt den satz: „der stein wird vom 
manno gewälzt" in folgender gestalt: „der stein wälzt sich 
uuter dem manne (d. i. unter seiner einwirkung)". Doch 
würde die weitere Verfolgung dieses gesichtspunctes hier 
zu weit führen. 



Goth. stikis becber. 

Das goth. stikia in. becber = ahd. stechal m. ist mei- 
nes Wissens noch nicht genfigend gedeutet, obgleich man 
das wort aus dem deutschen selbst völlig erklären kann. 
Es stimmt lautlich vollständig fiberein mit ags. sticel = 
ahd. stichil == rahd. Stichel m. = nhd. Stichel in grab- 
-stichel, das eine regelrechte bildung von stechen ^ goth. 
stikan stak ist, und im lat. sii-lu-s filr stig-lu-s Stachel eine 
genaue parallele hat. Mit diesem urdeutschen stikia sti- 
ebe! ist das goth, stikia- becher ganz dasselbe wort. Den 



allerliü. 



3G1 



beweis bierfür bcfert das attnordische. Hier nämlich be- 
deutet Btikil-1 lu. die äurserste spitze eines borncs und 
zwar besonders des trinkbornes. So sehen wir den gan- 
zen weg, auf dem stikia zur bedeutung becher kam, deut- 
lich vor äugen: zuuäcbst Stachel, spitze Oberhaupt wie 
lat. sti-lu-s, dann hornspitze, dann spitze des trinkborQS, 
dieses selbst und endlich jedes trinkgeföfe. Der beweis 
der identität von stikla stichcl und stikla becher läfst sich 
noch verstärken durch das nordische stctt f basis poculi, 
stettar-ker (-ker ^ goth. kasa- n.) trinkbecher. Stett steht 
für steh-ti, stih-ti und ist ebenfalls von stikan stechen ab- 
zuleiten; lautlich entspricht genau ffr/^t-g das stechen. 
Wir sehen also in stett, dafs auch eine andere ableitung 
von stechen die specielle bedeutung; spitze des bechers, 
becherfulfl angenommen hat. — Aus dem deutschen ist 
stikla früh ins litauische imd slavische eingedrungen: vgl. 
lit. 8tikla-s m., ksl. stiklo n. glas. — Möglicherweise ist 
ein stigra spitz, spitze schon für die ig. Ursprache anzu- 
setzen: dem lat. sti-lu-s (stig-lu-a) und deutschen stikla 
entspricht zend. tighra spitz, tigbri m. pfeil von arisch tig 
tig = ig. stig. 



Lat. cippus ^ (Ty.oinog. 

Lat. cippus bezeichnet ursprünglich jeden pfabl; so 
heifst bei Caesar cippi eine art verscbanzung aus pfählen, 
anderswo bezeichnet cippus den grenzpfahl, meist jedoch 
die Säule, die auf dem grabe verstorbener errichtet wird. 
Die bessere Schreibung scheint cipus, wenigstens werden 
so neben Cippus, Cippius die eigennamen Cipus, Cipius 
geschrieben, die zu unserm cippus sich verhalten wie Sei- 
piön- zu scipiön- stab. Mit scipiön- bat unser wort sicher 
gleiche ableitung, nämlicb von scip :^ (ixifinroj aufstäm- 
men, eine nebenform zu scap ^ ßxtjnTu», wie auch im skr. 
ksip d. i. skip neben ksap d. i. skap liegt. Lautlich ent- 
spricht dem lat. cipus demnach ganz genau (TxvtTKjg, von 
Hesych erklärt als ein holz, an dessen voreprOngen {i^oxai) 



3ß2 



Fick 



die topfe aufgehängt wurileii. Da lat. t regelrechte Ver- 
tretung von griecb. o* ist (vergl. vTnii-ui oirog), so dOrfen 
wir auf gruud der gleiohsetziing von t-lpus und axulTiOi^ 
ein graecoitalisches skaipo oder skeipo pfähl ansetzen ne^ 
beu skipön oder skipiön stab. 

Nachträglich sehe ich, dnl^ die crklärung bei Hesjch 
etwas anders lautet, als eben gesagt; ich setze sie deshalb 
hierlier: m.omoq' j) i^^o)^ii rwv |t/Awr, iip üv tlaiv oi xi- 
QauQi. Inimerhiii bleibt fQr axotno die hedeutung stütze 
und 9chc>int mir das obige resultat durch den Wortlaut des 
hesjchischen glossems eben nicht gefährdet. (Wegen des 
pp in cippus verweise ich auf die treffliche abhaudlung 
von Pauli, d. zeitschr. XVIII, 1 ff.). 



0. 

Das europäische verb ekrü haueu, echueideu (haut) (ein- 
dringen, erforschen in ableitungen), lat. scrüta n. pl., 
■yQVTij = an. skrüd, ags. ecrild n.; ;fpKi'a», j^pw'g; 
YQVfiia^ orumena, YQV. 

Lat. scrüta n. pl. trödelwaare, als identisch mit yQvrt} 
gleicher bedeutung erkannt, ist nicht blos ein graecoitaJi- 
Bches, sondern bereits der europäischen grundsprache an- 
gehöriges wort, denn es findet sich ganz genau entspre- 
chend im deutschen wieder. An. skrfiO' n, heii'st schmuck, 
putz, eigentlich ist jedoch die hedeutung weitschichtiger, 
und Egilssoii Obersetzt es demnach res mobiles cujusque 
generis; ihm entspricht im ags. scrüd u. vestitus, vesti- 
mentuDi. Nun könnte mau zwar annehmen, der alte han- 
delsverkehr der Germanen mit den römischen provinzen 
habe ihnen mit dem gegenstände, den scrutis, womit ro- 
mische kaufteute unsre vorfahren antührten, auch die be- 
nennuDg gebracht; dem widerspricht jedocli der umstand, 
dafs skrftda im deutschen die allerschöuste ableitung hat. 
Es gehört nämlich offenbar zu ahd. scrötan screot (grund- 
form wäre skraudan skaiskraud) hauen, schneiden, zuschnei- 
den (kleid), mhd. auch sich schroten sich eindrängen in, 
stemmen, ftf schroten aufladcu (fässer), nhd. schroten mit 



iillerlei. 



363 



dem starken pari ge-sehroten , daher (ahd. scrötari) inhd. 
Schröter Schneider, kOper und der nhd. eigenuame Schrö- 
ter, Schröder, Sehrader. Weiterhin steJIt sich hierher ahd. 
Bcrutan, ecrodön imd scrut-il-ön erforschen, durchforschen, 
vg]. scrotaa eindringen in , zunächst von ahd. ecrod scru- 
tatio. Irrthüinlich nahm ich frtther an, scrodön sei aus 
lat. scrutfiri, womit es sich in der bedeutung so auffällig 
deckt, entlehüt; Corsseu sah bereits (auaspr. I*, 3öl) dafs 
hier ursprüngliche Verwandtschaft vorliege. Doch darf 
man auch ecrodön und scrutäri nicht geradezu identifici- 
ren: ahd. scrodön ist denominativ. von scrod, grundforni 
skrüda, lat. acrütäri mufs dagegen wohl als ableitung von 
scrüta gefafst werden. Die wurzel ist übrigens nicht skrut, 
sondern skru, woraus das deutsche verb skrau-dan erst 
derivirt ist, wie etandan von sta und andere. Zu dieser 
Wurzel skru, als gemeinsam europäisch erwiesen durch die 
angeffthrten bildungen, gehören min ygav-u versehre fflr 
(fxoav-jüj, ferner an. skrä f. haut, feil, regelrecht ftlr j^krava 
= ;fflo/-cf, XQV taut, ferner lat. scrö-tu-m hodensack und 
ecrau-tu-m ledersack, scrüt-illu-s magensfickchen (Corssen 
a. a. o.), ja, wenn wir die bedeutung des an. skröi5 schmuck 
erwägen, höchst wahrscheinlich auch xi'Vß'^-i^ (för c>y.QVT-jo) 
gold, das sich, wie mir jetzt scheint, nicht wohl mit den 
zu WZ. ghar gehörigen Wörtern fflr gold, gelb conibiniren 
Ififst, weil diese in den europäischen sprachen durchweg 
1, nicht r zeigen. — Zur selben wurzel gehören, wie die 
bedeutungen zeigen, yovuia- ayytluv^ axivoi^t'/Xi} Hesycfa. 
und lat. crume-na f. geldsäckchen , das am halse hängt, 
beide also: beutel, woraus ein graecoitalisches skrumä oder 
skrumeja beutel zu erschliefsen ist. — Für die Vertretung 
von ursprünglichem skr durch yjy im griechischen genüge 
es an x^sfin-tEOifai sich räuspern gegenüber dem lit. 
skrep-tei pl. auswurf, schleim im halse zu erinnern. 

Es ergiebt sich also, dafs die Europäer als einheit- 
liches Volk eiu verb skru bauen, schneiden (besonders feil, 
leder) besalsen, das auch in eigenthümlich übertragener 
weise verwendet wurde, um das „einschneidende" eiudria- 
gen, erforschen zu beüeichnen. Von diesem waren die bil- 



3G4 



Fick 



düngen skr&ta trödel, scluiittwaare iitid skrava f. haut (an. 
ekrä ^ XQ^if" liaiit) bereits gemacht, als die Europäer 
sich schieden ; die Graecottuliker haben ein nomen skru-ma 
oder Bkrn-me-jä beutel (aus ledcr geachDitten) daraus ge- 
bildet. Die anlehnniig dieses europ. verbs skru an das 
ig. skar zerscLoeidcD macht kciue Schwierigkeit; es steht 
dazu wie z, b. europ. tru = T()v-m ^ ksL tru-ti aufreilicu 
zu europ. tar terere reiben und andere*). 



6. 

Ksh kasilT = lit. koSuIy-s husten, lozee- = At;^««, 
pTÄeuo = nriativoi'. 

Die Vurzel käs husten ist bekanntlich im lit. kos-ti 
als verb erhalteu, iui deutschen und slavischen nur durch 
die ableitungen: urdeutseh hvös-tati- und ksl. kiiBili m. lui- 
steu vertreten. Dies slawische nort lindet sich nun ganz 
genau entsprechend wieder im lit. kosulja- husten, beide 
gehen auf eiue gruudform käsulja- zurück. Um die Wand- 
lung von s in ä im slaviechen worte zu erklären, mulä 
man woh! anuchnien, daJs vor dem suflfixanlaut sich ein 
im alavisuhen so überaus beliebtes j eingedrängt, also 
käs-j-uija, da man doch an der völligen identität von 
kosulja- und kaöilja- nicht wird xweifetn können. Eine 
ähnliche bekleidung des vocalischeu sulfixanlauts haben 
wir in lozes-, der basis von loÄes-Tno schoofs, gebildet 
durch antritt des sufiBxes as an die wurzel leg, wovoo 
z. b. sjjlogö consors tori ^ äXuxn^. Durch verschlag 
von j vor as entstand log-j-cs und daraus lozes, welches, 
von dieser aöcction des sul'fixaiilauts abgesehen, doch ganz 
genau mit i-i^og stimmt. Dasselbe vortreten eines unor- 



^^^f ♦) Da die -wnrzel ekrü in yui<-tr; = lat. scrB-ta in der form y(ir ^T- 

V scheint, dtlrien. wir auch •■yi' ein bisclien, ganz wenig daaa ziehen, c» heifsl 

H demnach: schniteel, und ist, wie Clcmm in Curtius Studien richtig hervor- 

H hebt, von yiiv zur bezeichnnng des kleinslcn lautK zunächst zn scheiden. 

H Ob nicht aber auch j'^h' lunck, ^'^j/^vj und lut. gruiidin auf ein« grundforni 

B skru weisen? vergl. ahd. (scrowazjan) scrowozen, scrouzeii jjarrirc, gannire. 

I Duch lassen eich yftv und grundire auch zu ig. g»r tönen, vgl. lat. grn-8 

■ kranich, stellea. 



sllerlo 



3ß5 



ganiscbeii j erkenne ich in pTseno n. graupcn, äXffcra, wel- 
ches fOr pis-j-eno steht und laut fOr laut mit 7iTi<javo-v, 
nTifSavt] graupen ötimmt, so dafs es imbedenklieh scheint 
ein europäisches pisana graupen anzunehmen, abzuleiten 
von pis pinsere. 

T. 
Ksl. ;izlu band ^ an. al f. band. 

Genau wie das deutsche wort aal anguilla ans einer 
grnndform anghla entstanden ist, geht das an. äl g. alar 
pl. ä]ar f. band, riemeu auf eine grundfbrm augh-la von 
angh schnüren zurück. Dies erhellt aus kal. qxlü v-qzlü 
-band, feeael, sü-v^slo n. fessel, u-v<;slo n. diadeni von v^z-^j 
v§8-ti schnüren, binden. Die reinste form dieser reflexc 
bietet qz-lTi dar, daraus mit dem beliebten verschlag von 
V v£{z-lii, mit vocalschwächung v^zlu, endlich mit s für z 
vor 1, wie in vea-lo remus von vez vehere, v<;8lo. Auf 
grund dieser ziisammenstelluug darf man slnvodcutschcs 
anghla band ansetzen ; basia ist die ig. wurzel angh angere, 
wovon z. b. äy^övt] strick. 



Alid. -chnät f. erkenntnifs ^ ksl. znati f. ;= yvüiGi-g^ 
skr. ^niiti f. erkenntnifs. 

Das abstract auf -li von ig. gnä erkennen läfst sich 
auch im deutschen nachweisen; ahd. chnati- in ur chnät f. 
agnitio von ir-chnäan agnoscere entspricht dem ksl. /uatT 
z. b. in po-zuati f. erkenntnifs, weiterhin dem griechischen 
yvviöt-q und dem skr. -gi'iäti z. b. in pra-gnäti erkenntnils. 



9. 

Slavodeutsch snink gleiten, schmiegen, schlüpfen. 

Ein zunächst auf das slavodeutsche gebiet zu beschrän- 
kendes altes verb smuk gleiten, schmiegen, schlflpfen ge- 
winnen wir durch die zuaammenatclhing folgender Wörter: 



3G6 



FicU 




lit. smiinku eiuuk-ti gleiteu, aligleiteu, j.-smukti hineinglei- 
ten, hiueiukriechen, iaz- smukti herausgleiten, entschlüpfen, 
mi-smukti herabgleiten, su-gamkti zusammensinken, zusam- 
mentallen, abmagern, smuk-szt iuterjection, wenn etwas 
abgleitet. Im slavischen: ksl. smucq (^ emauk-JQ) sroticati 
kriechen, SQiy(':q stj smykati sg kriechen, gleiten, schlüpfen. 
dazu smyku in, die saite (Hber die der bogen „gleitet"); 
endlich im deutaehen gehört hierher das starke verb an. 
emjüga Bmaug amiigum smogiuo kriechen, mhd. smiegen 
Smog ge-smogen hineingleiten lassen reflex. sich schmiegen, 
biegen, drücken, nhd. schmiegen, das seine alte starke 
flexion eingebäfst hat. Zu diesem auf slavodeutschem ge- 
biete gut nachzuweisenden verb könnte man versucht sein, 
{tv/ß-:; (für ßiwxt)) zu stellen, wenn nnr sonstige spuren 
unsres smuk scbmiegeu in den südeuropäischen sprachen 
nachzuweisen wären. Dai's smuk aus älterem smak ent- 
standen, wird deutlich aus ksl. smokü m. schlänge, smak 
selbst aber ist alte erweiterung von sma und ist nichts 
anders als das griech, ß^ii/j^-tn streichen, wischen, welches 
durch antritt von k aus dem gleichbedeutenden sma in 
Gfici-iü entstanden ist. 



10. 
Slavodeutseh mu waschen, schwemmen. 

Das ig. inu miv, wozu skr. mü-tra nrin =s zeod. mü- 
-thra unreinigkeit und ui^-curw besudle, erscheint als mu 
im slavodeutschea in der bedeutung schwenimen, waschen. 
Es gehören hierzu lit. mau-dau, raaudyti untertauchen, 
baden, schwemmen, maudyti-s sich baden, altprenls. rafi 
waschen in au-mü-sna-n acc. die abwaschung (mit der prae- 
position au ^ ig. ava und suffix sna, wie im goth. filu-sna 
menge von filu viel), ksl. my-j^ my-ti waschen, schwem- 
men, po-my-J5 f. pl. eluvies. Im germanischen scheint das 
verb auf das nordische beschränkt: oa gehören dazu an. 
ma mä-Öa abwischen, abwaschen (würde goth. mavön oder 
maujan, vergl. an. strii = goth. straujan, heifsen), mor g. 
mö>8 pI. mö-ar in. sumpf, moor, das zufällig an unser 




367 

,11100^ anklingt. In Wahrheit steht mö-r für maui-9 (wie 
souue fQr sauil (goth.) sonoe), maui-s aber ist mau-ja-s; 
endlich noch mö-'d'a (d. i. maui-Ö'an) f. grol'eer fliils, ström; 
erddampf, diinat. 

11. 

Slarodeutsch garb krümmen, zusammeoKieben. 

Das altpreufs. grabi-s (V.) berg, in Ortsnamen garb-s, 
also grundform garba, heilst eigentlich biiekel, rücken, wie 
aus dem slavischen reflexe des wert» erbellt. Es ist dies 
ksL grnbii buckel, rücken; krampf; sarg. In der bedea- 
tung sarg entspricht es dem litauischen graba-s sarg, das 
mit dem deutschen grab nichts y.a tbun hat. Wenn wir 
die drei verschiedenen bedeutungen von grübü ilberdeiiken, 
60 wird klar, dafs sie alle aus dem sinne: krümmung, Wöl- 
bung hervorgegangen sind. Das verb, von dem das wort 
stammt, kann nur garb lauten, dieses finden wir in der 
regelrecht verschobenen form im ahd. chrimphan chrampf 
zusammenziehen. Davon stammt chramph = nhd. krampf, 
vgl. ksl. grübü krampf, abd. chramph adj. gekrümmt. Ohno 
nasal finden wir die würze! deutsch krap in ahd. crapho, 
chrapho, nihd. krapfe m. haken, klammer, sowie in dem 
gleichlautenden chrapho, mhd. krapfe, nbd. krapfen ni. klei- 
nes fettgebäck, welches wir Niederdeutschen kräppel, kröp- 
pel, fett-kröppel nennen, sogenannt, weil es in bakenforni 
gebacken wird. Bedenkt man, dafs chrimphan auch von 
dem, was schrumpflich sich zusammenzieht, gesagt wird, 
so wird klar, dafs auch lit. grub-ti vor kälte verachrum- 
pfen, verklammeu, mit der ableitung grubti-s (schrumpf- 
licht =) höckerig, rauh vom wege hierher gehört. Das 
wort garb krimpfen scheint auf die deutschen und slavo- 
litauiachen sprachen beschränkt zu sein. 



12. 
av&-evTrjg, avif-ivrixög und Iftt. sons, soDticus. 

Zum lat. sons, sonticus, von Clemm in Curtius Stu- 
dien III, 328 einer eingehenden erörterung unterzogen, 



3€S 



Fick 



glaube ich eine parallelforra im griechisebeu nacliweisen 
zu kötmea. Wie Clemm a. a. o. nachweist, bezeichnet sons 
sehleclitweg den thäter einer strafbaren tliat und so den 
schuldigen, sout-icu-s dagegen heiist einfach „wirksam, 
einwirkend", speciell hindernd einwirkend auf gerichtliche 
oder staatliche actionen. Hieraus geht mit grölstcr deut- 
lichkcit hervor, dafe eont- eigentlich „tbuend, bewirkend" 
bedeutet haben mufa. Diese selbe bedeutung konintt nun 
aber dem griech. iiTtt- in av{}-kvT^-ii zu. avff-ivTr^i heifst 
selbst- oder alleinurheber, meist einer unthat,, speciell eines 
mordes, daher mörder, in der späteren zeit entwickelt sich 
aus dem begriffe „selbst-, alleinurheber" sehr leicht die 
bedeutung „selbst-herracher" als der aas sich selbst, auf 
kein fremdes geheiCs handelt. Bei unbefangener betrach- 
tUDg ergiebt sich also för sont- und ivra- genau derselbe 
sinn: thäer, Urheber irgend welcher, meist einer bösen 
that*). Die lautliche difi'erenz zwischen beiden worten be- 
steht in dem e und o des Stammvokals und dem -rn und 
-t des anlauts. Nach der allgemeinen lantregel ist, wo e 
und o sich im griechischen und latein in sonst identischen 
Wörtern gegenüber stehen, e das primäre, also wäre hier 
grundform eent- oder (nimmt man lat. sont- dem ivra- 
gemäfs als abstumpfung von sonta-) senta- Urheber, thäter. 
So ist ja auch das lat. secundärsuffix -et aus eta entstan- 
den, wie die vergleichung von equet-, älet- u. B. w. mit 
iTinoTH^ oizirij-g, tfv'Atrij-g u, s. w. zeigt. Dersefben fa- 
milie wie unser -senta gehört, wie Clemm darthut, das 
deutsche sQnde an, dessen grundform als sunthja- anzu- 
setzen ist, feiner goth. sunja f. grund (und so Wahrheit, 
was aber nicht grundbedeutung, wie erhellt aus) sunjon 
sich rechtfertigen (suiijoni- rechtferttgung) ; as. sunoea, abd. 
sunna st. f. rcchtsgöltiges hinderuils vor gericht zu er- 
scheinen (vgl. die causa sontical), an. syn g. synjar f. ver- 



*) Ob ai>&-iynxö(i uod sonticits in der Juriatisclien spräche der spl^ 
teren Zeiten ähnlich vorwondet worden sind, ist mir nicht zu ermitteln gc- 
Inngcn, trotzdem herr prof. Benft-y mit der liebenawürdigotcn Zuvorkommen- 
heit sich der mlllie einer oachforschuDg iinterzogea, wofUr ich ihm öOentlich 
meinen dank abzustatten mich gedrungen fUhle. 



«nerieV. 



Weigerung, verneinnng (begründung ac. des "Widerspruche). 
Bei aiii'merksainer erwägiiQg der scheinbar so weit difl'eri- 
rcnden bodeutungen des gertnanischen worts suoja- in den 
verschiedenen deutschen dialecten wird man den einfachen 
grundsinn desselben „gniud, wirksame Ursache" nicht ver- 
kennen können. 

1 Ob nun Clemm mit der herleitung von as sein, part. 

sant das wahre trifft, ist wohl zweifelhaft; mir scheint es 
zum ig. verb sau ea sinere zu gehören, vergl. «end. han 
banaiti zulassen, lat. sinere. Man mufe das ,,laseen'' frei- 
lieh nicht so matt fassen, wie es meist in sinere liegt, 
sondern als „veranlassen, grund, Ursache sein von — ". 
Von san ist graecoitalisch sen-ta regelmäfsige bildung 
durch das den thäter bezeichnende sufßx -ta, das sich ja 
auch im hiteiu nachweisen läfst, wie z. b. in pansa e^ 
pand-ta brcitfufs von panderc ausbreiten. 

I Göttingen, den 3 juli 1871. A. Fick. 



üeber den namen Jltlaayog. 



Ueber uamen und Ursprung der Pelasger haben be- 
reits die gelehrtesten und scharfsinnigsten männer Unter- 
suchungen angestellt, ohne zu einem auch nur irgendwie 
genügenden und sicheren rcsultate zu gelangen. Der grund 
davon scheint vornehmlich darin zu liegen, da(s man im- 
mer von der gestalt des namens, wie er uns jetzt vorliegt, 
ausgegangen ist, und zu wenig geforscht bat, ob nicht ir- 
gend eine spur einer älteren form desselben namens in 
den iSndern Europas sich findet, welche vorzugsweise und 
von allen als pelasgiscb anerkannt wurden} sodann, ob die- 
ser name sich nicht in beziehung setzen läfst mit dem ein- 
heimischen namen der indischen und iranischen stamme, 
der sich ja doch auch erst nach der trennung von den 
europäischen gliedern des indogermanischen volkes gebil- 

Zeit-(chr. f. vergl. «pruclif. XX. 5. 24 



870 



riachel 



det hat. Nachstehende zeilea sollen beides in möglichster 
ktlrze versuchen. 

Schon im alterthume waren die ineinungen, ob die Pe- 
lasger barbaren seien oder nicht , getheilt. Für Hellenen 
erklären sie z. b. Dionys. Halic. I, 12 und Aeschyl. Suppl. 
V. 877 verglichen mit v. 879 ed. Hermann, cfr. Etymolog. 
magn. 8. v. Tot^äUxBi; p. 768; für barbaren dagegen halten 
sie Herodot I, f)7. 58 und Slrabo VII, p.321. Strabo, des- 
sen glatibwürdigkeit immer noch viel zu hoch gestellt wird, 
bringt für seine ansieht keine strikten beweise vor, uiid 
wenn er VII, p. 328 aus der lebensweise der prieeter in Do- 
dona ihr barbareuthiim folgero will, so zeigt dies nur seine 
urtheilslosigkeit. Herodot aber hat sich besonders durch 
die spräche der Kreatoniaten und Plakianer zu seiner an- 
sieht bestimmen lassen. Wenn wir nun auch nicht mit 
Niebuhr röm. geseh. I, 93 Krestou aus dem texte gänzlich 
entfernen wollen, wogegen doch das gleich folgende, batid- 
achriftlich gesicherte K^fjaTuvif/Tcti spricht, so sind wir, 
meine ich, doch viel eher berechtigt, Kreston und Plakia 
für barbarische Städte zu erklären, als von ihnen einen 
ecblufs auf die Pelasger zu machen, zumal Thucydides 
IV, 109 offenbar die Kreatoniaten von den Pelaagern schei- 
det. Dafür spricht auch, dafs in Plakia der kult der Ky- 
bele, einer ursprünglich durchaus asiatisch- barbarischen 
gottbeit besonders angesehen war, so dafa Kybele sogar 
JtfSvf^i'ii'ij fllay.iavi] benannt wurde (Preller gr. mythol 
I, 512 mit anm. 2). Dazu kommt, dafs noch zur zeit des 
Miltiades Pelasger in Lomnos safsen (Herodot VI, 137); 
von einer barbarischen spräche derselben aber findet sich 
keine spur, vielmehr wird Lemnos in dem fricdensinstru- 
ment bei Xenoph. Hellen. V, 1, 31 ausdrücklich unter die 
'L7.hjViös^ TToAeib" gezählt. Wenn wir nun erwägen, dafs 
die hauptstämme der Hellenen für Pelasger gelten, wie 
die lonicr Herodot VII^ 94, die Aeoler VII, 95, die At- 
tiker VIII, 44, vor allen die Arkader (worüber gleich mehr) 
u. s. w.; ferner, dafs ein so nationales heittgthum wie das 
zu Dodona schon bei Flomer als pelasgisch gilt, dafs so 
durchaus hellenische götter wie Athene und Hermes vor- 



über den namen Uilaityiiq. 



371 



Rugsweise ab pelasgische gottheiteo genannt werde», dafs 
Hephästos auf dem pelaagischcn Lemnos seine lieblings- 
stätte hatte, — dann niflsBeQ wir gesteben, dafs es eine 
in der weltgeschicbte ganz unerliörte und unerklärliche er- 
sclieinung wäre, wenn ein volb, das obendrein oft als das 
vertriebene geschildert wird, auf ein anderes ihnn gar nicht 
verwandtes einen solchen einfliifs hätte ausCiben können, 
zugleich aber selbst von diesem so schnell und so spurlos 
beseitigt worden wäre. So dürfen wir, glaube ich, das 
indogennanentbum der Pelasger nicht mit H. Kern (Zeit- 
schrift VII, 273) als sehr problematisch, sondern als völlig 
sicher betrachten. Wie wenig wir überhaupt auf die nach- 
richten der alten in dieser frage zu geben haben, beweist 
z. b. Herodot I, 57. II, 51, der die Pelasger zu späteren 
ffi'voixai der lonier in Attika macht, während es doch 
nach den Untersuchungen von Wachsmuth ( rhein. mus. 
1868- p. 170 ff.) keinen zweifei leidet, dafs gerade das um- 
gekehrte das richtige ist. Man vergleiche auch Herodot 
II, 52 die erzähl ung von den göttern der Pelasger, die 
doch offenbar höchst irrthümlich und falsch ist (cf. Breal 
Hercule et Cacua p. (i). Daher darf man auch nicht ein- 
wenden, dafs Homer Odyss. VIII, 294 die Sintier auf 
Lemnos ctyQioffwvovg nennt, sie also für barbaren erklärt, 
mithin das oben Ober Lemnos bemerkte unrichtig sei. Die 
alten erklären sie fftr Thraker, also auch für barbaren, 
obwohl in Thracien auch zahlreich Pelasger genannt wer- 
den- Das beste ist, sie mit Preller griech. mythol. I, I4llf, 
für rein mythische gestalten zu halten, die also aus dem 
kreise unserer Untersuchung wegzulassen sind. 

Haben wir nun ein recht gewonnen, in dem namen 
der Pelasger einen indogermanischen zu vermuthen, so 
fragt es sich zunächst, wie seine älteste form lautete. 
Diese war nun meiner ansieht nach parasja aus paras 
„weiter", „jenseits" und wurzel js. „gehen", also: „die 
weiterziehenden", „die nach jenseits seil, des meeres 
ziehenden". Zunächst die form, ßenfey in der cinlei- 
tung zum Sämaveda p. LIII — LVI (vgl, bes. p. LIV und 
LV) zeigt, dafs „die scheu vor dem hiatus im sanskrit ur- 

24* 



S72 



Pischel 



sprünglich keineswegs so grofg war, wie man nach den 
späteren gesetzen der spräche glaiibpn möchte, und dafs 
viele Wörter, welch« im späteren siuiskrit die liquida mit 
folgendein vokal haben, ursprürigiii'h statt der liquida den 
entsprecbendfn vokal hatten" (vergl. vollst, saiiskritgraujm. 
p. 11). Bekanntlich bleibt im lligvcda vor vokalen an 
stelle von j gewöhnlich i stehen. Somit haben wir als 
älteste form unseres wertes richtiger parasia anzusetzen, 
denn nachdem die wtirzel ja einmal angetreten war, sind 
wir berechtigt, sie ebenso wie das suffix ja zu behandeln, 
welches vielleicht mit ihr identiscli ist; wenigstens erklä- 
ren sich seine liauptbedeiitiiogen, die der beziehung auf 
das Subjekt und die der angehörigkeit dauu ebenso unge- 
zwungen , als wenn wir es mit Beufey ( vollst, gramni. 
p. 242 Lern,) als das pronoinen relativum fassen. Es wäre 
also parasja ganz nach aiialogie von Ichandasja, srötasja, 
urasja, pajaeja, ögasja, vajasja etc. gebildet, worüber man 
auch Beufey „über die entstchung und Verwendung der 
im eaaskrit mit r anlautenden personalendungen" p. 24 ff. 
(bes, p. 25) Göttingen 1870 nachschlage. Will man jedoch 
bei dem compositum eine derartige analogie nicht zuge- 
ben, sondern fordert man paröja, so möchte ich nur daran 
erinnern , dafs ja die wohllautsregeln erst auf spcciell in- 
dischem bodeu entstanden sind, ebenso wie die palatalen 
und cerebralen laute u. a. , dafs selbst im Rigveda sich 
Schwankungen fiiiden, wie duvöju neben dem regelmäf'sigen 
duvasju von duvasj (Benfey vollst, grannn. §. 236 bem.), 
ferner dafs, da die älteste ausspräche parasia war, eine 
form wie parasja selbst im klassischen sanskrit nichts un- 
erhörtes gewesen wäre, da sie der analogie des sufBxes Ja 
folgte, nachdem die Zusammensetzung aus dem bewnfst- 
sein entschwunden war (cf, Beufey über entstehung etc. 
p. 32 anm. 50). So erscheint mir die form an und fßr 
sich gesichert; sie wird es aber noch mehr, wenn wir uns 
unter den sitzen der Pelasger iu Europa etwas näher um- 
sehen. 

Keine länder werden so ausschliefslich und so allge- 
mein als pelasgisch anerkannt als Arkadien und Thessa- 



UIkt <K>n uamen IJtlaayoi, 



373 



licii, vor allen Arkadiou. Uie Ark<idcr gelten stets als 
autüchtboueii. Herodot VIJI, 73 : uixiit de rip' /hhmuv- 
rifüüv ti'h'sa inicc. Thvrojv 3t za fth ävo, ctiirö^d-ova 
it'ii'Ta, y.aTa X'^P^i'^ i'äovTcti }>vv, rij xai tu nriXai oixsov^ 
LlQxäöii^ TS xai Kiit'uvQioi. cf. 11, 17(). Paiisauias V, 1, 1 : 
yii'i] Sb oixii IhXonövviiOuv Uoxäötii ^ikv avTü^ö'üvea xcti 
'j-Ixaioi. cf. §. 2. Thuoyd. I, 2; ^iciXiaza de r^ta' ;'»7s t] 
<'t()i6Tij «ei räq fiEraßuhä^^ Tiöv o'cxijt6(>mv tl^^^'t V '^^ ''*'•' 
QeGaakia Xfxkov^üvi} /.tu Batwiia fhXoTHit'vrfitov re t« 
TtoXka nh)v 'yf()XaÖirti;. Die Arkader selbst liielteu sieb 
für älter als den mond Stephan. Byz. s. v. 'y/(jx{t<)in. Prel- 
ler gricwli. mytho]. I, tJU mit anm. 4. Die Ältesten bewob- 
ner Arkadiens aber und, da sie eben ovx ti,ai'ctnT(h'T£is 
waren, somit auch die der klassischen zeit waren Pe- 
lasger. Pausan. VIII, 1, 4: ^I^aßl ()f '.luxciöeiS Wi" fhkaayog 
yü'üiTO iv rij j'ij ttijwto^. Ilerodot I, I4Ü: ..'/oxriöe^ fls- 
?.a<3yui u. B. w., ja Arkadien soll sogar einst IhXadyict ge- 
lieifsen haben. Pansan, VIII, 1, 6': ntlceayov fU ßarnXii'- 
ovTu^ ywiaticit xat rij '/''^Q'^ IltXuayiftv tfieüiv uimttit. cf. 
VIH, 4, 1, und nach Ephoroe bei Slrabo V, p. 221 sollen die 
Pelasger fiberbanpt aus Arkadien «rekoinmcn sein. Neben 
llilar>}in finden sieb aber auch aiidrre namen für Arka- 
dien, und einer derselben ist lla^QfxfU'a. Steph. Byz. s. v. 
liiixctüüc fx'/.iji'hj f>£ xai llruumriitt xai yIvxa(ßvU( etc. 
idem s.v. flciitoaaict' ttoXic; l-Jfixatiia^' /.kxhtTai nno llcto- 
Qaauv ivoii tmv ylvxdovo^ iraidivv, Xäfja^ Öi xridfia Jle- 
i.aayov iv TiQtÖTfp ;^pf<j'*xwi' oi/Toig' „flikaßyu^ llQEffroQoi; 
jraig tov ^L'xßdatw tuv l^{)yov fitToixicag i^ ylQyovt^ eig 
TtjV an' ixeivov fikv tüte JleXuoyiai', vartQuv öi '^-ioxctöiav 
x?,t]i'hi(Tav i^aciXevaev iri] dxoamfVTS xai 7TÜ?,ti> IlaoQctdiav 
ixTiOi^. Nixävu){f ti* Ilctftßaßiav ffijaiv alTtjv xsx?S;cflai 
Ötci Tijv y/vxdovog sig tüv J'ia nci()ca'of.iia}>. Setzen wir 
hier nun statt des nach falscher analogie geschlossenen 
tlno ila^Qctauv das richtige Itaofiaaiov * ), so ergebon sich 
J IrtQtntrStog und llfluaync, als eine, natürlich mytliiscbo 
person; denn nach Stephanos grCndet Ua{>{)n<nug die Stadt 



*) Man denke an den namen des berühmten malen llaq(jiaiO%. 



374 



Piachcl 



flaooaGfcc, nacli Cbarax aber Ih'kaöyug^ imd wie wäre 
man wohl darauf verfallen, den fltlanyoii die Stadt, die 
er selbst gründete und offenbar nach seinem namen be- 
nannte, fIet(/oaaia nennen zu lassen, wenn nicbt eben sein 
eigentlicher und wahrer name IIctQQctatog gewesen wäre? 
Damit stelle man nun Äpollodoroa II, 1 zusammen: JStußiis 
öi xat Jiog, ji üQWTij yviiaixi Zevg Ov^tJj i/^*;'»/, ^aii^ Aq- 
yoQ i'/ivero' tüs dt ..'iitovaikao^ (fi/ai xat IIs?.aay6g^ tt(f' 
ov xX^ifilvai Tovg Tt^v nskoTiovvtjGov oixovvTag JJelanyovg, 
Hatoöug öi Tov lhXaf>y6v avröyd-ovti (ftjdtv iii'cu. Trotz 
der grofsen Verwirrung aller dieser angaben, läfst sich in 
ihnen doch schwerlich ein uralter kern Terkenncn. Charax 
ist der einzige, der Areetor zum vater des Pelaagos macht. 
Ich vermuthe, dafs vielmehr zu lesen ist: /h?.nay6g '£x- 
ßdßov jiatii Tov jJqf.Giogug tov '!i-Jüyov etc., dafs man also 
den Pelasgos direkt zu einem söhne, nicht eukel, des Ek- 
hasos gemacht hat, obwohl ja beide in der that ganz ideo' 
tisch sind, denn Iltkaayög = fjaoctaiog wäre nichts an- 
deres als "h'y.ßaaog, der „ausziehende" von ixßaircu, eine 
neue sttitze meiner erklärung des wertes IltXaayog. Wie 
nun fast bei jedem gotte der griechischen mythologie eine 
bestimmte seite seines wesens als „söhn** oder „tochter" 
oder jjliebling" abgezweigt wurde, indem man gerade diese 
eigenschaft des gottes individualisirtc und hypostasirte 
(Helios und Phaeton, Selene und Pandia, Artemis und 
Kallisto, Apollo und Aaklepios etc.), so mag es auch hier 
ähnlich gewesen sein mit "L'xßaßog und Ih'/MGyüg, sei es, 
dafs eine dunkele erinnerung der wahren bedeutung des 
Wortes nctQfxüiog = exßddog im bewufstsein des treu an 
seinen sitten und Qberlieferuiigeu festhaltenden volkes der 
ßaXai>t](fäyüi L'l()xaäig sich erhielt, sei es, dafe Volkslieder 
das andenken au eine frühere heimath wach hielten. Ich 
habe es bisher gleichsam als selbstverständlich angenom* 
men, dafs aus skr. j sich griech. y entwickeln konnte (der 
Wechsel von q in A bedarf doch kaum der erwähnung) und 
in der that ist dies auch meine feste Überzeugung nach 
den gewichtigen grtlnden, die Curtius zeitschr. VI, 231 fi". 
Grundz. d. gr. etym. p. 540 ff. vorgebracht hat. cf. Leo 



Ubar den Daiiica liflaityn(;. 



373 



yer zeitscbr, VII, 17 u. a. Ein solcher öbergang acheini 
iriir besonders iinbcdeiiklirh nach Zischlauten, da der Sibi- 
lant dem folgenden weichen buchgtaben unwillkQrlich etwas 
von seiner härte mittheilt, um bo unbedenklicher hier, wo 
wir es mit einem eigennamen 7.u thuu haben, der bestän- 
dig im munde des volkes lebte. — Wenn nun also bei 
Stephanos Byzantios "Exßacog, i. e. wie wir sahen Pelasgos, 
enkel des Ärgos genannt wird, wenn Akiisilaos sie zu 
brOdern stempelte, wenn Aeschylos suppl. 237 ed. Herrn. 
als vater des Pehisgos den llakalxiffnv nennt und den Pe- 
lasgos zum könig von Argos mav*ht, wenn also flskatsyug^ 
'^Qyog und HaXar/^ÖMV in so nahe und enge beröhrung 
gebracht werden, so glaube ich nicht zu kühn zu sein, 
wenn icli darin eine uralte den Griechen selbst längst un- 
verständliche traditioii sehe und bei 'llQyoq an die äijäs 
<lenke, so dafs sich wie IIa(idatoi; und Ihkanyög auch 
■'V^iOi,' (Steph. Byz. s. v. '^oioi) und "Ji>yo^ zur seitc stän- 
den, wobei ich nicht im entferntesten daran denke, etwa 
den namen des landes yJ^yog, also das yiftyvg der Pelasger 
— übrigens eine treue spur ihrer Wanderungen — auf diese 
weise etymologisch zu erklären, sondern nur für die my- 
thologische tradition bei Apollodoroa diese crklärnng for- 
dern uiöclite. Gerade 'Ufjyug mag zu der schnellen Um- 
wandlung des namens !^J^io^ beigetragen haben, wie die 
Griecheu gewila nur an Argos dachten, wovon Stephanos 
ein beweis ist. Sehr richtig bemerkt üreal (Ilcrciile et 
Cacus p. 14): la facilite avec laquelle les peuples oublieul 
leurs origines sera toujours un sujet d'etonnement. Lee 
anciens mots les einbarassent autuut qne les vieux uionu- 
uientB et les vieilles coutumes; ne ponvant ni les compren- 
dre, ui les oublier, toutes les explications qui en rendent 
compte leur semblent bonnes. Es verdient jedenfalls die 
grolste beachtung, dafs gerade der erste söhn der Niobe, 
des ersten sterblichen weibes, zu dem sich Zeus gesellt, 
Argos genannt wird. Die sage von der Niobe weist uns 
nach Asien zurQck, wie Preller griech. niythol. 11, 382 
sagt: „wie die fabel vom Pelops früh nach dem Pelopon- 
nes verpflanzt wurde, so die von der Niobe nach Theben, 



376 



Piachel 



doch ist die wahre heimat von bßid«t) der Sipylos uud 
Kleiuasieu". Damit stimnit^ dafs noch bei Homer Pelasger 
in Kleiiiasieu in eben jenen gegenden sitKCD. Wäre, was 
ich so eben auseinaudergefietzt habe, richtig, 6o wflrde sich 
daraus von selbst ergeben, was schon H. Kern zeitscbr, 
YIl, 273 vermuthet hat, dafs Hellenen uiul Arier noch 
lÄJQger zusamniengebhehen sind, als din übrigen indoger- 
manischea stamme mit ihren asiatiGcheD brüdern, und wQrde 
dadurch die freilich etwas zu modificirende anaicht Lott- 
ner's aeitschr. VII, 18 fi. cf. bes. p. 193 eine neue stütze 
erhalten. — Äeechylos nennt, wie wir sahen, den vater 
des Pelasgos Ilalcüyßwv „altland'*. Dies hat nun aller- 
dings, meiner ansieht nach, eine ganz andere bedeutung, 
ab ihm Pott zeitschr. VI, 121 geben will, näiiilich die, 
dais die Pdasger in Gricchenlund niuht uranaässig waren, 
sondern aus einem anderen „alten lande ^ dahin gezogen 
sind. Dur(;h diese beziehung zu dem „alten lande" ge- 
winnt meine etymologie eine neue Etfitze. Trotzdem dal'e 
Böhtlingk und Koth schon 1852 die ursprüngliche bedeu- 
tung von arja, Sr|a nacbgewieäen haben, und trotzdem 
daia Curtius in seinen grundzügen der griech. etymologie 
auf die Wichtigkeit dieses nachweises aufmerksam gemacht 
hat, findet man doch immer noch allgemein die ärjäs frisch 
weg als die „edlen", „ glänzenden ** erklärt. Die gruudbe- 
deutuug ist nun aber die „treuen", die „anhänglichen", 
und zwar wohl nicht l»los wie B.-R. s. v. annehmen, „die 
den göttern des btammes treuen", sondern vor allem „die 
dem lande der väter, „„dem alten laude"" treuen*. Da- 
mit steht nun im vortrefflichen gogensatz, dafs die, welche 
das alte land verlassen, sich paraajas nennen, „die weiter, 
die nach jenseits ziehenden *^ und keineswegs im wider- 
spräche, dafs die Pelasger bekanntlich bei Homer noch 
in Kleinasien und Kreta sitzen, wilbrend er doch nach II. 
II, 608 — freilich das verdächtige zweite buch! — schon 
TIaQctaait/ in Arkadien kannte; denn er kennt ebenso schon 
den Zbv^ nshcoyixoi; in Dodona, und es folgt daraus nur, 
dafs die Pelasger nicht zusammen uud gemeinschaftlich 
weiter gezogen sind, sondern dafs einzehic abtheilungen 



über ilen numen niiatryiii;- 



377 



rennten uml zurQokblieben, während die haupt- 
müsse immer nach vorwärts weiter zog. Dies boweisen 
auch die thessaliachen Pelasger, um von allen tlbrigen vor- 
läiifi;^ abzuselven. Doch ich muJs noch einmal auf Arka- 
dien zurückkomuieii. Wenn allgemein anerkannt ist, dafe 
gerade späte Schriftsteller oft die ältesten sagen und Über- 
lieferungen bewahren, da aie als conapilatoren auf ältere 
gute, jetzt verlorene schrifteteller zurückgehenj so ist dies 
besonders auch von den lateinischen diehtern des Zeital- 
ters des Angustus anzunelimeu, die nicht nur selbät eifrig 
und unverdrossen sammelten, sondern auch Griechen für 
sich sammeln liefseu. Schon seit Euniwa nun (Niebnhr 
röm. geach. I, 42) und vor allem im augusteischen Zeitalter 
nennen die dichter die Griechen schlechthin Pelasgi, was 
ein neuer nicht völlig zu verwerfender beweis ftir das hel- 
lenenthum der Pelasger ist; in eben jener zeit wird Ar- 
kadien wieder Parrhasia genannt und Parrhaeis, Parrha- 
sius ist = arkadisch, v. Forcellini b. v. s. v. und die her- 
ausgeber z. Ovid Metamorphos. 11, 460. VIII, 315, so dafs 
sich schlielsen läfst, dafs der älteste und ursprüngliche 
uame Arkadiens llafiaaßia war. Uebrigens kann mau zur 
erkiärung dieses wortes auch die unsinnige deutung des 
Nicanor (oben p. 378) benutzen, wenn mau daraus schlielsen 
will, dal's Arkadien einst auch //a{ißanitt hiel's, offenbar 
eine ähnliche erinnerung wie Lxßa(fi/^. Was endlich das 
doppelte q in Ilannäaun betrifft, so halte ich es für rein 
graphisch, vielleicht durch den einflufs der dichter, denen 
eine kurze silbc nicht in deu vers pafste, auch in die ge- 
wöhnliche Schriftsprache übergegangen. Halbvokale sind 
ja der Verdopplung überhaupt am fähigsten, möglich auch, 
dafs sich in handschrifteu und inschriftea die Schreibung 
mit einem p nachweisen läfst. Thucyd. II, 22, wo die be- 
sten handschrifteu Tla^äaiut, (der vatican. nenaGtui) haben, 
•wage ich nicht als beweis herbeizuziehen, da gleich dar- 
auf JIvQaaiDt folgt, und sonst llnm'tntoi in Thessalien 
nicht genannt werden, so sehr man sie dort erwarten sollte; 
daher dürfte es gerathen sein, mit Classen ffafjtiaioi hier 
zu streichen. 



378 



PischLl 



Bio Gcbwanken der Landsuhriften findet eich nun auch 
in Ueoatßoi neben Th(}()aißoi. Jhfjcaßoi findet sich 11. 
11,749, und so haben gute handschriften des Thucydides 
und der cod. Vratisl. des Stephanos Byzantios ; /hi/Qaißoi 
ist die gebräuchliche form. Die einzig richtige Schreibart, 
wenigstens die echte, ist lliuaißoi. Auch Thessalien nüm- 
liüh galt für einen hauptsitz der Pelasger; schon Homer 
11. II, üSl erwähnt dort ein t fsXaayixuv l'lgyog', man ver- 
gleiche Herod. 1, 57. Diouys. Habe. I, 17 u. 8. w. ; auch 
später hiels ja noch eine landschuflt Thessaliens Pelasgio- 
tis. Auch hier aber finden wir einen uanien, der sich 
durch seine oomposition als älter erweist, als der name 
IleXctayui in dieser gestalt, nämlich das eben erwähnte 
Ihfjaißoi. Tiioct bezeichuet nichts anders als »das jensei- 
tige land"} cf. Hermann z. Ae§chyl. Suppl. v. 249, der 
Euatathioa ad II. p. 306, 23: ns^« ^«o t} yi] xarä yliZairav 
citirt. }Ii(jctißoi also sind „die nach dem jenseitigen laude 
gehenden ", indem nsQai locativ zu mpnr und der zweite 
bestandtheil des compositums die in ßaivia vorliegende 
Wurzel ist ; analog ist — abgesehen von x^ftaitvinjg, udol- 
ttogog etc. — ^«(.iaintttiq gebildet, in welchem der locativ 
wie in ntnaißui die ricbtung „wohin" ausdrückt, wie ja 
auch im sanskrit der locativ als erstes glied eines compo- 
situms häufig ist. cf. Benfey vollst, gr. §. ö21 bem. und 
ausn. II. llEQcußiit und Ifaocinioi i. e. fleXceßyoi sind also 
ihrer bedeutuug nach identisch. Dafs die Pcrrhaeber aber 
Pctasger waren, darüber sehe mau Strabo IX, 439 — 442, 
capitel die höchst interessant sind, deren nähere bcleuch- 
tuug jedoch aufser den boreich dieser arbeit lallt. An 
mehreren stellen z. h. I, 61. IX, 439 nennt Strabo die 
Perrhaeber fuiaväarai „ fremd linge", „ ankömnilinge ". ■ — 
Eine analogie zu meiner deutung des namens /hXaayoi 
bietet der name der Juden: z^iiar, was mit Gesenius von 
135 „jenseitiges land " abzuleiten ist, so dafs also C^in:? 
„ die jenseitigen ** bedeutet. In Palästina selbst wurde ja 
die landschaft östlich vom Jordan Peraea genannt, und 
auch sonst findet sich dies als name von laudschaften und 
Städten, negalog und i) moaia „das jenseitige land" aber 



Se^e^nftmOT tliXaayoi;. 



379 



^ 



sind nichts anderes als 7ii(jciatoi und nsoania für nctoä- 
ato^ und naQaa'ta (resp. nuoäajos und na^cioja] nach den 
regeln, die Grafsiriann zeitschr. XI, 26 entwickelt hat, der 
freilich (p. 22) einen Obergang von j in y nicht zuzuge- 
stehen Btheint. 

Als endresultat ergiebt sich also: 

1 ) die einzelnen stamme des späterhin Flekadyai be- 
nannten Volkes wanderten nicht gleichmafsig und vereint 
weiter, hatten aber alle ein ziel; „das jenseitige land". 

2) Die bauptmasse führte den namen parasjas im ge- 
gensatz zu den im „alten" lande zurückbleibenden ärjas. 
Parasjas verwandelte sich früh in Ihkaayös und dieser 
name wurde der herrschende und auf alle stämnae tiber- 
tragen, während sich die alten namen nur in bestimoiten 
gegenden erhielten *). 

3) Die Pelaeger, VFeit entfrrnt barbarcn zu sein, sind 
vielmehr die ältesten repräaentanten des hellenischen volkes. 

Breslau. Richard Fische I. 



Die lieimat des indogermanisch ea iirvolkes. 

Nachdem man, verleitet durch die innige Verwandt- 
schaft des Sanskrit, den ursitz der Indogermanen eine zeit 
lang irrig in Indien selbst gesucht, hat man ihn später 
in Ccntralbochasien, westlich vom Belurtag und Mustag, 
östlich von den Eranern angenommen. Vgl. Pott indoger- 
manischer sprach stamm a. 20, Lassen indische alterthums- 
kunde b. öllfl., J. Grimm g&sch. d, d. spr. 162, Momm- 
sen 8. 31 u. v, a. Jedeefatls sind alle bedeutenden forscher 
trotz der Verschiedenheit der einzelnen ansichten einmüthig 
und zweifellos immer bei Asien stehen geblieben, oft 



•) Darauf weisen auch solche nachrichtcn hin, wie die bei Herodot 
VlJl, 44, dafa die Atliener ab Pclaag>)r K^iaraoi , die Jonicr Ihlaayoi 
Alytalite {VII, 94) bicfeen, und zuaammeaatellungcn wie 'Avxäini IJtXaayot 
I, 146. 



380 



Iluefcr 



stillschweigeuJ, doch fürwahr uächt ohne guten griinil, 
denn: ex Oriente lux, in Asien spielt unsere älteste ge- 
schichte, hier war die statte der frühesten bildung und 
Weisheit, Asien galt ja allgemein als der älteste cnltursitz, 
als die wiege des meDscheiigeschlechtes. 

Aber so fest steht bei dem ruhelosen treiben und 
drängen der heutigen Wissenschaft kaum ein satz, dafs 
nicht gelegentlich an ihm gerCittclt, er nicht wenn auch 
nur versuchsweise und gleichsam zur abwechslung einmal 
auch umgekehrt und auf den köpf gestellt werden sollte. 
Kein wunder ilafs jener „asiatischen hypothese" gegenüber 
neuerdings sogar behauptet worden, die hetmat des in- 
dogermanischen urvolkes sei ganz und gar nicht Asieo^ 
soudern lediglieh — Europa. 

Dieser überraecheude, kürzlich noch unerhörte satz 
ist zuerst, soviel wir wissen, von dem nicht unbekanuteu 
Engländer R. G. Latham in zwei Schriften über die 
Stämme des russischen reichs und ober vergleichende grani- 
matik 18ö4 und 1862 ausgesprochen. Er warf die wun- 
derliche frttge auf: hat das Sanskrit Indien von Europa 
aus erreicht oder erreichten dag litauische, sUivische, latei- 
nische, griechische und deutsche Europa von Indien aus? 
Er vermil'st, was bei seiner frageetejlung nicht befremden 
kann, die beweise für eins wie das andere, aber er beruft 
sich auf die innige bertihrunji zwischen sauskrit und litaui- 
Bchem und hält es für wahrscheinlich, den ureitz aller 
verwandten glieder unseres sitiunneis östlich oder südöst- 
lich des litauischen etwa in Podolien oder Wolhynien an- 
^unebnien. Vgl. L. Geiger zur entwickelungsgescbichte der 
menschhoit, Stuttgart 1871, s. 119. 

Der einfall des herrn Latham wäre woiil unbeachtet 
und ohne wirkuug vorübergegangen, wenn nicht iiizwisuhen 
andere gelehrte eine ähnliche behauptnng aufgestellt hät- 
ten, zuerst Th. Benfey in der vorrede zu Ficks indog. 
wtb. Göttingen IStiB 8. IX. Er meint, die für die oin- 
wandcrung aus Asien geltend gemachten gründe lieruhteu 
auf alten „mit unserer früheren bildung uns eingeprägten, 
in nichts zerfalleudeu vorurtheilen", der ursit?. wäru 



dio licimat des indogcrmanisclicn uivolkcs. 



381 



bei weitem eher Europa, wobei er, genauere beweise 
sieb vorbehaltend, zunächst nur den uaistanil betont, dafs 
sich nicht die spur eines uroanaeDS fQr Jöwea, tiger und 
kaineel finde und dafs andererseits geologischen Untersu- 
chungen zufolge Europa seit undenklichen zelten von uien- 
scheu bewohnt gewesen aein soll. 

Während wir uns noch der hoffnung hiugaben, Ben- 
fey werde, da sein beweis ansblieb, vielleicht längst ande- 
res ainnes geworden sein, ßberrasehte uns kürzlicii nach 
flüchtigen andentungeu in seinen früheren werken Laziir 
Geigers besondere, unserem gegenstände gewidmete ab- 
handlung in seinem oben genannten opus postuninm no. VI 
8, 113 — 150 und später sind dann auch andere, namentlich 
Spiegel eranische alterthumskiinde ?, 42G fl , im Ausland 
1871 no. 24 s. 55311. und J. G. Cuuo forschungen auf 
dem gebiete der alten Völkerkunde s. 21 auf die Untersu- 
chung derselben frage eingegangen. 

Der geistreiche und gelehrte Geiger spricht ea s. IIS 
unumwunden und mit dürren worten als seine Oberzeugung 
aus, dafs die Urheimat der Indogermaneu in Deutsch- 
land, insbesondere im mittleren und westlichen 
zu suchen sei, ja er glaubt diese annähme durch eine ganze 
reihe von grüuden zur gröfsten bestimmtheit erheben zu 
können, während seiHes erachtcns iür die bisher geltende 
bypotbese die beweise gänzlich fehlen, 

Er beruft sich vor allem auf die physiologisdie er- 
scheinuug, den lichten typus blonder haare und blauer 
äugen, der sich am reinsten bei den Germanen zeige und 
eben sie zumeist als autochtbouen erscheinen lasse, und 
folgert dann weiter aus dem vorliegondcti wort- und ge- 
dankenschatze , indem er die verwandten ausdrücke für 
bäume und getraidefrOchte, die waidpflanze*), klimatische 
Verhältnisse, die Jahreszeiten, thiere aller art, das meer, 
salz u. a. mehr oder minder eingehend in betracht zieht, 
anderes aber für eine spätere abiuuidlung verspart, wie 



*) Ueber «Jen namen de» bcknnntcn fÄrbekrniiteR und seine berührnnR 
mit lauTtf, vilruni ii. s. w. vcrgl, i'i. n. lln — 141. 



382 



Iloefcr 



der verf. diese arbeit denn überhaupt wohl nicht als fertig 
und abgeschlossen angesehen iiat. 

Au Europa, näher au das nördliche Deutschland und 
den nordwesten Frankreichs denkt dann auch Cnno, weil 
er nur hier die in Asien vermifste, för die aufnuihme sei- 
ner dekaden von raillionen ludogermanen geeignete ört- 
lichkeit findet und sich, nicht „eo rund und klar und nett'' 
wie bisher geschehen, über Spaltung und Verhältnisse der 
indogermanischen sprachen Vorstellungen bildet, bei denen 
ihm doch um köpf und busen wohl selbst mitunter bange 
wird. Das deutsche z. b. war ihm, soweit wir zurfttkden- 
ken können, wie das keltische und italische ^cine spräche 
für sich". Wie sie dann unter sich und mit dem Sanskrit 
verwandt seien, begreift er natürlich nicht, ohne eiu wun- 
der anzunehmen u. s. w. Vergl. s. 73 — 74. 

An der örtlichen beschaffenheit Asiens*) nimmt end- 
lich auch Spiegel anstofs, welcher das gewicht der gründe 
für Europa zugibt, Europa als ursitz möglich findet, flbri- 
gens aber beide hypothesen für unerwiesen hält und die 
ganze frage nach dem uriande somit bis jetzt als ungelöst 
betrachtet. 

Man kann eins und das andere dieser bedenken willig 
zugeben, aber man braucht fürwahr nicht die ganze be- 
weisftlhrung anzuerkennen oder gar die Vorstellung zn 
theilen, welche in Asien land sucht, um 30 oder 50 mil- 
lionen von ludogerraauen zu beherbergen und wieder wer 
weifs wie viele dekaden millionen verlangt, um die alte 
bcvulkerung Europas zu vernichten und in sich aufgeben 
zu machen. 

Die zu gunsteu Europas angeführten gründe sind Kum 
gröfsten theile aufserst hinfällig und angreifbar, und wie 
mifslich und schwachfüfsig namentlich die auf rein spracb- 
licbem gebiete liegenden sind, hat Geiger selbst schla- 
gend an mira, mare und der daraus gefolgerten bekannt- 



*) Er denkt dabei zunilchet an die hochebcne Pamer, „die (crrasso der 
weit", Lassen s. 20, dio ihm ungoeignot aclietnC „ein noch kindlicbcs urvolk 
zur geaittung faeranzubilden*. 



di« h«iraatb des indogermanischen Dirolkas. 



383 



jhaft der Indogermanen mit dem meere dargethaii. Un- 
eerc kenntnirs der Ursprache ist viel 7.u uiivolbtändig und 
wird stets uosicher und mangelhaft bleiben. Wer will 
z. b. den ursprünglichen Inhalt von bhflrga, bharga und 
die damit bezeichnete bauinart bo genau bestimmen, dafa 
dadurch das Vorhandensein der heutigen birke erwiesen 
wird? und weiter, wer darf mit grund behaupten, dafa 
wenn namen der thiere später auseinander gehe«, die letz- 
teren selbst darum dem urvolke unbekannt gewesen sein 
müssen, da doch unzählige Wörter, hier erhalten, dort ver- 
loren gegangen sein werden. Zusammenstellungen und ver- 
gleichuQgen, wie sie neulich Fick versucht hat, sind ge- 
wifs sehr nützlich, um den thatsäehlichen d. h. späteren 
bestand zu öbei'blicken, sie gestatten ohne zweifei auch 
Schlüsse auf die Ursprache, aber nimmermehr Schlüsse der 
angedeuteten art. 

Und ist es denn endlich wahr, dafe die beweise für die 
asiatische heimath, weil man sie bisher nicht brauchte, 
noch verlangte, noch vermifste, darum wirklich fehlen? 
Ist denn, abgesehen von allem anderen, auch das zufall 
und leeres vorurtheil, dafa die der Ursprache zunächst ste- 
hende reinste und ursprünglichste form der spräche in 
nächster nähe des gewiis verständig erschlossenen ursitzcs 
erhalten ist? Das ist an sich wenig wahrscheinlich, ja zum 
theil geradezu unmöglich, undenkbar, dal's Inder und Era- 
ner so lange, als nothwendig augenomuien werden mufs, 
ein Volk geblieben, dal's ihre sprachen, Sanskrit und Zend, 
die höchste reinbeit und Vollkommenheit bewahrt haben 
sollten, wenn sie sich zuerst vom mütterlichen stocke ab- 
gezweigt und die weiteste Wanderung von Europa oder 
selbst Deutschland aus bis in die späteren sitze durchge- 
macht hätten. Diese zwar nicht ganz übersehene, aber 
wohl zu leicht abgefertigte und keineswegs beseitigte that- 
sache ist, wie uns scheint, allein von entscheidendem ge- 
wichte, sie steht tonangebend zn oberst, sie bestimmt alle 
weitere hypothese, die berufung auf die kaum vcrgleich- 
licben Verhältnisse des litauischen oder isländischen ficht 
sie nicht au. Bei der aller laut- imd Sprachgeschichte, 



Iloefer, die heimat des indogerinanischen arvolkea. 



wie wir meinen, ins geeicht schlagenden voranssctzung der 
abstaminung aus Europa mfil'ste man Sanskrit und Zend 
billig auf der stufe erwarten, welche bei der bisherigen 
annähme so natürlich das keltische einnimmt, die Zerrüt- 
tung des letzteren bliebe mehr als räthselhaft und die Ger- 
manen, die Jahrtausende wohl gar in ihren ursprOnglicben 
Wohnsitzen gehockt und geschlafen hätten, würden anch 
wohl einige Verlegenheit bereiten. Dazu käme, dafs bei 
dieser neuen auffassung Ton Verwandtschaft des indoger- 
manischen mit dem semitischen, welche manche leugnen*), 
mit vorsichtiger bescbränkung aber die meisteu for8Cher 
bekanntlich annehmen, natürlich gar nicht mehr die rede 
sein könnte. 

Wir können uns Oberhaupt von den durch die neae 
hypothese bedingten Verhältnissen kein befriedigendes bild 
entwerfen, sie führt zur gewaltsamsten Umkehr bisheriger 
anschanuugen, ohne dafs uns ihre Verfechter allseitig auf- 
zuklären und zu beruhigen schon im stände wären. Aber 
einmal auf die bahn gebracht wird sie vermutblich, Zweifel 
aufregend und nebel ausbreitend, eiue weile fbrtspukon, 
um demnächst gleich manchem luftgebilde unserer tage in 
der stille ku verfliefsen. 

Zu weitcrem eingehen in die sache ist zur zeit keine 
Veranlassung, aber sie einmal zur Sprache zu bringen schien 
angemessen, denn es handelt sich um ein Umsturz werk von 
möglicher weise erschtltternder wirkimg, ühpr welches jeder 
forscher mit sich ins klare zu kommen sticheu muls, um 
es zu stützen oder zn bekämpfen. Dabei ist aufrichtig zn 
bedauern, dal's ihr tapferster Vorkämpfer, der trotz man- 
cher Wunderlichkeiten hoclibegabte, an sprachlichem und 
kidtiirgesi.'hichtliehem wissen überaus reiche L. Geiger, 
mit dem ich über wichtige fragen seit früher zeit gloicli 
denke, uns durcli unzeitigen tod leider schon entrissen ist. 



*) So kllrzlich norh Friedrich MuUer, dessen ablinndlang «indo^rmn» 
nisch und .seiniLi.idi" jedoch wenig mehr aln das frühe ausoinandergelica bei- 
iliir zn befreijiiMi Hchcirrt, das oliuehin »atUam bekannt ist. 

Greifswatd, im august 1871. A. Hoefer. 



Rtrlinger, zur deutschen Wortforschung. 



385 



Zur deutschen Wortforschung. 

1. scltlaicbeii, verschlaichcn. 

scb wache verbiim schlaicheu, mundartlich 
scliloacha (ivi ^ oa) beiist im alemaiiDiscbcn gebiete 
verkaufen, austauschen, besonders gebrauchen es die 
heuberger bauern vom arrondieren ihrer gtitcr. Hat x. b. 
einer am Kapf ein stück land, das er gegen ein anderes, 
am gegenüber liegenden berge dem nachbar hier abtritt, 
so dafs beide ihr gut auf einer stelle beisammen haben, 
eo beifst das scblaicben. Das subst. der schlaich, 
„schloach, 'n sohl, macha" ist ebenso häufig. Das we- 
hinger pfarrurbar aus dem ende des 17. jahrh. hat die 
stellen: „ein Jaucbert jenet dem Stettbacb ist ver- 
echlaicbt um ein Jauchert da und da". Die belege sind 
sehr ;!afalreicli darin. In Baiersbronn kennt man es eben- 
falls in unserem verstände; im alcm. binterwald „dean hat 
man gachlaicbt" bei streit- und raufhändeln. Interes- 
sant ist das Zeugnis in zoUerischen und fürstenbergischen 
Urkunden. Laut Moi>. Zoll. I, 208 ad 13t!8, 7. jnli stellen 
die gebrQder graf Friedrich und Ostertag zu Zolr eine 
Urkunde ans, betreffend auetauscb leibeigener: „daz wir 
bald ainmuotclich ains rechten schlaich s rebt imd red- 
lich gegeben haben unsern aignen mann ". „daz wir reht 
und redlich gewihselt, gescb laicht uud geben haben — 
wibseln und scfalaicken also mit in mit diesem brief. 
a.a.O. 1,432 ad 1393. In dem Ffirstenbergischen gölt- 
buche hs. (1488): „soll ich VI malter körn, band wir mit 
im geschlaicht". 

Besoldus I, 1026 führt schleicbbrief auf, das uns 
pafst: literae mauuraissoriae, über das gestellt quod per- 
mutatione alienatur (Freigius). 

Ich fand weder bei Graflf VI, 785 noch im mittel- 
hocbd. wörterb. IP, 398b, noch bei Schmeller und Schmid 
eine hiehergehörige notiz. Hat unser Schleichhandel 
vielleicht vordem, ehe er schmugglerbandel ward, zu 
schlaich, schlaichen gehört? 

ZeitBclir. f. vgl. sprachf. XX. 6. 25 



Birlingek- 



2. scblaiken. 

Wackernagel nennt in Haupts zeitschr. II, 556 ein 
alcnaaniiifichcs schleikeü, ein von suchen hergeleitetes 
factitivum, im ainne des hochdeutschen „schleifen^ 
schleppen". Heute trifl't man es im Schwarzwald sehr 
oft; so hörte ich in Aha bei Freudenstadt achloigga, 
schloika (äi = oi neben oa); ge schloigga d. h. bäume 
schleppen, ziehen, g*nz genau was kegen, kegglen ale- 
mannisch besagt und was Hildebrand im d. wb. so schön 
ausführt. In Rochhok alcm. kinderlied s. 201 steht das 
rSthsel : 

's goht durch de wald diifse 
und Bcbleiki ebbia leabigs ufse? 

(Haar und Kamm). 
In Heiifslins vogclbuch 131a: „so der fiisan die stimeu 
erhört, suhlcickt er sich nach und nach heimlich hin- 
weg". „So scblciekt das ledig mänalin einem andern 
sein weihlin umbhar". BI. 241a. — Ich führe absichtlich 
«ine anzahl beispiele vor. Dieth. Kellers keyserbuch, wie 
icbs der ktirze halber in der alemannischen spräche nannte;, 
bat folgende stellen: „seiner totechlegeren fürnemen was, 
dafs sy woltend den todtnen cörpel in die Tib^r schlei- 
cken" 8. 3. „Pisonem hat sie mit dem rechten umbber^ 
gescbleickt und jo dahin bracht" s. 68. „Der rat hat 
sich defe erkennt, das sein cörpel solte mit einem backen 
geschleikt werden" e. 180. „Und schleickt er die Cor- 
niiiciam uuibher" s. 188. „Sein cörpel ist im Circo Maximo 
iiit änderst umhergeschleickt, als ob er ein todter hund 
were" s. 221. „Haben jn mitten durch die zu dem 
Iftger gescbleickt" s. 241. »Die hat er mit seines weibs 
rhat über offnen markt scbleicken lafsen" s. 341 und 
noch oft. 

Schmellcr HI, 432 führt schlaicken an und verweist 
auf Stalder; in Baiern hat sich das subst. schloack, 
langsame unreinliche Weibsperson, schlaoiperin aleuiau- 
niseb, als volksthümlich erhalten; in München allgemein 
Üblich. 



zur deutschen wortforscliung. 



3S7 



3. aohlaitzcn. 

Scblaitzen (vgl. Schmellcr 111,458) bedeutet zer- 
rcifscn, zerspalten, zernichten (scindere), inhd, scindere 
aleizen. Bei Diefenbach Nov. GIosb. ITnb: sleizuoga, 
fissura. Die mittheilungfiu der antiquarischen gesellschaft 
in Zürich IV, 45 bieten: „sc h leitztend den turn bis 
auf den grund" s. 279 und oft. „Die land verscLleitzen 
uod verwüsten". Keyserbuch von Keller 398- Die chronik 
der Edlibacher (antiq. ges.): „als nun die eignos«en dz hüs 
Griflensee gar und ganz zurachleitzt hatteod*'. — Forcrs 
thierbuch: „ee dann die Stadt von uagestüme des meere 
und der wasser verflözt und geschleift war" s. 108a. 
So ainer ir nest zerschleitzt and umbkerL Heurslin 
215 b. ^ In Letscbs constanzer chronik bei Moae quellens. 
II, 52b (1527): „verbrennt, verberget, zerscblaizt, ge- 
pJOadert" 53b. ad 1529: „dau er warlich das edel frucht- 
bar banger- und osterlaut ob sibenzig meil weit und brait 
geschlaizf u. s. w. Jos. Maaler 5IGa: zerschlei tzen, 
vasiare, demolire; die altär zerschlei tzen, zerscbleit- 
zung, zerscbleitzer a. a-o. ^ Dazu gehört in der alten 
Lindauer flöfserordnung 15. IB.jahrfa. schlaitzscbindel: 
„von 10 burdin schlaizschindetn 1 fl." 

In den sägemühleu auf alemannischem gebiete ist das 
«übst, der scblaitzen noch echt votksQblicIi. 



4. ballen, abbauen u. 6. w. 

Diese ausdrücke kehren in Rotweiler und Lindauer 
Statuten oft wieder. Ich babe in der eprache dos llotweiler 
stadtr. I, 70a und II, 358 belege aus dem etadtrechte und 
anderen Schriftwerken angeführt. Vom 16. jabrh. ab er- 
scheint Weinbauer, früher weinbaigler, wie beide re- 
dactionen des stadtrechts haben. Sie sind, wie der Obern- 
dorfer urkundliche name „winerlöber'* besagt, unter- 
geordnete umgeldbeamte. 

Die Lindauer umgeldordnung 16. 17. jahrh. hat: „so 
einer wein abschlaheu will, so sol er beschicken den 
weinrUeffer, daz er das fafs anzapfe und den geschwornen 

25* 



S88 



Birliiigpr 



ungellmeistcr dals rr das fiil's verpitechiorc und nbbaile 
und die bauen sol der uiDgt^ltineister mit dem bindel au- 
binden und oben stempffcn, datint die eicber dieselben l'afs 
«•kennen mögen". 

„Und so einer wein zuschlagen will, sol er das iiit 
allein thun; auch mit dem vafs kein verendruug vömcb- 
men; der gescbworne nmgeltineister habe dann dasselbig 
fafs abbauet und so das vafs nit Gbor das halbtbail lär 
ist, sol der umgeltmaister bei seinem ayd das nrogelt 
S*;hatzen und macbeu uud damit das pittschaft widerumb 
ab demselbigcn fafs thnn, die bauen zerbrechen und den 
ausgeschenkten wein verzeichnen" u. s. w. 

„Wann aber sollicher wein iilier den halbenthail aufs- 
gangen wäre, alsdann soll das fals durch den unigeltmei- 
eter abermalen abgebaut uud das umgelt geschätzt wer- 
den" a. a. o. „ Der weiarflefier sol gar nicht weinrüefieü 
noch anzapfen; der umgeltmeister sei dann vorhin dabei 
gegenwärtig, dafs er das vafs abbaue oder verpitschire" 
u. 8. w. „Den wein unvcrpitscbiert, auch unabgebailt 
und ungerüefl" ustragen" a. a. o. 

„Auf dem land, heilst es in eineui erlafs, darf kein 
wein ausgescheukt werden: der liauptman jetziger zeit Abra- 
ham BronbiJk zu Eschach hab dann denselben wein zuvor 
abbaiJt, geachäzt imd angezäpfft." 

Grimm wb. I, 1379: securi caedere, incidere, ebenso 
IrJTS. Baygeln, prüfeu, üfsireu, taxare, censere, reputarc 
Vet. Voc. 1482 bei Frisch I, 4Öa. 

Bailer, taglöhner ( bajulua bei Frisch a.a.O.?). Bei 
Pict. 67a: beylen (die) tnlea, teseeni, ircn.i, beylele, 
talcohi Ebenso Frisiiis: heilen ^ kerbholz. Nach Du 
Cange-Henachel VI, 492 ist ein Stäbchen, ein kerbholz dar- 
unter zu verstetiGn ; das weiubaileu hängt am ende auch 
mit einem Stäbchen des weinviaierers zusammen. 

Grimm sagt a.a.O.: „zumal aber galt heilen, an- 
bei len, abheilen für das untersuchen der filfser, prflfen, 
wie viel wein oder hier ein fafs in sich halte, wie viel der 
wirt in keller gelegt habe, zur bestimmung des umgclds, 
der tranksteuer". 



hung. 



380 



Mit bfil geliort es nicht zuBamuieu; die scIiriHwerke 
habet! ai durchaus; sotlann das ältere baiglen setzt eiu 
j voraus, ßayler stimmt efier, wie ii;h in d. zeitaclir. XJX, 
150 bemerkt habe, zu bajularius, was die sicherste ab- 
leituug seiu dürfte; überdies eutstammeß alle den wein an- 
langenden Wörter mehr oder minder der fremde, die ihn 
gcpflanüt und gfibracht hat. 

Nur eiu umstand könnte diese erklärung abschwäcbcu. 
kin der spräche der echiflfahrer ist paile, peifc eine 
(marke, den wasseiistand zu bemerken kerbe, pegel eben- 
falls. Davon die entsprechenden Zeitwörter. 



5. ab, praep. 

Dttfe die Oberdeutscben, besonders die Schwaben und 
Alemannen, bei der alten praeposition verbleiben, wenn es 
Zeitwörter des gehens, springens, fallens, erschreckens, ent- 
setzeus, grauscns, wunderus sind, mit der sie verbunden 
wird, hat das DWb. I, 7 und Schmeller P, 11 schon ge- 
sagt. Ich habe im augab. wb- 7 eine reihe bcisptele luit- 
getheilt, die sich unendlich vermehren liefseQ. Allein einer 
Verwendung des ab bei den zeitwörtcru des trinkens, wo- 
Kir früher „von" vorkömmt (vgl. vom essen DWb. III, 
11(j4. Ci), hat mau nur wenig auimcrksamkeit geschenkt. 
Scjbmeller 1. c, hat eine stelle. Ich füge hier aus einer 
bs, 15. jahrh. B. folgende Zeugnisse bei: „und er sol täg- 
lich trinken ab raten und liibstechen". „und sol trinken 
ab velt kionel und wermüt und epichsamen*'. „und sol 
trinken ab suibincn bluomen". „und ensol nit frowen ha- 
ben vüd so! man trinken ab vigensaftt und eppichsaniej]*. 
„in tlem ogsten so sol man nit küle essen noch kW^h noch 
pappeleu und all poleygen trinken'', „im hömonat ist guot 
nüchlorlitig cphc genossen und ab salbinen getrunken", 
„ab tosten ist guot getrunken" u. s. w. „im dritten berpst 
sol man ab zimmet trinken". Einen aiifgurs, absud, trin- 
ken kann hier nicht gemeint sein, wo dann ah örtlich 
wäre, wie Tobler wb, 2 meint. Daneben bietet dieselbe 
handschrift den genitiv und accusativ. 



S90 



Birlinger 



Vgl. Tobler 2b rio. 2: ab chriesi, ab brübeerblacka 
trinka. 

Die noch ganz volksthüuilichen abbiatz abbiatz! 
Kuf des fL'storduers bei pfingstaufzügen, fastnachtsfherzen, 
wenn sich das volk in den weg stellt. „Ab platz, ab 
platz mit weib und kind, der kaiser kommt mit seinem 
ganzen regioient". Sieh mein volkst. II, 14ä. Ab statt, 
ab statt! ist bei Riedlingen, Saulgau zu bause = hio- 
wegl äwSggl äweggl was das volk nicht mehr versteht; 
es hat aber doch daneben ab weg, abweag! jenes vom 
alten enweg; dieäes mit ab gebildet, ab'm hals h6, et- 
was, ist noch sehr üblich, man kann a fraid ä'd'r hö, all- 
gemein, ab'ni Scbwäzwald ebenso, I, 173. Rotweil. 
Btadtr. I, 38 a. 

abbi ist = abbin j je näher der Schweiz, desto 
mehr spricht der Schwarzwälder -i; sonst abbe; fibbar- 
abbi, Wurmlingen. Tuttlingen. 



6. aberziJ, = correspondierendes grenzzeichen. 

Zu den belegen einer mehr bildlichen bedeutung im 
DWb. I, 35 seien hier aus dem Wuteachtal zwischen Stüb- 
lingen und Thiengcn folgende beispiele von des wertes 
ursprünglicher bedeutung gefügt. 

Das Sttihlinger bannbuch hs. 17. IB.jahrh.: „erstlichea 
bey dem Eggstein, welcher drey Bahn schajdet — stehet 
dermahlen ein alter bbauener stein mit der jahrzal 1665, 
von dorten zue einem aberzihl im Schlaitheimer bahn" 
u. 8. w. „Zu dem aberzihl un die Schlaitheimer hal- 
den". „zu eiuem gewissen aberzil". „Ein alter behauener 
gesessener stein — stehet an der strafs dessen aberzil 
das bilclhaue im StQehlinger bahn. Also hat man wegen 
ab gang dessen steins ein aberzihl genommen gegen 
Schieitheim zu: eine Wasserfalle". Ein schriftstöck v.Scblait- 
heim datiert 20. oct. 1802: verzeichnus von den neugesetz- 
ten ab er ziel er zwischen dem StQhlinger und Schlaithei- 
mer bau als: no. 12: von dem markstein grad hinüber Ober 
die Wuttach gegen die Schleitheimer halden ist ein aber- 



zur bergmonnasprachc. 



391 



ziel gesetzt worden — ist von dein marksteiD bis dahin 
mit ruthen und schnür gemessen worden: 50 r. 9 seh. 5 zoll. 
No. 13 ist ein aherzihi über der Wuttach gegen der 
Schlaitheimcr baldcn zwiecben Alex. Wanner und Jacob 
Stammen Feld gesetzt worden, ist bis zu dem markstein 
24 ruteo. "iHo. 16 Ein markstein zu diesem ist eine buch 
rechts an der Halden vor ein aberzil angenommen wor- 
den u. s. w." 

In einer alom. Schilderung des letzten gerichts druck 
c. 1470: n^nd dann gesetzt uff brennend [liäl den tüfeln zu 
eim aberzil ". 

Bonn. A. Birlinger. 




Zur bergmannssprache. 

Froner. Frone. Frontbeile. Frouberge. 

Ich bringe hier uus Braeserts und Achenbachs zeit' 
Schrift für das bcrgweseu bd.Xl sehr alte belege, die ältesten 
bekannten, zu scheinbar bekannten Wörtern; aber auch aus 
dem vortrefflichen zweiten, urkundlichen theile des Treuk- 
le 'sehen aufsatzes, der noch ungedruckt ist, sind mehrere 
neae stellen entnommen. Die belege zu fron ehe rg 
sind sehr alt und ganz unbekannt, unsern wörtcrbFichern 
völlig fremd; eben weil diese ausdrücke auf die ältesten 
formen der belchnungen ziiröckzuführcn dind, suchen wir 
sie schon beim alten Ägricolu vergebens. Die arbeit 
Trenkle's ist für den Schwarzwaldbergbau des mittel- 
alters sehr reichhaltig und wird dem ausgezeichneten neuen 
deutselieu bergwörterbuch von H. Veith, Breslau, Korn 
1870 manche nachtrage bieten. 

Urkunde 8. dez, 1347. Wir tlanneman Snewelin, 
ritter, burgcrmaister zu Friburg und Johans zcm Pfluoge, 
oberster zunftmaister da, schidleute in der mis seile so 
der edel herru grave Cünrat au Friburg, eiusitc und die 
frooer zu dem grinde gemeinlich andersite sainent 



BirliDger 



hatten tuoD kutid — wan der trooer briet' seit, das sQ ot' 
jeder leiti zwQschent der Obelen brugge und scheidegge 
als die BDesleifina gant, 6 fron berge haben Eönt; da han 
wir gemacht dafs die frooer das alles zwQschen etc. ^r 
die vorgenanten fron er zu dem göche vcrgchent och, 
das uns die vorgenanten fron er zu der bach gericht und 
gewert bant — so hant wir die vorgenanten fron er zu 
dem goch gebetten (1353. 3. okt.). Ad 1372: das sie 
zun uff vien Eyden Eyden rietendt ondt seitendt wie man 
dry fronberg oder einen bandtschlag behaben. Ad 1401: 
die fron er soud auch dieselben froneberge bestellen und 
behaben mit einem redelichen büwc. Die fron er send 
werffen an allen fürzug, were och da wir reinan verloben 
bettend. Von 1438 gibt es eine Todtnauer froner- 
ordnung. Daselbst: item aach sol dehain froner siu 
teile des bergwerks uffgeaben, wan in des schribers band 
und mit allen ergangenen und versesseneu wflrfen dem 
schriber zu gebende. — sollen sweren gelerte ayde liplicb 
ze gott und den heiligen vorab der berscbaft und darnach 
der froner nuze und fromen ze fürdernde und schaden ze 
wendende. 

Froner, genossenschaften und gewerkstätten, wel- 
che von den landesberrn mit den eilherbergen gegen eine 
abgäbe belehnt wurden oder, genauer gesagt, auf die dauer 
der ergiebigkeit des betriebes selbige iu pacht nahmen, sie 
waren im 14. jabrh. in Basel, Breieacb, Neuenburg und 
Freiburg Magistri argeulifodinarum, welche in erster 
zeit mit ihren gesellen d. h. gleichberechtigten theilneh- 
mern die berglehen in bau nahmen — den geselleubau 
trieben — oder aber als gewerkechaften sich constituirten, 
wobei auch fremde theihiehmer an gewinn und zubuTse 
nach Verhältnis ihrer einlagen theil nahmen. 

Frone berge sind einfache leben (demensa), de- 
ren mehrere einen handschlag ausmachen; x.h, hat jeder 
handschlag 4 froneberge. Wir — Egene (grave) künden 
allen — das wir han vorlGhen in dem tal ze Tottenowe 
zo dem alten Tottenstein drie froneberge . . . N. N. und 
allen iren gesellen, die iezunt da teil mit inen hant oder 



zw bergmanoBspraelie. 



noch da teil gcwinncnt — lunb den drisigosten pfenntng 
fiiir allü rebt vn siiilcn öcb der berge ir wer st iin sal- 
lent uns die fron er e da füren ufi zugen zwein jsenine 
teil anc allen unser schaden un einen saiuestag suUen wir 
da haben u. s. w. 1309. (Graf Egon v, Freiburg und Kon- 
rad 6. sohu). Wir sullen öcb die fron er e da scbirnieii 
vor gewtilt und vor unreht; — die froner sullent 6ch diso 
dric froucbcrge mit einem buwe behabcn; leagin si dar- 
über müsig drie tage uii sehs woohen, so sint si uns lidig, 
es gescbehe denne von gefrüste oder von gehei oder von 
iirluge H. 9. w. — und harüber zu einem oflFenen steten 
Urkunde bän wir den fronern diaeo brief geben u. s. w. 
Arcbiv des kl. St. BKs. Ebenso 1327 eine Urkunde, 
welcbe scbon ei für i hat. (Abt Wernher v. St. Trudbert). 
Wenne einest in dem jare und einem sanabstag för den 
chrschatz u. s. w. wir leihen jne euch zu denselbeu 
fronebergen weg und steg, waaser und holz, wune und 
weide etc. Ad 1331: das wir haben verhhen vier fro- 
neberge zu dem ncwen Molsberge umb den ain luid 
drissigisteu pfenning und umb einen sambstag idliche» 
wenn wir den nemen wenn einest in dem jar und umb 
einen sambstag für erschatz — die sollen dieselben 
froneberge behahen mit einem bauwe etc. 

1335. 6. april. Allen, die disen brief aehent oder bö- 
rent lesen, künden wir die froner zer dritten frone der 
man da sprichet ze des echuoler fron, Heinrich der 
Vatter, Claus Absolon, Hans der Beler, burger v. Friburg 
und die froner gemeinlich dal's wir drie froneberge zer 
dritten frone haben verliihen recht und redeliobe den 
fronern ze kungins fron und ze der baaenfrou u. s. w. 
Archiv d. stadt Freiburg. Vor dem jähre 1370 werden als 
im betriebe befindlich in Todtuau folgende froneberge 
genannt. Die F. im Oberriederthaie 1,103. 1343; die 3 f. 
zum Todtenstein 1309; die 12 f. bei der Scbindelhalden 
1322; die 3 f. genannt Schnlersfron., früher die Ha- 
senfron 1329; die i2 f bei der Übeln Brügge bis zur 
Scheidegge im Oberriederthaie 1343; die ü f. der Kolers- 
xrad Anroefron 1332—39; die 3 f. der Schnlersfron 1335; 



394 



Gerland 



die 15 f. geaannt die Küngius oder IlaäenfroD (später 
gewerk z. baohe) 1331- 1339. 1344; die Nöilinsfron 
und die DieBselrautbfroo bei der Halde 1343. Trenkle 
bei Bi-assert 11, 208. Mone zeitscbr. 11, 439. 12, 371. 
19, 1)3. 13, 337. 19, 9. 222. 223. 226. 227. 13, 106. 
336-7. 

Prontheile. Abgaben an den kliensherrn sind die so- 
genannten eisernen frontbeile, welche ilür den lehena- 
herrn obne seine kosten d, h. frei 7.u bauen sind, 211. Isinin 
fronteile sind solcbe etc. bleibend als jandesherrl. reservat 
dem lebeusherrn zufielen und kostenfrei für ihn gebaut 
werden mui'sten, 212. Der coufirmationsbrief kaiser Maxi- 
uiiltaus vom 7. juli 1512 §. II. Oesterreicb erhält die 
2 isenin fronteile v, öO, 2 frouteile erbätt das MQd- 
ster iu Freiburg, 215. 

Bonn. A. Birliuger. 



Geschichte der Wissenschaften in Deutschland. Neaere zeit. Keuotcr band. 
Geschichta tier gonnauijchfiu pliUologio vorziigsweiso iu Deutauhlund 
von Kudolf von Räumer. 

Auf veranlassuiiii; und nvit untcrslUtxung seiner majcBtiil des Kö- 
nigs von Bayern Maximilian IL hcrausgcgcheu durch die hisstorische 
commission bei der königl. academie der wisseuEcbaflen. XI, 743 ss. 
8. München, Oldenbourg 1870. 

Von ganz beBonderem Interesse ist die geschiebte sol- 
cher wisseuBcbaften , welche nicht blos als beitrag zu un- 
serem wissen, nicht blos als entwickclung rein theoreti- 
scher gedaukenkrcise anzusebcu sind, sondern hinüber rei- 
chen ins praktische leben, dort feste wurzeln treiben und 
so zugleich auch in ihrem innersten weaen das bild eines 
frischen und reichen Volkslebens spiegeln. Zu diesen Wis- 
senschaften gehört iu erster reihe die germanische philo- 
logie und die ebenso schwierige als beiieidenswerthe auf- 
gäbe, ihre geschichte zu schreiben, bat herr Kudolf von 
Raumer übernommen. Dals nun ein manu, welcher selbst 
einen grofsen theil der entwickelung dieser eigentlich doch 



AtlMl^. 



sehr jungen wissen Schaft mit durchlebt hat, dessen uamc 
im kreis der germanistischen Studien zu den geachtetsten 
gehört, dafs das buch eines solchen mannes ein treffliches 
und bedeutendes buch ist, das versteht sich von selbst; 
und ebenso auch, dafa solch ein buch zugleich für weitere 
kreise bedeutung hat, da ja die geschichte des wissens 
von uDsern vaterländischen dingen jeden interessiert und 
die wärme und milde, mit welcher das ganze geschrieben 
ist, die einfache und schlichte dabei aber feine und si- 
chere daratelluQg auf niemanden ihren wohlthuenden ein- 
flufs verfehlen kann. Natürlich kommen auch minder in- 
teressante stellen, wo die iiamen der mitarbeiter (wie kaum 
anders möglich) wie mit besen zusammengekehrt werden; 
allein diese überschlagen sich leicht und die Charakteristik 
der einzelnen hauptpersonen, auch solcher nur zweites 
rauges, ist im hohen grade meisterhaft, wofür zum beweis 
und beispiel wir nur auf die ganz vortreffliche Schilderung 
Adelungs, seiner Studien und Wirkungen hinweisen. Auch 
mufs diese Zeitschrift mit ganz besonderer genngthuung 
die richtige Würdigung hervorbeben, mit welcher der ein- 
flufs dargestellt ist, den Bopp und Oberhaupt die sprach- 
vergteichenden und sanskritstudien auf die germanistische 
philologie hatten und haben. 

Ist nun Raumers buch als gelchrtengeschichte vortreff- 
lich, so liegt doch auch gerade hierin ein hauptmangel 
des Werkes. Wir werden zu sehr aus einer studierstube 
in die andere geführt, dadurch aber zersplittert und ver- 
kleinert sich die betrachtung, wir sehen nur einzelne män- 
ner und der grofse zusammenbang, in welchem sie mit 
ihrer zeit stehen, der grofsartige zug, welcher sie häufig 
untereinander verbindet, kooimt nicht zu seiner vollen lei- 
tenden bedeutung. Daher geschieht auch den grol'scn Strö- 
mungen innerhalb der Studien selber nicht die volle ge- 
rechtigkeit; wie denu herr von Kaumer alle gcgensätze 
und Streitigkeiten unter den Germauiisten selbst, von de- 
nen doch auch wie von aller weit nicht eben selten ge- 
sagt werden konnte: 

die stritent starke stürme. 



39fi 



Giii'knd 




ia merkwürdig abgeschwächter darstelliing mehr andeutet 
als vorfahrt. Mit unrecht, wie uns scheint. Auch der 
eti'eit ist oft sehr charakteristlgch, man tilgt keine fehden 
durch stillschweigen und der liistoriker vor allem muis 
auch von ihnen herichten. 

Und dann ferner. So sehr richtig horr von Kaumer 
tlher Klnpstock, Herder und andere dichter unserer glauz- 
Keit urtheilt, so erfreulich es ist, auch Wielauden, den 
Oliergebührlich zu verachten jetzt vielfach uiodesaehc ist, 
sehr anerkennenswerth hervorgehoben zu finden: ebenso 
wenig können wir mit dem Verfasser in dem, was er über 
Goethe sagt und über Schiller ■ — nicht sagt, einverstanden 
sein. Zwar rühmt er Goethes deutsche Jugend und den 
Goetz, den Faust und was dahin gehört, wie ja auch diese 
gedieht e fflr die germanistische philologie von unmittel- 
barer Wichtigkeit sind durch die reiche antiquarische litc- 
ratur, weiche sich z. b. an den Paust anschliefst. Später 
aber weii's Raumer eigentlich jiur von Goethes abweudung 
von diesen jugendbestrebungen zu berichten (290, 293), 
die er seltsam genug auch darin sieht, dafs Goethe bis- 
weilen seine eigenen früheren arbeiten possen und dcrgl., 
die Iphigenie verteufelt human (worin er vom dramatischen 
Staudpunkt ganz recht hat) genannt habe u. 8. w. Als ob 
nicht auch schon andere dichter ihre verso ludicra und 
puerorum ludos genannt hätten, ohne damit auch nur vod 
fern denselben zu nahe treten zu wollen. Wer möchte, 
wie herr von Kaumer thut (20!!), jene bcmerknng in der 
italienischen reise von kanzonden heiligen und tabakspfei- 
fensäulcn der gothischen zierweise wnhl „höhnische Schmä- 
hungen der vaterlämlisehen mfister" nennen, zumal Goethe 
in der sacho (unbefangen betrachtet) entschieden recht hat. 
Uebcrhaupt kommt der dichter schleeht weg. Während 
8. 321 von der kläglichen rolle gesprochen wird, welche 
er von 1806—13 gespielt haben soll, von seiner Stimmung, 
weiche, wenn sie das deutsche volk gethcilt hätte, das 
französisclie joch zu einem dauernden gemacht haben würde 
— vielmehr unigekehit, wären die Deutschon münner ge- 
wesen, wie Goethe, das joch wäre nie gekommen — so 



anzeige. ^397 

wird TOD dem interesse, was Goethe doch auch damals 
an der alteinbeimischen literatnr hatte imd worüber viel 
mehr gesagt werden konnte, nnr im rfickblick (493) gere- 
det. An diese klägliche rolle glauben wir übrigens, bei- 
läu6g gesagt, überhaupt nicht, weil wir der meinung sind, 
dafs man nicht alles nach uns und unserem Zeitgeist beur- 
theilen darf, am wenigsten wenn man historisch urtheilen 
will, denn der historiker mufs sein objekt wie der naturfor- 
scher streng und nur objektiv betrachten; weil ferner Goethe 
die agirenden beiden der zeit in der nähe sah und wufste 
und erkannte (man vergleiche die sprüche in reimen und 
prosa), was von ihnen zu erwarten sei, wie es ja schon die 
nächst folgenden jähre mit schrecken gleichfalls sahen; 
weil die grofse masse des Volkes auch damals von un- 
glaublicher Stumpfheit und dumpfheit war — man lese, 
was die gleichzeitigen untergeordneten, aber gerade des- 
halb viel gelesenen Schriftsteller auch 1813 für zeug schrie- 
ben, man bedenke, woher die möglichkeit der reaction der 
zwanziger jähre kam; weil andererseits halbschierigkeiten, 
wie sie auch den besseren der strebenden so vielfach an- 
hafteten, einen geist wie Goethe ganz besonders widerlich 
sein mufsten, gerade weil sie die gute sache nun auch 
herabzogen; weil der dichter von „Epimcnides erwachen* 
gewifs ein herz für die sache haben mufste; weil — 

Doch wir wollten nur beiläufig reden. Auch was Goethe 
sonst für die deutschen Studien that durch auregung nach allen 
Seiten hin, wollen wir nicht weiter erwähnen, wenn gleich 
Raumer ganz davon schweigt. Denn wichtiger und oflfen 
gesagt bedenklicher erscheint es uns, dafs Schiller nur 
ganz nebensächlich einigemal erwähnt wird; und da doch 
andere (Fichte, Arndt) hauptsächlich wegen der belebung, 
welche der deutsche sinn durch sie empfieng (s. 314), ge- 
nannt werden, so mufste doch vor allem und in ganz be- 
sonders strahlendem licht Schiller hervorgehoben werden, 
dessen einziger Teil (um von den übrigen stücken gar 
nicht zu reden) mehr hierfür gewirkt hat, als die werke 
aller der kleineren gleichzeitigen Schriftsteller zusammen- 
genommen. Auch mufsten seine ästhetischen abhandlungen 



398 



Gorlan<l 



tiefer gewürdigt werden; nicht, dai's sie die romantiker an- 
geregt haben (295)» gibt ihnen ffir die germanistieclie phi- 
lologie ihre bedetitun^ri sondern dal's sie nach vielen seilen 
hin die tiefsten und fruchtbarsten gesichtsimnlito „grund- 
legend" eröffneten, wie ?.. b. der anfsatz Über naive und 
sentimentale poesie, wenn gleich derselbe in seinen grofsen 
ideen durchauä noch nicht erschöpfl ist. 

Wie herr von Räumer nun diese abwendung von 
Schiller mit den roraautikern und auch mit dem roman- 
tiker unter den Sprachforschern, mit Jak. Grimm, tbeilt, so 
werden diese Oberhaupt mit einer ausfCihrhcbkeit und an- 
erkennung besprochen, die unseres bedönkens noch viel zu 
weit geht, während die schwächen derselben nicht recht 
gewürdigt werden, ihr oft absichtliches aufsuchen des un- 
bedeutenden, ihr häufiges protegireu des halben und form- 
losen und vor allem das polemische, oft sogar hämische 
verbuken gegen unsere geistesheroen , mit dem sich vor 
allen die Schlegel beschimpften: und diese schwächen und 
fehler sind doch für die spätere zeit und ihre Wissenschaft 
»o ungemein wichtig geworden, ja in ihren folgen bis auf 
den heutigen tag noch nicht Oberwunden. 

Allein das wichtigste, was wir gegen die darstellung 
Raumers einzuwenden haben, ist folgendes. Die geschichtc 
der germanischen philologie ist, nicht blos in Deutschland, 
zugleich die geschichte der beschäftignng mit den heimi- 
schen, den vaterländischen dingen; sie hat also nothwen- 
dig einen ganü engen zusaniinenhang mit dem politischen 
leben der Völker, ja vielfach finden wir gerade hier den 
warmen herzachlug dieser philologie, ihre innerste seelc 
und manche erscheinungen sind nur von hier aus zu er- 
klären. So vor allem die warme liebe, ja die leidenschnft- 
lichkeit, mit der diese Studien betrieben werden, der ra- 
sche anklang, die Verbreitung und Unterstützung, welche 
sie bei der grofsen menge des volkes finden, was herr von 
Rauiner nur an einzehien stellen andeutend erwähnt, ihr 
plötzlicher aufschwung in bestimmten Zeiträumen, wo im- 
mer auch das politische leben vorwärts rückte. Hier wur- 
zeln z. b. die Phantastereien früherer nordischer gelehrter, 
hier aber auch wenigstens zum grofsen tbeil Rasks oppo- 



anzeige. 



399 



sition gftgen Jak. Grimm, so ilafs, was der gelehrte in un- 
seren äugen verliert, wir dem patrioten zu gut schreiben 
inüBsen. So hat denn auch die geschichtsforschung selbst 
den gröJsten cliiflufs auf die gcrmauistik (wie umgekehrt 
diese auf jene) gehabt, was herr von ßaumer um so eher 
erwähnen mul'ste, als gerade das bcrfihmte werk seines 
oheims Friedrich von Raumer, die geschichte der Hoben- 
staufen, nach dieser seile unendlich anregend wirkte. Wie 
sehr dasselbe und Stenzels fränkische kaiser und anderes 
der art auch die gennaiiiatischen Studien förderten, das 
hat rec. nicht blos an sich (denn einer ist keiner), sondern 
an einer reichen zahl von Jugend- und Studiengefährten 
selbst erfahren. Und so waren auch gar viele der Ger- 
manisten aus patriotisch -politischem interesse zu diesen 
Studien gebracht. So schon der spätere Zeitgenosse Fi- 
scharts (welchen letzteren man ungern unerwähnt sieht), 
Goldast, 80 Hickes, der göttinger hainbund und dann vor 
allen die grofaen gelehrten der neueren zeit. Sie bilden 
— ein seltener fall in der gelehrtengeschichte — zugleich 
ein stdck der politischen geschichte Deutschlands, die be- 
deutendsten von ihnen sind fast alle — die Grimms, üh- 
land, Gervinus, Mor. Haupt, Hofimann von Fallerslebon, 
Mafsmann, Vilmar am ende seines lebens — zugleich mär- 
tyrer ihrer politischen Oberzeugung gewesen, welche ganz 
untrennbar verwachsen war mit ihren germanistischen Stu- 
dien, welche hinausstrebte ius leben, wo sie massenhaft 
gesinnungsgenossen fand und wie ein ferment auf fast alle 
gebildeten wirkte. Waren doch die bedeutendsten der eben 
genannten bei der Volkserhebung von 1848 betheiligt und 
safsen in dem parlament, welches zuerst die kaiserkrone 
wieder emporhob und eben dem fürstengescblechte anbot, 
welches sie jetzt aus fürstlicher band angenommen hat. 
Man pflegt jetzt ebenso dankbar wie geoial jene zeit die 
zeit der träume zu nennen; und doch, wie wQrde auch nur 
ein theil jenes gewaltigen hauches, jener schöpferischen 
begeisterung , wenn fr heute wehen wollte, — auch die 
beutige germanistik beleben und erheben! 

Dieser gewaltige hintergrund, von dem auf die ein- 
zelnen gelehrten ein ganz anderes licht strahlt, iat zwar 



400 



Fick, mUcclIe. 



nicht gauz öbergaQgen; andeutungen findeu sieb, aber sie 
sind vereinzelt und stellen das ganze nicht als ganzes und 
also nicht für die unkundigen deutlich und lebendig dar. 
Das hat ja nun der hochgeehrte herr vcrfadser ebenso gut 
und besser gesehen, als der, welcher das buch hier nur reeeu- 
siert, es zu schreiben aber wohlweislich unterlassen hiltte. 
Allein rec. konnte keinen grund auflindeu, der ihm irgend 
Bticbbaltig diesen mangel erklären mochte. Deshalb er- 
wähnt er ihn mit um so gröfserem bedauern, als wir, wenn 
er nicht vorhanden wäre, ein ganz einziges buch in dieser 
wisgenschaftsgeschichte haben würden, die sich auch so 
nur mit innerster beweguug, stellenweise fast wie ein 
gedieht liest, ein buch, wie es nur in Deutsehland ge- 
Bchrieben werden konnte, da sein grofser inbalt nur in 
Deutschland möglich war, diese innige tiefe durchdringung 
von Wissenschaft und ideal, dieses ehrliche ringen nach 
Verwirklichung des wissenschaftlieh angeschauten, dies be- 
geisterte aufgehen mit dem ganzen leben und sein in der 
einen herrlichen idee. 

rialle, nov. 1871. Georg Gerland. 



Lat. cicatrix narbe. 

Skr. kaUa m. heilst haupthaar; narbe; l>and. Es stammt 
von kali, kalUte, im dhp, auch kaiilt, kat'iltate binden; da- 
her denn: band, haupthaar (aufgebundenes), endlich narbe 
als binduug der klaffenden wundränder. Nun wird das skr. 
kali kante ftindcn auf europäischem bodeu reflectirt durch 
das lit. kink-au, kink-yti anbinden, anschirrcu (pferde) und 
lat. cing-ere, gürten. Leider ist in meinem Wörterbuch 
lat. cingorc noch unter ein fingirtes kagh gesetzt, welches 
einfach zu streichen ist. cing-ere steht vielmehr nach aus- 
weis der lit. und skr. paraUelcD für cinc-ere. Scheiden wir 
den uusal aus, der von dem praesensthema aus die ganze 
flexioü des verbs durchdrungen, wie in jüngere, wz. jug, 
so bleibt als wahre grundgestalt cic übrig. Von cie hat 
es nun eine ableituug cico- narbe = skr. kaka gegeben, 
davon ist ein verb gebildet eicä-re vernarben, hiervon cicfi- 
-trix die vernarbende, nämlich: wunde, was soviel ist al8_ 
-narbe" und so entstand cicätrix narbe. 



Göttingeu. 



Fick. 



Förstemann, assimilatlon im deuUchen. 



401 



Assimilation im deutschen. 

Was in der natur die gravitation, das ist in der 
spräche die itäBimilation, das beranüiebeD, erfassen und Kiim 
theil vernichten des schwächeren durch das stärkere, Wäh- 
rend aber die schwere in der natur ein unverbrochliches 
geaetz ist, spricht sich in der spräche nur eine neigung 
zur assimilatlon aus, welche neigung allerdings zuweilen 
so stark ist, dals sie in einzelnen fallen förmlich zum ge- 
setz wird. 

Man kann den begriff der assimiJation sehr weit fas- 
sen. Dann gehört im reiche der vocale dahin die bilduug 
von diphthongen aus awei einzelnen vocalen; eben so der 
Umlaut, von dem man ein3e]ne erscheinungen auch epen- 
these, andere brechung genannt hat. Im gebiete der con- 
Bonanten ist das wort assimilatlon von jeher besonders ge- 
läufig gewesen j näheres im folgenden. In der Wortbildung, 
sowol der Zusammensetzung als der ableitung, gravitiren 
die seltneren bildungeu zu den häuflgeren hin und gehen in 
ihnen zahlreich auf. Aber auch im gebiete der flexion 
werden die unwichtigeren casus durch die wiebtigeren und 
häufigeren assimilirt und dadurch dem untergange eutge- 
gengeföhrtj die conjugation kennt dieselben erscheiiuingen 
bei den tempora und modi. Und in der geachichte der 
bedeutungen wird sich ein grofaer theil der erscheinungen 
leicht als eine begriffsassimilation fassen lassen. In dem- 
jenigen vorgange, welchen ich Volksetymologie genannt 
habe, tritt diese assimilation der begriffe ja deutlich genug 
hervor. Die alte freiheit und mannigfaltigkeit der aceen- 
tuation geht in der spräche verloren, indem eine gewisse 
bauptmclodie die anderen in sich verschlingt. Wie sich in 
der Syntax die fügungen der sätee einander assimiliren, 
lehrt gleich ein einfacher blick auf die schon aus der 
schule bekannten fälle der griechischen attraction. Ja selbst 
im höchsten gebiete der spräche, im etil und der aus- 
drucksweise der gebildeten und gelehrten, ist der assimi- 
lirende einöufs der grofsen geister auf die untergeordneten 
Zeitachr. f. vgl. aprachf. XX. 6. 26 



Fdrstemann 

bekannt genug; für gewisse stilgattungen und redefärbiin- 
geri lälst sieb förmlich eine geietesgenealogie der echrift- 
steller aufstelleu, welche die betrefiende gattung iu ihren 
werken zur erecbeinung brachteu. 

Im folgenden aber wollen wir keineswegs so hoch »nd 
weit fliegen; wir bleiben iu unserem germanischen Sprach- 
gebiete und betrachten hier uur die consouantenasaimila- 
tion, und auch von dieser nicht die sogenannte unvollstän- 
dige art, wo der eine laut sich nur dem andern quantitativ 
oder qualitativ auühDlicht, sondern nur die vollständige, wo^H 
der eine laut dem zweiten völlig gleich wird. Was sich ^\ 
auf diesem gebiete mittheilen lälst, wird nicht viel einzelne i 
neue thatsachen liefern; wohl aber dOrflen die beiden ge-^| 
siclitspunkte neu sein, unter die wir die ganze fülle von 
erscheiuungen zu ordnen suchen. Der eine dieser beiden 
gesicbtapunkte ist der statistische, der andere der bist 
rische. 

Vorauszuschicken habe iuh zwei fälle, die ich im fol- 
genden ganz übergehe. 

Unter dem ersten falle verstehe ich den sogenannten 
ausfall eines consonanten vor einem anderen, z, b. den Ober- 
gang von altB. und ags. nd' in blofses i); hier könnte man 
zweifeln, ob das n durch den vorhergehenden vocal (einen 
nasalvocal als Zwischenstufe gedacht) oder durch den fol- 
genden consonanten verschlangen wird; letzteres wäre eine 
wahre, nur nicht in der schrift ausgedrückte aseimilation; 
im allgemeinen nehme i<7h, schon wegen der oft bemerk- 
baren affectiou des vorangehenden vocals, den ersteren 
Vorgang an. 

Der zweite fall ist die so zu sagen selbstverständliche 
assimilatiou, welche gleich von aufaug au ointreten niutste, 
wo die getrennte ausspräche der beiden coDsonanten phy- 
siologisch unmöglich ist. Ich meine damit die Verbindun- 
gen pb, td, kg und chh, in denen der vorangehende stär- 
kere laut den gleichartigen schwächeren ganz unterdrücke 
mnfs. Beispiele: 1) ph ; pp, wie in nhd. staub b es e 
oder raub bürg (wo ja das erste b tenuis ist); 2) td : tt^ 
so iu den alts. präteriteu gröttun, sattun aus grotidun 



assimilation im deuUcben. 



loft 



setiduD, ebenso in schwedischeu wie satte, hvatte 
aus Batde, hvatde. In unserem nbd. bist du, hast du 
JaBSen wir diese assimilation nur pbonetiscb, nicht grapliiscb 
eintreten. In niederdeutschem munde kann man, als wäre 
es ein wort, ein wohlklingendes arwietta (viersylbig, mit 
accent auf dem e) hürca, entstanden aus als wie et da 
(sicut illud); 3) kg : kk, z. b. in nbd. rüokgang, trink- 
geld in allen den mundarten, die nicht jang oder jetd 
sprechen; 4) ebb : cb, wie in ahd, Rich-hart oder 
lieh- hämo, in denen gewii's, sobald die synkope einge- 
treten war, die getrennte articulation beider laute aufhören 
mufste. 

' Diese fälle also bei seite gelassen gehn wir zur sta- 
tistischen betrachtnng der germaniscben assimilation 
über, die kurz abgemacht werden kann. 

Im ganzen habe ich mir bisher 71 falle vf>u assimila- 
tion in unserem Sprachgebiete notirt und ich hoffe damit 
nicht weit von der Vollständigkeit entfernt zu sein. Al- 
phabetisch verzeichnet sind sie folgende: 



bj : bb 


bk 


: kk 


mf 


: mm 


rl : rr 


bl : 11 


hl 


: 11 


mj 


: mm 


rn ; nn 


dj : dd 


hm 


: mm 


mn 


: mm 


rn : rr 


dl : 11 


bn 


: nn 


mp 


: pp 


rs : rr 


dm : mm 


hr 


: rr 


nd 


: nn 


ra : sa 


5d : dd 


he 


: SS 


QÖ- 


: nn 


8J : S8 


Öl : 11 


bt 


: tt 


°j 


: nn 


sm : mm 


ffr : rr 


hth 


: tbtb 


nk 


: kk 


an : nn 


ds : BS 


kj 


: kk 


nl 


: U 


sr : rr 


art : tt 


kv 


: kk 


nm 


: mm 


sr : SS 


Q : ff 


Id 


: 11 


nr 


; nn 


st : SB 


fm : mm 


Iff 


: 11 


□a 


: nn 


SV : BS 


ft : tt 


Ij 


: 11 


nt 


: tt 


tj : tt 


gj : gg 


Ik 


: 11 


nv 


: nn 


tl : 11 


bb : bb 


In 


: 11 


i»g 


: hn 


tn : nn 


hd : dd 


Ir 


: II 


rd 


: dd 


ts : SB 


hf : ff 


Iv 


: 11 


rj 


: rr 


z) : zz. 


^S ' gg 


mb 


: mm 


rk 


: kk 





26 



404 



FSrstemann 



Nun zerfällt aber alle aasimilation in eine vorwärts' 
und eine rückwärts wirkende. Unter jener ersten verstehe 
icb (denn nicbt alle eprachforscber sind hier im spracbge- 
braucbe einig) den sieg eines cousonanteu über einen an- 
deren, der ihm im worte folgt; unter der zweiten den sieg 
über einen im worte vorhergehenden. Mir ist also der 
deutsche umlaut und die brcchung eine vocaliscbe rück- 
wärts wirkende assimilation. Die vorwärts wirkende be- 
zeichne icb mit einem aus der matbematik entlehnten, 
jedoch etwas anders als dort angewandten zeichen durch 
<, die rückwärts wirkende durch ^. Jene entsteht be- 
kanntlich aus einer trägheit der Sprachorgane, die den ein- 
mal hervorgebrachten laut festhalten, diese aus der flüch- 
tigkeit des geistee, welcher sich nicht die mühe giebt einen 
ersten laut vor dem zweiten zu articuliren, sondern zum 
zweiten sofort hinüber fliegt 

Von den oben verzeichneten 71 fallen gehören 33 der 
<:-kla88e, 38 der ^-klasse an. 

Jene 33 sind in alphabetischer Ordnung folgende: 



bj : 


; bb 


Ij : 11 


mn : mm 


rj 


: rr 


dj = 


dd 


Ik : 11 


□d : nu 


rn 


: rr 


fj = 


ff 


1q : 11 


ntf : DQ 


rs 


: rr 


gj • 


gg 


Ir : 11 


nj : nn 


8j 


: SB 


fej = 


kk 


Iv : 11 


nr t nn 


sr ; 


: SB 


kv: 


kk 


mb : mm 


ns : nn 


8t ; 


: SS 


Id : 


li 


mf : mm 


nv ; nn 


8V : 


: SS 


lä": 


11 


mj : mm 


ng : iin 


tj = 


tt 



zj : zz. 

Es erscheinen hier 13 consonanten als sieger, nänolich 
bdfgklmnnrstz, dagegen 12 als besiegte, 
nämlich bdfffgjknrstv. Die neun consonanten 
bdfgknrat können also sowol einen folgenden be- 
siegen als von einem vorhergehenden besiegt werden, 1 m 
n z sind stets sieger über einen folgenden consonanten, 
Ö* j V werden immer durch einen vorhergebenden besiegt. 

Die stärksten sieger sind 1 (über sieben consonaoteo, 
d ff j k n r v) und n (über sechs, d ff j r s v), das heilst, 
von diesen beiden lauten gebt das germanische organ am 



Assimilation im deutccheo. 



fiongernsten zur articiilation eines anderen conaonanten aber. 
Das in aiegt Über vier conaonanten (b f j n), das s gleich- 
falls aber vier (j r t v), das r über drei (j n s), das k 
Ober zwei (j v), das n blofs über einen (g), und b d f g 
t z gleichfalls nur über einen, der stets ein j ist. 

Der am meisten von einem vorhergehenden conaonan- 
ten besiegte laut ist das j; es wird von zwölf verechiede- 
nen lauten verschlungen (b d f g k I m n r s t z), d. h. 
das germanische organ geht von einem andern consonan- 
ten am ungernsten zur articulation eines j Aber. Von vier 
lauten wird besiegt das v (von k 1 n s), von je dreien 
das n (1 m r) und das r (1 n s), von zwei lauten das Ü 
(In), das d (1 n) und das s (n r), von j.e einem das b (m), 
f (m), g (n), k (1) und t (s). 

Unter den 13 siegern sind fünf momentane und acht 
dauerlaute, unter den 12 besiegten dieselben fünf momen- 
tanen und sieben dauerlaute; diese eigenschaflen sind also 
für aieg oder niederlage gleichgültig. 

Von der form >■ finden wir dagegen in den germa- 
nischen sprachen folgende 38 fälle: 



bl : 


11 


bb 


: bb 


ht : tt 


m 


: nn 


dl : 


II 


hd 


: dd 


hth : tbtb 


rs 


: 86 


dm : 


mm 


hf 


: fiF 


mp : pp 


sm 


: mm 


ffd : 


dd 


hg 


•• gg 


nk : kk 


sn 


: nn 


ff! : 


11 


bk 


: kk 


nl : 11 


er 


: rr 


ffr : 


rr 


bl 


: 11 


nm : mm 


tl 


: 11 


ffs : 


SB 


hm 


: mm 


nt : tt 


tn 


: nn 


fft : 


tt 


bn 


: nn 


rd : dd 


ts 


: SS 


fm : 


mm 


hr 


: rr 


rk : kk 






ft : 


tt 


bs 


: 88 


rl : 11 







Auch bei dieser form erscheinen, wie bei der ersten, 
13 conaonanten als sieger, nämlich bdfgklmnpr 
s t th, dagegen nur 10 als besiegte, nämhch b d ff f h 
m n r 8 t. 

Die acht consonanten b d f m n r a t können also 
sowol einen vorhergehenden besiegen ata von einem fol- 
genden besiegt werden, g k 1 p tb sind stets sieger über 



406 



Förstemann 



einen vorhergehen den coosonanteu, ö" und h werden immer 
durch einen folgenden besiegt. 

Als der stärkste siegcr zeigt sich auch hier wiederum, 
wie schon oben, das 1; es verschlingt nicht weniger als 
sieben vorhergebende consonanten (b d ö h n r t); d. h. 
das germanische organ fliegt mit besonderer verliebe über 
einen consonanten zu einem folgenden 1 bin; das I, wel- 
ches man bekanutJich dem Inutsysteme des ungetheilten 
indogermanischen noch kaum zuschreiben darf, ist von die- 
sem Standpunkte aus der liebliugslaut des germanischen 
geworden. Das m siegt über fiinf vorhergehende conso- 
nanten (d f h n s), das s über vier (d* h r t), eben so das 
t (d' f h n), desgleichen das n (h r s t), das d über drei 
(?r h r), das k über drei (h n r), eben so das r (a" h s), 
das p nur über das ra; endlich das b, f, g und th gleich- 
falls nur über einen laut, der stets das h ist. S 

Der am meisten von einem folgenden consonanten be- 
siegte laut ist das h; es wird von zwölf verschiedenen 
lauten verschlungen (bdfgkimnrstth); d. h. ■ 
das germanische organ fliegt über ein h mit gewisser Ver- 
achtung zu einem folgenden consonanten hinweg; h vor 
einem consonanten nimmt eine eben solche pariastell ung^f 
ein wie j nach einem consonanten (s. oben). Von fünf" 
folgenden conaonanten (d 1 r e tf wird das ö" verschlun- 
gen, eben so von fünf (d 1 n k s) das r; von vier (k 1 m t) 
das n; von dreien (m n r) das s, eben ao von dreien (1 n s) 
das t; von zweien (1 m) das d, ebeo eo von zweien (m t) 
das f; von einem (p) das m, eben eo von einem (1) 
das b. H 

unter den 13 siegern sind sechs momentane und sie- ^ 
ben dauerlaute, unter den 10 besiegten drei momentane 
und sieben dauerlaute; momentane consonanten werden also 
selten durch einen folgenden laut versohlungen. 

Hier werfen wir noch die frage auf: kann innerhalb j 
der germanischen sprachen ein und dieselbe consonanten- ^| 
gruppe sowol nach der klasse <! als nach der klassc >- > 
bebandelt werden? Vergleicht man die 33 fälle der ersten 
mit den 38 der zweiten klasse, so finden sich allerdings 



dsslmilAtion im ileutsehea. 



407 




in beideo Verzeichnissen drei gruppen, nämlich rn, rs und 
sr. Es gilt also <^rn : rr eben so wie >ru ; nn; des- 
gleichen -«Trs : rr eben eo wie j>r8 : es; endlich <r8r ; es 
eben so wie >»8r : rr. Die laute r und s sind also am 
leichtesten geneigt ineinander zu verfliefsen, unter umstän- 
den ist jeder von beiden fähig den andern zu verschlingen. 

So weit meine bemerkungen vom statistischen ge- 
aii'htspunkte aus; man sieht, dafs ich damit an meine in 
den beiden ersten bänden dieser Zeitschrift enthaltenen 
lautstatistischen aufsätze seit lauger zeit wieder einmal 
anknüpfe. 

Die Statistik aber ist eine dienerin der gescbicbte, 
und so steigen wir denn nun zum historischen Stand- 
punkte hinauf und sortiren jene 71 im eingange erwähnten 
asäituiiationsformeln nach der zeit und dem orte ihres Vor- 
kommens auf unserem Sprachgebiete. 

Ganz jenseits aller germanischen spräche und deshalb 
unter meinen 71 formoln nicht aufgenommen scheint ein 
ganz vereinzelter fall sk : kk zu liegen; ich meine skr. 
makslkri, tat. musca, gegen altsl. mucha, ir. muc, abd. 
mucca, unser möcke. Hier steht also das slavisohe und 
keltische auf der deutschen seite. 

Dem zunächst stelle ich die forme] sm : mm. In 
einem sehr wich'^igen falle verliert sich hier der erste con- 
sonant schon in der alavo- germanischen periode^ nämlich 
iu dem demente sma der pronominalen declination. Vgl. 
goth. thamma aus 'tasma = altsl. tomu, tit. tamui; eben 
80 steht es bei hvamma, imma, himma u. s. w. Desglei- 
chen bei den adjectiven, goth. godamma bono, lit. dat. 
geräna (alt gerämui) bono, lit. locat. gerame in bono; altsl. 
dat. dobrumu. Das einfache m im lituslavischen ist also 
hier nur graphisch für mm. Vgl. beitrage V, 438. Auf 
eigentlich deutschem gebiete scheint diese assimilation nur 
eingetreten zu sein in skr. asmi, griech. iafn\ lit. esmi, ur- 
deutsch *immi^ goth. im; unabhängig davon steht derselbe 
Vorgang im altir. am. Dies ist aber auch wol der einzige 
ganz sichere fall; vgl. zeitschr. IV, 41 1. 

Noch drei andere, sehr gut zu einander stimmende 



408 



Förstern BDU 



und dadurch auf dieselbe Sprachperiode hinweisende fälle 
von asBimilatioa scheinen dem alturdcutscbeu ( man vergl. 
meinen aufsatz alt-, mittel-, neu-urdeutsch in bd. XVIII, 
161 ff. d. zeitschr.) schon zugeschrieben werden zu müssen, 
nämlich nv : nn, Iv : II, In : 11, sämmtlich nur mit betbei- 
ligung durativer laute, sämmtlich der forme! <r angehörig. 

Für den ersten dieser fälle, nv ; nn, dürften folgende 
beispiele erwähnt werden, wozu man zeitschr. IV, 94, 409 
und XIV, 320 vergleiche; 'Manvus, welches für den taci- 
teischen Manous als grundform anzusetzen scheint, obwol 
ich nicht glaube, dafs hier das suftix -vat anziuiehmen ist; 
ferner "kinvua, das, wenn man griech. yevvst ^^r. hanus 
erwägt, dem goth. kinnus zu gründe liegt; *rinvan, goth. 
rinnan, vgl, skr. rnvämi oder rnömi; *vinvan, goth. viunan, 
skr. vanvämi oder vanömi; *ginvan, goth. du-ginnan, skr. 
hinvämi oder hinömi; *thunvi, ahd. dunni, scheint aus lat. 
tenuis, griech. ravvj^, skr. tanus zu scbliefsen. So mögen 
noch andere nn aus derselben assimilation zu erklären sein; 
räthselhaft aber ist vor allem suuna sol, wo das bei Graff 
angeführte eumna auf mn, das altsl. slimice auf In, das 
skr. suvaua auf vn führt; was mag davon das richtige 
sein? 

Der zweite fall, Iv : 11, liegt vielleicht vor in der ur- 
deutschen form *galva, ahd. galla, gnech.'yj/li}^ möglicher- 
weise lat. fei ; in *kolva, ahn. kollr caput, lit, galwa, alt- 
preuffi. giawo, altsl. glava; endlich in 'filva, goth. fill, lat. 
peius, lit pleve. 

Hiebe! möchte ich gelegentlich bemerken, dafs viel- 
leicht noch ein paar andere fälle von assimilationen eines 
v an einen vorhergehenden consonanten in zukunft werden 
anzunehmen sein, welche unter den obigen 71 fällen noch 
gar nicht begriffen sind; sie sind bis jetzt noch in mehr 
als einer beziehung zweifelhaft. Man vergleiche nämlich 
lit. wirwas (seil), altpr. wirbe, altsl. vrübi: altn. virr(draht); 
lit. britwa (messer), altsl, britva: altn. bredda; altsl. lichva 

m das diesem letzten 



leiga; 



jrwägf 



beispiele nahe stehende goth. leihvan (leihen): altn. IIa, ahd. 



und 



lih 



an. 



asstmilation im deutschen. 



409 



Drittens In : 11; daftlr sind beispiele *f«lna8, goth. 
ftiils, lat. plenus, lit. pilnas, skr. pürna; dann "vulna, goth. 
vulla und lat. villus gegen lit. vilna, altsK vlüna, skr. arn&; 
ferner 'vilna, abd. wella imda, lit. wilnis; dann Ht. kalnas: 
ahn. ball (collis); endlicb lit. kulnisr altn. bsll (cals). Man 
vergleiche hier zeitschr. IV, 412, woraus sich vielleiclit 
noch einige beispiele ergeben. 

Sämmtliche besprochene fälle gehören allen germani- 
schen sprachen gemeinsam an; ich zweifle nicht, dafs sie 
schon vor deren trennuiig eingetreten sind. Ob diesel- 
ben aasimilationen noch später in den getrennten sprachen 
vorkommen, ist nicht gewils; ich habe mir keine beispiele 
dafür notirt, doch will ich ihr vorkommen etwa in einzel- 
nen volksmundarten keineswegs in abrede stellen. 

Nach ausscheidung des gothiscben, über das wir spä- 
ter werden zu reden haben, blieb als gemeinsame spräche 
nach meiner ansieht das mittelurdeutsche übrig; wir wer- 
den uns der einführung dieses begriffs (und so mancher 
anderen) in die Sprachwissenschaft nicbt deshalb entziebco 
können, weil wir kein Schriftstück in dieser spräche be- 
sitzen, oder gar deshalb, weil das diese spräche redende 
Volk überhaupt wol nicht geschrieben hat. Neue während 
dieser zeit eingetretene assimilationen lassen sich kaum 
nachweisen; zwar ist es thatsache, dafs alle zu goth. thair- 
Ban, thaursjan u. s. w. gehörenden formen im altn., alid., 
ags. u. s. w. blofses rr aufweisen, aufser wo das s durch 
folgendes t (nhd, durst u. a. w.) geschützt wurde, aber 
dieser fall von assimilation ist erstens ein aufserordentlich 
natürlicher (s. oben) und zweitens tritt er in den ge- 
trennten sprachen in weit späteren perioden noch öfters 
ein (s. unten), so dafs dieses zusammenstimmen nur auf 
einer gleicbfalls sehr natürlichen gleich mäfsigen entwicke- 
lung der getrennten sprachen beruhen mag. — Die nei- 
gung, ein j dem vorhergehenden cousonanten zu assimili- 
ren {s- weiter unten), mag schon in dieser periode, wenn 
auch in sehr unbestimmter weise, sichtbar oder vielmehr 
hörbar gewesen sein. 

Dem ueuurdeutscheu, d. h. der nacb ausscbeidnng des 



410 



Föratemaiui 



Dordischen zweiges übrig bleibenden spräche, weifs ich 
kaum falle von assiinilationen zuzuschreiben, doch bezweifle 
ich kaum, dais sich dergleichen in zukanft noch werden 
auffinden lassen. 

Aus dem neuurdcutecben schied sich das hocbdeateche 
als letzter grofser zweig aus und es bleibt nun als die fort- 
setznog des eigentlichen Stammes nur das sächsische übrig. 
Auch ihm können wir vor seiner tbeilung noch keine ge- 
meinsamen fälle Ton assimilationen zuschreiben, und das 
ist eben so wenig wunderbar als bei den urdeutschen pe- 
rioden, denn jene theilung liegt in einer so frühen zeit, 
dafs wir uns die spräche noch ziemlieh frei von Verweich- 
lichung, und eine solche ist doch immerhin jede assimila- 
tion, vorstellen müssen. Und zumal das germanische konnte, 
wie ich schon in den ersten bänden dieser Zeitschrift be- 
sprochen habe, lange einen sehr starken knochenbau von 
consonanten ertragen. 

Wir gehen deshalb zu denjenigen fällen von assimila- 
tion über, welche den einzelnen der von einander getrenn- 
ten sprachen besonders charakteristisch sind. 

Als den vorzugsweise dem gothischeji eigenen f^] 
betrachte ich die aseimilation des bei partikeln öfters aus- 
lautenden h an den anlautsconsonanten des folgenden worts. 
Folgendes sind die einzelnen falle: 

hb : bb. jahbiudia : jabbiudis, jah brusts : jabbrusts. 
hd : dd. jah du : jaddu. 

hg : gg. jah gabairaidau : jaggabalraidau, jah galaith 
: jaggalaitb. 

hk : kk. nub kannt - nukkannt. 

hl : II. dub leitilai : dujleitilai, jah liban : jalliban, 
jah laggoi ; jallaggei. 

hm ; mm. jah muudotb : jammundotb. 

hr : rr. jah ragin : jarragin. 

htb : tbth. vasuh tban : vasuththan, sumaib than : 
sumaithtban, iiiuh this : inutbthis, duh the : dutbthe, jah 
than : jathtban, nih than : niththan, jah thairh : jatbthairh, 
jah the : jaththe. 

Für alle diese fälle weifs ich aufserhalb des gothischen 



assimilation im deutschen. 



Teein beiapie]; mir für hn : un und ha : ss werde ich auch 
ungothische beispiele beibringen und bewahre mir deshalb 
diese beiden gnippen bis weiter unten; für noch zwei an- 
dere gruppen, hf : ff und ht ; tt, weifs ich sogar kein 
gothisches, sondern nur andere beispiele. 

Na«h alle dem bleibt nur noch ein eiuziger rein go- 
thischer fall übrig, nämlich kv : kk, nur belegt in dem 
aus alavischera smokva assimilirten fremdworte emakka, 
ganz einzeln stehend, da sonst das gothische ein inlauten- 
des kv (qu) durchaus nicht scheut. 

Wir kommen nun zu dem zweiten von der gemein- 
samen spräche getrennten zweige, dem altnordischen. In 
bezug auf assimilation macht grade das altnordische einen 
nichts weniger als alterthümlichen eindruck; es ist hierin 
die am meisten verwitterte aller deutschen sprachen. Fol- 
gendes sind die speciell nordischen fälle: 

Dem nordiscbeu geradezu charakteristisch ist der nber- 
gang eines nasals in eine folgende tenuis, also mp : pp, 
nt : tt und nk (d. h. ük) : kk. Zunächst beispiele für die 
einzelnen Vorgänge. 

mp : pp. Ags. cempa : altn. kappi (pugil), ahd. 
stamphön : altn, stappa (calcitrare). Mau vergleiche auch 
im altnordischen selbst svampr spong'ia neben sveppr fun- 
gu?. Altschwedische beispiele bei Rydqvist Svenska spräkets 
lagar bd. IV (Stockholm 1868), s. 339. Im schwedischen 
stubb, stubba, stubbig, die zu unserm stumpf gehören, 
erweicht sich das pp nach dänischer art zu bb. 

nt : tt ist aufserordentlich häufig. So ist fattr (zu- 
rückgebeugt) aus fantr, brattr (steil) ans brantr entstanden, 
vöttr (handschuh) bat sein n noch bis heute im franz. 
gant; man vergleiche ferner möttull mantel, tuttugu zwan- 
zig. Von binda, hrinda (stofse), vinda heifsen die präte- 
rita batt, hratt, vatt, die Imperative bitt, hritt, vitt. So- 
gar der stamm einiger pronomina schmilzt mit dem neu- 
tralen -t auf diese weise zusammen in hitt illud, mitt 
meum, thitt tuum, sitt suum, eitt unum, während bei den 
gewöhnlichen adjectiven das nt unangetastet bleibt (hreint 
purum, brünt fulvum, lint Jene). Mitunter wird statt des 



412 



Fdr^tamann 



assimilirteQ tt einfaches t gcechrieben wie in vetr winter, 
oder hit für das eben genannte pronomen hitt, so auch 
meistens im neutrum des partiuips, z. b. tamit dotni- 
tnm. Ueber manche altschwedische falle spricht Rydqvist 
IV, 341 f. 

Eben so häufig ist nk : kk. Man yergl. ahd. anchal 
; altn. ökull, ökli taluB, ahd. franca : altn. frakka hasta, 
eben so den namen Franco : :tltn. Frakkar, ahd. skrank : 
ahn. skrökkr frans, schwed. und dän. manke : altn. makki 
juba equiua, ahd. danch : altti. thökk gratiae (thakka gra- 
tiüs agere), abd. bank : altn. bekkr scamnum, ags. gehlen- 
ced tortus : altn, htekkr catena, sogar das lat. anoora : 
altn. akkeri; ferner abd. dunchal : altn. dökkr obecurus, 
goth. drigka : altn. drekka bibere. Endlich präterita wie 
(eck, geck (fing, ging). 

So bekannt die erscbeinung dieser drei assimilationen 
ist, so wird sich doch eine genauere Untersuchung dersel- 
ben verlohnen. Man weils ja, dafs sie nicht nothwen- 
dig eintritt; Grimm führt an verschiedenen stellen von 
gramm. P manche formen an, welche noch die assimila- 
tion entbehren. Mau weifs femer, dafs die neueren nor- 
dischen sprachen oft noch die unassimilirte form zeigen, 
wie z. b. das oben angeführte schwed. und dän. manke, 
ferner schwed. und dän. bänk scamnum, schwed. länk, dän. 
länke catena, eben so schwed. ankare, dän. anker, während 
in anderen fällen diese sprachen der altn. assimilation fol- 
gen. Das neuisläödiache hat erst in jüngerer zeit sein 
thenkja denken aus dem dänischen aufgenommen für altn. 
thekkja. Ferner habe ich in dieser zeitschr. XIX, 354 
darauf hingewiesen, dafs wir denselben assimilationen auch 
im litauischen begegnen. Kurz, alles dieses mul's uns dazu 
auffordern, der erscheinung noch weiter nachzugeha; er- 
weist sie sich etwa als dialektisch? das könnte zu wich- 
tigen ergebnissen führen. 

Diesen drei fällen müssen wir zunächst anreihen das 
eigentbümliche altnordische nn aus näT, wo die Schwankung 
zwischen assimilirten formen und der ausstofsung des n 
nach angelsächsischer weise im altnordischen ganz gewöhn- 



BnimilAtion im d«ntaobeii. 



lieh ist, während das schwedische dafür zuweilen, das 
dänische gewöbulich noch nd hat und damit beide alt- 
nordische formen an aJtertbCanlicbkeit fibcrtrifft. Wir wol- 
len, um das ganze verhältnifs anscbanticb zu machen, zu- 
erst, vom altnordischen abgesehn, solche formen hersetzen, 
die noch beide consonantea unversehrt erbalten, dauo 
solche, die das n aueatolsen, drittens solche, die das assi- 
milirte nn aufweisen, endlich aber sehn, wie sich zu alle 
dem das altnordische verhält. 

Goth. finthan, ahd. und ags. findan, dän. finde, — 
scbwed. Sana, altn, fiuua. 

Ahd. siiidön, — ags. siöjan (proficisci), — altn. siuna, 
fehlt Bchwed. und dän, 

Ahd. seindan (schinden), dän. skind (feil), — scbwed. 
skinn, altn. skiun. 

Däu. Band (verus), — alts. und ags. soff, — scbwed, 
sann, — altn. aaunr neben saör. 

Goth. anthar, ahd. andar, dän. anden, — ags. offer, 
alts. üö'ar, — scbwed. andra neben annan, altn. annar. 

Goth. kunths, ahd. knnd, dän. kündbar, — ags. cftff, — 
scbwed. kuunig, — altn. kunnr neben kuffr. 

Lat. unda, ahd. undja, — ags. yff, — altn. unnr ne- 
ben uör. 

Goth. sviuths, abd. swind, — ags. sviff, — altn. evinnr 
neben sviffr. 

Goth. mantbs, ahd. mund, dän. mund, — ags. mftö', — 
scbwed. mun, — altn. munnr neben muffr. 

Abd. sundar, — ags. süör, scbwed, södre, dän. syd, — 
altn. suQur neben suÖV, 

Selten findet sich im altnordischen die assimilation 
nd : nn, wie in band tand : bann lann, gewöhnlich bleibt 
nd, doch wollen wir diesen fall erst unten näher erwägen. 

Auch bei dem eben angeführten schwanken zwischen 
nö" : nn und nö" : tf tritt uns die oben angeregte und noch 
nicht ausreichend beantwortete frage nach dem verhältnifs 
beider formen zn einander entgegen, zumal da sich weder 
nn aus 6' noch letzteres aus ersterem sprachlich deuten 
läfst, Liegen auch hier Verschiedenheiten bestimmter dia- 



414 

lekte zu gruade? gehört das 9 der firflheren (dänischen), 

das nn der späteren ( got bischen oder schwedischen ) eio- 
wandemng in Scandinarien an? Man vei^l. hier Rjdqvist 

IV, 288. 

Wiederum eine ganz dem nordischen eigentbQmlicbe 
lassimilation ist nr .* nn im auslaate, also unterdrQcktm? 
des mascaliaeu nominatirzeicbeDs; beispiele sind altn. steinn, 
BTeinn^ seinn, eiginn, minn (meus), tbinn (tuus), sinn (suu«), 
hinn (ille), bann (is), einn (unos); dabin geboren ancb die 
starken pari, praet. Bei karzsilbigen bleibt das r öfters^ 
z. b. vinr. Doch nicht blofs das nominative r wird vor- 
' hergebendem u so assimilirt, sondern das geschieht mit 
diesem consonanten auch sonst öAers, z. b. sciuo (lucet) 
oder beinni aus beiuri (certior). 

Das umgekehrte rn, welches sonst im deutschen (s. 
unten j die neigung hat sich zu rr zu assimiliren, wird in 
einigen nordschwedischen oiundarten so wie im gotbländi- 
scben öfters zu nn, z. b. dalekarliscb jenn, byenn, jenne, 
kinna, onn, konn, qvänn, aikonn fQr schwedisch jem, bjöm, 
hjeme, kema, born, kern, quam, ekorn; noch mehr bei- 
spiele bei Rydqvist IV, 347. 

Ganz vereinzelt in den deutschen sprachen steht mir 
der fall mf : mm im altn. fimm quinque, scbwed. und 
dün. fem. 

Ganz gewöhnlich ist im altnordischen, und nur in 
diesem, die assimilalion \tS : II. Man vergl. gotb. hultbs : 
altn. bollr (gratus), bylli (gratiaj; gotb. baltbs : altn. ballr 
(Talidus); gotb. gulth : altu. gull (aurum); gotb. vultbus : 
altn. Ullr; gotb. viltheis : altn. villr (ferus) ; gotb. altheis : 
altn. elli (vetus), woneben freilich auch aldr und öld be- 
steht j ahd. bald : altu. ballr (procüvis); abd. sälida : altn. 
Bsell (felicitas). Wie wir oben das alte nd im altnordi- 
schen meistens unaselmilirt fanden, so pflegt auch das alte 
Id zu bleiben. Und wie wir niS : nn im dänischen und 
schwedischen noch nicht so weit vorgescbritten fanden wie 
im altnordischen, so ist l'd' in den beiden neueren nordi- 
schen sprachen sogar ganz unversehrt geblieben (d. b. in 



asnmilation iai dentscben. 



415 



der form Id); jenen aesimilirtcn formen entspricht schwed. 
und dän. ladd, guld, vild, aucb dän. bald (saxum). 

Ganz genau entsprechend dem obigen nr : nn finden 
wir nun auch ein nordisches Ir : It und zwar in unzähli- 
gen beispielen; das assimilirte r ist meistens das zeichen 
des nominalivg, seltener das der 3- pers. sing. So wird 
heilr : beill (saivus), haelr : hffili (calx pedis), stolr : atoll 
(sella), gamalr : gamall (vetus), iökulr : iöicull (glacies), 
kelr : kdl (alget); andere beispiele bei Grimm gramm. I 
(1822), s. t>51. Bei geminirtem I bleibt das r, z. b. illr 
malus, zuweilen aber auch bei einfachem, z. b. dalr vallis, 
elr alit. Das altschwediecbe läfst Ir gewöhnlich unverletzt 
und schiebt nur zuweilen ein euphonisches d dazwischen 
(z. b. gen, plur. fuldra, aldra). 

Ferner ist hier zu erwähnen rs : ss, doch nur in ein- 
zelneu gen. sing., z. b. näss funeris, ofuss ignis Üuvii, buss 
filii aus nars, ofnrs, bürg; foss Cataracta wird in einigen 
Stelleu ftir fors gelesen. 

Wiederum echt nordisch ist rd (goth. zd, ahd. rt) : 
dd. Ich gebe als beispieie ags. ord, mhd, ort : altn, oddr 
cuspis gladii; goth. bozd : altn. hoddr thesaurus; ags. brord, 
ahd. hrort .• altn. broddr sagitta; goth. razda : altn. rödd 
vox; noch andere t^Ue findet man bei Grimm granim. I 
(1822), a. 319. An dieser assimilation nehmen die neii- 
Qordischen sprachen übrigens theil, wie schwed. udd, dän. 
odde und brodde zeigen; sie scheint also älter zu sein als 
einige der oben erwähnten. Zu bemerken ist noch, dafs 
altes rd im altnordischen als rd' erscbeiot. 

Sehen zeigt sich ein rk : kk; vergl. z. b. ags. deorc 
niger : altn. döckr, stöcka erescere für störka, raiocka te- 
nuare für miorka. So Grimm gramm. I (1822), 9.309, 
doch ist mir der ganze fall etwas zweifelhaft. 

Ganz vereinzelt ist sv : ss im altn. hasva neben höss 
(oinereus); eben so vereinzelt sn : nn im goth. razn : altn. 
rann (donaus), vielleicht durch eiu dazwischen stehendes 
*rarn erklärlich. 

Auch noch in einem sehr häufigen falle zeigt sich das 
nordische verwitterter als alle anderen gernianiscLeu spra* 



416 



FöntemAnn 



eben, ich meine ht : tt (mit voca!verlängerang), Beispiele: 
alto, nätt, Dott (nacht), mättr (macht), slAttr (schlacht), 
atta (acht), rettr (recht), letti (leichtigkeit), slöttr (schlicht), 
vettr (wicht), sott (sucbt), dottir (tochter), gnött (genüge), 
thütti (golh. tbahtus gewissen). In biartr (ahd. beraht) 
u. 8, w. wird nur ein t geschrieben, eben so in apetr 
(specht, Bchwed. Bpett, dän. apset). In eetti sextue ist so- 
gar vor der assimitation das s ausgestossen. An dieser 
assimilation nimmt auch das schwedische und dänische 
theil. Von söka (suchen) heifst es in den altschwediscben 
gesetzeu sötte, sotter, sott neben sökt. Man vergl. ferner 
Bchwed. natt (nox), ätta (octo), ätt (geuue), lett (levis), dän. 
nat, otte, let, datter. Doch gilt dagegen (durch deutschen 
einflufs?) achwed. makt (macht), akta (achten), rigta (rich- 
ten), dän. magt, agt, rigtig. 

Ein ft : tt begegnet im alto. sättr (sanft), desgleichen 
im dän. atter, altschwed. attir (gegen altn, aptr, altschwed. 
efter). 

Ein dl : 11 tritt im attnordiBchen Bellen und tadelns- 
werth auf, so miarli : milli (inter); ahd. fridila : frilla (ama- 
sia): brädliga : brälliga (cito). So auch scbwed. frilla, 
bröllop (nuptiae, 7m altn. brüdr). Kjdqvist lY, 345 hat 
noch mehr beispiele. 

Dem entspricht ÖTr : rr im goth. hvathar : altn, hvärr 
(uter). 

Auch vor t schwindet S, und zwar im neutrum der 
adjectiva, glatt, gott, blitt etc. 

Ein tu : nn kenne ich nur im dän. dronniug regina, 
altn. und schwed. drottning. 

Endlich mag noch erwähnt werden bl : II im goth. 
ubils : altn. illr; docb beruht hier das 11 wol eher auf einem 
zunächst vorhergehenden fl. 

So sind also 21 fälle von assimtlationen (5 bis J aller 
oben im germanischen aufgezählten) als dem nordischen 
zweige unseres Sprachgebietes eigenthümlich aufgefun- 
den worden, nämlich 6 von der form <!: Iff : 11, Ir : II, 
mf : mm, atf : un, nr : nn, bv : bs, und 15 von der form 
>-: rd : dd, nk : kk, rk : kk, bl : 11, dTl : 11, sn : nn. 



BBsitnilation im deutsctiGn. 



417 



rn : an, tn : nn, mp 
ht : tt, nt : tt. Dazi 



PP: 



Ö'r : rr, rs : 88, i3rt : tt, ft : tt. 



ird noch unten mancher fall kom- 
men, der dem altnordiachen mit den anderen germanischen 
Bprachen gemeinsam ist. 

Ganz andere iet daa bild, welches uns der lioch- 
deutsche zweig liefert; nur wenige fälle von assitnilationen 
sind ihm eigenthöralich und auch diese wenigen kommen 
bis auf einen nur in sehr vereinzelten beispielen vor, 

Dieser eine fall ist mn : uim; jenes mn ist thcils ur- 
sprünglich theils aus noch älterem hn entetanden. Letz- 
teres ist der fall im goth. stibna (vox), wofür althochdeutsch 
nur gtimna und stimma, mhd. und nlid. nur stimme gilt; 
schwed. stämma ist neu und vielleicht durch deutschen ein- 
flufs umgewandelt. Eben so erscheint das im gothischen 
vorauszusetzende 'atabn truncus im althochdeutschen nur 
als stam (thema stamm). Denselben gang gemacht bat, 
jedoch zu späterer zeit, das ahd. braban corvus, welches 
wir ja noch häufig in dieser gestalt finden, während hramn, 
hramm (im nom. gewöhnlich hram) ja besonders in den 
eigennamen vorkommt. Diesen drei beispielen kann ich 
drei andere entgegensetzen, in denen das mn ursprünglich 
ist, nämlich erstens ahd. samanon (colligere), wofür mhd. 
samneu und selten sammen erscheint, zweitens ahd. namn- 
jan (nominare), woneben schon früh ein nammjan und dann 
in weiterer entartung sogar ein nannjan auftritt, und end- 
lich das aus dem lat. damnare heriibergenommene verdam- 
men, welches im mittelhochdeutschen meistens noch echter 
verdamnen geschrieben wird. Aufserbalb des hochdeut- 
schen kann hier angeführt werden, dafs man schwed. 
nämnde (nannte) achreibt, aber nämde spricht (Rydqvist 
I, 57). 

Viel neuer ist Ik : 11 in dem nbd. marschall, mhd. 
marsch alc, eben so in unserem geneschall (siniscalc), wäh- 
rend das einfache schalk auch im neuhochdeutschen unas- 
similirt bleibt und überhaupt uns sonst das Ik in keiner 
weise widerstrebt. 

Ein ganz vereinzeltes ns : nn führt Schleicher aus der 
Zeitschr. f. Tgl. sprachf. XX. 6. 27 



418 



Forste tnann 



neuhochdeutschen Daundart von Sonneberg an, nämlicb 
uuner für unser. 

Im vierten, sächaiscben zweige unserer spräche ist 
zwar an assimilatioueu kein mangel, doch suchen wir ver- 
geblich nach solchen fällen, die diesem zweige eigen- 
t hü m lieh wären; es sei denn etwa die unten zu erwäh- 
nende asaiinilation in stern Stella. Ich führe hier nur 
ganz vereinzeltes an: 

fm : mm im ags. vlfiuann neben vlmraann, vitnaiann, 
vemman, woraus engl, woman. 

tfd : dd im altsächsischen praeteritum cudda aus cud'da 
von cuÖTjan. 

Nicht gerechnet habe ich ags. atigräp ; engl, stirrup 
(Stegreif), da hier wol Volksetymologie zu gründe Hegt, 

Alle die nun noch nicht besprocheneu falle von assi- 
milation gehören nicht einem einzeloen der vier germani- 
schen spracbzweige an, sondern lassen sich in mehreren 
derselben nachweisen, jedoch so, dafs der eintritt dieser 
erscheiuuDg nicht etwa vor der trennung dieser sprach- 
zweige, sondern erst nach dieser trennung in jedem der 
zweige selbständig erfolgt ist. Assimilation ist eben ein 
so natürlicher Vorgang im spracbleben, dafs man sich 
bei ihr mehr noch als bei anderen erscbeinungen hüten 
nHÜs, aus der Qberein&timmung in zwei sprachen auf den 
frühen eintritt des Vorgangs zu sehliefsen, 

Der wichtigste aller dieser fälle, oder vielmehr eine 
ganze klasse von zusammengehörigen fallen, ist die assimi- 
lation des j au einen vorhergehenden cousonanten, na- 
mentlich des j der schwachen conjugation an den letzten 
cousonanten des verbalstammes. Dieses j , welches wir in 
der ersten schwachen conjugation des gothischeu noch re- 
gelmäfsig erhalten sehen, scheint in den beiden anderen con- 
jugationen während der urdeutschen periode \intergegangen 
zu sein, nicht früher, da wir es namentlich im litauischen 
noch ganz unversehrt finden, während es allerdings z. b. 
das lateinische und das griechische schon bis auf geringe 
spuren vertilgt haben. Im deutschen schwindet auch jenes 
gothische j sowol im nordisckeu als iui hocli deutscheu und 



assimilation im deutschen. 



419 



und sSchsischen zweige diircbgängig, aber sehr allmählich 
und gewöhnlich erst nach einer deutlichen periode des 
Schwankens, von welcher auch die besonders im angebach- 
sischen und altsächsischen nicht selten Torkommenden mitt- 
leren formen mit ea för j a zeugöifs geben. Der ganze 
Vorgang ist aber nicht etwa auf die ach wachen verba be- 
schränkt und darf daher in der grammatik nicht bei die- 
sen, sondern er muCs in der lautlehre behandelt werden, 
da nominalformen mit derselben lautfolge daran gleichfalls 
theil nehmen. Ich führe nun im folgenden die ein/.elnen 
fälle in alphabetischer reihe an und gebe bei jedem eiue 
anzahl von beiapielen eowol von der unassimilirten als von 
der assimilirten form, selbstverständlich ohne irgend ein 
streben nach Vollständigkeit, die bei dieser fülle geradezu 
unmöglich wäre. 

bj : bb (streng ahd. pp). ünassimilirt : goth. daubjan, 
draibjan, drobjan, hleibjan, laibjan, laubjan, sibja, stnbjus, 
vaibjanj ahd. gawerpian, gilaubiu; alts. sibbja, godiiwelibiu 
(iüstrum.); ags. onsvefjan. Mittelform: crippea bei Tatiau. 
Ässimilirt: altn. kemban; ahd. truoban, gilauban, sibba, 
stubbi, antswebban, gotawebbi, mit Übergang iu andere 
conjugationen tribön, libenj ags. cemban, onsvebban, sibb. 
Nach langen vocalen und nach mehreren coDSonantea 
wird, wie man sieht, die aBsimilation graphisch nicht dar- 
gestellt. 

dj : dd. Der lateinische stamm medio erscheint im 
gothiscben reiner als midja, das altsächsiacbe hat noch un- 
aasimilirt an middian dag, uudar middiun u. s.w., 
im altn. miör (für midr) ist das j noch bewahrt vor den 
mit a und u beginnenden caausenduugen, dagegen ags. äs- 
similirt midd, ahd. mitti. Sonstige formen ohne assimila- 
tion: goth. aandjan, andjan, baidjaa, blindjan, braidjan, 
fodjan, freidjan, hardjan und manche andere; schwed. kedja; 
ahd. chundiu, wirdiu, redjön, redja; alts. sendian, bedian, 
beldian, brcdiau, ledian, nodian, wendian, awardian, andwor- 
diao, endjön; ags. endjan, blindjan, heardjan, lendjau, neäd- 
jan, cviddjan, vandjan. Mittelform: ahd. undeom (dat. pl.). 
Ässimilirt: altn. seada, euda, lenda, vcnda; ahd. seuten, 

27* 



420 



PGrstemann 



endon, toden, zundeo; alt», eudön; ags. sendan, btedan, 
bildan, brsedan, dedan, fedan, gyrdao, breddan, byrdan 
und viele andere. 

fj : ff. Uaassiniilirt: goth. hafjaD; ags. dcäfjaQ, ]of- 
jan, reüfjao. Aasimiürt : altn. deyfa, dreifa, hlifa, leifa, leyfa, 
lofa, raufa; ahd. hcffan, seffan, slaiifan , wuofan, cbenifan, 
snerfan, toufen; ags. drasfaji, drßfan, Isefan, gelefan. 

gj : gg. Unassimilirt: goth. agjan, ogjan, audagjan, 
augjan, hugjau, lagjan, evögjan, vargjan; ahn. oegja, 
beygja, fegja, hlaegja, byggja, leggja, rcegja; alts. ogjan, 
huggian, leggjao, thiggjan, wrogjaD; ags. egjao, eävjan, 
hagjan, hygjan, virgjan. Mittellbrm : alts. seggean; ags. 
egean, eädigean, bßgeau, secgean, vregean. Assimilirt: 
altii. haga; abd. hagan, hugan (für baggau, buggao); ags. 
hyegan, lecgan, secgan, tbicgan, began, egan, vregan, 
svcgan. 

kj : kk, UnaBsimilirt: goth. draggkjan^ kukjan, sok- 
jan , vakjan, vrakjan; alta. merkja, soekja, vekja, rekja; 
ahd. chruckia (Grraff IV, 591), ruckie u. 8. w- (Graff IV, 
U49), weckiu (Graff I, 676), hunekian (ebend. I, 658); 
alta, MÖkiau; ags. mearcjan, vacjan. Mittelform: ags. dren- 
ceao, secean. Assimilirt; ahd. diccao, seiikan, stenchaa, 
wecban, auoehan, brucca (poDs); ags. reccan, veccan, vrec- 
cao, tbeccan, sencan, secan. 

Ij : 11 (wie Bcbon griech. ßällta, akko^ai, ftällov 
u. 8. w.). Unassimilirt: goth. aljan, bauljan, dailjan, fuUjao, 
galljan, haljäi), hailjan, huljan, meljan, mikiljan, malvjan, 
nagljan, saljan, sauljan, valjan, Ttljan; altti. eljan, bylja, 
dveija, Heljar (gen.), hyija, telja, velja, myija, krelja; ahd. 
heljau, teiliu, belliu, seljn; alts. ellien, deljan, dueljan, fcll- 
jan, fiilljäD, hellja, heljau, heljau, tellian, quelljan; ags. 
eljan, dveljaii, fulljan, heljan, miceljan, nägljan, syljaa, 
cveljan. Mittelform: abd. willeo; alta. cllean, fellean, hul- 
lean, willeo; ags. ellean. Assimilirt: altn. dcila, fella, fylla, 
Btilla, gaila, beilla, mala, sola, mikla, uegla: ahd. ellan, 
teiian, twelaa, fellan, bella, hellan, heilan, buUan, ttallan, 
quellan, aellan, stellan, stillan, wellan, zellan; alts. hv-Ian; 
ags. eilen, dvelluu, diulan, fellan, fyllan, gaslan, hell, ha^- 



assimilation hn denC»;hen. 



421 



lao, aellan, teüan, stillan. Die letzten spuren des unassi- 
milirten Ij verschwinden erst im dänischen, tnittelhoch- 
deutscben und englischen, hier sogar mit ausstofsung cim s 
dazwischen etebenden coDsonanten in engl, follow aus ags. 
fblgjan. 

mj : mm. Unassimilirt: goth. dammjan, domjan, gram- 
jaOj saiQJao, sniumjan, vammjan, altn. gremja, lemja, semja; 
ahd. frumjan, traumjao, tuoniju; alts. döiniaa, rümian ; aga. 
gremjan, lemjan. Asaimilirt: altn. dasma, geyma, lima, 
ryma; -dän. Ixinme; ahd. frumman, greman, goumcn, limen, 
rftmen neben rumman; ags. fremman, demman, vemman, 
deman, geman, gymao, liinan, ryman. 

nj : DD. Unassimilirt; goth. brannjan, brunjoj gairn- 
jan, haunjan, hrainjan, ibnjan, kannjan, laiiganjan, rabnjan, 
rannjan, saitijan, stainjan, taiknjan, veujan; altn. brynja, 
tbenja, venja; ahd. brunja, denjan, nemniuj lougani«, wä- 
niu; ags. cui^jan, geornjan, efenjan, leänjan, legnjauj recn- 
jan, sänjan , täcenjan, venjan, theujan, Ässimilirt: altn. 
breniia, girna, jafna, kenna, kynna, laiina, meina, reikna, 
renna, eeina, ekeina, takna, vfena; abd. brennan^ brunna, 
bönan, breinnan, chenaan, meinan, rennan, sceinan, dennan, 
zeinna; ags. brennan, henan, hynan, brjenan, cynSCan, lyg- 
nan, maenan, rennan, scsenan, atsenan, v^nan. In fani, 
kuni, munan (verg). ahd. fbnui, kunni, minna) mag sogar 
schon ausnahnisweise das gothische die ertüDerung an eine 
frühere asfeimilation aufgegeben haben. 

rj : rr. Unassimilirt: goth. fahrjan, farjan, merjan, 
skeirjau, varjao; altn.: byrja, ferja, spyrja, verja; ahd. 
burjan, derien etc. (Graff V, 438), ferien (Graff III, 587), 
berie (GrafF IV, 984), hrorjan, cherio {Graff IV, 466), ner- 
jan, rörja, auerjan, werjan; alts. burjan, förjan, hrorjan, 
marjan, nerjan; ags. byrjan, faegerjan, ferjan, feorrjan, 
nerjan, spyrjan, varjan. Ässimilirt: altn. fegra, firra, fbra, 
hr^ra, la;ra, miera, skira, steyra; ahd. burran, föran, 
hruoran, keran (cherren), nerren, rörra, sciaran, storran, 
werren; ags. fyrran, feran, hreran, Iwran, msran, steran. 
Bei diesem falle ist es merkwürdig, dafs das j mehrfach 
deutliche versuche macht, sich dadurch vor dem unter- 



422 



Forst emnnti 



gange zu retten, dafs es die härtere und selbständigere 
gestalt eines g annimmt, so sthon alid. acerigin fraudare 
(Graff VI, 533); neben das ags. herjan vastare tritt ein 
hergjan, welches freilich im englischen dem assimilirten 
harrow weichen mufs (anders ags. morgen : morjen : engl. 
morrow). Am hartnäckigsten ist dieser kämpf des j in 
zwei Substantiven; neben das ahd. ferjo naiita tritt mehr- 
fach ein verigo und im mittelhochdeutschen steht eben so 
verje neben verge; desgleichen wird sich wol im althoch- 
dentfichen neben acarjo eenturio etc. ein scarigo finden; 
mittelhochdeutsch ist acherje neben schcrge gebräuchlich; 
im neuhochdeutschen siegt sogar, obwol beide wörtcr nicht 
recht lebendig sind, die form ferge und scherge. 

sj : 88. Unassimilirt; goth. drausjan, kausjan, laisjan, 
knussjan, lausjan, uasjan, niuhsjan, raisjan, veisjan, dane- 
ben tritt auch zj auf in hazjan und besonders nach r (was 
fast an slaviaches ir erinnert) in airzjan, marzjan (vgl. das 
subst. fairzna). Ahd. möeju (Graff II, 872); alts. lösjan; 
ags. healsjan, misajan, neösjan, visjan. Assimilirt: altn. 
halsa, missa, nyaa, reiaa; ahd. chunsaan, missan, wissan; 
ags. cnyssan, missan, neösan. 

tj : tt. Unassimilirt: goth. atjan, bairbtjan, botjan, 
faurhtjan, flautjan^ hveitjan, laistjan, latja», liuhtjaa, mat- 
jan, mötjan, naitjan, natjan, qvistjan , raihtjan, skaftjan, 
veitjan; altn. hvetja, letja; ahd. der ortsname {in — ) Mittiu, 
die rerbalformen biiiu, ambahtiu, hlütiu, miltiu, sentiu; 
alts. forbtjau, liuhtjan, rihtjan, thurstjan; ags. beorhtjan^ 
forhtjan, hvitjan, letjan, metjan. Assimilirt: altn. jata, letta, 
mata, maeta, retta, reita, skipta, thjrsta, velta, vtta; abd. 
beitan, bittan, breitan (auch breittan), forhtan, fuattan, 
hertan , leistan, liuhtan, chuistan, rthtan, scuttan, wattan, 
antwurtan; ags. betan, hvettau , Isestan, lettan, libtan, 
leohtan, metan, naetan, rihtan, sciftan, thyrstan, veltan, 
vitan. 

zj : zz, natürlich nur althochdexitsch. Hier kommen 
noch vereinzelte unassimilirte formen vor wie buozziu und 
sezziu, sonst nur assimilirte wie biiazzan, fluzzan, ncizzan, 
nezzan. sezzan, welzan. 



asaimilation im deutacben. 



423 



I 



Man sieht, dafs bei allen diesen aseitnilationen des ] 
die allgemeine regel, nach welcher nach langen sylben die 
geminatioü als unausaprechbar nicht geaohriehen wird, 
mehrfache ausnahmen erfahrt, theile in conservativem sinne, 
80 dafs selbst nach langer sylbe der consonant doppelt 
geachrieben wird, theils in progressistischer weiee, die oft 
auch naoh kurzer sylbe nur den einfachen consonanten 
schreibt: es ist hier wirklich nur von orthographischen 
eigenheiten, nicht von eprachlichen Vorgängen die rede. 
Grimm gramm. I (1822) macht für die einzelnen sprachen 
hierüber mehrfache bemerkungen, über altn. s. 922 f., ahd. 
869 ff., alts. 892, agB. WS ff. 

Alle nun noch übrigen falle von aseimilationen, welche 
mehreren deutschen sprachen geraeineam sind, möchte ich 
einigermafaen nach der häufigkeit oder Seltenheit ihres vor- 
kommeus ordnen. 

Da ist ein besonders wichtiger fall Id : 11; er ist im 
nordischen und niederdeutschen zweige zu hause. Beson- 
dere tritt der Vorgang im schwedischen ein; vergl. altn. 
halda (tenere), falda (plieare), sjaldan (raro), kaldr (firigi- 
dus), kveld (vesperj, mold (terra) zu schwed. hälla, falla, 
sällan, kallr, qvell, muH. Doch geschieht dies keineswegs 
durchgreifend, vielmehr bleiben manche Id im schwedi- 
schen, einige sogar altertbQinlicber als im altnordischen. 
Selten assimilirt hier das dänische, wie in beller potius, 
meistens bleibt Id wie in holde und kold; ja das dänische 
führt auch ganz unorganisch das Id (eben so wie nd) ein, 
wo das d gar keine historische berechtigung hat. In nie- 
derdeutschen mundartcn ist 11 für Id sehr häufig, z. b. 
boll (bald), hoUcn (halten), bollern (vergl. hochd. poltern), 
gellen (gelten). Das hochdeutsche hat dagegen durchaus 
keine neigung zu dieser assimiiation; und wenn auch ein 
ahd. notigistallo überliefert ist, ho heifst es doch im mittel- 
hochdeutschen wieder nötgeetalde. 

Die forniel hs : ee ist wesentlich niederdeutsch, kommt 
jedoch auch in den anderen drei sprachstämmen vor. Im 
altsächsischen ist hs noch unangetastet, wahs cera, wahsan 
crescere, obso bos, sehs sex, doch schreibt die jfingere 




454 



Förstemami 



handßchrift der Freckenhorster rolle schon ses. Das angel- 
sächsische schreibt six, leax (salmo), veax (cera), doch 
begegnet auch hier neben tliihsl, thixl schon ein thisl 
(temo). Auch das altfriesische bat noch wax, waxa, sex. 
Bis in das heutige englisch bleibt das x in si;;, fox, wax, 
box (dacba, deicheel, lachs, wachsen sind verloreti). Aber 
diesseits des meeres wird jetzt überall assirailirt, schon 
mittelniederl. in wassen, sesse, was (cera), das (meles), wies 
(erevit), tos (vulpea) a. s.^., im neuniederdeutschen findet 
man wol überall fo&s, oss, lass, sees, dissel, Sassen und 
dergleichen. Aber Wlssel (Weichsel) gehört nicht hieher, 
vielmehr ist die hochdeutsche form erst nach falscher ana- 
logie der eben genannten Wörter aus der niederdeutschen, 
die dem poln. Wisla nahe steht, gebildet worden. Viel 
vereinzelter ist der Vorgang im gothischen, nordischen und 
hochdeutschen sprachzweige. Gothisch beschränkt er sich 
auf den fall, wo auslautendes enklitisches -h vor anlauten- 
des 8 tritt und schlielst sich also an eine fülle von er- 
scheinungeu au, die schon oben erwähnt wurden, also jah 
sunjos, nih sijai, jah eaei : jassunjos, oissijai, jassaei; dalfi 
uDgatass zu tekan gehört, wie Grimm in der vorrede zu 
Schulzes glossar meint, ist doch sehr ungewifs. Aus dem 
nordischen »weige weifs ich nur das schwed. bössa (pyxis) 
anzuführen, was wol durch niederdeutschen einflufs erklärt 
werden mul's, sonst gilt schwed. x (sex, vax, las), desglei- 
chen im dänischen. Wenn sich im mittelhochdeutschen 
vereinzelt reime finden wie sehse : weese (ecivit)^« was (fuit) 
: vaa (eapillus), gras (gramen) : aas (cultcr), so ist das 
niederdeutscher einflufs. Gegen alle hochdeutsche lautregel 
sagen wir im nhd. gleissen und gleisaner aus mhd. geliche- 
sen und gelichsena3re, indem wir das wort volksetymolo- 
gisch au das ganz verschiedene gleissen := glinzen an- 
knüpfen. Ganz vereinzelt steht der name Spessart aus 
Spehteehart. 

Wesentlich hochdeutsch ist mb (oder mp) : mm. Schon 
althochdeutsch heifat es swam (wie auch schon goth. 
svamms), aber mittelhochdeutsch tritt wieder echteres ewamp 
hervor, eben so stumm, wofür mhd. noch stump; ahd. 



Rüsitnilation im deut'ichen. 



hnmbal gilt nebon bummal, impi neben imme. Mhd ist 
die form ambeht neben ammet überliefert, der geu. slimbes 
neben dem nom. sliin. Aber zur vollen regel wird diese 
assimilation erst im nhd. : mbd. lamp, kamp, ambebt, 
wambe, swarop, imbe, zimber, nmbe, kriimb, kumber, 
tanip, humbel, eimber : nhd. lamni, kämm, amt, wamme, 
schwamm, imme, zimmer, um, krumm, knmmer, dumin, 
hiimmel, eimer, letzteres mit einem m des langen vocals 
wegen. Eben so babeu wir schon mniederl. lammes (a;^ni), 
omme (circa), dommen (stultiim), doch daneben dompheit 
und dompelike. Desgleichen schwankt das dänische in 
kämmen (pecten) und lammet (agnus) aus altn. kambr und 
lamb; dagegen heilst es noch svamp (fungus). Ganz re- 
gellos iat das schwedische, wo es noch svamp, embete, 
vämb, timber, cmbar, doch schon lamm, kam^ om, knim, 
bekymmer, dura, bumla heifst. Merkwürdig ist das gothi- 
ache schon erwähnte svamms. Das älteste beispiel ist wol 
das gemeindeutsche amme gegenüber dem skr. ambü. 

Das st ist eine jedenfalls sehr leichte und überall sehr 
beliebte consonantenverbindung ; geht sie doch schon im 
urdeutschen aus tt, tbt, dt hervor. Um so mehr zieht es 
an, die vereinzelten fälle zusammenzustellen, in denen st : ss 
sich zeigt (wie dieser Übergang auch im altirischen vor- 
kommt). Schon im gothischen geht das praeteritum vissa 
aus vista hervor und die nominalbildungen gaviss und 
mithTissei sind nur durch ein t-suffix zu erklären. Eben 
so ist anaqvissi von qvithan durch die mittelstufen *qvithti) 
*qvisti zu denten; von standan müssen wir ein substanti- 
vum *standti, 'stasti als Vorläufer von afstass und iisstass 
aunchmen. Nach langem vocal bleibt jedoch st in mosta 
(ider vaist. Gerade diese beiden verba zeigen auch in an- 
deren deutscheu sprachen assimilation; im althochdeutschen 
heifst es muosa (mit einem s dea uo wegen), selten niuo- 
sta; eben so wissa, wessa, neben wista, westa; mhd. muose 
neben muoste, wisse wesse neben wiste weste. Ags. moste, 
niöstun, aber viate neben vissc. Altnordisch fehlt mot, aber 
veit hat im praeter, vissa. Aufser diesen fällen ist st : ss 
im germanischen ganz vereinzelt; ich erinnere an Iat, 



426 



F5r6temann 



ostium, lit. osta : altn. öss (fliifsmöndung), bo wie an mhd. 
kiüitsam : liissam. 

3s : s& öndet sitili in ags. bliOTsjan nehen blissjan gau- 
dere und liöTs neben lisa gratia. In altschwedischen hand- 
Bchriften liest man guss für giiths, miesumare för mitbsu- 
inars u. s. w. Altnord, hlafis, altschwed. las onus steht 
wahrscheinlich für hlaths von hlaOa. 

Ganz ähnlich geht ts in ss über in aga. bletsjan ne- 
ben blessjan benedicere. Im schwedischen schreibt man 
Ints (für lätsa), spricht aber gewöhnlich läss (Rydqviet I, 
117), desgleichen wird fältskär (feldacheer), inatsäck 
(scbnappsack) in der gewöhnliehen spräche faJlskär, mas- 
aäck auBgesprochen und so noch in einigen anderen fallen. 
Die Seeleute desselben nieeres streben gewöhnlich nach 
einer anzahl gemeinsamer ausdrücke (lingua franoa) und 
wie die schwedischen raatrosen statt bätsman, bätshake 
stets bäseman, bassbake sagen, so habe ich die deutschen 
an der Danziger küsle^nie anders als bössmann, bosshaken 
aussprechen gehört. 

Merkwürdig ist der fall rs : rr. Altes rs ist im all- 
gemeinen (wenn auch freilich alto. foss für fors vorkommt) 
völlig unbeanstandet in unsern sprachen; man verfolge 
z. b. das wort ferse (calx) oder ars (anus) durch dieselben. 
Nun giebt es aber drei wortstärame, bei welchen alle devit- 
schen sprachen mit ausnähme des gothischen in der nei- 
gung iiliereinstimmeu, eine asaimilation des rs zu rr ein- 
treten zu lassen. Man erwäge: 1) goth. airzei (substant.), 
dagegen ahd. irri, alts. irro, ags. eorre, irre, mniederl. erre, 
vielleicht auch altn. erring (kämpf, auffallend ähnlich un- 
serem deutschen irrung); 2) goth. thaursus (aridus) gegen 
altn. thurr, ahd. durri, alte, thurri, ags. thyrre; 3) goth. 
marzjan (impedire) gegen ahd. marrjan, alts. merrian, ags. 
merran, mniederl. merreti. Dafg vor t-suffixen das alte s 
bleibt wie in allen den formen, die zu unserm durst sitis 
gehören oder im altfries. irst iratus, kann ja nicht auffal- 
len. Gern würde man den ganzen Vorgang dem mittelur- 
deutschen zuschreiben, wenn nicht das ags. irejan (iraect) 
hinderte, in dem doch schwerlich ein lautlicher einfluls des 



■BCitnilation Im deutschen. 



lateinischen wortes angenommen worden kann. Ganz an- 
ders steht ea mit dem goth. vairs ppjor, bei dem das alte 
comparattvBtiffix sich festhält im ahd. wirs, alts. wirso, age. 
vyrs, engl, worse; nur das altn. verr (schwed. und dän. 
värre) lälst auch hier eoioer Vorliebe für auslautendes r 
freien lauf. Wie aher, wenn daa freilich starke ahd. ver- 
bum werraD, alts. werran, nhd. wirren hieb er gehörte? Die 
älteste bedeutuDg wäre dann verschlechtern, beschädigen, 
die asaimilation so wie die starke conjugation würde pich 
dann aua dem vergessen des Ursprungs erklären; gothisch 
wäre etwa ein schwaches *vairzjan zu vermuthen. 

Für den fall rn : rr kommt (da schwed. ekorre für 
ikurni auf Volksetymologie zu beruhen scheiot) eigentlich 
nur unser wort stern in betracht. Damit steht es so, 
dafs der gothische und nordische sprachzweig hier nur un- 
asBimilirte formen haben (goth. stairno, altn. stiarna, schwed. 
stjerna, dän, stjerne), der sächsische mir assimilirte (alts. 
sterro, aga. steorra, altfriea. stera, mndl. sterre). Im hoc'h- 
deutschen tritt ein schwanken ein, ahd. sterno und mhd. 
Sterne sind regel, ahd. sterro und mhd. sterre sind aus- 
nähme; im neuhochdeutschen siegt die echtere form. Sollte 
sich bei diesem sterro und sterre niederdeutscher einflufa 
nachweisen lassen? fiür das ahd. sterro ist Otfrid die haupt- 
quelle; ich habe schon an andern stellen (z. b. zeitschr. 
XVI, 324; XVII, 72; vgl. auch meine Ortsnamen s. 234) 
auf merkwfirdige sprachliche beziehungeu zwischen Sach- 
sen und Elsafs hingewiesen. Ganz anders steht die aache 
bei dem auf etern reimenden fern, wo von assirailation 
kaum die rede ist. Hier ist rr die regel, also goth. fairra, 
ahn. liari, ahd. ferro, alts. fer, ags. feorr, altfries. fer, mniedl. 
verre, engl. far. Im mittelhochdeutschen tritt achwanken 
ein, gewöhnlich heifst es verre, selten verne. Wie ist es 
?A\ deuten, dafs dieses rn gleichmäfaig im nhd. fern, im 
achwed. fjerran, im dän. fjern siegt? 

Alle fihrigen fälle lassen sich ganz kurz abmachen. 

nl : IL Die elfzahl ist unasaimilirt im goth., ahd., 
mhd., ags. (ainlif, einief, endleofan), assimilirt im altn. 
(ellifu), altschwcd. (lullivu), neusohwed. (ellofva), dän.(elteve), 



438 



Förstemaon 



alts. (ellevan, eleveii) und nhd, (elf). Im mnl. kommen 
asaiaiilatioDea vor wie banlioc {extorris) : ballinc, maiilie : 
mallic. Niederdeutseber einfluis mag es auch sein, weon 
im Reiobart mehrmals külliiic ( propinrjuiis ) für kiinnelinc, 
künelinc gelesen wird. Vielleicht erweist sich auch ein 
solcher darin, dafs eich neben zwinelinc, zwinlinc (gemi- 
nus) im mittelhochdeutschen ein zwillinc geltend macht, 
welches im neuhochdeutschen siegt. Im schwed. mullögh 
(handfafs), welches einem altu. mundlaug entsprechen würde, 
ist die entartiiug noch stärker. 

nd : nn ist im altnordischen vereinzelt, wo wir selten 
bann und lann für band und land lesen; schwedisch und 
dänisch haben hieran keinen theil, letzteres begünstigt so- 
gar unorganisches tid; doch hört man in der freieren 
schwed. Umgangssprache manches nn, wo die sohrift noch 
nd zeigt. Auffallendes schwanken zeigt sich in unserem 
Worte pfeunig; das altn. penningr, alts, penning sind stets 
assimilirt; nm althochdeutschen gilt phending, pfentinc ne- 
ben phenning, im angelsächsischen pending neben penning. 
In neuhochdeutschen und niederdeutschen mundarten sind 
formen wie kinuer, wunner, unner, wenncn, brannwin ganz 
gewöhnlich. 

rl : II wiederum vereinzelt im altnordiechen, wo selten 
jall (aobilie), kall (senex) und valla (vis) für das gewöhn- 
liche jarl karl varla vorkommt, Schwed. und altdän. bar- 
last heilst neudän. bailast (neben baglast), nhd. ballast, in 
Grimms wörterb, ohne weitere erörterung, Ganz einzeln 
steht bei Otfrid fillorane statt firlorane. 

sr : rr tritt in einzelnen falten bei der goth. praepo- 
sition US ein, "usruns : urruns, 'usreisan : urreisan, *U8 
riqviza : ur riqviza. Im altnordischen gehört hieher orr 
(nosterj; vielleicht ist es nordischer einflufs, dafs im angel- 
sächsischen neben user ein iire tritt. Wenn im althoch- 
deutschen vou deser ( hie ) schon mehrere formen mit rr 
(namentlich bei Notker, s, Graff) eintreten, die dann im 
mittelhochdeutschen ganz gewöhnlich sind, so liegt hier 
wol nicht assimilation vor, sondern Übergang des s zu r^ 
ehe der folgende vocal ausfiel. 



agsimiUtion im dtutscbeu, 



429 



sr : 88, das gegenbild des vorigen Falles, haben wir 
z. b. im altn. äsr : ass, eben so im altn, gsss, lyse, myss, 
im aga. pron. possess. iiaree : usses, uerum : ussam. 

dm : mm im ahd. madmunti neben mammunti; eben 
so sagen schwedische dialekte memme für med mig. 

um : mm ganz einzeln beim negativen iin-, so ahd. 
umme?, j mhd. ummiioze, umniuot, mnl. ummare. In neu- 
hochdentschen muudarten zeigen sich öfters formen wie 
kammer, sommer (kann man, sollen wir). 

dl : 11 im dänischen Jyltand (JOtland, schwed. Jut- 
land); so anch althochdeutsch bei Notker gruntsedilon : 
gruntsellun. 

Ganz ähnlich tl : 11 im schwed. und dän. lille (par- 
vus) aus altn. litli und ahd. bei laidor guotlihhin (gloria), 
bei Kero cuotlthhi, dagegen bei Otfrid guallicbi, Notker 
und Willeram guollichl. 

hf : ff im aga. heäfore, engt, heifer (vaccula), wonebeu 
noch ags. heäbfore gilt. Das mhd, höchvart wird erst neu- 
hochdeutsch zu hoffahrt. 

hn : nn im goth. jah ni : janni, zu den vielen schon 
oben angeführten fällen des assirailirten auslautenden b ge- 
hörig; doch scheint dieser fall auch in neueren mundar- 
ten vorzukommen, wenigstens wird zeitschr. XIII, 283 ein 
berlinisches uonnich für noch nicht erwilhnt. 

An den schlufs setze ich noch einen fall, der nur in 
der ausspräche, nicht in der schrift eintritt und der des- 
halb aus schriftHchen quellen nicht zu ersehen, sondern nur 
in der gesprochenen spräche zu hören ist. Ich meine den 
libergang des g nach gutturalem n (n) in ein ü. Statt 
bringen, singen, klingen sprechen wir brinen, einen, klihen, 
aber ich glaube muudarten gehört zu haben, wo wirklich 
die erstgenannte form gesprochen wird. Noch ungleich- 
mäfsiger ist die ausspräche da, wo dieser taut auslautet; 
ich spreche enk (angustus), klaük (sonus), aber viele Deut- 
sche sagen en, klan; im englischen wird nach letzterer 
weise song, thing u. s. w. aon, thin gesprochen. Vom mit- 
telhochdeutschen darf man wol noch die getrennte aus- 
spräche beider laute selbst im inlaute als regel annehmen, 



430 



FSratenmuD 



aber überhaupt entziehn sieb, wie gesagt, die nicht mehr 
lebenden mundarten hier gäDxlicL der beobachtung. 

So weit diese Übersicht über die assimilatioii in den 
gerraanisehea sprachen. Ein höheres interesse wdrde sie 
gewinuen, wenn jemand einen anderen spracbßtamm, etwa 
den romanischen oder slavischen, in ganz paralleler weise 
behandelte, und dazu will ich hiemit anreguug gegeben 
haben. 

Dresden, november 1871. E. Förstemann. 



x\ltdeiitsche namen aus Spanien. 

Herr prof. E. Hübner hat seinen vielen Verdiensten 
um die lateinischen iuscbriften aus Spanien ein neues aDd 
wesentliches hinzugefügt durch das eben erschienene werk 
„Inscriptiones Hispaniae Christianae. Berolini 187 J. 4." 
Das buch enthält die christlichen Inschriften, welche nach 
dem plane des grofsen Berliner iuschriftenwcrkes von die- 
sem auszuschlielaen waren. Da(s die ausgäbe selbst eine 
vortrefi'liche ist, braucbt nicht besonders hervorgehoben zu 
werden ; die vorrede so wie die regiater enthalten aulser- 
dem eine fülle des belehrendsten Stoffes. Das buch ist es 
werth auch von einer seite augesehen zu werdeo, die deoa 
herausgeber ferner lag; ich meine von der seite und mit 
dem äuge des Germanisten. Denn es enthält, eine nicht 
geringe anzahl zum theil durch ihr hohes alter doppelt 
anziehender deutscher, besonders westgothischer personen- 
namen, die hier zusammengestellt und kurz besprochen wer- 
den mögen. 

Die meisten dieser namen sind uns freilich schon an- 
derweit bekannt; ihre sprachliche Wichtigkeit beschränkt 
sich daher im wesentlichen auf das gebiet der lautverhält- 
nisse. Diese bisher schon bekannten namen sind aber 
folgende : 

Eigcani (genit.), anno ß9l, n. 172. Westgothenkönig, 
regiert ü87— 7Ü1. Vgl. mein namenbuch 1, 12. 



altdeutsch« namen aus Spanien. 

Agüa, zeit uobestimmt, n. 190. Unbekauute person, 
namenbucb I, 22. 

Aigo, zeit unbestimmt) d. 190. Unbekittiute |jereoii, 
nunienb. I, 1 1. 

EUecane (abl,), a. 893, n. 2GL Biacbof von Saragossa, 
schon uamenh. I, 372 in der schlecliteii Schreibung EJecoa 
erwäbat, gebort uun sicher zu uameub. I, Li3 unter die 
form Alico. 

Argimiro (abl.), a. 893, n. 261. Bischof von Lamego, 
schon Qanienb. I, 125 ervpähnt 

Adefonsus a. 778 (o. 247), a. 874 (n. 252), a. 875 
(q. 253), a. 878 (ü. 249), unbestimmte zeit (n. 255, 262); 
geriet. Adepbonsi a. 929 (n. 250, 257) abl. Adefonso unbe- 
stimmte zeit (q. 259), Alfonsua (n.242, sec. H), dotsh iat die 
inschrift erst sec. 13 oder 14 geschrieben). Gemeint sind 
die asturiscbea könige A. 1 (739 — 757); II (783 — 791 ); 
III(86{J— 910); IV (925-931). Vgl. namenb.I, 133; desgl. 
namenb. I, 145. Man sieht , wie das erste dement dieses 
namens erst allmählich iü das gewöhnlichere Adal- über- 
geht und damit die form Alfoas vorbereitet wird. 

Bacauda a. Ö3ll, n. lüO, ein bischof. Ich führe den 
wahrscheinlich gallischen namen nur deshalb au, weil er 
nameub. I, 201 aufnähme gefunden hat. 

Belesari (geu.) a. GG2 (o. '9Ö), uubekauute persoa. Vgl. 
namenb. I, 221; durch unsere inschrift wird die ansieht ge- 
stärkt, daiß der name Belisar deutsch sei. 

Eburinus d. 81, unbekannte zeit und pereon, namenb. 
I, 361. 

Ervigius Getarum res a. 716? (ii. 23a). Dieser Go- 
thenköuig regiert 680 — 687 ; nameub. I, 633. 

Froila sec. 10, a. 910, a. 922 (u. 232, 256, 274). Der 
könig Fr. I von Asturieu regiert 757 — 768, Fr. II stirbt 
875, Fr. lU regiert 924 — 925; hier ist wot immer der 
letzte gemeint. Ein auderer Froila aus unbekannter zeit 
u. 190. Vgl. nameub. I, 414. 

Gamius und Gamio, zeit unbekannt, u. 190, unbekannte 
personen; namenb. 1, 466. 

Ciaclus a. 962 (u. 224), unbekannt. Vergl. namenb. 



FSrstemanii 



I, 519. Es ist wol ein deutscher Gisil gemeint; der ein- 
Bchub des c ist bei den auf dieses wort ausgehenden 
nümen ganz gewöhnlich, in dem einfachen naoien er- 
scheint dieser einschub hier zum ersten male. 

GundebebiuB sec. 7, n. 64, unbekannt. Die form mQlste 
wol Gundelebiua heil'sen und stimmt dann zu dem hoch- 
deutschen Kundleip namenb. I, 566. 

Gundisalvi . , (nom.}j unbestimmte zeit und person, viel- 
leicht ein bifichof. Gundiaalius, unbestimmte zeit, bischof 
(o. 260, 271). Vgl. namenb. I, 568. Zweifelhaft bleibt, ob 
der letzte theil lateinisch ist. 

Hilduara s. unten. 

Kudesindo (abl.) a. 893, 958 (n. 261, 231), beide male 
ein bischof, yielleiebt derselbe; namenb. I, 740. 

Huuiruc, unbekannte zeit und person, n. 190. Der 
vierte bucbstabe, in der inachriflt von auffallender form, ist 
unsicher; namenb. I, 760 findet sich ein Hunroc, vielleicht 
ist indessen das häufigere Ilunric (namenb. 1,761) anzu- 
nehmen. 

Erminigildi regis a. 573, n. 76, Westgothenkönig, stirbt 
a. 585. Hermenegiid a. 943 (n. 229), unbekaunt, Erme- 
negildo a. 980 (n. 244), ein abt. Vgl. namenb. I, 798. 

Ermengon . . . (fem. gen,) a. 624, n. 138, unbekannt; 
namenb. I, 798, 

Chindasvinthua sec. 7 (n. 24); svindi sec. 7 

(n. 175); der Westgothenkönig Ch. [641—652); vgl. namenb. 
I, 309. 

Levvina oder Leubina a. 920 (n. 243 ), unbekannt; 
namenb. I, 850. 

Liuvigildus a. 573 (n. 76); dieser Westgothenkönig 
regiert seit 569; namenb. 1,852. 

Modefredi (gen.) sec. 7 oder 8 (q. 55), unbekannt; 
namenb. I, 934. 

Oppilaui (gen. msc.) a. 642 (n. 123), unbekannt, na- 
menb. I, 971. 

Kanimirus a. 850 (n. 248), a. 876 (n. 254), zeit unbe- 
kannt (n. 265). Ramirus a. 929 (n. 250, 257), Ramiro 
(nom.) a.980 (n. 244). Könige von Asturien, R. I 842—850, 



BUdtutache nnmen aua Spanien. 

R. II 931—950, R. ni, 966—981. Vgl. namenb. I, 1031. 
Die unterdrückuQg der zweiten eilbe tritt also um das 
jähr 900 eia. 

Ramilfo (abl.) a. 893 (n. 261), biechof von Astorga; 
nameob. I, 1031. 

Reccaretti (Flavii R— regis) a. 587 (n. 155), Recca- 
redi regis a. 594 (n. 115); könig Reccared (regiert a. 586 
bis 601). Reccaredo (abl.) a. 893 (n. 261), episc. Lucensie. 
Eeccaredo (nom.) a. 206, zeit und person unbekannt. Vgl. 
ttamenb. I, 1049. 

ReccesvinthoB res a. 661 (n. 143), sec. 7 (n. 159), Rec- 

ciay a, 655? (n. 175), Eecoiavinti regis a. 650 (o. 170), 

Westgothenkönig [regiert 649 — 672). Reccisvinthua diac. 
a. 643 (n. 120). Reswentus n. 190, unbekannte zeit und 
peraou. Recesfidi 8. unten. Vgl. uamenb. I, 1050. 

Zerimundo, unbekannte zeit und person (n. 190). Viel- 
leicht derselbe name wie Siseraund, namenb. I, 1109. 

Sisibuti (gen.) a. 614 (ii. 171); Westgothenkönig 612- 
bis 621; vgl. namenb. I, 1109. 

Sisnando (abl.) a. 893, 980 (n. 261, 244), beide male 
ein bischof, doch vielleicht zwei verschiedene; vgl. namenb. 
I, 1109. 

Sonnica sec. 7 (n. 160) unbekannt, namenb. I, 1128. 

Sinticio s. unten. 

Sintila (rase.) a. 890 (n. 236), unbekannt, namenb. I, 
1104. Doch ist der anlautende consonant sehr auffallend 
gebildet; sollte Viiitila zu lesen sein, so wäre d^ name 
zu den im folgenden zusammengestellten neuen gehörig. 

Svinthilanus res sec, 7 (n. 161), Svinthile regis a. 627 
(n. 119, vielleicht unecht). Westgothenkönig, regiert 621 
bis 631. Vgl. naraeub. I, 1137. 

Teudefredi (gen.) unbekannte zeit (n. 132), Teodefredi 
(gen.) a. 890 (n, 28ö), beide male eine unbekannte person; 
vgl. namenb. I, 1171. 

Teodemirus oder Teudirairug a. 662 (n. 54), unbekannt, 
namenb. I, 1 183- 

Veremnndn (sie) rex a. 485 (n. 135), ein unbekannter 
köaig. Virmundua a. 986 (n. 240), Veremundi (gen.) a. 993 
Zeitschr. f. vgl. eprachf. XX. 6. 28 



434 



FSrstainiiin 



und 1039 (n. 267, 258). Zwei könige, 982 — 999 und 
1028-1037; vgl. namenb. I, 1261. 

Witiza (mBC.) a. 890 (n. 285), unbekannt; namenb. 
I, 1281. 

Widigelus, ?,eit und persoD unbekannt, n. 190. Ent- 
weder für Widigiselua, ¥gl. namenb. I, 1286, oder für Wi- 
digail und in diesem falle ein bisher unbekannter name. 

Wittiriei (gen.) a. 577? (o. 115), könig von 603 — 610; 
vgl, namenb. I, 1288. 

Wifredi (gen.) comitis a. 914 (n. 286), unbekannt; vgl. 
namenb. I, 1295. 

Wiilulftis &. 562 (n. 121), unbekannt; vergl. namenb. 
I, 1314. 

Quinigia a. 662 (n. 31) unbekannt. Ist entweder aus 
Winica zu deuten, namenb. I, 1316, oder aus Winigisa, in 
letzterem falle neu. 

Gulfinus a. 562 (u. 58), unbekannt, namenb. I, 1343. 

Es gebort nicht hieher, weiter die lautverhältnisse zu 
betrachten, für welche die bisher angefdhrten namen uns 
belehrung bieten; das muis im zusammeahange mit den 
andern uns aus Spanien bekannten germanischen namen 
geschehen, 

Weit wichtiger ist es, dafs unsere iaschriften unser 
bisher bekanntes namensystem abermals um mehrere uea 
gefundene glieder willkommen bereichern. Der kürze we- 
gen fasse ich den begriff dieser neuen namen etwas zu 
weit, indem ich darunter solche namen verstehe, die in 
meinem namenbucbe noch fehlen. Es sind folgende: 

Amanavindu (nom.) a. 829 (n. 215), ein mönch. Er 
fügt sich sehr schön zu namenb. I, 78. 

Bracari , unbestimmte üeit und person, n. 193. Falls 
der anlaut organisch ist, möchte man dieses Bracari (aus 
Brae-hari) zu Braehio (namenb. I, 280), steht er aber un- 
organisch für V—, so hätte mau darin das schon aus 
namenb. I, 1337 bekannte Wrachar. 

Fafila u. 739 (n. 149) ist der sonst schon bekannte 
astunsche könig Favila (regiert wahrscheinlich 737 — 739), 
der namcDb. I, 403 fehlt. 



altdautsclte nkinen ans SpanicD. 



435 



Froilioba a. 739 (n. 149), frau des königs Favila, fögt 
sieh jetzt zu seinem masc. Fraiiileob, nameub, I, 41G. 

Geloyra a. 8ß2 (n. 2.i0), Geloyrae (gen.) a. 1Ü39 (n.258), 
beide male die frau des konigs Ordonius II (sec. 9). Setzt 
wol ein organischeres Gailovera voraus, das namenb. I, 460 
seine stelle findeu uud neben die bekannten Leudovera, 
Sislvera u. s. w. treten würde. Unser Geloyra ist wol das 
spätere Elvira. Bei dieser gelegenbeit erwähne ich bei- 
läufig, dafs auch wol die älteste Ximene iu unseren in- 
schriiten vorkommt; es ist die Scemena, frau des königs 
Adefons III (a. SUG— 910), welcbe n. 249, 252, 253, 259 
begegnet. Der name ist schwerlich deutsch, eher baskiach, 
sie stamuit aus Navarra und ihr vater, den die spaniscbeD 
historiker Garcias Iniguez nennen, sieht auch nicht deutsch 
aus. Eine unbekannte Sceraena findet sich a. 910 (n. 25ü). 

Gisand a. 920 (n. 2-J3 ), unbekannt. Der name fügt 
sich zu namenb. I, 517 und wird einst zu einer sicheren 
"beurtheilimg der noch immer nicht genügend erklärten na- 
nien auf -and beitraTOu. 

Guodiliu(va?), abl. masc, a. 594 ( n. 115), unbekannt, 
stellt sich jetzt zu dem aus namenb. I, 567 schon bekann- 
ten fem, Guüdileuba. 

Marispalla fem., a, 4*^5 (n. 135), unbekannt. Ist der 
erste tbeil deutsch, so filgt sich der name gut zu namenb. 
I, 9 1 1 ; der zweite theil freilich läfst sich bis jetzt noch 
iu keiner weise als deutsch erweisen, doch verdient diese 
form schon ihres hohen alters wegen weitere beachtung. 

Nunlo, cognomcnto Öcemena a. 910 (n. 256), unbe- 
kannt; die form findet sich jetzt zu den namenb. I, 968 
erwähnten masciilinen Nunni, Nunno und Nunnil hinzu. 
Auffallend ist dieses späte beispiel von bewahrung der go- 
thischen femininendiing -o. 

Silo sec. 8 (n. 145), fürst von Asturien (stirbt a. 783), 
fehlt noch namenb. I, 1102, wo er zu den Zusammensetzun- 
gen Silhard und Siliheri tritt. 

Zerezindo dux? a. 578 (n. 91), unbekaiint, setzt ein 
organischeres Scresiud voraus, das sieh zu den namenb. 
I, 1108 f. angefahrten formen Sirobald, Siriaud, Sirigo, 

28* 



Föratemiino 



Siriuald und zu dem obigen Zerimiindo fflgt, von denen 
es doch noch zweifelhaft ist, ob sie zum stamme SIS ge- 
hören. 

Svintbiliuba (fem.) a. 6tJG (u- 20), unbekannt; eine 
schöne bereicherung zu namenb. I, 1139. 

Quistricia (fem.) a. 708 (n. 96) unbekannt; ergänzt die 
namenb. I, 1278 angeführte namengruppe. 

Ferner treten zu diesen neuen namen vielleicht noch 
ein Widigail, ein Vintila und eine Winigiaa, die ich scLoii 
oben im ersten Verzeichnisse erwähnte. 

Bis hicher habe ich mir die nähere besprechung voa 
vier inachriften verspart, die bedeutende Schwierigkeiten 
darbieten und bei denen ich mir erlaube eine neue erklä- 
rung vorzuichlagea. 

Zuerst die grol'se grabiaschrlft n. 2 aus dem jähre 632. 

Uns gehen nur die ersten vier Zeilen derselben an, die ich 

nach dem meisterhaften facsimile hier in gewöhnlicher ma- 

juskel mit auflösung der wenigen ligaturcn hersetze: 

SINTICIO FAMVLVSDEI 

COGNOMENTODEIDOMVM 

PATERNOTRAENSLINEAGETARVM 

HVICRVDITVMVLOIACENS 

Hühner liest hier so: Sinticio famulus dei cognomento 

del domnm paterno, traens linea(ni) Getanim, huic rudi 

tumulo jaceus. 

Dazu macht er folgende bomerkung: „Uaereo in no- 
mine et origine viri illius csplicandis, nam si non cor- 
rupta, saue valde obscura sunt qiiae de iis proferuntur. 
Nam si Sinticionera (i. e. Syntychionem) pntamus cogno- 
mento paterno fuisse insignitum dei domum quasi 
signo aliquo, paene coacti sumus domum vocabulum pu- 
tare prave scriptum esse pro donum, ut cognomen evadat 
simile talium qiialia sunt Adeodatas et reliqua ejus ge- 
neris Africana. Restant non minus insolenter dicta traens 
lineam Getarum, pro origiuera ducene a Getis et 
huic pro hoc rudi tumulo jacens". 

Nimmt man zu alledem noch hinzu, dafs dieses be- 
scheidene rudifi tumuluB ganz ungewöhnlich und bei 



altdeuUctie namen lUi Spanien. 



437 



einer so sorgfältig ausgeführten inscbrift doppelt unpassead 
iBt, so sieht man, dafs hier ein ganzes nest von 8cbwierig- 
keiten vorliegt, denen abhülfe gescbaflFt werden mufs. 
Und das scheint mir möglich zu seio, wenn man nur an- 
ders interpungirt und in einem falle zwei wÖrter von Hüh- 
ners lesuDg in eins Kusatnmenziebt. Ich lese also ohne 
oin^ri bncliytaben zu ändern so: 

Sinticio, faniulus dei, 
Cognoinento dei domum, 
Paterno traene linea Getarum 
Huicrudi, tumulo jacens. 

Die bauptsacbe ist, wie man sieht, der neue oame 
Huicrud, den ich auf ein genauer geschriebeneß Wigahrotb 
zurückfahre, d. h. kämpf berühmt. Dieser namc scheint 
mir unbedenklich, denn mit dem ersten theile Wig- be- 
ginnende und mit dem zweiten theile -hroth schliefsende 
namen weist ja unser namenscbatz zahlreich auf, und die 
umgekehrte bildung Hrodwig ist ein ganz gewöhnlicher 
name, den ich nameiib. I, 743 mit zahlreichen beispielen 
belegt habe. Die form Huicrud fällt gar nicht auf; die 
Verstärkung des deutschen anlautenden V ist ja auf west- 
gothischem wie auf westfränkischem und langobardischem 
gebiete ganz gewöhnlich, der vocal der letzten silbe ist 
gleichfalls gäng und gäbe und begegnet z. b. in dem oben 
angeführten Rudisind. Höchstens wäre ich gern das aus- 
lautende i von Huicrud! los, das mir zu altsächsiach aus- 
sieht; es steht auf der inscbrift als kleiner strich in dem. 
vorhergebenden D; ist es vielleicht blofs ein fehler des 
Steins? oder bat der Steinmetz vor tumulo noch die prae- 
positiou in anbringen wollen? oder soll Huicrudi ein auf 
coguomeuto paterno sich beziehender ablativ sein? 

Dieses Huicrud war also ein coguomentum paternum 
(d. h. vom vater oder nach der väter weise gegeben) und 
dieses paternum wird näher erklärt trans linea(m) Ge- 
tarum, d. h. nach der rege! der Gothen, oder nach der 
gen^plogie der Gothen; über die bedeutungsgeschichte von 
linea vgl. Du Cauge. Oder ist liuea hier uageuau filr hu- 



488 



VÖTitetaauu 



gna geschrieben? es ist fflr iiDsero zweck ganz gleicbgOT 
tig, welche dieser deutuiigeQ die richtige ist. DaSa 
trans frQhe seiue alte bedeutung verloren, ist bekannt. 

Der barbarische name lluicrud macht sich aber in 
einer frommen inschrift nicht gut; deshalb wird er vorher 
ins lateinische übersetzt und zwar (etwa nach art des 
bekannten abtes Smaragdus) entweder absichtlich oder un- 
absichtlich falsch übersetzt. Denn Huicrud klang dem 
Westgotben etwa wie ein ulfilaniscbes Veihahrotj veihs 
heilig kann aber recht gut durch deus Übersetzt werden, 
wie es ja im altn. Ve geradezu diesen sinn hat, und hröt 
tectum sehen wir z. b. gleich in der ersten stelle (Matth. 
VIII, 8) ganz in der bedeutung von domus eben so wie 
das griech. artyr)^ das es übersetzt. 

Also kurz gesagt heifst es in der inschrift: Sinticio 
mit dem beinamen gottesbaus, auf gothiscb Huicrud. Un- 
wichtiger ist es zu wissen, ob dieses Sinticio wirklich ein 
griechisches Syntychio oder nicht vielmehr ein gotbiscbes 
Sinthika (vgl. Sindicho namenb. I, 1104) ist, mit eingescho- 
benem i in dem suffLxc wie etwa in den obigen formen 
Quinigia und Quistricia. 

Die zweite zu besprechende inschrift ist n. 97 und 
stanjint aus dem ö. oder 6. Jahrhundert. Sie lautet so: 

RE CES 
FI DI 
QAICO 

Hübner bemerkt dazu: „Descripsi, neque vero intel- 
lexi; nam de reces(8it) non est cogitandum". Doch bald, 
nachdem dieses gedruckt war, ist der herausgeber einen 
grofsen schritt in der deutung weiter gekommen, denn vor- 
rede s. VII erwähnt er schon Recesfidi als gothischen na- 
men. Gothisch wird er nun wol nicht sein; denu die nor- 
disch-sächsische ausstoisung des n vor th kanuten die Go- 
then nicht, aber germanisch ist es sicher, vielleicht euevisch 
oder vandalisch. Sicher liegt hier der bekannte name Rec- 
cisvinth vor, wenn auch hier als name einer unbekannten 
person; das f ist unorganisch wie das zweite von Fafila. 



altdeutsch« namen aus Spaiiien. 



4S9 



Die Inschrift ist mit ganz eigeDthämlicben soost oicbt 
gebräuchlichea verzieriingen umgeben und durchzogen; es 
scheint eine iu die mauer eines bauwerks eiogelassene tafel 
gewesen zu sein, mit ibr zugleich haben sich mehrere zie- 
gel dieses bauwerks gefunden, versehen mit cbristlicheo 
zeichen. 

Was kann nun das wort QAICO sein? als name wäre 
er neu und würde sieb auch zu keiner schon bekannten 
namengruppe fügen. Kein gothischea wort liegt näher als 
vaihjö kämpf. Also etwa „des Keccisvith kämpf. Das 
könnte das älteste deutsche kampfes- und siegesdenkmal 
sein, bis jetzt noch allein stehend, in zukunft vielleicht zu 
seines gleichen gereiht. Auf welchen kämpf mag das 
gehen? Das wagen wir nicht zu vermuthen. Allerdings ist 
dort, wo die inschrift sich befindet (Ossuna zwischen Se- 
villa und Malaga), oder wenigstens nicht weit davon, in 
der nähe des flusses Xenil, um das jähr 440 ein glänzen- 
der sieg des Snevenkönigs Rechila, der mit Reccisvinth 
nahe namenverwaudschafl hat, über den römischen befehls- 
haber Andevotus erfochten; aber wer will darauf unsere 
inschrift bauen? 

Ich komme nun zu einer weit jüngeren, aus dem jähre 
985 herrührenden inschrift (n. 231)< Da lautet die erste 
zeile : 
DEGET HIC : : HYMATVM ILDVAKE CNTSE SCM 

CORPVS 
was Hübner so transscribirt: 
Deget hie humatum — Ilduarec(e)nt6e? sanotum corpus. 

Ich mufs nun meine Überzeugung dahin aussprechen^ 
dafs durch die hiuzuziehung der auf Uduare folgeuden 
buchstabengruppe zu diesem namen ein utimöglicbes na- 
mengebilde geschaöeu wird. Es bandelt sich auch hier 
um eine bekannte person, die Ilduara, mutter des heiligen 
Rudestnd, welche wahrschoinlich a. 94'3 starb. Zugleich 
füge ich hinzu, dafs bereits die Acta sanctorum im ersten 
bände des märz (s. 105 der neuen ausgäbe) diese inschrift 
besprechen; sie lesen Ilduare confessae. Diese leeart 
halte ich nun oicht für die richtige, doch bringt gerade 



Föntemann, altdeutsche namen ana Spanien. 



jene steile der Acta sanctonim auf einen anderen Vor- 
schlag. Dort wird nämlich erzählt, dafs diese Hilduara 
aus asturiBchem königsgeschlecht abstamnie; ihre vorfahren 
werden comitea, sie selbst comitissa genannt. Und die- 
ses wort comitissa, vielleicht ßchou in einer dem spani- 
schen mehr augenäberten form coutissa möchte ich am 
liebsten in jener buchstabengriippe sehen; ich sehe nicht, 
was dem sprachlich oder sachlich entgegenstände. 

Merkwürdiger weise gilt es auch bei der vierten In- 
schrift, das trugbild einer Hilduarensa zu verscheuchen. 
Beide inscbriften bangen in nichts zusammen; jene stammte 
aus dem äufsersten nordwesten Spaniens, diese (n. 92) 
ganz aus dem eüden, jene aus dem zehnten Jahrhundert, 
diese aus dem Jahre 504. Sie steht auf dem an beiden 
selten beschriebenen decksteine eines sarcophags, der anno 
1625 gefunden sein soll. Es lautet dort 
HILDVARENS 
FAMVLA DEI etc. 

Die lesung beruht nur auf der autorität von Bobor- 
quea anales de Moron (1638); ob die inachrift noch Jetzt 
irgendwo vorhanden ist, kann ich aus Hübners mittheilun- 
gen nicht ersehen; ob ihre echtheit so ganz feststeht, mö- 
gen andere entscheiden. Bis auf weiteres möchte ich vor- 
schlagen Hilduarena zu lesen mit jener unorganischen 
aber so häufig vorkommenden durch die schwache decli- 
nation veraniafsten erweiterung. 

Wir bleiben also in beiden inschriften bei dem be- 
kannten alten namen Hildiwara stehen, den ich namenb. 
I, 681 belegt habe; er findet sich unter anderem schon 
a. 523 bei Marini (papiri diplomatici n. 85), wo eine Hil- 
de vara der kirche zu Ravenna eine Schenkung macht. 

Ich Bchliefse mit dem aufrichtigsten danke an berrn 
prof- Hühner für seine wichtigen und gehaltvollen mit- 
theilungen. 
Dresden, den 12. dec. 1871. E. Förstemann. 



Savelaberg, uinbriiche vrortdotltungen. 

Umbrische wortdeutungen. 
1. Vatuva, 

Die vorachrift Vatüva ferine fetu taf. Ia,13,22. Ib, 
3.5, welche oft wiederkehrt und zwar einigemal mit wechaeln- 
den formen, wie vatuvu ferime*} fetu Ib, 25, zwei- 
mal mit feitu la, 4. 111,31, mit neuumbr.pIuraleaduDg o 
in naiuo Via, 57. VIb, 1. 19. 43. VII a, 4, auch mit yer- 
schreibungen vatra statt vatuva 111,31 und. ȧiwe statt 
vatuo VIb, 45, hat sich uns aus Cato de re rusiica eut- 
hüllt. Zur kuchenbereitung, schreibt er c. 7G, soll man 
aus 2 pfund speltgraupen (alica) uod. 4 pfund mehl (farina) 
kräpfel machen (id utrumque tracta facito). Diese werden 
danu mit öl bestrich^ und gebraten (panno oleo uncto 
tangito et circumtergeto unguitoque ubi tracta eruut. Fo- 
cum, ubi coquas, calfacito bene), zuletzt iu den grofsern 
kucben, die unterläge, einzeln eingesetzt (tracta singula in 
totum Bolum . . ponito). Solche tracta, deren vergleichung 
mit den thüriugiBchen kräpfeln von Gefsner herrührt **J, 
heifsen bei den Griechen xanvoitiia, wie Atbenaios III, 
p- 113 D. uns mittbeJIt: xaTXVQtöia xak,QVfiaifa TQcexra. Ka- 
TTVQog aber bedeutet „trocken, gedörrt, torridus, aridus" 
z. b. bei Aristoteles Probl, 21, 3, wo von äXiVQa und al- 
(fita die rede ist, und stammt von y.ctnvEiv „blasen, hau- 
chen", wie man ja wirklich getreide und obst auf darren 
zum trocknen in die luft legte***). Ebenso gibt es im 
aanskrit ein vom begriff „blasen" Lergdeitetes wort für 
„trocken": vä-na^ particip von der wurzel vü „wehen", 
eigentlich also „geblasen, gehaucht", dann „trocken, ein- 
getrocknet", und im neutrum speciell „eingetrocknete 
frucbt". Von derselben wurzel vä, von welcher noch son» 



♦) Der laiilwandel von n in m wird im nächsten bände in «einem 
ganzen umfange nachgewiesen werden. Einstweilen vgl. Bhein. raus. XXVI, 
8. ISO. 131. 

••) Hier in Aachen beatebt ein adj. krapp d. h. „hart gebacken" iu 
der Volkssprache and krUppchere (pl.) „hart in batter gebacliene wcifs- 
brodstttcke von kleinster Würfel forjn" werden in «appen genossen. 

*•*) Tpcwtol ri iwf avxwY iftvn-n^n, not^ä lö nq^aivitv' tjyovi' tönoi;-, 
ir&a jtjgaiintiai* uvia. Hesychios. 



stige clcrivata; skr. vä-ta-e, griech. äfij-Ttjg, lat. und 
goth. nasaliert veii-tu-s und vin-d-s hier zu beachten sind, 
leiten wir das umbrische neulruin va-tu ab, welches ge- 
bildet ist wie lat. ar-tu „gelenk", pltir. ar-tua bei Plauius 
Men. V, 2, 102, tes'tu „irdene scLüssel**, pl. tes-ta (Neue 
I, 359), OS-SU „knochen", pl. os-sua (Neue I, 358), und er- 
klären in der art, wie ar-tu von wz. ar„ fljgen* etwas „ge- 
flDgtes, ein geleok oder glied* bezeichnete, so das von wz. 
va gebildete va-tu als etwas „gehauchtes, durch blasen 
getrücknetes'' und speuiell in den utnbriscben tafeln als 
„getrocknete, hart gcbackene kräpfet". Die in den oben 
citierten stellen so oft wiederholte Vorschrift: vatuva 
ferine fetu bedeutet also: tracta in farina facito.^ Auch 
das lat. tractum scheint nicht sowolil vom verbum trah-ere, 
unter welches es Freund stellt, für welche ableitung es 
aber aufser der blofs scbeinbareo äuJ'sern ähulichkeit an 
allem und jedem antafs fehlt, als vielmehr von einer Wur- 
zel trag „trocknen" zu stammen, von welcher das ge- 
wöhnliche verbum terg-ere „abtrocknen" nur eine Umstel- 
lung sein dürfte, wie sie bei vocalen in Verbindung mit r 
nicht selten ist: crS^vi cre-tum, spre-vi sprc-ttim, strä-vi 
$trä-tum, iri-ni neben cer-no sper-no ster-no ter-ni, repo 
fOr *srepo gegenüber serpo {Corssen, ausspr. 1% 455). Im 
griechischen ist die wurzel rccoy erst kürzlich von Röscher 
in den „Studien" (herausgegeben von G. Curtius) 1,2,115 
in dem mouatsnamen Tagyrjhüi oder (:ia(>Y7]hoc^, den er 
„dörrmonat* (n. jabrb. bd. CI (1870) 8.455) erklärt, ent- 
deckt worden, und daraus die Umstellung TQay als Ober- 
gangsforra z\i xmyui bei IIe.«iychio8 und XQ'iYV »<iörre, 
fruchtreifc " (mit dem häufigen Übergang von a in v, 
G. Curtius grundz." 667) gefolgert worden; endlich gehört 
noch zur verwandten sippe lith. trökss-tu, altnord, thurka 
„1) exsiccare 2) abstergere" und ahd. trukanjan „trocknen". 

2. Fikla. 

Die etymologie und bedeutung von fikla ermitteln 
wir aus folgenden anhaltspuukteu. Von Varro's deutnn- 
gen 1.1, VII, 44: „Liba, quod libaudi causa fiunt> Ficto- 



i 



^ 



umbrische wortdentung«!). 



443 



res dicti a fingendis libia" ist die letztere unzweifelhaft 
richtig. Wenn nnn die kiichenbäcker der priester fictores*) 
eigentlich „bildiier, former" hiefsen, so konnte der opfer- 
kucben ab ihr gebilde oder geformtes gewil's fikia ge- 
nannt werden. Entsprechende ableitungen derselben wür- 
ze! sind im lateinischen ßgura „gebilde, gestalt", ßgulus 
„tü[>fer", figlinum „irdenes gescbirr". Dafs im umbr. fikla 
der auslaut der wurzel fig zu k verhärtet ist, nicht 
blofa im altiimbrischen, wo uns gar kein g begegnet, son- 
dern auch im ueuumbr. ßcla, dieCs thut der vergleichung 
keinen eintrag; denn wie neben der häufigen Schreibung 
Grabovie auf derselben späten tafel Via ein parmal Cra- 
bovie V. 27. 37, neben öiterm angla Via 1. 3. 5. 6 nebet 
angfaf v. 5 auch anclar v. 16 und ancla v. 18 sich findet 
und wie veslicatu VIb, 16. VII a,8. 23. 24. 36 dem lat. vesti- 
gare gegenübersteht, so dürfen wir umbr. fikla oder urepr. 
*fikula mit gleicher Sicherheit dem lat ßgulus gegenüberstel- 
len. Nun erscheint ferner fikla meist in Verbindung mit 
Btru^la, einer art von kuchen, die lat. strues heilst und etwa 
^aufsatz" bedeutet"), nämlich auf taf. IIa, 18. 29.41. Via, 
59. VIb, 4. 23. VII a, 8.42.54, seltener in anderer Verbindung 
auf taf. Via, 56. VIb, 2. 20. 44. 46. Vlla, 4. Bei den Rö- 
mern ist strues immer begleitet von einem ähnlichen ge- 
bäck, fertum oder ferctum , welches bei Paulus exe. Festi 
p. 85 als kuchen erklärt wird: „Perctum genua libi di- 
ctum, quod crebrius ad sacra ferebatur, nee sine strue, 
altero genere libi, quae qui affercbant, struferctarii ap- 
pellabantnr. Cato empfiehlt de re rust. o. 134, 2 vor 
der ernte die strues für Janus, das fertum für Jupiter j 
beim Umgang um den acker 141, 4 strues und fertum zu- 
eammen für Mars, und so sind strues und fertum immer 
verbunden, wie bei Gellius X, 15, 14, in den inscbriften der 
arvalischen bröder bei Gruter p. CXXI, 1 v. 23 struib. 
effertiB für struibus et fertis, und öfter auf den jüngst 



•) Wie wir in inschriften finden fietor pontißcum b. Grnter 270, 6. 
lOBi, 1. Orelli 2281. ßctor virginum Veslaimm b. Gruter 811, 1. 

**) Peatiis p. 310 M.: Strues geoera iiboram sunt, digitorum conjunclo- 
rnm dod dissimilia, qui »nperjecta panieala in IrnnsTersnm contincntur. 



444 



SaveUber^, iimbrigch« wortdeutuagsn. 



•Busgpgrabenen tafeln bei Heozen, Scavi nel bosco sacro 
dei fratelli Arvalj, Koma 1868, striiibus fertisque p. 62 
V. 40 (v.J. 105 n. Chr.), p. 65 a v. 43. b v. 56 (118 n.Chr.), 
p. 70 V. 58. 61 (120 □. Chr.), p. 75 v. 71. 75 (155 n. Chr.), 
struib, effert. für Btruib(us) et fert(is) p. 80 b v. 5 (222 
11. Chr.), und einmal struibas ferctieq. p. 75 v. 60, 
welche Schreibung mit et oben bei Paulus und in Varian- 
ten bei CatO' c. 134 überliefert ist und die ableitung von 
farcire sichert*), sowie die genauere deutung „föllsel" **) 
gestattet. Es liegt alao nichts näher, als die regelmäfsig 
in begleitung von strues oder umbr. strupla vorkommen- 
den kucben, l&t. ferta und umbr. fikla, der sache nach 
einander gleichzustellen, wiewohl sie eich im namen so 
unterscheiden, dafs fertum von der innern anfQltung und 
fikla von der äufsern gestaltung oder dem kneten aus teig 
benannt ist. 

Savelsberg. 



Einige versteckte ausläiifer der indogermaa^ 
sehen wurzel bliä „glänzen". 



MO' 



In den mir zu geböte stehenden sprachwissenschaft- 
lichen werken scheint Überall eine europäische wurzel albb 
in der bedeutung „weii's sein, glänzen" vorausgesetzt zu 
werden. Für mich hat es sich jetzt mit hülfe des slavo- 
litauischen erwiesen, dafs jene vermeintliche wurzel albh 
auf die indogermanische bhä oder auf die von letzterer 
ausgehende bhal reduciert werden mufs. 



*) A. K. I, 32 wollten auch umbr. fikla zugleich mit X&t.ferctum «uf 
dieselbe wurzel farc zurüekfilliren, indem sie ohne Zweifel die gleiche bedeu- 
tung ahnten, doch sind sie apftter weßen der formellen Schwierigkeiten davon 
abge^'atigen und haben ca II, 175 roil ßotla versucht, dessen bedeutung , feige* 
jedoch nicht weiter hilft, endlich II, 106 erklitrtA.es doch aus ri(r)k-ttla 
von WZ. ferk, was jetzt einer liosonderen Widerlegung nieht mehr bedarf. 

**) Theils wegen der beschrcibung des ähnlichen libnm, welches nach 
Cato T. r. 7G ein aus kilso, meM und ei bereiteter kucben war, theila weil 
farcire speciell „vollstopfen, anflllleii " bedeutet, namentlich von wUrsten 
botetli, wie bei Apic. IT, 3, und so wirklich Persius sat. II, 48 von opino 
ferlo „fettem fallsal" spricht. 



SchtSnberg, einige ventecktp au»lHnfer iler indogenn. wnrzpl bbä, 445 

Meine ansieht basiert, wie man sofort ersiebt, auf 
metathesis, deren grofses gebiet ia den indogermaniscbeu 
spracben wohl noch viel zu wenig beachtet ist. Was die 
einzelnen sprachen anbetrifil, so haben die meister in den- 
selben aach auf diesem gebiete viel gesammelt, aber eine 
genügende vergleichende behandlang dieser erscheinung in 
allen indogermanischen sprachen fehlt meines wisscna noch 
immer, obgleich eine solche gewifs glänzende resuUate er- 
geben müfste. 

Die wechselnde Stellung der laute biliteraler wurzeln 
ist jetzt schon in fällen wie skr. a^-uian-, lit. ak-men-, slav. 
ka-meni-, lat. ar-mus, got. ar-ms, slav. ra-m^ (aber niss. 
armjakü), skr. ar-ja-, slav. raj sicher anerkannt, wiewohl 
auch die Identität der wurzeln von skr, alpa- alpaka- ge- 
ring, schwach neben griecb. ?.anaQQ-^, ^ctTtäatfco, skr. atga- 
nebeu }Mywv die weichen, lat. arca neben slav- raka oder 
der Wurzel skr, rabb neben ulrp von vergleichenden Sprach- 
forschern nicht geleugnet wird. Aber viel weiter geht der 
kritische Sprachforscher nicht, insofern gewifs mit recht, 
als die gefahr zu irren sehr grofs ist, da die die sprachen 
bei der Umstellung leitenden gründe noch zu wenig aufge- 
hellt sind. Indessen liegen doch in jeder spräche solche 
thatsachen vor, die zum vorsicbtigen weitergehen auflbr- 
dem, und das darf man auch jetzt schon behaupten, dafs 
in vielen sprachen r und 1 aus physiologischen gründen 
zur metathesis neigen und gern die dem jedesmaligen sprach- 
idiom bequemere Stellung sich aussuchen. Vgl. Leo Meyer 
vergl. gramm. I, 270. 

Natürlich ist das gebiet der metathesis in den neue- 
ren sprachen gröfser als in den alten, unter ersteren aber 
am grflfsten, wie es mir scheint, im slavischen. Hier weist 
die metathesis die verschiedensten combinationen in der 
aufeinanderfolge mehrerer laute eines wortes auf. 

Schon aus dem altbulgarischen fftbrt Miklosich, aus 
dessen vergl, lautlebre der slav, sprachen ich viele der fol- 
genden beispjele citiere, die sonderbarsten Umstellungen 
an. Hier seien genannt: gomyla neben mogyla grab, ko- 
priva neben kropiva nessel, dvirinii neben dlvriinü zur thür 



446 



ScliSnberg 



gehörig. Aua dem grolsrussisclien verdienen beachtung 
uinstellungen wie nadobiti-sja nöthig haben (impers.) ne- 
ben su-aiabditi-sja sich mit dem nöthigen versehen, die 
beide abieitungen von altbulg, doba opportunitas sind, vse 
nom. plür, neben dialecÜHchem svi alle, zmurili und mzu- 
riti die augeobrauen zusammeudriickeDf kablucokü neben 
klobucokü absatz; ferner die interessante Umstellung von 
doloni (altbulg. dlatiT) in ladonT flache haud und schliels- 
lich das auch im kleinrussiscbeu vorhaudene vedmid, grofs- 
ruM, medvedi neben vcdmedi bar, eigentlich „honigesser*. 
Letztere Umstellung zweier silben ist auch schon dadurch 
interessant, dalk hier sicherlich Volksetymologie mitwirkte, 
indem das volk, dem die etymologie des zweiten theiles 
von medvedii nicht mehr ganz klar war, das berüchtigte 
gehlste des baren durch das verbum vedati (vgl. auch ot- 
vedati koäten), gleichsam mit der spräche spielend, sich 
verdeutlichen wollte. 

Aua dem kleinrussischen seien angefiihrt: tverezyj ne- 
ben altb. trezvu nüchtern und die auch im serbischen ge- 
bräuchliche Umstellung von monastyri in namastyrl kloster. 
Zum Schlüsse nenne ich noch das sonderbar verdrehte nen- 
ßlov. smejn neben senjem senem (wz, im und praepos. sü) 
Versammlung und verweise den, dem das angeführte noch 
nicht genügt, auf Miklosich vgl. lautlehre s. 296, 339, 444 
482, 499, 519. 

Ein weitreichendes walten der metathesis in den sla- 
vischen sprachen ist demnach einleuchtend. Andererseits 
zeigt aber auch das slav. rabü, rabota nebst abieitungen 
gegenüber dem deutschen arbeit und griech. ähfävEir, dafs 
das slavische die in eiaigen sprachen vorhandene Umstel- 
lung vermied. So hat auch das slavo -litauische die ur- 
sprüngliche Stellung der wurzellaute gewahrt in folgenden 
von der wurzel bhä oder bhal ausgehenden Wörtern: altb. 
bclQ beleti bcITmo, lett. bäls, lit. bäl-ti bal-tas bal-timas 
gegenüber den nach meiner Überzeugung umgestellten lat. 
alb-us (umbr. alfu, sabin. alpus) albäre albugo, griech. ak- 
(pog, ahd. albiz, altn, alt't, ags. älfet scbwan. Auch im 



•Inlge venteckte tiialBarer der indogerm. wurzpl bbfi. 



447 



griechischen und germaniachen blieb die urBprüogliche Btel- 
lung der laute in rpaXö>i r^aXw^ tfahigöii, im composituui 
(f,a},a-X{i6^ y wohl auch in tfct'Aan'a neben slav. beiuga der 
hausen uud in altn. bäl bxl flamme, skr. bb&la-s glänz. 
(Vergl. Curtius grundz. no. 407). Ebenso finde ich aber 
auch nmstellung der sonst im slavischen gewahrten Ord- 
nung der wurzellaute und zwar eine bemerkenswerthe, der 
von doloni in ladonT, von monastyri in uamastyri etc. ent- 
sprechende Umstellung in ruas. lebeda gegenüber lit. balaüda 
atriplex, melde (für beide? ) und in ksl. JebedT, polu. lab<jdz 
schwan gegenüber lit. balandis, lett. balud taube. Die 
verschiedene bedeutung letztgenaoater, bei angenommener 
Umstellung sich formell genau deckender Wörter poln. 
tab(;dz und lit. balandi-s löst sich aber völlig auf, sobald 
wir erwägen, wie oft überhaupt die ursprünglich einem 
bestimmten thiere gegebenen nameu später auf ein anderes 
übertragen werden, und wie gerade in diesem falle die 
Litauer das wohl indogerra. wort für taube ksl. gohjbi als 
gulbe für den schwan gebrauchen. (Vgl. auch lat. columba, 
welches im griech. xoXvfißoq die tauchcrcnte bezeichnet.) 
Ob aus dieser namenvertauscbung auch Schlüsse für die 
Urgeschichte und die Wechselwirkungen der Slaven und 
Litauer sich Kiehen lassen, mag ein so tüchtiger forscher 
wie Victor Hehn entscheiden. 

Die aufTSndung jener, wohl unbestreitbaren gleichun- 
gen balandi-s = Jab^dsi, balanda = lebeda brachte mich 
vor allem andern zur identitälserklarung der wurzeln albh 
und bhal. Und in der tbat dürfte diese Identität, wenn 
wir das nebeneinandergehen von formen einer spräche wie 
eftt?.6^ und ithfüg oder von alf't und bal, uud von formen 
verschiedener sprachen wie albus neben belü bälas nebst 
ihren oft genau stimmenden ableitungeu näher betrachten, 
ferner bedenken, dai's eine der allgemeiu angenommenen 
Umstellung von wz. rabh in arbh analoge Umstellung von 
WZ. bhal die uubequeme gruppe abl ergeben hätte, — schon 
durch die gleich ungen balandi-s = lab^dz = albiz zur 
gewifshcit erhoben sein. Zum Schlüsse stelle ich hier noch 



448 



Zeyft 



zusammen die freilich oichts beweisenden flufeDamen Belaja 
■ihfetoi^ und Albis. 

Tagaurog, den 14. november 1871. 

G. Sohönberg. 



Erörterungen aus dem gebiete der italischen 

sprachen. 

1. Deber sons. 

Sont- hat Aufrecht in d. zeitscbr. bd. VIII, p. 71 — 74 
ftir einen participialstamm erklärt, der aus ksont- eat- 
standen sei, welches auf den griechischen participialstamm 
xravT- von der wurzel /.rn zurückgehe, weswegen er als 
ursprüngliche bedeutung desselben ^ zerstörend, tödtend" 
angenommen hat. Diese erklärung hat Corssen in den kri- 
tisctien beitragen zur latein. forraenlehre p. 33 — 34 mit 
recht deshalb zurückgewiesen, weil es erstens nicht erweis- 
lich ist, dafa ursprQngL kt sich im lateinischen im anlaut 
zu ka gestaltet habe, und weil zweitens für die behaap* 
tung, dafa im lateinischen von der anlautgruppe es das 
das c geschwunden und nur s iSbrig geblieben sei, äaa 
von Aufrecht angeführte lat, sex im vergleich mit dem 
zendiachen zahlwort der sechszahl kbsvas keinen sicheren 
beweis gibt. Richtig hat dagegen, wie es auch Corssen 
a. a. 0. gebilligt hat, Lottner in d. zeitschr. bd. VII, p. 188 
sont- mit dem ahd. siinta, nhd. sönde, zusammenge- 
stellt. Diesem vergleich füge ich noch das altpreufsische 
wort für strafe hinzu, dessen nom. sunde lautet, wie der 
acc. suüdan und sundin und der gen. sundis. S. Nes- 
selmann in der altprenfs. monatsschriffc bd- VIT. 1870. 
p. 319. Beide Wörter, jenes deutsche und dieses altpreu- 
fsische, stimmen in form und bedeutung auf's beste zu 
dem lateinischen sons, schuldig, strafbar*). 



*) ülemma neueste nntertacbliiigen Über aons (Ccrtias Studien III, 338 fT.) 
scheinen dem berrn verf. bei abfiusiuig seiner bemerkuiigen noch nk-bt zu- 
g&nglich gewesen za sein. Vgl. auch Fick in dieser Zeitschrift XX, 867 AT. 
Ann), d. red. 



eraiig«D ana dem t;obiete der ital. sprachen. 



449 



2. Ueber iuterpres. 

Interpres gehört zu denjenigen Wörtern, welche die 
Älteren und neueren etymologen auf die verschiedenste 
weise ?M erklären versucht haben. Während bei dem 
7,weiteD theil dieses wortes einige, wie schon Isidor. Origin. 
X, 123, an pars dachten, stellten ihn andere mit pre- 
tium, wie in neuerer xeit noch Pott etym. foraeh. th. T, 
p. 206, oder mit 7ii-n (td-cxw, npctCig, und mit 7i{» cea^ro , 
wie zuletzt noch Schweizer -Sidler in d. zeitschr. bd. XI, 
p. 76, andere mit parare und wieder andere mit praes 
«usainmen. W. Kellner meint sogar in Herrigs archiv 
filr das Studium der neueren sprachen und literaturen 1871, 
bd. XLVin, p. 14S, indem er mehreres unvereinbare auf 
einen gemeinsamen wortstanim mit dem begriff b rausen 
zuriickftihrt, dais auf diesen auch der stamm pret in iu- 
terpretari zurückgehe. Ich enthalte mich jedes worte.'» 
ober diese irrigen, meistens von G. I. Vossius im Etymo- 
logie, ling. lat. p. IBü näher dargelegten ableitungen. 

Der zweite theil von inter-pre{t)-a ist vielmehr, wie 
von Curtius in d. zeitschr. bd. IV, p. 2.37 und grundz. der 
griecb. etymol. p. 624. 3. aufl. gezeigt worden ist, dem 
Corssen über ausspr., vokalism. und beton. 2. ausg. bd. II, 
p. 409 mit recht beistimmt, mit dem lit. prant-ü (merke), 
prot-as (einsieht, verstand), die auf die wurzel prat zu- 
rückgehen, und den entsprechenden gotb. fratb-j-an (ver- 
stehea), fr atb-i (verstand), frod-a (klug), frod-ei (klug- 
heit) zusammenzustellen. Noch deutlicher wird dies, wenn 
wir i nter-pre(t)s nicht blofs mit dieser ItLauiscben und 
zugleich lettischen wurzel prat (vergl. lett. prohtu, ver- 
stehe, indem lett. oh == ursprüngl, an ist), sondern auch 
mit der entsprechenden altpreufsischen wurzel pret (ver- 
Htebeu) vergleichen. S. über diese Nesselmann forschun- 

.gen auf dem gebiete der preuieischen spräche. 2ter beitrag 

[in der altprcufs. monatsschrift bd. VUI. 1871, p. 77 — 78. 

[Sehr fraglich ist es dagegen, ob mit jenem litauischen 
prat und lat. pret das gricch. (fgaä (in (f(}(tL.ü}), wie Cnr- 

'tius grundzQge d. griech. etymol. a. a. o., Wackernagel und 

ZeiUchr. f. vergl. pprachf. XX. 6. 2i^ 



450 



Zeyf» 



Leo Moyer vcrgl. gramni. bd. I wollen, identisch sei. Dies 
aber stellt nach dem vorhergehenden fest, dafa intor- 
-pres eigentlich denjenigen bedeutet, welcher zwischen 
zweien das verständnifs über irgend eine sachc ver- 
mittelt. 



3. Ueber viilpes. 

Vergleichen wir griech. äkamj'^, dkunsxoii sowohl 
mit ä?.oi7i6g {bei Hesych. ccImtius äkwmxcüStjg^ ncevovp- 
jo?) und (<Xwnd (bei Hesych. äXotTzci i) ff7.w'nj/|), ala 
mit dem lit. und altpreiifs. Iäp6 und lett. lapfsa, eo er- 
gibt sich, dafs « prothetiach, '/.tun die etammsilbe und ex 
Suffix ist: vgl. Curtiiis grundz. der griech. elyniol. 3. anfl. 
p. 334. Dafs nun mit diesem griech. älünr/^^ dem Ht. 
und altpreuls. liipe und dem lett. lapfsa das gleichbedeu- 
tende lat. vulpes dasselbe wort ist, geht wohl deutlich 
aus der gleichheit der coiisonauten der Stammsilbe 1 und p 
hervor. Dennoch haben dieses mehrere gelehrte geleug- 
net, indem sie vielmehr, was allerdings an und für sich 
ungeachtet der Verschiedenheit der bedeutuug möglich 
wäre, mehr oder weniger bestimmt vulpea für dasselbe 
wort mit dem nhd. wolf erklären oder doch beide Wörter 
auf dieselbe würze! zurückfiihren, wie Pott etymol. forsch. 
I. th. p. 149 — 150 und 258, Förstcmann in d. zeitschr. 
bd. I, p. 494, Lottner iti d. zeitschr. bd. VII, p. J75. Al- 
lein so nahe auch diese Wörter einander zu stehen schei- 
nen, 80 sind sie doch in der Wirklichkeit von einander ver- 
schieden. Die indogermanischen Wörter fßr wolf nämlich, 
skr. vrka-9, kslav. vlükii und vülkii, griech. Ai'zo-^,-, 
lat lupu-8 und zend. vehrka, altn. vargr, lit. vilka-s, 
goth. vulf-8, gehen auf eine grundform vraka-s oder 
varka-s zurück, deren wurzel sich im sanskrit in der 
form vrapü (lacerare) zeigt. Hier ist iu der kslav., gr., 
lat., lit. und goth. wortform das r in 1 und noch überdies 
in der lat. und goth. die gutUiralis in die labialis flberge- 
gangen, sowie in der griech. und lat. das anlautende v 
geschwunden. Vgl. Curtius grnndzüge der gr. etyraologie 



Sranf^^Sn^^ETete der italischen sprachen. 



451 



3- aufl. p. 153. Dagegen erscheint in dem lat. vulpes, 
wenn wir es mit den oben angeführten ihm entsprechen- 
den Wörtern vergleichen, der hinter dem anlautenden I ste- 
llende lange vokal als kurzer vor dasselbe gesetzt, wie in 
pulmo, verglichen mit nkiVftoiVy der attischen form für 
Tti'iiitKaVy der hinter dem inlautenden 1 stehende diph- 
thong als einfacher kurzer vokal vor dasselbe gestellt. Ein 
ähnliches verhältnifa findet zwischen diilcis, scaipo, 
sculpo und yXvxvg, yXdrpWy yXvrpto statt. Vgl. Diet- 
rich de litterarum in lingna latina transpositione p. 15. 
Dafs aber der in vulpes und pulmo vor dem 1 stehendo 
vokal gerade u ist, hat seinen grund in dem dem u ähn- 
lichen vokalischen beiklang, den das volltönende lateinische 
1 hatte, in folge dessen es einen vorhergehenden kurzen 
vokal sich zu u assimilirte. Vergl. Dietrich de vocalibus 
latinis subiecta liüera 1 affectia. p. 28 ff. und Corasen über 
ausspr. , vokalism. und betonung der lat. spräche 2, ausg, 
bd. I, p. 220. bd. II, p. 138 flF. Das vor dem u aber in 
vulpes stehende v zeigt, dafs in dem griech., lett., lit. 
und altpreufs. worle anlautendes v abgefallen it>t, Vergl. 
Curtius grund/.tige der griech. etymologie 3. aufl. p. 334. 
Wir werden daher als grundforra der Stammsilbe vlap 
oder valp annehmen müssen. Eine stütze findet diese an- 
nähme in dem entsprechenden albanesischen namen des 
fuchses (iE^Jisü K, insofern, wie in italo-alb. binnto = lat. 
vespera, für anlautendes lat. v das atbanesisebe d bietet. 
S. Stier in d. zeitschr. bd. XI, p. 143—144. Dunkel bleibt 
indessen die wurzel dieses Wortes. Kaum erwähnenswerth 
ist die erklärung der alten, die volpea für ein aus vo- 
lupes entstandenes compositum hielten, mit welchem der 
fuchs benannt wäre entweder, qiiod volare! pedibus 
(Varr. de ling. lat. V, 20, 101. Quint. I, 6. Caper de ver- 
bia dnbiis), oder quod volubilis esset pedibus (leider. 
Origin. XII, 2, 29), aber ebenso wenig annehmbar ist Potts 
(etym. forsch, th. I, p. 258) vergleichung von griech. «Aw- 
n?;| mit skr. löpäpa-a (aasfresser), worüber s. Curtius 
a. a. o. p, 334, und dessen ableitung des lat. vulpes (ety- 
niolog. forsch, th. I, p. 149 und 258; th. II, p. 485) von 

29* 



152 



V. Knumer 



der akr. [irappos. inseparab. vi iiud der wurzpl lup (sein» 
dcre), wonach es animal rapax bedeute. 

Zeyle. 



Zur beseitigung von mifsverstäudnissen. 

Weun ich mir einige bemerkungen zii der anzeige, 
die das vorige heft d. zeitschr. Ober meine gesehichte der 
germaii. pliilologie gebracht hat, «« mHchpii erlaube, so ge- 
schiebt dies nicht, um mich zu beschweren, sondern um 
mich wo möglich mit meinem wohlwollenden hrn. recen- 
Beuten zu verständigen. Derselbe nimmt anstoi's au der 
art, wie ich in meinem hnche Goethe und Schiller bespreche. 
Ich mnfa aber hier vor allem bemerken, dafe mir nicht 
von fern in den sinn kommt, die unermcfslichen Verdienste 
Sowohl Schillers als Goethes um die geistige wiederanf- 
ricbtung unseres Volkes längnen oder verkleinern zu wol- 
len. Wer das, was ich an verschiedenen stellen meines 
buches über Goethe sage, unbefangen liest, der wird leicht 
erkennen, dafs hier ein begeisterter Verehrer des grofsen 
dichtere spricht, der eben als solcher die vorübergehende 
abwendung des herrlichen raannes von unseren vaterländi- 
schen dingen beklagt. — Was Schiller betrifit, so nimmt 
mein hr. recensent nicht sowohl an dem austoi's, was ich 
sage, als daran, dafs ich nicht mehr von Schiller sage. 
Dies unrecht scheint ihm um so gröfser, als ich dann viel 
zu ausführlich, wie er meint, von den romantikern spreche, 
die doch nicht entfernt mit Schiller zu vorgleichen seien. 
Hier aber läfst der hr. recensent ganz aul'ser acht, dals 
ich nicht die geschieht© der deutschen literatur, sondern 
die der germanischen philologie schreibe. Ich be- 
spreche die romantiker nicht als dichter, auch nicht als 
theoretische ästhetiker, sondern als mitgrönder der germa- 
nischen philologie, als die immittelbaren Vorläufer Jaknb 
Grimms. Wie es nun sehr abgeschmackt sein wOrde, die 
dichtungen A. W. Schlegels über die Schillers zu setzen. 



zur beMitigang von mifsveretändiiisBen. 

80 würde es aiKliersehs gpgen JJe historische Wahrheit 
verBtiiiseu, wenn joiiiivmJ behau[)t«ii wollte, Schiller halte 
sieb eingehciuJoi- mit dem Nibclungeiified beschfiftigt als 
A. W. Schlegel. Davou aber, in wie lern Schiller aui' dem 
gebiet der germoniacben pbilolugie thätig gewesen ist, 
handelt sieb''s in einer geschichtc dieser Wissenschaft. Dai's 
Schiller wegen seiner grofBartigen wirkung auf die ganze 
deiitsijhc geistesbilduijg und insbesondre auf unste fistbcti- 
schen ansichten aunh in einer gcscbicbte der geruKUiischen 
pbilologio gewürdigt werden sollte, ist richtig, und ich 
hatte aueb in jueiiien entwürfen eine ausführlichere besprc- 
cbung Scbillei-8 beabsichtigt. Als ich aber haud au's werk 
legte, wollte es mir scheinen, als wenn das, was ich hier 
zu sagen hatte, nicht sowohl in die geschiL'hte der ger- 
inauiscben philulogie als in die der ästhetik und der deut- 
schen litenUur gehörte. Ich beschlofa deshalb, mich hier 
mit einigen atidputiingen zu begnügen und meine vorarbei- 
ten zur darstullung Schillers fflr eine besondere abhand- 
lung zurOckzulcgeu. Ich hätte dies nicht thun sollen, 
Denn Schiller fordert auch in einer geschiehte der germa- 
uischen philologie eine eingehendere besprechiing. In so- 
fern also erkenne ich den tadel ujeiues verehrten hro. rc- 
censenteu als begründet an, Wenn derselbe aber in mei- 
uein verfahren die „abweuduug der rouiantiker von Schil- 
ler" wittert, so verkennt er mich gänzlich. Hätte ich mich 
auch sonst nirgends über Schiller geäufsert, so würde 
schon das wenige, was ich in dem vorliegenden buche 
(s. 2Ü2. '25);i. ÖBOfg.) über ihn sage, genügen, um jeden un- 
befangenen leser vom gegentheil dessen zu überzeugen, 
was der br. receosent bei mir voraussetzt. 

Haben wir es im bisherigen nur mit vereinzelten eiu- 
wendungen zu thun, so komnieu wir jetzt an einen schwer 
wiegenden Vorwurf, den der hr. recensent meiner ganKen 
darstcllnng macht. Er meint nämlich, ich führe den lescr 
nur flVoa einer studierstube in die andere". Die germa- 
nische philotogie „habe aber noth wendig einten ganz engen 
zusammeuhang mit dem pulitiscbeu leben der Völker", da 
sie ^dte beschäftigung mit den heimischen, den vaterlän- 



454 



V. Rautner, zur büseitigung von »liriiYersUlDdnissen. 



dischen dingen" sei. „Dieser gewaltige hintergrund, von 
dem auf die eiozeliien gelebrteu ein ganz anderes liebt 
strahlt, ist zwar nicht ganz ribergangen, sagt der hr. re- 
censerit, andeutiiDgen finden sich, aber sie sind vereinzelt 
lind stellen das ganze nicht als ganzes nnd also nicht für 
den unkiindtgen dentlieli und lebendig dar." Ich gestehe, 
unter allen denkbaren vorwürfen, die man meinem bach 
hätte machen können, habe icli diesen am wenigsten er- 
wartet. Auf den gerade entgegengesetzten hatte ich mich 
gefafst gomaoht, dafs ich nämlich zu viel Patriotismus und 
politik in die geschichte der Wissenschaft mische. Meine 
neigung zog mich ohnehin nach dieser aeite. Aber da 
mir die gesohichte einer Wissenschaft anvertraut war, 
hielt ich es für pflicht, meiner neigung den zügel nicht 
scbiefsen zu lassen. Ich huldige nämlich noch der altvä« 
teriscben ansieht, dafs man in einer geschichte der germa- 
nischen philoIogie vor allein die geschichte der germani- 
schen philologie zu suchen hat. leb glaube auch, dafs 
dies mafshalteu meinem werke vortheil gebracht hat. Denn 
jeder rechte leser will, dafs seinem eigenen nachdenken 
auch einiges überlassen bleibe. Dafs aber irgend ein leser 
meines bucbea die vaterländischen gedanken, die dasselbe 
vom ersten blatte bis zum fetzten durchziehen, nicht be- 
merkt oder nicht verstanden haben sollte, das kann und 
will ich Dicht glauben. 

Erlangen, am 14. märz 1872. 

Rudolf von Räumer. 



FIcchia, Giovaaui, Di bIcuiid t'oTnm de' nomi lucali dcU' Italia supe- 
riore. Dieaertazio-ne linguiEitirit. Torino, ErtnaDuo Löscher 1&71. Eatr. 
daJIe MenKirie della Reale Acckdemi« delle Scienze di Torino. 4. 
pp. 101. 

In der ortsnamenforscbnngj soweit sie romanisches ge- 
biet betriflft, ist für Frankreich, die Schweiz und Tirol 
schon beträchtliches geleistet worden. Aber erst die vor^ 
liegende schrift macht Ortsnamen Italiens zum gegen- 



atiJ einer wirklicli wisseuscLaftticbcn iinteisi _ 

den beneonunsPn der oberitalicnischen ortBchaften wer- 
deu die vier bemerkenswertliestcn licrauBgcgriflen, näm- 
lich die auf -ago, die auf -asco, die auf -ate, uüd die 
auf -engo, von denea jede eiuer audereu spräche augebört. 
1) venez. -ago, friaul, -ä, lomb. -ag, -ac, piem. -e, in 
der schriftsprafhe -aceo, -ago, -^, lat. -acum (aucli 
weiblicb -iiga, -aca, da diese; formen eigeutlicib adjektiv;i 
zu fundus, villa, praedinm u. s. w. sind) ist keltisch. 
Es bildet, von den rein kcllisclien nanien abgesehen, ablei- 
tungcu aus römischen gentilnamen, z. b, Lisignago ^ 
liiuiuiauuni, ausnahmsweise aus götternameß, z. b. Mer- 
curago ^ Mercuriacum (vgl. Mogontiaeum). Neben 
-ago (-acco) besteht nach Flechia s. M eine nebenform 
-igo (-icco), z. b. Marcignago und Marcenigo, 
Mornago und Mornigo. Allein hier ist i nicht aus a 
entstanden; es ist abzutheilen -n-ago und -ni-go : Mar- 
cin(i)-acum und Marcini-(a)eum, Mauri n (i)-acuui 
und Maurini-(a)oum. DicBelben namen lauten franzö- 
sisch Maroennay und Marcigny, Mornay und Mor- 
goy. Aber hier ist y = e ^ ai (unter vorwärts wirken- 
dem jotazistisubcu eiuÜuiä); dort scheint i = ia = ia zu 
sein. Wir nchmeu nicht den geringsten anstand Busuagu 
(8.21) auf Biisone zurückzufübreu, da auch B osonasco, 
BosnaBCO und Busonengo vorkommeu und -iacus 
(denu i verscbniilxt mit der endung) an gexmanisohen stüin- 
meu urkundlich bezeugt ist (z, b. aus Lothringen finis 
Dodouiaga, Kagiubertiaca). Weit eher erregt Pes- 
lago = Pisoniaeum (a. 50) unser bedenken; denn 1 in 
Ottole ngo, Ugoliuo und so vieku andern ist aus n 
durch dissimilation (neben n ixud ni) hervorgegangen. Das 
gleiche gilt von Boaolasco (a, 60). 2) -asco (-asca) 
ist wahrscheinlich tiguriscb; merkwürdig nur seine weite 
Verbreitung, an welcher doch das germ. -isk nur gerin- 
gen aatheil haben kann. Vgl. z, b. aua Graubönden: Va! 
Susasca (bei Süss), urk. Erasca ^ Araschgen, Tu- 
milasoa (vom orte Tomils) = Domleachg, Tuverasca; 
aus Vorarlberg; die bergnamen Nenzen gast (bei Nen- 



456 



Scbucbardt, anzeige. 



ziag) und Laiiüeagast, iirk. (!). jabrb.) via Gisin- 
gasca (vou Gisingeu). Diese eDÜung trilt nicht uiir an 
persoiiennameti, sondern auch au pflanzennamon (/. b. Pi- 
uasco) und an andere ortenamcn, allgemeine (z. h. Cam- 
paeco), wie besondere (z. l». BorgamaBco). 3) -ate, 
italianisirt ans lonib. -at, -a = lat. -atnni. Die form 
-ato findet sieb für breseianische Ortsnamen, wie Bor- 
nato (im novaresischen Bornate) und aurserhalb der 
Lombardei, z. b. Soverato (im ncapol.). Meistens aber 
entsprechen diesem lomb. -ute, iuBofern es die natürliche 
heschafienheit eines ortes andeutet (denn es bezeichnet zum 
grolsen theil den persönlichen besitz), die gemeinromanischeu 
-etum und -ariae. In Caravate (im comask.J und im 
niail. caravee, steinhaiife, gemäuer uimint Flechia (8.81) 
carav a)a identisch mit lomb. churw. tiroh crap. Aber 
überall, wo wir dieses wort antreffen, zeigt es p, nicht b, 
noch V. Vielmehr stammt carav vom kelt. car, das nicht 
nur in alten, soudera auch in vielen neueren Ortsnamen 
erscheint, z. b. fr. Caralbe, Quercize, Chpyrouse 
11. B. w. neben l*eyrealbe, Pierre-Scise, Uochouse 
n. s.w. (wenn auch in einigen an quadrum, quadra, pr. 
caire gedacht werden kann, woher Flechia den Ortsnamen 
Carate leitet). Die kelt. ableitungssilbe av ( Zeul's Gr.* 
783. 831 fg. ) ist gerade in Ortsnamen des benachbarten 
Rätiens nicht uuhäufig (vergl. Cal-av eiia, iirk, Scan- 
-av-a, Tal-av-erna, Vicin-av-es). Als appeliativum 
lautet carav im comaskischen garov oder gärof, stein- 
baufe; davon veltlin. garaviua, absturz, steingeröll (vgl. 
comask. sgarotii-B, einstürzen, herabroUen, von gemäuer 
nnd geetein). 4)-engo (-enga) gleich deutschem -iug, 
-ingen (bis nach Toskana hinein), meist an germanischen 
pereonennauien (doch auch Giordanengo, Pedrengo). 
Zu den gleichiingeu zwischen eis- und transalpinischen Orts- 
namen lassen sich noch einige hinznfßgen, wie Ghisla- 
rengo = Geisselhöring, Marengo = Mebring, 
Rodengo = Koding, — Möchte der verf., der nur ge- 
legentlich nach Mittel- und Söditalien hitid bergreift, von 
hier den stoff zu gleich gründlichen und iutercssanteu ar- 
beiten eutuebmeu. 

H. Schuebardt. 



I. Sachregister. 



Abfall fincfl antnatenden vocnls ror j 
r im iBteiiiiscIicn and nltnordiechen 
10; tiincs antaiitundün n iinil m 
der dUsimilatian halber 50 ; des 
aDslantenden b itRlischer praeposi- 
tioneii bei enklilischer aiilebnung 
an das folgende wort 88. 89. 

Aorist auf -S^y 359 f. 

Aasiin ilatiun im deutschen 401; 
nothwt-mligß ftsaimiUtion 402 A. 
dea an1aut9 aufeinander folgender 
hilbra S-10. 

Ausfüil der einen von zwei auf cin- 
aifllcr folgenden gleichen süLen in 
vedischeu verbalformen 71, im la- 
teinischen 79. SO ; eine« conaonan- 
tcn vor einem andern 402. 

Causale bedeutung curop. vcrba ih- 
ren arischen verwandten gegenüber 
83. 

Comparation dar adj. 842. 

Composita, deren erstes glied «ine 
pTftepoaition ist, im Iateims.chen 49. 

Conaonanten: üebcrgang von c in 
g im lat. 9. 166, von b in g im 
vulgärlat. 340, von n in 1 43— 6l>, 
von teiiuia in media im griech. 60, 
von p in b im neaumbr. 83. 65, 
von V in f im lat. 15 — 28 (im 
romanischen 22, im iri&chen 23), 
in m 174. r und I in den europ, 
sprachen 30. Labiale im griech. =: 
gutturalen im lat. 32. Entwicklung 
von k aus vocalea im rublaer und 
siebeubUrgiBchen dialect 73. d und 
t vorgeschlngen in dent«cIiQn pro- 
nominalformen 195. 

Con'sonantengruppen. ru (lu) 
für VBr in den indogermanischen 
sprachen, durch die mittelstufo *vrii 
(*vla) zu erlilären, 9 (1. ; im spc- 
ciollen nach einem andern coni^o- 
nanten 4. 6. abfall von anlauten- 
dem c vor r schon in der Rnind- 



spracbe & ; ausfall von g vor d im 
latiitniechen 12 ; auafall von x oder 
abachwttcbuiig desselbeu zu s in 
italischen cviisonantengruppen 14; 
ausfall von tt , if zwischen n und 
ji im griechischen 18; von p zwi- 
Kchen r und m im lateinischen 18 ; 
lat. f nua der gruppe sv ciitatanden 
23 ; genetiscbes verh&ltnia der con- 
Bonantengruppeu griech. o-.t, if, n-r, 
y*; lat. st; skr. kS 87f. cf. 89. 40; 
abfall von unlantendeni u vor ip 
89.43 (speciell Inkonisch rc, = ge- 
meingriecli. i^ aa^ sp S9); a wirkt 
auf folgendes n aepirirend 89; a 
folgendes c zu ir verhärtend 43; 
ausfall von r vor st im lateinischen 
79; tibergang von tl in cl 138 f.; 
von tr, dr in er, gr 140. — tv: 
Dmwandlnngen desselben im lat. 
145. ks im sanskrit 179. 

Consonantenveratürknng 341. 

Contraction, Verdunkelung der be- 
deutung durch dieselbe 337. 

Dativ im got. und lit. 407. 

Decllnation, Uebergang der a- 
stKmnie zu i- stammen im altnordi- 
schen 9. umbrische ablativformen 
auf -i, -ei von -u- stammen 89 f. 
e-declination im lat. 848. 

Denominetiva (grieeh.) 829. 

Deutsche dialekte. Arbeiten über 
dieselben aus den jahron 18G9 — 70: 
72 ff. Buhlacr dialekt: lautliche 
und grammatische eigonthUmlich- 
keiten 73f. (vgl. auch unter con- 
aonanten und Steigerung), 
analogien mit dem englischen 73, 
slavischc! lehnwörter 74. 

Dual in pronominalformcn der neuo- 
ron deutschen dialekte 192. 

Elision in lat. wörtein 847. 

Etruskischc nominntive auf-a8 92. 

Fremdwörter 76. 



458 



Sachregister. 



Grhjiicitual, auB(;iin^e<puiikt fUr dio 
wisseascbaftliclic btoTlieUuiig der 
in<1oi;erninnUcben gebrauche 75. 

Xlulbvor-ale nach rocaleu entwickelt 
im unnbr. 118 cf. 339. — j nach 
k uml g im albaniachea 2S9. 

Ilauchrerdiclitung 337. 3i0. 

Uiatus, bescittguiifj desselben dureli 
coiitioiiaiitciipiiischub 33K. 

] ni pe rfec t bllduug Lni lat. 325. 

In doger maiieD, bciinath dereelbeu 
378. 

lascbrjften aus Sponien 43& — 440. 

Locntiv im slavtschcn 407. 

Mosgapigch. Mestiapisch d &1 ft'. 
55 aniii. Verdoppelang stamiiihar- 
ler L'ousouuiiten vor cier gcnctivcu- 
duQg ibi 54. Cousouatiteiigruppeii 
55. 

Hetathesis 445. Mctatheaia zweier 
consonanlen, die durch «inen vocn! 
getrennt find 24: die nicht nar 
durch eitlen vucal, sondern auch 
durch einen coiisoaant«n getrennt 
sind 2i. 2&. Metathesi» des r iu 
den ruman. sprachen, 260- 

Namen. Folge der namen in ctrun- 
kiscben iiischrilleu 92, in oskischeu 
98. cf. 103 iV. beamtentitd im la- 
teinischen und etrusitiacbeii zu Zu- 
namen geworden 93. oskiache per- 
Bonuiibeneiiiiijugen ohne crwähuung 
des vaters Üä. oskische (und fa- 
liskiscbe) peraoueabeueniiuugeii mit- 
telst des (ktccndcutea ]05/r. na- 
men auf -io- oakiscti zugleich aia 
Vornamen und als familicnnacntin 
gebraucht 113. weatg»tische na- 
men auf Span, ingehriftea 430. 

Naaaliruug 335. 

Ortananien. Oberitalieuische Orts- 
namen auf -ago (igo), aseo (asca), 
ate, engo : Ursprung und analoga auf 
andern gebieten 4B5 f. 

Osklsch. Oakischo inschriften er- 
läutert; a) grabschriften: 1) grab-' 
gcbrift von Sorrento 96. 2) grab- 
sehrift von Anz5 96. 3) grabschrift 
von Cumae 97 ff. 4) grabscbriften 
von S. Maria di Capua 99 — 109. 
b, 1 ) slempelinscfarift eines Siegels 
von Pompeji 1(J9 f. 2) weihcin- 
schrift von Moli.-ie 1 U ff. 3 i in- 
Bclirift eines censors von Boviununi 
1 1 4 ff. — uoin. sing, der oskischeu 



eigennamcn auf -io- 9&. cf. 1U3 f. 
It3. langes i im oskischeu durch 
ii oder if ouügcdrilckt 101. uo'iii, 
sing, der oskiaehcn noiuJDa auf -lo- 
102. oskiacbe stumme nuf -o- bil- 
den den gen. sing, »tets auf -eis, 
-efs 104. 105. verdUunung von e 
za i im Dskiscben 105. oskisch { 
neben i HO. oskiscb b ^ lat. v 
nur da, 'vro letzteres aus gv ent- 
standen 1 12. uafciscbe nora. »'ing. 
auf -SS von mttnnlicben -a-stUni- 
nieu 112. 

Paolignisoho Inschrift 181. 

Perfflcthildung dos lateinischen 
auf vi 333, auf si 334. 

Personalen düngen. Entstellung 
der mit r anlautenden pcrson-ilcn- 
dungen des sanekrit nach Bcnfey 
69. 72. 

Promctheuesage 201. 

Stumm«. Stimmo auf -man in der 
Wortbildung wie stamme auf -ma 
behandelt 165 f. stSmuie auf -ni 
im gricch. 328. * 

Steigerung der kürzen i und u xu 
Iki uud IUI im liuliloer dialekt 73. 

Suffixa. Lat. -iltie, -u]u.-j ailjoctiva 
aus suhstuntiveti tibleiteud 8 ; suf- 
fixales s im hüchdeutschcn 10; la- 
teinische subütantiviL auf -ido setzen 
vcrba auf -irc voraus 18; erweite- 
rung lat. subsLanlivüt&nme durch 
das suni.t -Tc-, -ie- 20; lateinisch 
-Tc-, griechisch -ux- in deminutiver 
bedeutung 20; griechisches secun- 
därtuffix -i't/v-, rfff'h- 27; ncun- 
darsuflix -fo- (-ijy«) "> der be- 
deutung lateinischem -öso- nahe 
liegend 28; neutrales -ja- in col- 
lectiver bedeutung 30; erwciterung 
altnordischer adjectivstÄmme durch 
das suflix -an- 3 1 ; luflix -*aiua-, 
altbaktri^ch -aena-, griechisch -o-o-, 
gotisch -eiuu-, hauptsächlich von 
ftoffnnniea ableitend 42 f.; grie- 
chisch -lAo- 50; noutralsuffix skr. 
-t»3, griechisch -iol;, lateinisch -tus 
80; skr. -üka-, griechisch -i-xi;, 
-\'yil von intensivis ableitend 80; 
umbr. cto ^ lat. -6tum 84 f. ; umbr. 
-erno = lat. -ema 87; urabr. -alu- 
mit den cnKusformen -ato, atui ^ 
lat. -atu- 89 f. ; lat. neuumbr. -un-, 
alturabr. -un- Ol. — Lat. olo, culo, 



4 



Sachregister. 



459 



cro; cla, cnla, cra; cino, cinio; 
cundo 134 — 147. cf. 240. Com- 
parationssufBxe 842. — keltisch -av- 
in Tätischen Ortsnamen 456. 

Superlativbildong im latein 842. 

Syntaktisches. Anslassnng der 
verbindnngspartikel „und" im nm- 
brischen und altlateinischen 88. 

U m b r i s c h. ümbrische gefttTsinschrift 
von Fossato di Vico erl&ntert 81 
—95. 

Verba, abgeleitete. Abgeleitete ger- 
manische verba auf -jan neben grie- 
chischen auf -in 9. 40. 

Verbalen düngen an pronominibna 
nnd parükeln in deutschen dialek- 
ten 196. ableitnng der verbalen- 
dnngen aus httlfsverben 321. 

Verbal formen, zusammengesetzte 
822. 

Vocale. Lat. o und n ans älterem 
ou 14. altn. 6 s= i der andern 
germanischen sprachen 30. germa- 
nisch i =s ä der gnmdform 30. 
griechisch i; ans a vor q 87. os- 
kisch { aus e dnrcb einflufs eines i 



der folgenden silbe 47. lat. n ans 
älterem vo 128. ou^, oub, ona, 
oi im franzSsiscben 262 f. Ueber- 
gang von a in o und u nach la- 
bialen 269. 274; von on in lie, üa 
(im albanischen) 278, von ie in i 
(desgleichen) 281, (1 fttr i in deut- 
schen dialecten 278. 

Wnrzelerweiterung dnrchdh8.5; 
durch bh 8. 38 ; durch k 3 ; durch 
d bei wurzeln auf g im altbaktri- 
schen, griechischen, lateinischen 12 ; 
durch n im griechischen =s c im 
lateinischen 82 ; durch d im litaui- 
schen 88. 

Zimmerische chronik. Ihre be- 
dentnng fUr sagenkunde und ver- 
wandtes 56 ff. Ihre sprachliche Stel- 
lung: veriiUtnis zur neuhochdeut- 
schen Schriftsprache 57 f. ; geogra- 
phische begriffe der chronik: , hoch- 
deutsch ", „ oberlendisch " u. s. w. 
58; (Ualektische färbung als ent- 
schieden alemannisch nachgewiesen: 
lautlich und grammatisch 60 — 62, 
am Wortschatz 62 — 69. 



/ 



II. Wortregister. 
A. Germanisclie sprachen. 



1) Aeltestes deutsch. 

Albis 448. 
Mannns 408. . 
Sugambri 84. 



2) Gotisch. 

A. ülfilanisch. 

aflinnan 318. 
aihta 327. 
alev 340. 
aljis 47. 
authar 48. 
arms 445. 



asts 176. 
azgo 140. 
bleiths 41. 
dauhta 827. 
deigan 21. 
drigka 412. 
fauho 10. 
foo 40. 
frathjan 449. 
frods 449. 
fulls 409. 
funins 40. 
gadanrsta 327. 
gamainja- 307. 
ganauhta 327. 
garebsni- 164. 
hairda 168. 



halte 164. 858. 
hrainja- 807. 
hnltha- 858. 
hnn 187. 
hveila 180. 
kuntha 827. 
laikan 11. 
laiks 11. 
leihvan 408. 
liudan, lauth 2. 
mahta 827. 
manags 48. 
manaseths 188. 
mosta 327. 
mnnda 327. 
nadrs 140. 
naiv 808. 



4B0 


Wortregister. 


^^H 


uhta 327. 


Bolesuri 431, 


436. ^^^1 


ifatn 162. 


Bniuciri 434. 


Witiza 434. ^^M 


ilivn- 11)2. 


1 Cliiudasviulbus 432. 


Wittirici 434. ^H 


rnjjina- 163. 


llimjus 431. 


Zerexiiido 434. ^^H 


rahtijaii 164. 


Ebiii'iDua 431. 


Z«rimundu 438. ^^H 


riiiia 163. 


E^ricnui 430. 


^^1 


saei 191. 


Elkcano 431. 


^^1 


sakaii 31. 
Hamakuns 31. 


Ermeogon ... 432. 
Erminigildi 482. 


3) Altbochdeatscb. ^H 


sarva 32. 


Krvigius 431. 


446. ^H 


sanil 367. 


Fafliii 434. 


Am ^H 


«eins 42, 


Froila 431. 


ancbal 412. ^^M 


skstt« 179. 


Proiliuba 434. 


Äva ^H 


skalda 827. 


GamiuB 431. 


^H 


siiinkka 28. 411. 


Geloyra 434. 


^^M 


H »t'Mt 8B0. 


Oisand 4S4. 


daucb 412. ^H 


^^H 


Gultinus 434. 


dtincbal 412. ^^M 


^^^ aunna 408. 


OuiKlebebius (?) 432. 


dunni 408. ^^M 


Bvaintiia 28. 


<;iiiiKliliu . . . 434. 


vona ^H 


ave 4^. 


Gundmalvi . . . 432. 


frauca 412. ^^B 


Bvers 31. 


Milduarena 439. 


Fraiico 412. ^^M 


srcs 42. 


Iluicnid 437. 


gaUa 408. ^^^H 


svikns 34. 


Hunirnc 432. 


^^^H 


svikautlis 84. 


Ilduara 489. 


^^^H 


tulgus 21. 


Levviun 432. 


^^^H 


Uiz- 34. 


Liuvigildua 432. 


^^^M 


(hairsan 409. 


Marispnlla 435. 


^^^^M 


tUaurfta 827. 


Modufredi 432. 


halm ^^^^1 


thaursjan 409. 


Nunlo 435. 


halz ^^^H 


thriäkan 313. 


Oppilani 432. 


^^^H 


iisgeii^nan 304. 


qaico 439. 


^^^M 


vaurms 27. 


Qaiiiigia 434. 


^^^M 


▼eis 30. 


Quistriciii 436. 


^^^H 


vigaii 28. 


Kamirn» ^32. 


^^^^H 


vilüjeis 27. 


Ranimirus 432. 


^^^^1 


vimls 442. 


Baniilfo 433. 


bold ^^^H 


viasa 827. 


ßeccaredi 433. 


^^^H 


vuliin 3. 


ReeceBviütlius 438. 


^^^H 


vulfg 4 50. 


Recisviiith 438. 


^^^^H 


vulln 409. 


Hudciindo 432. 


^^^^H 


vnlthus 29. 


Silo 434. 


^^^H 


vrika 26. 


Sintila 483. 


^^^^1 


vruggo 26. 


Stsibuti 433. 


cbraph ^^^H 


^^^ 


SUnando 433. 


cbrimpban 3G7. ^^^^H 


^^H 


Sünuica 433. 


^^^H 




Svinthilanus 433. 


^^^^H 


R. Wc stgo tiBclio 


SvJiUbiltuba 43(>. 


^^^^H 


eigennttmen. 


Teüdeinirus 433. 


^^^^H 




Teadefriitii 4 33. 


luhs ^^^H 


Adofonsus 481. 


VertsmuTiflu 433. 


^^^^H 


Agila 13 ]. 


Vintila 426. 


^^^^H 


ÄigD 431. 


Widigail 436. 


Poppo ^^^H 


Aniannviodu 434. 


Widigclu» 434. 


prAwa ^^^H 


ArgimJTu 43 i. 


Wifredi 434. 


'lucon ^^^^1 


Bacauda 431. 


Wülulfae 484. 


^^^H 



Wortregister. 



461 



ragin, regin 164. 
ruodar 139. 
skrank 412. 
scrod 363. 
Bcroddn 363. 
scrötan 362. 
semtön 368. 
scrouzen 364. 
Sparagildis 169. 
stamphon 411. 
stSchal 360. 
stichil 360. 
sunna 368. 
sunta 448. 
Tassilo 169. 
trnkanjan 424. 
wella 409. 
werran 26. 
widarliehseni 14, 
wnrgian 25. 
zer- 86. 
zwfsala 146. 
zur- 84. 



4) Mittelhochdeutsch. 

bem 173. 
bratscbe 248. 
brfine 178. 
buole 42. 
vanke, venken 39. 
fobe 10. 
Tunke 39. 

gagen, gageren 160. 
gSsen 303. 
gis 308. 
krapfe 367. 
scberz 164. 
smiegen 366. 
sticbel 360. 
stnit 152. 



5) Reahochdentsch 

and beatige ober- nnd 
mitteldentsche dialecte. 

bajoar. aink 194. 

ameise 25. 

arbeit 446. 

alem. schwüb. Srrachen 

a. s. w. 154. 
ballen 387. 



rahl. dann'nktt 74. 

bajoar. dSs 194. 196. 

dreist 79. 

durst 409. 

bajoar. fränk. Is 194. 

schw&b. eisperbeer u. s. w. 

14 f. 
bajoar. eng(er) 194. 
bajoar. enk(er) 194. 
fladen 74. 
freien 41. 

alem. fries, friesen 67. 
frone a. 8. w. 391. 
fucbs 10. 
gSbren 803. 
garstig 308. 
gas 303. 
geisel 304. 
geist 303. 
ruhl. hass^rt 78. 
alem. scbw&b. jöueken, 

jaicba u. s. w. 163. 
rahl. kaimatsch 74. 
rohl. klamassen 74. 
klein 306. 

berlin. klumpatsch 74. 
krank 806. 
kringel 132. 
nihl. kUbUder 74. 
Loisach 1Ö9. 
löschen 812. 
menchel 319. 
Milbiller 169. 
moos 177. 
mttcke 407. 
muster 139. 

alem. mflch, manch 316. 
pladdern 74. 
ruhl. qaä'tschen 74. 
quehle 146. 
quer 146. 
qnirl 146. 
rnhl. redder 76. 
ringen 26. 
roth 5. 

rotbthler, rothwild 7. 
rüder 139. 
Bnhla, die Ruhl 74. 
schaden 177. 
Schaf häutl 159. 
sehen, scheuen 88. 
schlaich(en) 385.. 
schlaiken 886. 
Bchlaitzen 387. 



oberd. schleipfen 148. 

Seidel 159. 

Strut, Striet u. g. w. 152. 

stampf 409. 

sUnde 368. 448. 

Schweiz, tannkuh 74. 

frank, unka' 193. 

Unstrnt 162. 

rnhl. walfir 74. 

wirren 26. 

wUrgen 26. 

zeter 76. 

Zwetschge 75. 

zwist 146. 



6) Altsächsisch. 

fi-leskian 812. 
bodlös 188. 
heiig 364. 
hildi- 358. 
holt 868. 
ö|$ar 413. 
regind 163. 
söB 418. 
sannea 868. 
swfis 42. 
sweban 41. 
werran 26. 
wargil 26. 



7) Hittelnieder- 
dentsch. 

niederrhein. bouk 161. 
niederrhein. fluelen 150. 
niederrhein. harres 161. 
niederrhein. kampkot 161. 
niederrhein. lösten 161. 



8) Neaniederdentsch. 

A 

ämeken, emeken 25. 
niederrhein. enk(e) 194. 
niederrhein. gtttt 194. 
niederrhein. geger a.8.w. 

150 f. 
niederrhein. gött 194. 
westf. it, jit, git 198. 
westf. iDk(e), ank(e) 198. 
niederrhein. j&tt, jött 194. 
miegamke 34. * 



■^^ 


Wortregister. 


^^^H 


H dittnars. mirL-m, niirimo- 


wi'l 30. 


.^^^^^H 


1 ken 26. 


wreuc, vvrence 3. 


^^^H 


1 niederrtaein. Siik(e) 194. 




^^^H 


1 sSr, sür S3. 




Ijös, Ijd^a 14. ^^M 


^K 


12] EngUsch. 




^^B 


halrcd 73. 


mü, mäi)U 306. ^^M 


9) Altfriesiacli. 


lather 13. 


margr 48. ^^| 


ruocbt 2. 


newiiig 310. 


maurr 21. ^^| 




piaroire 24. 


Diciss, pl. meisar 1. ^^M 




ticklc 24. 


mcngi 48. ^^B 




vrrong 26. 


mi'gamaurr 24. ^^H 


10) Veufriesisch. 




mür 366. ^^M 


at 193. 


131 Altnordisch. Is- 


mund ^^H 


jat 193. 


ländisch. 


mnndlaug, mnllaug 13. ^^^^| 


jet 103. 


Dararr ^^^^H 


joiik(er) 198. 


&l 366. 


^^^H 


jUDk(er) 198. 


alft 446. 


0-ff\a, egia HO. ^H 


onk(er> 19.^. 


arör 138. 


Srr ^H 


Hnk(er) 193. 


arian 44. 


rau^dyri 7. ^^H 


wat, wet 193. 


biU (btel) 447. 


TaujgX ^^H 


^^^ 


berjfl 178. 


rau|^ 6. ^^M 


^^^H 


bredda 408. 


raun ^^H 




brun 178. 


regln (rögn) 163. ^^H 


11) Angelsächsisch. 


bryua, bryni, -ing 178. 
clasamall 47. 


rejna 9. 40. ^^H 
rjdtSa 5. ^^^^H 


Slfet 446. 


fiölkiinnigr 84. 


ro;^ra ^^^^H 


berian 113. 


f(5n 10. 


fyör. rrCf 7. ^^^B 


bold, büü 138 f. 1 


fiStlaug 12. 


samfc^'r, sanifedra, aani- ^^H 


cempn 411. 


fn'knnr 44, 


feddr ^H 


citelian 24. 


Iiallr 358. 


samkynja 81- ^^H 


gelilEsnced 412. 


hall S55. 


sammcüi^r, s&ramoeijra, ^^^^| 


hille 354. 


halr 354. 


aamcnocddr 31. ^^^^H 


healil 358. 


haltr 358. 


^^^M 


Ie«)t1an 2. 


h!cll 403. 


^^^^^ 


lihan 408. 


bei 354. 


^^^^M 


ksnn 14. 


heia 30. 


^^^M 


nevesetJSa 810. 


bildr 358. 


^^^M 


nivol 310. 


hSll 409. 


^^^^H 


roddan ö. 


holmi 855. 


^^^^1 


s«cht 31. 


bolt 358. 


^^^^1 


scrüd 362. 


hrata 164. 


spraka ^^^^^| 


seid 139. 


kappi 4J1. 


^^^^H 


senvnn, syrwan 32. 


kle 10. 


atcttar-kor ^^^^H 


searn 32. 


kviatr 148. 


^^^H 


seiir 33. 


kvi'el 146. 


^^^^1 


slse'p 41. 


koUr 408. 


BT^ 42. ^^^^H 


sticel 360. 


laugr (nicht lößr zu 


^^^^^1 


BW»' 6 42. 


schreiben) 13. 


^^^^^1 


swefen 41. 


laug, -B, 12. 


sykn ^^^^H 


swete 36. 


loiga 408. 


syn ^^^H 


switol , Bweotol , «wutol 


leika 11. 


^^^H 


84. 


leikr 12. 


^^^^1 


lirig* 30. 


M 10. 


tor- ^^^H 



Wortregister. 



463 



trano, trani 140. 

tUDgl 14. 

perflast 50. 

|>urka 442. 

urga 26. 

lir 29 f. 

iSrigr, ürogr 29. 

vagar 23. 

Vali 74. 

vargr 22. 460. 

v^l 30. 

vfli 30. 

v^r 30. 

villr, Villa 27. 

virgoU, virgill 26. 

virr 408. 

vökr 166. 

vökra 167. 

v5r, gen. varai 26. 

ygrr, gen. ▼orrar 26 f. 

fn 80. 



14) FärSUch. 



okkara 193. 
okknra 198. 
okkiir 193. 
tikkara 193. 



tikknm 198. 
tikkar 198. 196. 
tit 193. 
Vit 198. 



15) Norwegisch. 

aakon, aakons 198. 

dekan 198. 196. 

dokkers 198. 196. 

egen 42. 

frokle 44. 

jotnl, jutnl, j6tel 44. 

r5y 7. 

Böyr 33. 

apraka 40. 

sprftja 40. 

atrükje 40. 

vig 24. 

veßrleikr (vfleig) 11. 

vega 24. 



16) Schwedisch. 

ankare 412. 
andra 418. 
ttril 44. 



b&nk 412. 

Anna 418. 

knnnig 413. 

ian£ 412. 

16 10. 

Iddder 13. 

lyssn, lyssne 14. 

mal 44. 

manke 412. 

man 413. 

okar 198. 

sann 418. 

skinn 418. 

stnbb, stobbig 411. 

södre 418. 

Vit 198. 

yrja ^6. 



17) Dänisch- 

anker 412. 
bänk 412. 
l&nke 412. 
manke 412. 
ögle 140. 
sammel, samle 47. 
syd 418. 
vrang 26. 



1) Altgriechisch. 

ayröi 34. 
aätifioovrti 166. 
a^Qotp 178. 
aiffo u. 8. w. 88. 
ttl^aXioi 45. 
a^ärot n. 8. w. 46. 
äfiu* 88. 
d^ovqoq 27. 
ciii%f]q 28. 442. 
aixlor, aiK¥ov 44. 
äxo; 173. 
alfiakiot 45. 
dXäofiat 27. 
alt, 27. 

aXfialvu, akttiai 27. 
dXlaaao) 48. 
uAJl^Ao- 48. 
akXoq 47 f. 
aXcpävuv 446. 



B. Griechisch. 

'AXifttoi 448. 
äXq)0<! 446. 
dXiiiniil 460. 
aXunäq, -na 460. 
äf4aX6i 176. 
ä/(a^TO(i'&) 170. 
dfißXlaxw 169. 
äntO-^tiv 26. 
ä^i'o; 175. 
ä(i:ttXoi; 60. 
drtftüXioi 45. 
'Av&iiXfi, -Q^vri 44. 46. 
ävtXtXv 141. 
dnoiqaat 26. 
aitTW 31. 
'Aqyoq 876. 
aqdaXlaf -via 44. 
aQriftiroq 168. 
cipoT^ov 138. 
avail^o; 46. 
avalvu 46. 



avy^ 168. 
aii^f'i'Ti;« 367. 
avXot 50. 
avoi 83. 
avzöq 187. 
ätplqil. 
ßaxxt\qiov 142. 
ßäxrgon 142. 
ßdfvai; 111. 
ß.d 162. 
ßloq 162. 
ßXdaxri 3. 
ßXoavqii 27. 
ßoqiial 15. 16. 
ßqaxttr 171. 
/J^öja« 171. 
ßqoxoq 26. 
ßiqfiai 16. 16. 
ßvQftöi; 20. 
}'(i'(ä 188. 
y^fi'« 408. 



^H 464 


Wortregister. 


^1 


■ 


^^^1 yliäifw, yXi'(pt) 4.51. 


xtj'lq 856. 


//ngjiioAÜTTfu' 17 f. 


1 


^^H ^'irxt'f 451. 


xlitdo; 36 6. 


ftn(j,HO(jOs 17. 


H 


^^^1 yriäati 365. 


xi-ciitaQOi 357. 


fiiHi/ivin 17. 


H 


^^1 WZ. yQV &. 362. 


xAaiu 356. 


fjof/'i'ffcnii'mt 17. 


H 


^^H ]fQvt,iti 3Ö4. 


xXiifia 366. 


fin[iHiii 1 7 f. 


^^^B 


^^^H Y(fVfüa. 362. 


xXdiv 356. 


/log^idji' 17. 


^^^H 


^^1 /(iiTTt; 362. 


xnij'irfjos 447. 


/Y.ng/jMTO? 17. 


^^^H 


^^H öa((a,f 40. 


KoidJi'o? 356. 


/<opi|(iSf< 18. 
ftnnijfi 4. 18. 171. 


^M 


^^^1 deiftatvia 45. 


KO(j<Ji-(j 30. 


^^^B 


^^^1 äfi/in).f'oi 45. 


xpad«»! 164. 


Mo^i^jj'; 18. 


^^^H 


^^1 il/;fnuai 172. 


xyfxo?, x/^xo? 1 32. 


fioiitfoj 18. 


^^^H 


^^^1 di/er^'}uaxa»'oi' 17t. 


Kia.iv/iai 179. 


/(dcr;fO? 176. 


^^^H 


^^H Ij^froi;, f/;cAoi; 44. 


xxtii'oi 179. 


|untoi; 176. 


^^^H 


^^^B li'(jyrvfit 26. 


xxrjfia 179. 


/^iiU, 169. 


^^^B 


^^^H tiifyiii 26. 


xt^in^ 179. 


/,;^,^/,,; 15 f. 24 f. 


^1 


^H 


xi/^C« 179. 


itVQiioi 16 f. 25. 


^1 


^^H fAi>T(in>' 143. 


xrt).n? 180. 


fri^d? 320. 366. 


^1 


^H WZ. /^;' 21. 


x>>(jiTai-io,' 45. 


fiütlinq 170. 


^^^M 


^H f^dui 


kaywf 445. 


i/iüoi' 43. 


^^^H 


^^H t(iltCi'iir 


ialoi' 10. 


Jii^iii' 179. 


^^^^1 


^^1 i^iaOnt 


iäXiyO-jo; 144. 


6^0? 170. 


^^^^1 


^^H iQttf/öi; 10. 


Irinaiinq 445. 


n/äaJ.*'os 45. 


^^^H 


^^^B tgtiiänt' 6. 


i(f^Os- 364. 


ntdilioi, niSafriü 46. 


^H 


^^H f^d'i-a 


Iriioy 10. 


öiarö.; 176. 


^H 


^^H /^fl'Jr'MUI 9. 40. 


J.ix^o? 44. 


dXtxoi 314. 


^1 


^^H J^vir^at 32. 


J.txj-n»' 44. 


öAAtyii. 313. 


^^^H 


^^H tgunrir 9. 


Utqov 43. 


ojtnhj 46. 


^^^H 


^H /iK, ir- 33. 34. 


J,n]''fn' 12. 


o/iaio; 46 f. 


^^^H 


^^H li'ayTiq 34- 


loi'fooi'. XneiQnr 13- 


n_(((i}'rtos 31. 


^^^H 


^^^H niyttaiiinq 4ö. 


Ai^/^cj 3. 


ÖjiUllTlHllOi 31. 


^^^1 


^^^1 lidiot; 35. 


h'-ynq 3. 


öfinnaxuiQ, Oftonät 


QtS^^ 


^^^1 fr/ia^irj; 1*21. 


ii';'i 10- 


81. 




^^^H iv^öaip^:; 32. 


At'.xn; 2. 450. 


finTaUoi;, urtTav/oi; 


45. ^ 


^^^B tipalioi; 4B. 


A(u;'ai(Oj', imjai'ifi"' 41. 
fra>.niiior 177. 


öirtiroi; 46. 


B 


^^^1 Jt/jfiirrK 4&. 


n^,yä<; 21 f. 


^M 


^^H i'tSv^ 


^raAAe'q 175. 


d^l;'f^^u 21. 


H 


^^M VXti< <7/<^ i~7- 


fiäonat 121. 


Ö^iyij 21. 


^^^H 


^^H &iiya).inii 45. 


/i«yij 121. 


Öm^o; 3. 


^^^H 


^^^1 O^riyartof 4fi'. 


;fa«:tiii 171. 


'Ö();(/a« 19 f- 


^^^H 


^^^1 (>i;>'a>'); 45. 


ftäiiiiui 171. 


St>)iixa<; 15 f. 


^^^H 


^^H ^(miTiii;, Oä^Kioii 79. 


filläöjifnq 177. 


öuHn( 19 f. 32. 


^^^H 


^^^1 ixfiatriu 45. 


^f^r'int 189. 


öi^i^ia; 30. 


^^^H 


^^^H tx/iiikioq 45. 


fiitianii; 172. 


äa/nq 176. 


H 


^H 


fiiiinf 178. 


oifyl'J 178. 


H 


^H 


/rfraHlOKiü?', yrf i««;i<Jl(flS 


oi'ifn 30. 


^M 


^^^a xa/xa^i'f( 45> 


45. 


»('(■avivvoc 20a 


^^^H 


^^H KctyxaMa 45. 


fiii^o» 47. 


oi'^otrd? 20. 


^^^H 


^^^1 xa;'xai'/o<; 45. 


fiiairiii 366. 


o'poM 30. 


^^^H 


^^^1 xayxarBq 43. 


/W<o? 176. 


i/fiiof 23. 142. 


^^ 


^^H xä^a/rni,- 353- 


,Hniu;^ 177. 


nxiivq 24. 


H 


^^^1 »ar&Jjkinq 46. 


finiO-fhi'ut 177. 


öj;<»i; 23. 


H 


^^H xa.r!}oiv 46. 


f»itj/<ij 17. 


rialaCx»»»' 376. 


^^^H 


^^H xani-^Minc 441. 


fi{)()tiryt. 17. 


ndi'OQftnq 19> 


^^^^1 


^^^1 xf^iäixiriu 45. 


fiof ijniiixi) 80. 


nreo/ja« 179. 


^^^H 


^^H x((>Jal<oi; 44. 


/(Of/<oli''xe»o>' 17. 


D»(Jea<Tioc 874. 
1 


1 



■nthQax'^giov 142. 
IJtXaayoq 869. 
Ui^aißot 378. 
rthaXot, niirjkoi 46. 
ntfoi; 46. 
nCttiloq 176. 
nAfi'ucdy 461. 
noTtiQtor 142. 
ILjOfiij&tii 202. 

Tnlaavop 364. 
nröa, nxola 86 flf. 
nToi(», nrot^cu 87. 
nivaAoi', jiTutlof 46. 

36 ff. 
mvQfia, mvqfio^ 86. 
;itr*j 87. 
■nvXri 170. 
gäftfia 82. 
^affTo; 32. 
Qanrto 32 f. 
Qoq)iiä 32. 
o'ai'TaAoi' 60. 
ffocwi dTjd-ot 189. 
(TKij;!!«» 361. 
axlftnio) 861. 
ffxoiino; 361. 
(TxKjj^äAio; 44. 
(rxi'^<>ciiK« 45. 
OftriXia 866. 
<ro|9)? 43. 



WortregUter. 

anaqyaa, anaQyiia 40. 

ffnilo; 46. 

antv&-^Q 89. 

tfnöyyos, aqoyyoq 28. 

fftvAo? 46. 

ffrixor 23. 

aijaqayim 40. 

ffiyi- 48. 

atfQtyäat 40. 

lai'i'? 408. 

TogyqXws (öoey-) 442. 

rigJift» 172. 

Trjx<i> 172. 

Tgiijpo» 172. 

T 11X01' 28. 

('VA09 166. 

vöaXioi 46. 

(pad'ot 38. 

(^Jlati'a 447. 

^.aAax^o; 447. 

(paAij^ö; 447. 

•jtaAto; 447. 

^aAd; 447. 

qlyyoi 88. 

qiyyvt 39. 

^j/ 48. 

(jf»;//i 88. 

(f0aru 39. 

qO-^yyoftai 88. 

qi*^« 179. 

^/Aai 46. 



4€5 



9,fA( 48. 
7>iA^(u 42.. 
(pCkni; 89. 41. 60. 
(ftfioi 89. 
(f^i- 89. 48. 
qifpaxa 46. 
0/£ 89. 
yö^i/ 48. 
q,OQfuxa 16. 
(f oiia« 39. 
q-QÜI^u) 449. 
;(;«/< ('ij 166, 
;foiii 408. 
XQaiiiu 362. 
XQifinjta&ai 863. 
;^^i'(rd; 8. 363. 
j^^w; 362. 
ifi'AAo? 20. 
latjj^oq 176. 

2) Byzantinisch. 
Neugriechisch. 

/JÖAt») 245. 
ygifiitaroi; 245. 
yvip&oq 248. 
^ocjun« 244. 
.,4^.^» 51 ff. 
«r^xAoc 141. 
lof'jSAoi' 247. 



C. Albanesisch. 

(Der tosklsche dialekt nnbezeichnet.) 



halt 245. 

berr 268. 

geg. b«r»{ 242. 

brazfm 253. 

brüske 253. 

biial 243. 

geg. biiklejez« 264. 

billtsi 248. 

biirr« 284. 

bttsk 264. 

cotte 266. 

dertöj 261. 

dnSk 264. 

geg. dzibg 244. 

ieater 248. 
Zeitocbr. f. vgl. spraebf. 



^gre 248. 
geg. fer 248. 
geg. ftrgöj 261. 
fjdljg 252. 
geg. gargarä 264. 
gergiir 261. 
gjelj 248. 

sic.-alban. gjSr 248. 
gremf 246. ' 
grfndem 254. 
grinze 256. 
jam&T 248. 
j^t« 248. 
kandü 243. 
kemis 248. 
kjUnkj 248. 
XX. 6. 



kjut^te 257. 

koOd 248. 

kökä 249. 

geg. kol^ 242. 

krem 266. 

kukj 249. 

knlje'te 247. 

geg. kulumbrf 249. 

geg. kurarf 246. 

knpetöj 250. 

kür 260. 

gic.-alb. kurts^tü 261. 

geg. läp 264. 

liv(5r 248. 

Ijdpe 264. 

Ijuaj 260. 

30 



^H 


Wortregister. 


^^H 


^^H löinke 242. 


t6»B6 244. 


^^^H 


^^^1 geg. mbolja ?50. 


geg. rrfke 243. 


tertiirk 261. ^H 


^^H m6\eze 2ä0. 


miaj 251. 


kalabr.-alb. a'rm(>lje2ßl. ^H 


^^^1 geg. miimitie 241. 


ruiJ 261. 


ine tokiie 256. ^^M 


^^H mana 2S0. 


satnar 251. 


tröv« 255. ^H 


^^H 


güg. getg 244. 


Uits£ 255. ^H 


^^H geg. Dgrt 245. 


sitda 244. 


^^^H 


^^H paldntze 250. 


geg. skjök« 248. 


^^^H 


^^H 


skoj 256. 


^^^^H 


^^H peläme 248. 


geg. sundurmÄ 251. 
lapf 244. 


adkfre ^^^H 


^^H per 


^^^^H 


^^H geg. pits«re 255. 


UrU 251. 


vs ^^^H 


^^H pljep 


seutdse 257. 


rätra 248. ^^^H 


^^H rtjüar 


£8$ 251. 


^^H pljtibuT 251. 


ietdne 251. 


reljej 362. ^H 


^^m pltStske 242. 


Skispur 255. 


v«rr{ 252. ^H 


^^H 


Spor 247. 


vioir 252. ^M 


^^^1 pulkje'r 


ätfnk 255. 


vittör« 263. ^^^H 


^^H fartc'ke 244. 


geg. stSrngöj 2S1. 


^^^H 


^^^1 |>tirure 256. 


geg. Strdz« 244. 


vorfen ^^^^H 


^^^B rerndj 


ätrime 252. 


geg. zSr ^^^^^^ 


^^H 


geg. stmng4! 346. 


geg. zapi' ^^^^^^ 


^^B 


Italische sprachen. ^^^| 




Betitins, BetuCius 113. 


constemare , conslernari ^^M 


^^^^ 1) Lateinisch. 


btduum 85. 


^M 




Bohetyus S40. 


consaere 33. ^^^ 


^^H Achivi 


caeruIuB S. 


coqno ^^^^H 


^^^H adulare. adulari 31. 


caeaiuB H. 


^^^^H 


^^^^1 tidulter, adultera 49. 


caligo 365. 


^^^H 


^^^H Agcsilavos 340. 


calim (=: clam) 354. 


crena ^^^^^^ 


^^^H agtius 175. 


callus 355. 


cresco ^^^^^1 


^^H albus 


canis 145. 


crumrna 3G2. ^^^^^| 


^^^H aliginigenus 340. 


cclare 354. 


culmen ^^^^H 


^^H 


celerissimiia 34 4. 


Cdlmua ^^^^^^ 


^^H alter 


cella 354. 


CBlter ^^^^B 


^^H »Itemip 138 f. 


-cellere 356. 357. 


Cupriue ^^^^^| 


^^^H 141. 


cerus 143. 


curvug 175. ^^^^^H 


^^^H KncnluTC 141. 


cicatrii 400. 


cusBi 334. ^^H 


^^^H asniculus 144. 


cingero 400. 


Danavi«, Oanavom 340. ^^^H 


^^^H aratrum 138. 


Cipiua 109. 


^^^^H 


^^^H arca 


cippiis 301. 


dihaconas ^^^^^| 


^^H ArchelayoB 340. 


ciroare 132. 


dio (snb dio) 36. ^^^^^| 


^^^H archivuni 340. 


circns 132. 


^^^H 


^^H Argivi 340. 


cladee 367. 


^^^^H 


^^H 


claadere 166. 


^^^^1 


^^^1 annue 445. 


clunduB 164. 


^^^^H 


^^H audi{v)unt 339. 


Clav» 357. 


^^^^1 


^^^H auguEtuB 168. 


colli» 355. 


^^^^^1 


^^H 340. 


Collum 844. 


emem ^^^^| 


^^^1 baculum 143. 


polor 364. 


^^^^H 


^^H Banuius 


columba 447. 


esse 846. ^^^^^| 



Wortregister. 



467 



exaDclare 141. 
exstemare 86. 
fastus 79 

fastidium, fastidire 80. 
fei 408. 
ferculum 143. 
feretmm 143. 
ferire 173. 
ferre 844. 846. 
fertura 443. 
fia 132. 
ficus 23. 
fingere 21. 
firmus 17. 
forctis 21. 
forctns 21. 167. 
forma 18 f. 
Formiae 1 9 f. 
formica 1 5 f. 24 f. 
formidare 17. 
formido 1 7 f. 
formus 17. 
fornicatns 20. 
fornix 20. 
fortis 21 f. 
frans 6. 
tnlcrum 143. 
ftangus 23. 
galerus 354. 
Geneta 84. 
germanus 165. 
germen 165. 
gessi 334. 
(ad-, e-) gretus 7. 
(con-, in-) gruere 5. 
gnigein 340. 
gruudio 864. 
horctum 21. 
horctns 23. 
Iiumanus 166. 347. 
humilis 166. 
illustrare 15. 
illnstris 14. 15. 
indacula 137. 
interpres 449. 
inritare 161. 180. 
invitas 161. 
involucrum 148. 
ipsippe 183. 
isto 182. 

jacnlam 187. 143. 
Jannjariano 840. 
laetus 41. 
laqneuB 25. 
Larisaevns 340. 



lavacrum 13. 143. 

lavere, lavare 12. 

-lexi 334 

lilinm 340. 

praenest. losoa 13 f. 

lucere 8. 13. 15. 

lucram 148. 

ludere 12. 

Indicer, ludicrus 144. 

Indus 12. 

Inna 18. 14. 

lupus 2. 450. 

lustrum 15. 

•luTia 12. 

magister 345. 

malesuadus 36. 

malluviae, malinvium 18. 

Manes, Mana u. s. w. 84. 

mansi 334. 

manus 121. 

Marc 91 f. 

marones 90 f. 

Mamllios 91. 

MaruUns, MaruUa 91. 

mascnlus 144. 

Menelavos 340. 

minister 845. 

Minius 104. 

mittere 176. 

mola 169. 

mollis 176. 

monstrum 139. 

mortu(v)a 839. 

mulcer« 172. 

multus 44. 

musca 407. 

muscus 177. 

mnsivnm 840. 

nare 140. 

natrix 140. 

NicolaTos 346. 

nigil 840. 

nudus 12. 

oocnlere 864. 

Ofllius, Offilius u. B. w. 

102. 
OinomavoB 840. 
oliva 340. 
pampinus 60. 
psnsa 369. 
Fatercnlus 106. 
patulu« 46. 
pectas 80. 
pellis 408. 
pelluviae 12. 



periculum 142. 

pisU 182. 

pins 96. 

poclum, poculum 142. 

pollubrum 18. 

praefericulum 143. 

pressi 884. 

primns 128. 

privus 122. 

promnlgare 44. 

ProtliesilaTos 840. 

pnlex 20. 

pulmo 451. 

quam 191. 

quatio, -cutio 128. 

quattuor 145. 

qui 191. 

qnies 180. 

qninqne 340. 

quincunx 103. 

remus 10. 

retragendum 840. 

rexi 334. 

ridiculua 144. 

rudns, raudus, rodus 6 f. 

ruga 9. 

rassns 7. 

mtilus 7. 8. 

saeculum, saedum 137 f. 

Sangtts 131. 

sapsa 181. 

sarcimen 32. 
i' sarcio 32. 
. sarcuium 186. 137. 
' sarmentum 18. 
: sartus 32. 
, scalpo, scnlpo 461. 
' scipio 361. 
!sclit- 148. 
I scrantum 363. 
^ scrotum 868. 
jscruta 362. 

Bcmtillns 363. 

sediculum 136. 188. 

seminium 138. 

senex, senicis and senis 
20, 

serere 82 f. 137. 

servare 32. 

sescnnx 103. 

sex 448. 

siguaculnm 187. 

Silitts 99, 

similis 46. 47 

simnl 46. 

30* 



^K 


Woitff.guiter. 


^^H 


^H- 


ventiis 442. 


spaii. heme 33. ^^^^B 


^^1 uinifter 846. 


venni» 27. 


span, liiaca 23. ^M 


^H 182. 


vernaculua 144. 


rhätor. iocle^er 141. ^^^| 


^H 


verrero 26 f. 


Lecce ^^^B 


^^M sona 867. 448. 


verriculum 26. 


pieni, logiia 14. ^^^^| 


^^H sonticus 367. 


Vesta 91, 


romagn. lusna 14. ^H 


^^H «iorbeo 82. 


viere 176. 


span. niilagro 25. ^^^^B 


^^1 BOTo, sorotn, «aveia 119. 


viUus 175. 409. 


port. mormo 26. ^^^^| 


^^H »pectmm IB. 


vinculum 136. 


frz. iiiorvB 26. 4|^^^H 


^^M 


vinum 161. 


sie. raorvu 25, ^^^B 


^^H -»ternnro Bü (F. 


via 162. 


Bpati. niuerino 25. H 


^^H eteruere 36. 


vHv)oleuta 389. 


.tpari. palabra 25. ^M 


^^H sternnei« B7 f. 


vivuä 162. 


frz. palefrai 22. H 


^H Kttlus 3ßO. 


Volcanu.^ 8. 


BpHU. peligro ?5. H 


^^H SiiBdu. .36. 


voltug, vultus 28 f. 


IiaUl. pogri^ 140. ^M 


^^H .suadeo 36. 


voluctr, volncrig 144. 


katal. pogue 146. H 


^^H »Badns 86. 


vulpcs 450. 


pruv. poguotx 146. ^^ 


^^M i<uipte 


vultuoäus 28. 


raschiaie 141. ^^^^M 


^^H Mtavis 36. 




Rugrge 53. ^^M 


^^1 »ubtragcrc 340. 

^^M sdbuciilu 137. 


2) HittellatelDlsch. 


friaul. .Vuve 244. ^^H 
comask. sgarot^ 46fi. H 


^^M 


parafredus 22. 


sonaglio 136. H 


^^H 


rcfereiitin 22. 


frz, soiinaill« 136. H 


^H 


»u'la 141. 


spaveiitacchi« 186. ^^^B 


^^H supemlituu 356. 




eprone 247. ^^^^H 


^^M sutela 




aadicio 24. ^V^^l 


^^M suvo 


3) Rotsanische apra- 


frz. touUfois, aldrz. tow-^^B 


^H tau 


cben. 


tes voies 22. ■ 


^H lamen 18». 


(ItttUeaiscUunbczeichnet). 


proT. vorma 26. ^t 
Span. Ximenc 436. ^^ 


^^1 tennis 408. 


spau. acettajo, acertijo 


span. yerno 24. ^^^H 


^^M terra 844. 


187. 


^^^^M 


^^H terrco 344. 


friaul. babe 244. 


^^^H 


^^H torculuoi 136. 


rum. bab« 244. 


4) Umbrisch. Yols- ■ 


^^H tuireo 344. 


rhätor. Barclamiii 141. 


kisch. M 


^^H kractam 442. 


biffeiu 22. 




^^H Cranquillua ISO. 


iieuprov. borm 25. 


bio 85 f. ^^J 


^^M trixi 334. 


proT. caire 456. 


^^^H 


^^m Tro(v)nm 839. 


mnäl, oara%'i'e 456. 


^^^H 


^^M tnrgeo 40. 


rhätor. categra HO. 


eeto ^^^H 


^^H -urala 148. 


rum. clocä 243. 


fikla 448. ^^^1 


^^M -uere 


cofaccia 24. 


Folonie 88. 98. ^^^H 


^^M unda 413. 


frz. craiiidre 140. 


buQt (bont) 185. S^H 


^^m uvere 166. 


lornb. cüurw. tirol. crap 


buntak 185. ^^^B 


^^^1 uxor, voxor 129. 


468. 


huntia 185. ■ 


^^M vacca 


span. crema 140. 


IktivJDo, Ijnviuo, Ijovinu H 


^^M vagire 


prov. crenier 140. 


119. ■ 


^^H vagor 


friaul. cnure 255. 


ivenga 131. H 


^^H vapor 161. 


prov. defenaalh 137. 


Javio, Jovio 119. H 


^^M Ta«ce 


span. Elvira 436. 


kastmvuf, castruo 118. H 


^^m vectJs 24. 


allfr/,. e.itencelle 25. 


cistsrno 86 S. H 


^H vehicalam 23. 142. 


aUspan. iemencia 22. 


courtust 128 f. H 


^H velle 344. 346. 


veltliu. garavina 456. 


krenkutro , cringatr» H 


^^H vellere 3. 


comaBk. g^iov, ^ror4&6. 


130 ff. M 


^H 


fra, haiard 78. 


Cubrar ^^^M 



Wortregister. 



469 



kumaitu, kumulta u.s.w. 

124 f. 
knmates, comatir 126 f. 
maleta 124. 
luannre 118. 120. 
maronato, maronatei 89 ff. 
matrer 83. 
oseto 8 3 ff. 
piäi 191. 
poei 191. 
pre 122. 
prcvo 121 f. 
prinuyatns , prinnatnr 

120 ff. 
pro- 122. 
promo 128. 

portavetn, pnrdovitnll9. 
pns, post 90. 
seso 185. 
sistiatiens 188. 
Bu 88. 
sumr 186. 
trija, trioper 118. 
taa, tova, tover 118 f. 
tuva, duir 118. 
urfeta 129 f. 
Varie 93. 
vatuTs, vatovn n. s. v. 

118. 123. 441. 
Vesnna 91. 



5) OsUsch. Sabellisch. 

amatens 188. 

Bannas 112. 

dama, damase 108. 

eftiuTÜ, eitno 118. 

birpiis 22. 

fst 47. 

Kifpifa 109. 

kipem 83. 

Kluva, CluTia 108. 

Cnpra 83. 

cupmm 88. 

lamatir 105. 

meddfss, ftcSdtti a. b. w. 

118. 
Minies 104. 
ombnet 116. 
op 108. 

opsed, upsed 110. 
patir, patfr 105 f. 109 f. 
plens 181. 
post 90. 
profatteDB 183. 
proffed 118. 
sakupam 116. 
Salaviis, Salava 103. 
samfi 116. 
samü 46 f. 
Sancns 130. 



seffi 188. 
Best. 181. 
sifei 188. 
Silies 98 f. 104. 
SUli 98. 
Statie 97. 99. 
snvefs, savad 119. 
teremnattens 183. 
Ufiis 102. 
UpfaU 102 f. 
uruTO 87. 
nupsens 183. 
veia 23. 

6) Etraskisch. 

Mam 92. 

Menis, Meina 104. 



Messapiscli. 

MalemniuB , Malennius 

50. 55. 
Dasius 53 f. 
Dasumus u. s. v. 53 ff. 
Lupiae , Lopiae u. s. w. 

61 ff. 
Rudiae, ßodiae 52 ff. 



E. Arische sprachen. 



1) 8ans}crit. 

agina 175. 

antara 48. 49. 

anja 47 ff. 

anjaka 48. 

anjaga, anjagSmin 49. 

anjatara 48. 

anjönja 48. 

abhilSva 10. 

abhibnit, abbfbruti 4. 

WZ. ar (rnömi) 313. 

arftra 139. 

ams 163. 

arja 445. 

arjamja 166. 

alga 445. 

alpa 445. 

avrka 171. 

a9man 445. 



afinija 166. 
yrz. as 176. 
asi 176. 

&ita, äsiknl 140. 
Srta 163. 
WZ. i§ 176. 
isikä u. s. w. 177. 
i§u 176. 
I4gnja 308. 
WZ. viki 166. 
akSan 177. 
udanja 45. 
ufSnja 308. 
ür^, fir^ 21. 
Sr^avja 22. 
ür^asvant 22. 
ar|ita 21 f. 
ürnä 409. 
ö^as 168. 
Sn^sa 169. 



WZ. kar 143. 
karira 166. 
karmika 166. 
WZ. kars 26 f. 
kargö 27. 
kirtenja 308. 
WZ. kürd 164. 
krmi 27. 175. 
keta 161. 
ketana 161. 
WZ. krl4 12. 
kgatra 179. 
WZ. ksan 179. 
WZ. käam 180. 
k§ä 179. 
WZ. kSi 179. 
WZ. k§u, ksänti 
WZ. kiubh 38. 
kiumS 38. 
kSnra 179. 



1 470 


Worlre(;i-iter. 


^^H 


1 ksema leo. 


1 manüiami 203. 


^^^^^^1 


■ kimäjalö 38. 


manthara 202. 


vata ^^^H 


1 gülra H». 


WZ. mar? 171. 


vitula 28. ^^^H 


H grSvan 10. 


inar^ana 171. 


vSri '2i). SO. ^^1 


^^ Kana 187. 


mätra 47. 


v^ra ^^M 


^^H Mandanii 50. 


WZ. Ulis 1. 


vSla, b&la 30. ^H 


^K lUkaiLlu (von WZ. kan)71. 


WZ. lllill 1. 


23. ^^M 


kheka 180. 


mütra 366. 


WZ. vtdh (vjadh) 174. ^^| 


^r^ara 306. 


iiie4hro- !• 


191. ^^M 


I^raa 807. 


meU 1. 


vrka 2. 171. 450. ^H 


vz. ^rv B. 


ra^ana 163. 


vrkSi 2. ^M 


^hätn 144. 


riij^as 163. 


vr^nd 3. ^H 


InSti 866. 


rata 180. 


WZ. vraft 150. ^^M 


WZ. gvttr, ^val 5. 


w z. ran 7 l . 


farkarS 148. ^H 


taniis 408. 


rant«, ranta 70 f. 314. 


fardbas 168. ^H 


te^as 1G8. 


WZ. rabh 445. 


WZ. {udb, (ondb 35. ^^U 


WZ. darh, ilrhati 21. 


WZ. ruft 3. 14, 


46. ^^M 


dStrü 139. 


WZ. r-ng 9. 


sakta, sakti 31. ^H 


duisvapua 40. 


WZ. rudh 3. 


WZ. sa^, sang 31. ^^M 


durvada 36. 


rudhirä 6. 


samänd 47. ^^H 


dr4ha 167. 


WZ. roh 2. 


gnräiiii 38. ^^H 


WZ. dhar 17. 19. 


rüpä 3 f. 18. 


^^M 


dliarimän 19. 


rärä 8. 


WZ. sag, aanti 33. ^^U 


dharträm 113. 


WZ. re^, rSgate 11. 


Budiv, tndiva 36. ^^H 


WZ. dbars 79. 


röman, löman 4. 


auvana 408. ^^H 


WH. dlivnr 5. 


röhajSmi, röpajämi 4. 


^^M 


-lihru, -dlinit 5. 


röhit 7. 


sfinfta, Bünnrl 35. ^^| 


dhnitr b. 


röhita 6 f. 


Bthäaa 46. ^^^H 


unkra, nÄhra 140. 


WZ. lagK, laägh 12. 


^^^^H 


WZ. niv 3 10. 


la v^iiaka 1 . 


8va 42 ^^^H 


pakSii, paki^afl 80. 


lavi 10. 


^^^^1 


palitä, pälikni 140. 


Invilra 10. 


svfidu 36. ^^M 


pavitra 144. 


WZ. lunS, lunkati 3. 


hauus 408. ^^H 


ptltram 14 '2. 


WZ. lubb, lubhjati 3. 


WZ. bvar, bruiiStt 4 ^^| 


pu.skaru, puNkala 14S. 


WZ. m 10. 


^^^ 


pur^a 400. 


lötram 148. 


^H 


pürvfl 175. 
pratisfiriCB 33. 


lüpA^as 451. 
löha 6. 


2) Prakrit H 


pramuiulia 202. 


vaKaknd 140. 


rukkha ^^M 


prijit 41. 


vadStui 36. 


(inschr. vun Giniar) ^^M 


prijatfi 41. 


vania (wz. vbd) 71. 


^M 


WZ. pri 41. 


WZ. vam 24. 


^^M 


WZ. l>liang 38. 39. 


vamrä, vamraka 24. 


^^M 


bhavila 41. 
btiavja 41. 


WZ. var 3 f. 
vanitrara 143. 


3) H 


bfaslas 447. 


varäoja 307. 


pjar, pijsr 4t. ^H 


bhgvaj 41 f. 


värkis 3. 168. 


^^1 


WZ. bhss 79. 


WZ. varg, vrna)^nii 26. 


^^1 


WZ. bliä 41 f. 
wi. bliram 16 f. 


WZ. vardh, vardbale 2. 
varpas 4. 18. 


4) Zigeunerisch. ^H 


bhrü 178. 


valralka 16. 24 f, 


^H 


maksikfi 407. 


vavri 24. 


Bcbuklo, schukalo 14lt. ^^^^M 


manisara 3S. 


va^ä i77. 


^^^H 


inap4ala 202. 


vahilram 142. 


^^^H 


matb, macth 17Ü. 202. 


vahja 23. 


1 



Wortregister. 



471 



5) iltpersisch. 

tharda 168. 
paruva 176. 
lijSti 176. 
hamapitar 31. 



6) Ältbaktrisch. 

aoganh 169. 
aogazdäo 169. 
aothra 189. 148. 
anja, ainja 48. 
Sonbaire, SonhSire 166 ff. 
Sftaothwana 147. 
WZ. nrud 6. 
qaena 42 f. 
khSvas 448. 
zaremaja 166. 
tighra, -i, 861. 
dstbra 189. 
WZ. tbru 6. 
paonrva 176. 
pathana 46. 
fS&naj 39. 
WZ. fSa, fSnjant 89. 



maoiri 24. 

mfitbra 366. 

mrBra 3. 

raokb§na 14. 

WZ. mk, caus. raoka- 

jeiti 8. 
WZ. rad 2. 8. 6. 
vaoiri 24. 

WZ. var, verenvaiti 8. 
vareKanh 3. 
WZ. varezd 12. 
vareta 27. 
WZ. vared 2. 
vSra 29 f. 
yehrka 460. 
fareta 30. 
faredba 168. 
fadbu 86. 
ftüna 46. 
WZ. fnt 6. 
WZ. is 180. 
gäta 180. 
äsiti 180. 
skSta 180. 
WZ. Bkjä 180. 
hana 20. 
bannra 32. 



hithwaat 147. 
hu, bfi, hvö 34 f. 
hvarez 36. 
hvira 85. 



7) Pehlvi. 

fgS 39. 

8) Nenpenlsch. 

hemSn 47. 

9} AfghanisclL 

Inr 10. 

10) Ossetisch. 

andar 48. 

11) Armenisch. 

ail 47 f. 



F. Lettisch -slawische sprachen. 



1 ) iltprenrsisch. 

addle L39. 
aumüsnan 366. 
dinkaut 167. 
drükui 167. 
ebsentliuDs 188. 
erderkts 167. 
gSntaan 167. 
glawo 408. 
kerda 167. 
kennen 166. 
kermeniskas 166. 
kirkis 167. 
ISnkinaa 167. 
Upe 450. 
lauxnos 14. 
mergan 167. 
milan 176. 
niqnaitings 162. 
panno 40. 
podingan 157. 
poqnoitisnan 162. 



WZ. pret 449. 
qnaito 161. 162. 
quoit 162. 
snnde 448. 
wirbe 408. 
yttroy 139. 



2) Lltadsch. 

akmen- 446. 
antras 48. 
apmetai 176. 
aps^gti 31. 
arklas 188. 
atnünklas 139. 
aükld 187. 189. 
^ioksas 8. 
ankaztas 169. 
•üti 137. 
avinas 176. 
balanda 447. 
balandis 447. 



balti 446. 

brauna 178. 

britva 408. 

buklas, bukla, bukle 1 38. 

dygalis 46. 

diklas, dfikle 139. 

^gle 139. 

galva 408. 

gerkle 189. 

grabas 867. 

griüti 6. 

grabt! 867. 

gulbe 447. 

gurkl.vB 189. 

bklas 139. 

iszkyla 366. 

kalnas 866. 409. 

kelti 866. 

kerdius 168. 

kilnas 866. 

kinkaa 400. 

kirmU 176. 

klanas, klanis 368. 



■ 


Wortregister. 




1 


^M klauda 164. 


8Vjrrfi'.ti 80. 


britva 407. 


J 


^m klaude 166. 


szalinaa 366. 


cedilo 189. 




^H klaadingas 165. 


szalti 30. 


creda 167. 


^^H 


■ kliati 166. 


azittaa 187, 


triivT 175. 


^^H 


■ kladyti 166. 


tamfe 189. 


dtv-rTjlö 446. 


^^H 


^M kOAü\yS 364. 


tamui 407. 


diain 446. 


^^^B 


■ kvUaljra 162. 


triiksztu 44-2. 


doba 446. 


^^H 


^B kvestl 161. 


turklclia 189. 


glava 407. 


^^H 


^H kreivaa 175. 


tverti 173. 


gomyla = mogy 


In 445. 


^M kulnls iOg. 


väUs, pl. v^Iai 80, 


g;iiii'Tati 811. 


j 


^H laigyü 12. 


vazys 28. 


gnevö 311. 


1 


^M lapK 450. 


vc'rti 8. 


go1q.bT 447. 


J 


^H iDgnas B. 


vcrziii, yhriti 26 f. 


griibü 367. 


^^M 


^H luszts 10. 


vidbs 174. 


grülo 139. 


^^M 


^H miiiszas ] . 


vükas 4 50. 


jazino 175. 


^^M 


^^ maadaa 36C, 


vilna 40ö. 


kamoni- 445, 


^^M 


^H mazgas 177. 


vSlnia 409. 


kflSTlT 364. 


^^H 


^M meU.s 170. 


virti 3. 


klada 358, 


^^H 


^M meeü 176. 


virras 408. 


klnti 357. 


^^H 


■ railu 175. 


virz)'8, verzys 25, 


kleti 356. 


^^H 


H militi 170. 


seltnen- 165. 


holUra 357. 


^^B 


^H paklanaa 368. 


Z^aklaS 138. 


koprira, kropi^ra 


443, 1 


^M paklanua 358. 




krank 132. 


^J 


^H paminklaa 139. 




krivü 176. 


^M 


^B pilnas 409. 
^1 pinnaa 175. 


3) Lettisch. 


fcrong 132. 
lebedT 447. 


s 


^P plere 408. 


angja- 169. 


licLva 408. 


^^H 


V^ prantii 449. 


ankla, auklia 137. 139. 


lo^ea- 864. 


^^H 


H pr<$ta9 440. 


balud 447, 


luiia 13. 


^^1 


H rauka 9. 164. 


bala 446. 


mechu 1. 


^^1 


H rlnkti 164. 


ikri 139. 


mezda 174 


^^1 


■ rädas 7. 


jttuneklis 144. 


mravij 25." 


^^H 


■ rudiklte 7. 


lapfsa 450. 


mucha 40 7. 


^^H 


^B rndis 7. 


maifg 1. 


myJ5 366, 


^^H 


^M rankü, riikti 9, 


mila 175. 


oralo 138. 


^^H 


^B aagüs 81. 


prohtu 449. 


ovi'nü 175. 


^^H 


^H sausae 33. 


sagtis 31, 


piseno 364, 


^^1 


^U aegiü, Be^ti 31. 


s^deklis 138. 


poiijj} 180. 


^^M 


■ seklä la'T. 


segli 189. 


poklonü 868. 


^^H 


^1 s^Ua 244. 


Sita 244. 


pokuj 180. 


^^1 


^B skiaudu, skUudie'li 3S. 


amIkU 144. 


poinyjg 366- 


^^H 


^1 skreplei 363. 


spidelft 39. 


prüvTi 175. 


^^H 


^H smanku 366. 


spigals, gpi^uhi 39. 


rabü 446. 


^^H 


^H Bpengiu, !<peiigtl 39. 


sp/gulfit 39. 


rav; 164. 


^^1 


^H npinde'ti 39. 


widduklis 144, 


raj 445. 


^^H 


^B fipmgu, spinge ti 39. 




r^ka 164. 


^^H 


^m Epjioju 37. 




raka 445. 


^^H 


^^ sprogü, sprage'ti 40. 


4) Eirctiengla wisch. 


ralija 74. 
rokü 164. 


H 


^^^H sravii'ti 5. 


agnici 1 75. 


Tuda 6. 


^^1 


^^^^^ smdza, emsti 5. 


armg 445. 


ruzda 7. 


'^^H 


^M stiklaa S61. 


^zlü 365. 


akolü 179. 


^^1 


^B svkrtis SO. 


b^Iii 446. 


slemu 355. 


^^M 


H sveriii, nvtrti 20. 33. 34. 


beluga 447. 


aliJnice 408. 


^^H 


H sviräs 20. 


blato 74. 


smoku 366. 


J 





Wortregister. 


41 


smokva 28. 411. 


jedjupak 248. 


kleinruss. tverezyj 446 


smnc^ 366. 


knlenica 242. 


vedmedi 446. 


Bmyc§ 866. 


kuljen 242. 


kleinrass. vedmid 446. 


siuykü 866. 


lokma (lokva) 242. 




stiklo 361. 


madjnpak 248. 




ätipi 180. 
sÜTgzlo 866. 


moma 241. 
ploöa, ploska 242. 


7) Gechisch. 


tomu 407. 


pmd 242. 


bydlo 138. 


tr^zTÜ 446. 


rdakva 248. 


hrdlo 139. 


tvoru 178. 


sito ^44. 


role 74. 


ugn 169. 


Btap 247. 


Spina 46. 


nv^Blo 866. 


Btreha 244. 




T§zlä 866. 


zaba 244. 




varu 3. 
Tgif 366. 




8) Polnisch. 


vläku 460. 
vlSna 407. 


6) Russisch. 


bryndza 242. 
ikra 139. 


vozn 28. 


anqjaku 446. 


jodla 189. 


Tritt 3. 


gnevü 811. 


tabedz 447. 


vrubi 408. 


kablncoku , klobncokü 


radlo 138. 


znati 366. 


446. 
ladoni 446. 




5) Serbisch. Neubnl- 


lebeda 447. 
medvädi 446. 


9) Sorbisch. 


garlsch. Kroatisch. 


miarhi, zmnriti 446. 
kleinruBB. namast^T 446. 


morre 26. 


baba 244. 


aünabditi sja 446. 




braie 241. 


avi 446. 





G. Keltische sprachen. 



1 ) Altkeltisch. 


{o 174. 
löeg 12. 


3) Kymrisch 


car- 466. 


l<$thar 18. 


aradyr 138. 


lautro 18. 


maoiB 2. 


gwad 123. 




moirb 25. 


hwnt 187. 




mnc 407. 


jach 174. 


2) Irisch. 


nathir 140. 
samail, Munal 47. 


jechyt 174. 
mwys 2. 


alle 47. 


8u-, 80- 84. 86. 




ailigim 48. 







Gedrackt bei A. W. Schade (L. Schade) in Berlin, Stallschretberntr. 47. 



Verbesserangen und nachtrage. 

8. 13, z. 9 Ha: laii^ör, 

8. 72^ ff. Herr Hermann PQgter, hauptmann im ersten obersclilestachen in- 
fanterie-regiment no. 22 zu Rastatt, hat die gUte gehabt, uns einige 
bemerkningen zu der anzeigu vuu Regcls Euhlaer luundart mitzatlieilen. 
Herr Pflster bezweifelt namentlich, dals die von Regel fUr den uralten 
zaaammecbang des thUriogiacbeit und angliacben Stammes geltend ge- 
macbten erscbeinuiigen, <1a sie theilweiae aacb in andern dialekten vor- 
kommen, zu einem solchen beweise wirklich verwendbar seien. Er er- 
wähnt femer, dafs die sprachgemärse erklärung der henneborgiscben 
(Übrigens auch sonat vorkommenden) participia auf angebliches -ing, 
wie sie z. b. von Tobler in d. zeit^chr. XVI, 269f. gegeben worden ist, 
ihm schon vor jähren von dr. Grein aus hessischen weisthUmem bestä- 
tigt wurde. Endlich sieht er das wesentliche der siebenbilrgischen for- 
men hockt, hockt, brockt u. s. w. in der entwickelung eines gutturalen 
vor dentaleil, trennt sie also von den ruhlaiechcn schrek, sclirik, sfiik. 
Intereüsont fUr die beziehungen zwischen Siebenbürgen und dem Kie- 
derrhcin ist. da<i vorkommen derselben erscheinung im kölnischen und 
niederhessischen (vgl. Pfister, über den cbattisciien mamen, Kassel 18ti8, 
g. 41}: in niederhessiaches, strichen begegne IiUkt, ükfa für heut, ans; 
das kölnische gehe noch einen schritt weiter, indem es den echten den- 
tal hinter dem unechten eindriuglinge tilge: hUck, zick ss heut, zeit. 

8. 191, z. 2 lis: poei. 

s. 241, z, 7 V. n. lis: 88 statt 48. 

8. 262, z. 2 V. u. lis : uruiö statt ulmt'. 

Zu 8. 2S7, z. 18 V. o. fl°. waren zunächst it. difflcoltoso , maestoso, pietoso, 
sp. dißcnltosa, magestuso, piadoso u. s. w., dann auch fr. cbaritable, v^- 
ritablc, it. maestevole u. s. w. zu vergleichen. 

Zur anm. auf s. 375. Während in den übrigen romanischen sprachen der 
einschub des n vor dentalen oder gutturalen nnter den verschiedenartig- 
sten bedingnngen eintritt, so im rtunUuischen fast nur unter der, dafs 
die betreffende silbe mit o anlautet: c^runt fUr 'cünuQt (cauutus), mS- 
nunt mHrunt (minutus) — genunchiu (genlculum), mänunehiu (manicu- 
lam für -a), ijfiiunchiu r(.'runchiu (auch rinichiu ^ reniculns) — aoaC- 
uiiitzä aiuErintzli [•adminaoiare, sp. amenazar) — ftiningine (ftiligine) — 
moninck (mandacare), auch nuntä (von nnptus, =: nuptias). Sehr sel- 
ten in anderen fltllcn, wie amindoi (ambo doo), sparaagä (asparagas), 
wozu man aber it, amenduo, nengr. ttnaQÜyyi halte. 

B. S78, z. 8 v. 0. Ils: käliip statt kalüp. 

ebend. z. 1 v. u. lis: poille statt poille. 

8. 282, z. 10 y, o. : zu „ind. piel" füge hinzu: „ich zeuge*, 
ebend. z. 8 v. n. lis: dU'rStti statt dU'retS. 
s. 283, z. 14 V. 0. lis: jatBr« statt j^tere. 
s. 300, z. 7 V. o. lia: noßi dnl statt noni dm. 
s. 355, z. 16 V. o. iia: nachzuweisen, 
ebend. z. 17 v. o. lis: fleck, 
ebend. anm. ?.. 2 lis: doutscheD. 
s. 403 in der tabella zu anfang der vierten Bp«lt« lis: rl : U. 

9. 480, z. 2 V. u. lis: Egicani. 



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